Nachbarn sind zum Ärgern da (D 1970)

Regie: Peter Weck
Buch: August Rieger
Produktion: KG Divina-Film, München
Premiere: 30. Dezember 1970

Zur Abwechslung mal eine deutsche Komödie, mit der weder Lisa Film noch Rialto Film etwas zu tun haben, selten genug. Die in München ansässige Divina-Film produzierte hier einen Film von Peter Weck (*1930), der in der Zeit eine kurze Karriere als Kino-Regisseur hatte. Im heutigen kollektiven Gedächtnis ist er wohl primär als Schauspieler in kultigen 80er-TV-Serien wie „Ich heirate eine Familie“ präsent. Aber auch war auch hinter den Kulissen recht fleißig, auch im Fernsehen führte er oft Regie. Bis 2015 war er noch oft auf der Mattscheibe zu sehen.

Dieser Film ist recht obskur. Er hat keine Rezension auf imdb. Allerdings ist er von der Verfügbarkeit gut – es gibt ihn seit 2015 auf DVD, mal wieder vom Label Filmjuwelen ausgegraben. Ob wir hier wirklich ein „Filmjuwel“ haben? Wir werden sehen.

Wie deutsch darf es sein? – Ja!

Zur Abwechslung geht es hier mal nicht um Lausbuben-Schüler noch um Schulmädchen im Hormonkoller wie so oft in der Zeit um 1970, sondern das urdeutsche Thema Nachbarschaftsstreit. Schon das erste Bild des Films ist so spießig-deutsch, dass es schon lustig ist. In dieser jägerbezaunten Reihenhaus-Hölle in der Spießergasse leben also 4 Familien, um deren Konflikte es in diesem heiter gemeinten Streifen geht.

Otto Sauser (Georg Thomalla) gießt in seinem perfekt gepflegten Garten im Anzug mit Krawatte (!) entspannt seine Geranien, doch, potzblitz, vor dem Haus gibt es einen Unfall, ein Mercedes und ein Käfer, ein Herr im Anzug mit Hut steigt aus und schaut fassungslos auf die Scherben.

Bundesrepublik Deutschland 1970, in einer Minute perfekt illustriert.

Die Verunfallten entpuppen sich als neue Nachbarn. Unser Gärtner von eben hat diese Reihenhausanlage gebaut und vermietet sie nun an drei weitere Parteien. Die Familien Stenhoff, Springbock und Hirnbiss ziehen ein und das Chaos beginnt.

Frau Stenhoff (Angela Cenéry) bringt drei Menschen mit, die Kinder Stefan und Bübchen sowie den Sonnyboy Jürgen (Fritz Wepper). Die Familie bezieht Hausnummer 1, Amtsrat Springbock (Eddi Arent) mit Frau wohnt in Nummer 2. Familie Hirnbiss, er ist Fleischerei-Innungsmeister (Hans Korte), hängt seinen Hut in Nummer 4 auf, zusammen mit der Teenie-Tochter Sieglinde-Dorothee (ja, im Ernst). Otto Sauser, gärtnernder Junggeselle, lebt in Nummer 3.

Schnell entsteht ein klamaukiger, überdrehter Nachbarschaftskrieg bis hin zur finalen Eskalation. Wer hat das Radio zu laut? Wer mäht in der Mittagsruhe den Rasen? Oder haut ohne Genehmigung mit fünf Durchschlägen einen Nagel in die Wand? Oder hält gar Tiere in der Wohnung? Und der Jürgen, der wechselt seine Damen wie seine Hemden! Ja, gehört sich denn das? Im dritten Akt wird sich anständig deutsch gegenseitig verklagt, bis der der Jägerzaun glüht.

Parallel gibt es natürlich ein paar Lovestorys. Ein Installateur mit dem Namen Hans Wurst (im Ernst, Wolfgang Jansen) erscheint, hier entsteht eine Romanze mit der feschen Göre Sieglinde-Dorothee Hirnbiss (Elke Aberle), und wo Uschi Glas und Fritz Wepper auftauchen, dürfte er Rest wohl klar sein.

„Ach Gott, mit solchen Nachbarn muss man hausen!“

So ganz ohne harmlose Schlüpfrigkeiten geht es dann doch nicht, exemplarisch sei die Szene genannt, als einer der Knirpse den Spülkasten demoliert und so aus Versehen ein Loch in die Wand haut und mal bei Frau Nachbarin Hallo sagt, die gerade unter der Dusche steht, nur durch eine groteske Menge Schaum bekleidet. So rennt sie dann hysterisch durchs Haus, ihr Mann: „Du kannst doch hier nicht rumlaufen wie der weiße Riese!“ Was für ein Gag. (Der „Weiße Riese“ ist eine Waschmittelmarke, wer es nicht weiß. Also eigentlich Schleichwerbung.)

Immer wieder gibt es bizarre Szenen. Bei Minute 51 sehen wir Famlie Fleischerei-Innungsmeister Hirnbiss beim festlichen Mahl auf der Terrasse. Es gibt natürlich deftigste Fleisch- und Wurstwaren und Bier. Töchterchen ist nur mäßig begeistert und nascht nur am Radieschen (= Deko). Folgender Dialog folgt:

Vater Hirnbiss: „Iss lieber!“

Mutter Hirnbiss: „Ganz recht, dass was wird aus dir!“

Vater Hirnbiss (energisch): „Nun iss mal tüchtig!“

Mutter Hirnbiss: „Da hat er ganz recht, Sieglinde-Dorothee!“

Vater Hirnbiss rülpst. „Du musst doch mal ein bisschen Figur kriegen. Hier, kuckt dir mal deine Mutter an!“ Zeigt auf ihre Oberweite.

Tochter Hirnbiss: „Also, jetzt ist mir der Appetit ganz vergangen!“

Ganz normale Dialoge am deutschen Essenstisch

„Tochter, zieh dir mal den kompletten Schweinsbraten rein, damit du auch so Prachteuter wie deine Mutter kriegst.“ Klar, dass das hier lustig-überspitzt gemeint ist, aber – echt jetzt?

Die Familie Springbock hat indes andere Essgewohnheiten. Die Frau ist eine geborene von Papen, wie sie regelmäßig betont, und natürlich essen sie vegetarisch zu klassischer Musik. Natürlich, haha, leidet der Mann darunter, immer nur Gras zu fressen und geht heimlich im Restaurant deftig essen, hohohohihihi. Da lacht der Karl-Heinz, während er im Kino herzhaft in eine reingeschmuggelte Bockwurst beißt.

Ein paar Kleinigkeiten stechen etwas aus der Masse heraus. Einmal sehen wir hier einer der eher seltenen Ausflüge von Hans Korte (1929-2016) ins leichte Komödienfach, ich habe ihn ohne Brille und Bart erst auf den zweiten Blick erkannt. Sonst war er eher im ernsten Fach oder in Krimis zuhause, nicht zuletzt in 7 Folgen „Derrick“, eine davon wurde hier schon behandelt.

Fleischerei-Innungsmeister Hirnbiss (Hans Korte) nebst Gattin (Monika John)

Zudem war es die letzte Kinoarbeit von „Hubsi“, Hubert von Meyerinck, (1896-1971) zu dem ich hier ja auch schon einiges geschrieben habe. Er hat eine kleine Rolle als Notar. Er erkrankte noch während der Produktion, in der Nachbearbeitung musste er daher von Paul Bürks synchronisiert werden, da sich sein Dialog noch geändert hatte. (Kleiner Tipp zwischendurch: Wer mehr zu einzelnen Personen wissen will – am Ende jedes Textes sind in der Einzelansicht alle genannten getaggt, durch einen Klick kann man dann alle Filme mit jeweiliger Beteiligung filtern.)

Fritz Wepper sieht hier exakt genau so aus wie im wohl zur gleichen Zeit entstandenen „Wir hau’n die Pauker in die Pfanne“ (Premiere 8. Juli 1970). Heute eher als Harry Klein aus „Derrick“ bekannt oder durch den Seriendauerbrenner „Um Himmels Willen“ (2002-2021), ist er hier noch relativ am Anfang seiner Karriere zu bewundern, er spielte von 1955 bis 1972 in einigen Kinofilmen mit, filmhistorisch am nachhaltigsten wohl noch ganz jung im legendären Antikriegsfilm „Die Brücke“ (1959) von Bernhard Wicki.

Die erstgenannte Hauptdarstellerin Uschi Glas lässt ziemlich lange auf sich warten. Sie war damals sehr angesagt und gefühlt alle 14 Tage mit einem neuen Film im Kino. Auch sie war schon mehrfach Gast hier, und sicherlich zwangsläufig nicht zum letzten Mal. Sie spielt hier Gaby Bergmann, die als Nachhilfelehrerin für Stefan, dem älteren Sohn von Frau Stenhoff, der sich in sie verknallt.

Am meisten Screentime hat Tausendsassa Georg Thomalla (1915-1999), ebenfalls einer der ganz fleißigen Schauspieler der Zeit. Generell mag ich ihn, er kann durchaus lustig sein. Hier ist er überdreht bis nervig und spielt alles auf 120 Prozent, was über die Spielzeit doch mehr anstrengend als erheiternd ist.

Georg Thomalla, Uschi Glas

Thomas „Tommi“ Ohrner (*1965) hatten wir hingegen noch nicht, er ist heute eher als Moderator bekannt, hier sehen wir ihn als naseweisen Jungen namens Bübchen, gerade mal 5 Jahre alt in einem seiner ersten Kinoauftritten. Nach einer Karriere als Kinderdarsteller 1979 sollte er als „Timm Thaler“ im gleichnamigen Mehrteiler Fernsehgeschichte schreiben, bis heute ist er in Funk und Fernsehen aktiv.

Der kleine Tommi Ohrner

Wolfgang Jansen (1938-1988), hier als „Hans Wurst“ zu sehen, spielte in der Zeit öfter kleinere Rollen in Filmen, auch der erotischen Art, so Knaller wie „Frau Wirtin treibt es jetzt noch toller“ oder „Was Schulmädchen verschweigen„. Er war von den 50ern bis in die 80er gut im Geschäft. Privat hatte er ein hartes Schicksal. Er verlor früh seine Eltern, und auch sein Lebensende war unerfreulich: 1983 wurde seine langjährige Ehe geschieden, kurz darauf starb seine neue Lebensgefährtin bei einem Unfall. Bei einem Zugunglück verlor er dann 1985 das rechte Bein, drei Jahre später starb er verarmt mit nur 49 Jahren.

Uschi, mach die Bluse auf, der Fritze kommt im Dauerlauf. Und hat echte Coca Cola dabei.

Geschrieben hat dieses dünne Geschichtchen der Österreicher August Rieger (1914-1984), der von den 50ern bis in die 70er hinein einiges an Drehbüchern verfasste. Tatsächlich ist er uns auch schon mal begegnet, sowohl die rheinländische Fremdschamorgie „Zwei Rebläuse auf dem Weg zur Loreley“ als auch der ähnlich unlustige „Immer Ärger mit den Paukern“ (ebenfalls mit Thomalla und Glas) gehen auf sein Konto. Wie ich dort schon schrieb: „Seine Filmographie ist reines Trash-Gold, wie ich gerade feststelle, der wird sicherlich nicht zum letzten Mal unsere Wege durch die tiefen Täler des deutschen Filmschaffens kreuzen.“ Quod erat demonstrandum.

Gags von der Witzeseite vom Goldenen Blatt 1962, schlecht getimter Slapstick und deutsche Ultra-Spießigkeit sind die Hauptzutaten dieses erschreckend unlustigen Lustspiels. Selbst für hartgesottene Humorforscher schwer am Stück zu ertragen, gibt es hier und da halbwegs solide Standards des Slapstick, die aber alle schon tausendmal gemacht wurden, nur halt in besser. Für alle Beteiligten kein Ruhmesblatt, aber hartgesottene Uschi-Glas-Fans oder nostalgische Fans der „guten alten Zeit“ kaufen die DVD wohl trotzdem.

Wunschkonzert (D 1955)

Regie: Erik Ode
Buch: Gunther Philipp
Produzent: Aldo von Pinelli
Premiere: 8. September 1955

„Der Volltreffer des Frohsinns und der guten Laune!“ bewirbt das Filmplakat des Films mit dem Namen „Wunschkonzert“. Bereits 1940 gab es ein Film mit dem gleichen Titel, in der Hauptrolle „Durchhaltemieze“ Ilse Werner, der scheint etwas bekannter zu sein und hat es immerhin auf DVD und sogar auf Bluray geschafft. Er gilt als NS-Propagandafilm und hat kurioserweise bis heute die FSK-Freigabe ab 18. Inhaltlich sehe ich hier keine Parallelen außer dem Titel. Für diesen 1955er Film listet die OFDb nur die Kinoauswertung, Mir liegt eine TV-Ausstrahlung auf Sat1 vor, die man als digitalisierte VHS-Aufzeichnung in okayer Qualität im Netz finden kann.

Wir erleben einen quirligen, jungen, wie immer plappernden Georg Thomalla als Buchhalter, der eigentlich lieber Komponist sein will und nur dumme Sprüche erntet – ein sehr häufig im deutschen Nachkriegsfilm anzutreffendes Thema: Der brotlose Künstler, der lieber mal anständig und ordentlich-deutsch Buchhalter sein soll, schaffe, schaffe, Häusle baue.

Die Plotte ist schnell erzählt: Georg Thomalla besucht die von Frankenfeld moderierte Wunschkonzert-Show (die live vor Publikum in Hamburg aufgezeichnet wurde), und wird als Spielkandidat aus dem Publikum gefischt. Er bekommt die Aufgabe, ein kleines Orchester im Laufe der Sendung von 90 Minuten zusammenstellen und damit seinen selbst komponierten Hit zu performen. Was natürlich in der letzten Sekunde klappt und ein Riesenerfolg wird. (Auch wenn Harald Juhnke als Film-Schlagzeuger offensichtlich zum ersten Mal in seinem Leben an einem Schlagzeug sitzt, lustig.)

Zwischendurch wird er dann auch mal für geisteskrank gehalten und bekommt um ein Haar Elektroschocks gegen seine vermeintlichen Wahnvorstellungen (what the fuck?). Mitunter fand man in den 50er echt seltsame Sachen lustig.

Regisseur Erik Ode ist heute eher als „Der Kommissar“ in Erinnerung geblieben, hat aber locker ein Dutzend Filme als Regisseur zu verantworten. Sein Werk „An jedem Finger zehn“ (1954) kam hier bereits zu Ehren. Seine leichte Unterhaltungskost lief bis 1960 im Kino, ab dann wird es fast ausschließlich TV-Kost. Was diese Filme im Prinzip auch immer waren – leichte Unterhaltung für zwischendurch.

Auch hier gibt es viel Musik, wie der Titel schon andeutet, mit einer netten kleinen Rahmenhandlung notdürftig zusammengehalten. Zwei Gründe, hier mal reinzuschauen, sind definitiv Peter Frankenfeld und Georg Thomalla, die beide durchaus witzig sein können. Beide hier noch recht jung zu bestaunen.

Das frühe Fernsehen fand überwiegend live statt, es existieren kaum Aufzeichnungen. Daher ist es echt interessant, hier den jungen Frankenfeld konserviert zu haben, der auch hier auch sich selbst spielt und eine Show, oder einen „Bunten Abend“, wie man damals sagte, moderiert. Denn eigentlich ist die Sendung nichts anderes als „1:0 für Sie „, eine der ersten Spielshows im deutschen Fernsehen, damals immer live ausgestrahlt. Hier war er noch in der Frühphase seiner Karriere, noch mit dem auffälligen karierten Jackett, das er als Wiedererkennungsmerkmal trug.

Sein heute wohl bekanntester Ausflug ins Kino war der noch heute sehr populäre „Natürlich die Autofahrer“ (1959) mit Heinz Erhardt, in dem er als Nachbar Bierbaum mehr „richtiger“ Schauspieler in einer echten Rolle ist als hier, wo er sich nur selbst als Moderator spielt. Sogar Harald Juhnke, der „Musik ist Trumpf“ nach Frankenfeld moderierte, hat hier eine frühe kleine Rolle.

Die dargebotene Musik reicht von furchtbaren Operetten-Gejaule, bei dem sich einem die Fußnägel aufrollen, bis zu ganz netten Schlagerchen im zeittypischen Stil. Bully Buhlan (1924-1982) taucht hier öfter auf, ein in der Nachkriegszeit sehr erfolgreicher Sänger, der hier auch schon etwas über dem Zenit seiner Karriere war. Er hat einige lustige Songs im Angebot, alleine von den Titeln her. Wie wäre es mit „Gilli-Gilli-Oxenpfeffer-Katzenellenbogen in Tirol“? Oder doch lieber „Ich hab‘ dir aus Ägypten einen Kaktus mitgebracht“?

Als Beweis – ich denke mir so was nicht aus.

Walter Gross (1904-1989) sticht noch etwas heraus, als Gerichtsvollzieher, der als Klarinettist rekrutiert wird. In seiner etwas tapsigen, bebrillten Art und der recht hohen Stimme spielt er eigentlich eine klassische Heinz-Erhardt-Rolle. Fun fact: Er ist die deutsche Stimme von Porky Pig alias „Schweinchen Dick“ in der klassischen Serie. Da-da-da-das ist alles, Leute!

Die hier primär als Tänzerin und love interest agierende Germaine Damar (* 1929) ist vielleicht noch erwähnenswert. Siehe da, auf Wikipedia lernte ich, dass sie zeitweise mit Georg Thomalla liiert war. Na schau mal eher kuck. Die inzwischen sehr betagte Dame lebt laut Wikipedia heute in Fort Lauderdale in Florida.

Finde ich immer interessant: Kamera im Film. Hier als „Show im Film“ bei der Aufzeichnung des Wunschkonzertes.

Optisch sehenswert ist neben dem Studiokram eine kurze Autofahrt durch Hamburg. Sonst ist das alles eher biederes Handwerk ohne große künstlerische Ambitionen. Wie gesagt, Fernsehen als Kinofilm.

Am unterhaltsamsten fand ich wirklich die Szenen mit Frankenfeld, der Rest ist eher bemüht statt lustig. Als Dokument des frühen Frankenfeld zu gebrauchen, sonst eher uninteressante Dutzendware der 50er, trotz Thomalla.

Ooh … diese Ferien (Ö 1958)

Regie: Franz Antel

Buch: John Andersen

Produktion: Franz Hoffmann für Cosmos-Film

Premiere: 5. August 1958

Eine Welt, in der Leute noch Sätze wie „Der Herr Direktor lässt bitten“ sagen und kesse Teenager, Entschuldigung: Backfische, noch „Monika“ heißen. Ach ja, die Fünfziger. Wirtschaftswunder, dicke Autos, die Taschen quellen über vor Geld und alles macht den ganzen Tag nur Urlaub, bevorzugt in Italien. So wollen es viele Filme der Zeit zumindest darstellen.

Hier haben wir also ein Werk des österreichischen Vielfilmers Franz Antel, der uns hier ja schon öfter begegnet ist und der heute vielleicht eher noch für seine Sexklamotten der späten 60er und frühen 70er bekannt ist, weil die doch eher mal im Nachtprogramm von RTL plus liefen als solche Filme wie dieser. Wer könnte schon unsterbliche Filmtitel wie „Frau Wirtin bläst auch gern Trompete“ vergessen?

„Familie fährt in Italienurlaub und erlebt Abenteuer“ war die Prämisse einiger Filme der Zeit. Hier hat Drehbuchautor John Andersen (seine einzige Filmarbeit, ist das vielleicht ein Pseudonym?) noch etwas Krimi eingebaut – eine Handvoll finstere Gesellen wollen nicht näher benannte Geheimpapiere über die Grenze schmuggeln und verstecken diese in einem Auto. Durch eine Verwechslung kauft Familie Petermann diesen Wagen und fährt direkt in den Urlaub, die Gesellen wollen natürlich die Papiere und verfolgen sie.

Besagte Prämisse lässt mich auch direkt an den Heinz-Erhardt-Film „Das kann doch unseren Willi nicht erschüttern“ von 1970 denken, Buch und Regie Rolf Olsen. Zufällig spielt der hier als Schauspieler mit in einer kleinen Rolle als etwas dümmlicher Ganove namens Otto Muffler, Zufälle gibt’s. Er fing in den 50ern primär als Darsteller an, hier und da etwas Drehbucharbeit, und wurde erst ab 1961 zum Regisseur einer wilden Filmographie, von Roy Black (Schwarzwaldfahrt aus Liebeskummer) bis Exploitation (Ekstase – Der Prozeß gegen die Satansmädchen).

Wer also schon immer wissen wollte, wie Rolf Olsen aussah, here you go:

Der Film ist sicherlich mit „ganz nett“ gut beschrieben. Anspruchslose Unterhaltung, hier mal was zum Schmunzeln, hier mal etwas angedeutete Spannung, entspannte Menschen am Strand, ein gut aufgelegter Georg Thomalla, der wie immer sympathisch grandelnde Hans Moser, man muss nicht dauernd schleimende Schlagersänger ertragen – man kann es schlechter treffen im deutschen Nachkriegskino. Im zweiten Akt sind einige Längen zu verzeichnen. Natürlich darf auch ne kleine love story nicht fehlen, die fesche Monika, erwähntes Backfischmädel, verknallt sich im Hormonkoller natürlich postwendend in einen der Ganoven, der sich bei ihrer Familie bekannt macht, um sie auszuspionieren.

Zwischen den beiden gibt es diesen kleinen Dialog, der wunderbar das Frauenbild der Zeit auf den Punkt bringt. Liest das dusselige Mädchen doch tatsächlich ein Buch am Strand, ha! Frauen brauchen doch keine Bildung, die werden doch eh geheiratet:

Zu Georg Thomalla (1915-1999) hatte ich hier schon einiges geschrieben. Hier sehen wir ihn ziemlich in der Mitte seiner Filmographie in den für ihn sehr produktiven 50er Jahre. Alleine 1958 spielte er in vier (!) Filmen mit. Kleines unnützes Wissen nebenbei: Er war auch Synchronsprecher und hat u. a. Peter Sellers in den Pink-Panther-Filmen seine Stimme geliehen.

Die finsteren Ganoven

Heidi Brühl (1942-1991) war damals ein Publikumsmagnet, gerade durch die Immenhof-Reihe auch ein Schwarm aller Mädels. Immenhof war quasi das Bibi und Tina der 50er. Grinsende Mädels mit Pferden halt. Sie spielte in allerlei Unterhaltungsfilmgedöns wie hier mit und war auch als Sängerin erfolgreich. 1991 verstarb sie an Krebs. Kurios: In der 1. Staffel von der Mini Playback Show auf RTL plus bildete sie zusammen mit Roberto Blanco und „Lümmel“ Hansi Kraus die Jury. Noch etwas unnützes Wissen für den nächsten Party-Smalltalk. Gern geschehen.

Hans Moser und Filmenkelin

Der Österreicher Hans Moser (1880-1964), bürgerlich Johann Julier, hat auch eine von diesen fast unüberschaubaren Filmographien, die bis in die Stummfilmzeit zurück gehen. Neben diesem Film hier spielte er in dem Jahr noch in 5 anderen Filmen mit, wohl oft als etwas skurrile Nebenfigur wie hier. 1956 war sein Rekordjahr mit 8 Filmen. Unglaublich, was die damals in diesen Jahren so rausgeballert haben.

Die Frau von Georg Thomalla wird von einer gewissen Hannelore Bollmann (* 1925) gespielt. Sie hatte in den 50ern einige kleinere Rollen, oft in den Filmen von Franz Antel. Nicht ganz zufällig – denn sie war seine Ehefrau. Und ja, die lebt offenbar noch und geht stramm auf die 100 zu.

Bislang der erträglichste Film von Franz Antel, der mir vor die Augen gekommen ist. Kann man sich durchaus auch heute noch ohne Schmerzen ansehen.

Es gab mal eine DVD, die ist offenbar out of print, aber recht günstig zu bekommen. Eine Ausstrahlung des Hessischen Rundfunks findet man auch.

Hans Moser beim Angeln und zwei fesche Knaben

Immer Ärger mit den Paukern (D 1968)

Regie: Harald Vock

Buch: August Rieger, Janne Furch

Produktion: Karl Spiehs / Lisa Film

Premiere: 18. Oktober 1968

Lisa Film war immer gut darin, bestehende Trends auszunutzen. So ist es nicht verwunderlich, dass nach dem großen Erfolg von „Die Lümmel von der ersten Bank“ der Konkurrenz (Franz Seitz Filmproduktion) schnell ein „Trittbrettfahrer“-Film kam. So entstand „Immer Ärger mit den Paukern“ sogar noch im gleichen Jahr wie das „Original“, was schon ahnen lässt, dass das mit recht heißer Nadel gestrickt wurde. Die Lümmel kamen im April 1968 in die Kinos, dieser hier im Oktober. Im Dezember kam dann schon die „echte“ Seitz-Fortsetzung (Zum Teufel mit der Penne).

Als Regisseur wurde der damalige Unterhaltungschef des NDR, Harald Vock, verpflichtet, es war seine erste Regiearbeit. Er sollte in den nächsten Jahren noch einige ähnliche Filme für Lisa Film inszenieren und sich danach wieder auf seinen Fernsehjob konzentrieren.

Während des Vorspanns sehen wir Roy Black in einem Ford Mustang Cabrio (so mit das coolste im ganzen Film) durch die österreichischen Berge düsen, dazu läuft seine deutsche Coverversion von Louis Armstrongs Klassiker What a Wonderful World, damals noch recht aktuell (1967 erschienen), hier in der germanischen Schmalzversion namens Wunderbar ist die Welt.

Dann sehen wir Peter Weck als Studienrat Dr. Berger beim Angeln. Seine Verlobte kommt an, schimpft, dass er immer nur mit seinen Fischen zugange ist und nicht mit ihr, und wirft ihren Verlobungsring in den Weiher, was ihn erstaunlich wenig tangiert, dafür beißt zeitgleich ein Fisch an, was Anlass zu etwas lustigem Gehampel im Wasser ist.

Peter Hartung (Roy Black) hat inzwischen genug vom Mustang-Fahren und ist mit seinen beiden Beifahrern, Kumpel Hans Werner (Roland Astor) und Bruder Paul (Jan Koester), eingekehrt. Da erfahren wir auch den großen Masterplan. Klassischer Komödienplot: Irgendwer muss verwechselt werden oder die Rollen tauschen. Hans Werner will nach zwei erfolglosen Versuchen das Abitur abhaken und erste Erfahrungen als Journalist sammeln, derweil soll Peter für ihn unter seinem Namen die neue Schulbank drücken, damit sein Vater nichts merkt. Der halbwüchsige Paul ist dort ebenfalls im Internat.

Roy Black, Uschi Glas, am Anbandeln

Auf dieser Prämisse aufbauend folgen dem üblichen Rezept der Pauker-Filme einzelne Episödchen mit mehr oder weniger lustigen Schüler-Streichen am gebeutelten Lehrkörper. Natürlich gibt es noch etwas Love Story zwischendurch, ach ja, und „Schätzchen“ Uschi Glas spielt auch mit. Roy Black und Uschi Glas, quasi die deutschen Brad Pitt und Angelina Jolie der Zeit.

Ein Beispiel für einen dieser Streiche: Sie deponieren einen Lautsprecher in einem überdimensionalen Briefkasten, der vor der Schule steht. Via Mikro spricht Roy Black den vorbeilaufenden Peter Weck an, er bräuchte Hilfe, er sei durch den Schlitz in den Briefkasten gelandet und käme nun nicht wieder raus. Weck zweifelt an seinem Verstand. Thomalla kommt vorbei, dem er es erzählt. Natürlich schweigt der Briefkasten und Weck wird zuerst für betrunken und dann für verrückt erklärt.

Der kleine Bruder ruft derweil die Polizei, ein verrückter nackter Mann würde rumlaufen. Weck ist inzwischen im Büro des Schulleiters, dort trifft dann auch die Polizei ein, die natürlich ihn für den entsprungenen Verrückten hält, weil er erregt vom Mann im Briefkasten erzählt. Natürlich kommt auch die gute alte Zwangsjacke zum Einsatz, weil das einfach super lustig ist, wenn Leute zwangseingewiesen werden. Zum Totlachen! Bevor es zum Äußersten kommt, klärt sich allerdings der Streich auf, weil der kleine Bruder beim Entfernen des Lautsprechers erwischt wird.

Derweil bandelt der gute Roy mit der Verlobten von Dr. Berger an, also seinem Lehrer. Die eigentlich wesentlich älter sein müsste als er, aber hey. Am Ende versöhnt sie sich natürlich wieder mit ihrem Anglermann, und Uschi und Roy reiten auf dem Mustang in den Sonnenuntergang, während die Schmalzmusik aus dem Intro wieder läuft.

Man braucht auf jeden Fall schon viel guten Willen, Roy Black als Oberstufenschüler zu akzeptieren, sieht er hier aus heutiger Sicht doch eher wie 40 aus. Tatsächlich war er 25. Mensch, irgendwie sahen die Leute früher immer 10-20 Jahre älter aus. Wie auch immer, natürlich wurde Roy nicht unbedingt wegen seines genialen method actings engagiert, sondern mehr als Name fürs Plakat und als Sangesknabe, denn auch Singles wollten ja verkauft werden. Im Laufe des Films muss er noch öfter mal die Stimmbänder schwingen lassen. Immerhin wird die Altersfrage im Film selbst angesprochen und für einen Gag genutzt, sie wussten, dass er als „Pennäler“ ein ziemlicher Casting-Missgriff war.

Georg Thomalla

Georg Thomalla ist hier quasi das Gegenstück zu Theo Lingen in den „richtigen“ Lümmel-Filmen, als Schulleiter Direktor Dr. Schwabmann. Er ist hektisch, ziemlich naiv und hat einen Sporttick, andauernd hüpft und turnt er durch die Gegend, selbst beim Telefonieren. In seinem Büro sind mehrere Terrarien mit exotischen Tieren, die natürlich auch Teil einiger Streiche oder Gags werden.

Der kleine Bruder Paul ist zwischendurch die „Lausbubenstreiche“ verantwortlich, die leider komplett vorhersehbar und unkreativ sind. Die Bereiselungsanlage im voll besetzten Saal anschalten oder Waschmittel in die Suppe zu schütten damit es lustig schäumt ist jetzt nicht gerade originell. Da gab’s bei den Lümmel-Filmen ganz andere Kaliber, bis hin zum vorgetäuschten Suizid.

Generell wird leider zu oft hektisch zappeln, overacten und Grimassen schneiden mit Humor und gekonntem Slapstick verwechselt. Die Wortwitze sind lahm und haben fast alle einen Bart.

Die pure Anarchie!

Noch ein paar Worte zur Besetzung. Roy Black (1943-1991) dürfte auch Nicht-Zeitgenossen durchaus heute noch ein Begriff sein, quasi als Inbegriff des schnulzigen Schlagers. Der Mann, der ja eigentlich Gerhard Höllerich hieß, ist aber auch ein Symbol für die erbarmungslose Schlagerwelt – im Herzen Rocker, verabscheute er seine eigene Musik. Aber nach dem Erfolg mit „Ganz in weiß“ gab es kein Zurück. Bis heute ist ungeklärt, ob sein früher Tod ein Suizid war oder nicht. Eigentlich ein trauriges Leben, trotz all des Erfolgs und Ruhms.

In seiner „heißen Phase“ hat er auch einige Filme gedreht, meist anspruchsvolle Unterhaltung wie dieser hier, bisschen lustig, bisschen singen, klassisches Lisa-Film-Terrain. Hab da noch einige vorliegen, die kommen sicherlich auch früher oder später hier zu Ehren. Ab 1975 war aus seiner Karriere ziemlich die Luft raus, erst kurz vor seinem Tod bekam er mit der Lisa-RTL-Coproduktion „Ein Schloß am Wörthersee“ wieder eine Hauptrolle.

Uschi Glas (* 1944) war damals auch auf dem Zenit und wurde mit Bravo-Ottos zugeschüttet. Ihre Karriere lief fast zeitgleich zu Blacks, inklusive der Delle nach 1975. Eine lange Fernsehkarriere folgte, sie ist bis heute hier und da noch zu sehen. Ansonsten bliebt sie wohl mit fragwürdiger Faltencreme und peinlichen CDU-Wahlkampf im kollektiven Gedächtnis. Auch ne Leistung.

Zu Peter Weck hab ich hier schon das Wichtigste geschrieben.

Zu Georg Thomalla (1915-1999). Puh, wo fängt man da an? Einer der Menschen, auf die der Begriff „Hansdampf in allen Gassen“ passt. Komiker, Theaterrampensau, Schauspieler, Sänger, Synchronsprecher – es gibt kaum einen Bereich der Unterhaltung, in dem er nicht tätig war. Und das von den 40er bin in die 90er. Natürlich war auch auch Stammgast in den unzähligen deutschen Kino-Lustspielen der 60er und 70er, eigentlich erstaunlich, dass er uns hier auf unserer Reise durch die Niederungen noch gar nicht begegnet ist. Wird sicherlich nicht das letzte Mal gewesen sein.

1988 war er zu Gast in der Bremer Talkshow „3 nach 9“ (die es ja bis heute gibt) und plauderte glänzend gelaunt aus seinem Leben. Sehr interessant.

Doch zurück zum Film. Peter Weck und Georg Thomalla können beide durchaus witzig sein, doch selbst mit viel Grundsympathie und gutem Willen gibt es kaum mehr als ein paar Schmunzler. Verschenktes Potential. Das Drehbuchteam August Rieger und Janne Furch hat da den beiden leider wenig brauchbares Material geliefert.

August Rieger (1914-1984) hat in der Zeit einiges an Drehbüchern geliefert, er hat sich zum Beispiel auch die „Story“ für den schon besprochenen Rhein-Mops-Film „Zwei Rebläuse auf dem Weg zur Loreley“ aus der Hirnrinde geleiert. Seine Filmographie ist reines Trash-Gold, wie ich gerade feststelle, der wird sicherlich nicht zum letzten Mal unsere Wege durch die tiefen Täler des deutschen Filmschaffens kreuzen.

Janne Furch (1915-1992) hat insofern eine Sonderstellung im damaligen Kino, weil sie eine der ganz ganz wenigen Drehbuchautorinnen war. Ab 1954 schrieb sie einige Komödien, Romanzen und Schlagerfilme und war gerade in der „Hochzeit“ um 1960 herum überaus produktiv. Eines ihrer letzten Werke war tatsächlich „Klein Erna auf dem Jungfernstieg“ (1969), ein kein besonders guter Film, der aber viele schöne Aufnahmen aus Hamburg bietet und zudem mit Heidi Kabel und Heinz Erhardt zwei Hamburger Urgesteine an Bord hat. Ist so spontan auch der einzige Film, den ich kenne. Der Rest klingt nach biederer Heimatfilm-Hausmannskost: Schön ist die Liebe am Königssee, So liebt und küßt man in Tirol oder Die Försterchristel klingen so verlockend nicht.

Jan Koester als „Lausbub“ Paul – in einem der optisch interessantesten Bilder des ganzen Films

Wenn man das hier gesehen hat, weiß man die „echten“ Lümmel-Filme direkt mehr zu schätzen. Weck und Thomalla retten die Nummer etwas. Roy Black schaut nur mit seinem üblichen Hundeblick und zwei Gesichtsausdrücken in die Welt und Uschi Glas bleibt blasses Hübsch-Mäuschen (hat immerhin eine Szene im Bikini, wer’s mag). Die ganze Liebesdreieckstory ist a) schräg, weil der Schüler die Ex-Verlobte seines Lehrers datet und b) derart am Reißbrett entworfen und vorhersehbar.

Sicherlich keine Sternstunde des deutschen Kinos, das war sicher auch nicht der Plan. Das ist ein reines Konsumprodukt, ein schneller cash grab. Zumindest dauert der Film auch nur stramme 76 Minuten. Für etwas Kurzweil nebenbei kann man sich den schon mal geben. Ansonsten: Die Lümmel von der ersten Bank, Teile 1 und 5, sind für mich noch immer die besten Paukerkomödien. Die sind wesentlich satirischer, böser und auch lustiger als diese weichgespülte Schnulzi-Version hier. Und ohne singenden Roy Black, dafür mit dem großen Theo Lingen. Und Hansi Kraus ist verglichen mit dem „Lausbub“ hier direkt Starkomiker. „Man fasst es nicht!“

Aktuell ist er bei Prime im Abo enthalten. Ansonsten gibt es auch eine preiswerte DVD auf einer dieser Gurkenlabels. Die VHS ist damals bei UFA als schöne Hartbox erschienen.