Derrick: Zeichen der Gewalt (D 1975)

Regie: Theodor Grädler
Buch: Herbert Reinecker
Produktion: ZDF/ORF, Helmut Ringelmann
Erstsendung: 04.05.1975, ZDF

Ein Anwalt bekommt einen Anruf. Verbrecher sind in sein Haus eingedrungen, er wird erpresst, als Anwalt einem Gefangenen eine Pistole in den Knast zu schmuggeln, sonst wird seine Frau ermordet, die sie als Geißel halten. Notgedrungen folgt er den Einweisungen, er nimmt jedoch die Patronen raus. Jedoch – er hat eine vergessen, die im Lauf. Ein Gefängniswärter wird auf der Flucht erschossen. Derrick ermittelt. Der Anwalt begeht aus Gram Suizid. Der Oberstrolch ist auf der Flucht und bereitet der Polizei einiges Kopfzerbrechen. Er ist gut bewaffnet und echter Psycho. Voller Körpereinsatz ist gefragt.

Derrick zu seinen Kollegen: „Ihr solltet auf keinen Fall vergessen, dass der Mann sofort schießt – ohne Zögern schießt!“

Die 8. Folge der noch jungen Serie „Derrick“, ausgestrahlt im Mai 1975, ist in gewisser Hinsicht ein Novum. Von Anfang an gibt es hier Sex & Crime, man könnte im Kontext fast von einem „Action-Feuerwerk“ sprechen. Noch dazu gibt es im Cast einige interessante Leute, alles Grund genug, um hier dazu ein paar Worte zu verlieren.

Im letzten Akt geht es hier ganz schön rund. Zu funky Rockmusik mit Fuzz-Gitarre gibt es wilde Schießereien und Verfolgungsjagden. Ist jetzt kein John Wick, natürlich.

Tatsächlich hat sich Horst Tappert hier bei einem kleinen Stunt den Fuß verletzt, danach war es vorbei mit „mach ich eben“.

Über den Dächern von Nizza, äh, München

Herausstechend ist hier sicherlich Raimund Harmstorf (1939-1993) in seinem ersten Derrick-Auftritt (von dreien). Er spielt hier einen eiskalten Killer, er ist der Strolch Hausmann, der aus dem Gefängnis freigepresst worden ist. Er spielt hier den gewissenlosen, von keinerlei Moral eingeschränkten Gangster wirklich großartig.

Raimund Harmstorf als Oberstrolch Günter Hausmann

Heute wahrscheinlich am ehesten als Gegenspieler aus diversen Bud-Spencer-Schinken in Erinnerung („Sie nannten ihn Mücke“), spielte er damals des Öfteren solche zwielichtigen Gestalten (z. B. in dem Actionknaller Blutiger Freitag (1972), den ich hier auch mal würdigen müsste).

Die damals hauptsächlich in Erotikfilmchen stattfindende Sybil Danning (* 1947) ist hier als die Ehefrau von Harmstorf zu sehen – kurios: beide haben sich schon mal in dem schon besprochenen Siegfried-Fummelfilm bereits kennengelernt. Vielleicht wurde sie auf Empfehlung von Harmstorf gecastet, wer weiß das schon. Es war auch ihre einzige Derrick-„Erscheinung“.

Tatsächlich war sie wohl auch drehbuchgemäß als „Macht sich gerne naggisch“ gecastet, denn ihre Figur arbeitet in einem Nachtlokal und ab Minute 18 sehen wir dann erst mal einen Strip von ihr. Grundsätzlich gibt es hier aus heutiger Sicht überraschend viel nackte Haut zu sehen. Immer dran, denken, wir sprechen von einer Abendserie im eher spießigen ZDF.

Sybil Danning lässt die Hüllen fallen

Tatsächlich treffen wir auch noch einen alten Bekannten auf dieser Seite – der bekanntlich von mir sehr geschätzte Rudolf Schündler (1906-1988) ist hier in einer kleineren Rolle zu sehen, als Kellner im besagten Nachtlokal, der sich vor Schiss fast einnässt, als Derrick ihn verhört. Während er in seiner kleinen Küche sitzt und seine Briefmarkensammlung sortiert – auch ein Bild, das man heute nicht mehr so sieht.

Gaby Dohm (* 1943) könnte vom Namen her eher Fragezeichen hervorrufen, aber das Gesicht sehr bekannt – auch sie ist bis heute aus dem deutschen Serienschaffen nicht wegzudenken. Sie ist hier noch eher am Anfang der Karriere, ihre bekannteste Rolle sollte erst 1985 in der Schwarzwaldklinik kommen. Sie spielt hier die Ehefrau des erpressten Anwalts, sie hilft dann bei den Ermittlungen. Sie soll die Stimmen ihrer Geißelnehmer auf dem Tonband wiedererkennen.

Viele tolle Schauspieler, bis zum Ende spannend, nette Actionszenen – da soll noch mal jemand sagen, Derrick sei langweilig. Dieses Klischee kommt eher aus den späten Jahren und den vielen Parodien. Die ersten Jahre bieten einige echte Knallerfolgen.

Die Serie gibt es als DVD-Boxen, seit einiger Zeit aber auch in guter Qualität und legal vom ZDF lizenziert auf dem YouTube-Kanal „KultKrimi“. Hier wird man fündig.

Mein Freund, der Lipizzaner (D 1994)

Regie: Franz Antel
Buch: Franz Antel, Eduard Ehrlich
Produktion: Karl Spiehs für Lisa-Film GmbH
Premiere: 15. April 1994, RTL

Wo wir gerade auf dem YouTube-Kanal von Lisa-Film sind – da gibt es auch noch diesen späten Ausläufer zu bekucken. Regie Franz Antel, Produktion Karl Spiehs und gesendet von RTL. Junge, Trashalarm auf 110 %.

Dieses Machwerk ist Teil einer Zusammenarbeit von Antel und Spiehs, in der einige Fernsehfilme entstanden. Antel war inzwischen 81, Spiehs 63. Für Antel war es offensichtlich schon gegen Ende seiner langen, langen Schaffensperiode.

Herausgekommen ist hier ein verlogen-verkitschtes Machwerk, das man gesehen haben muss, um es zu glauben. Dialoge wurden zusammenkopiert aus den schlechtesten Förster-Groschenheften, die je geschrieben wurden, dazu der billige Fernsehlook der 90er und Darsteller, die ihre banalen Sätzchen aufsagen wie sprechende Roboter. Quasi ein filmgewordener Fotoroman aus der Wendy. Uff.

Dreh- und Angelpunkt ist die Geschichte um Paul Scheibner (Alexander Wussow), einem jungen Typ, der Pferde ganz doll lieb hat und in der „Spanischen Reitschule“ eine Ausbildung macht. Dazu gibt es die obligatorische Liebesgeschichte mit der feschen Julia (Julia Biedermann), die den schönen Beruf Gestütssekretärin hat. Parallel gibt es noch ne Story über die Eltern von Paule, dem brummigen Urbayer Heinz Scheibner (Max Grießer), dessen Weingut in wirtschaftlicher Not ist. Dazu gibt es noch eine affektierte Boutique-Besitzerin und einen reichen, porschefahrenden Schnösel als Antagonisten aus dem Klischeehandbuch und einen Zirkus für die hübschen Bilder. Und ganz viele Pferde.

Ich habe ehrlich keine Ahnung, für welche Zielgruppe das gedreht wurde. 13jährige Mädchen, die Pferde toll finden? Die sind bestimmt nach 10 Minuten schon eingeschlafen oder haben auf RTL2 umgeschaltet. Mitgealterte Franz-Antel-Fans? Schalten die RTL ein? Und falls ja, denken die nicht: „Oh, das ist aber anders als früher. Ich geh heute mal zeitig ins Bett, ist ja schon halb neun“?

Wie auch immer – das Ding ist nahe an einer Selbstparodie. Wenn man es als solche begreift, ist es fast schon wieder lustig. Diese Dialoge sind unglaublich. Die zwei frisch getrennten Flitzpiepen Anton und Julia stehen im Wald und sagen solche Dinge, ohne lachen zu müssen:

Julia: „Ich bin keine Prinzessin, und das Leben (bedeutungsschwangere Pause) ist kein Märchen.“

Anton: „Das hab ich auch gemerkt. Vielleicht war ich zu egoistisch, vielleicht hab ich nur an mich selbst gedacht. ich glaube, es ist schon schwer, den Menschen fürs Leben zu finden.“

Julia: „Wahrscheinlich hast du recht. das ist das schwerste, was es gibt.“

Anton, nach kurzer Bedenkzeit: „Stimmt.“

Julia: „Deswegen will ich es erst gar nicht versuchen. Das bringt meistens nur Schmerzen.“

Anton, mit einem leisen Lachen: „Ja, das kenn ich.“

Julia. „Ich auch. Glaub mir. Man muss schnell abhauen, bevor es zu spät ist!“

Anton: „Ich fürchte, es ist schon zu spät.“

Ihre Köpfe nähern sich. Sie küssen sich zaghaft. Szenenwechsel mit Kreuzblende auf ein Bauernhäuschen.

Der nächste Morgen. Sie liegen postkoital in einem Holzbett, das mit Blumen bemalt ist. Sein Vater bereitet derweil das Frühstück, das vom Kaloriengehalt für eine 5-köpfige Familie reichen würde.

Minute 41

Herr im Himmel. Dagegen sind die Heimatfilmchen aus den 1950ern direkt Weltliteratur.

Gut, werfen wir noch einen kurzen Blick in den Cast. Diese Filmchen waren ja auch oft eine Art ABM-Maßnahme für verdiente Altstars. In der Rolle des Hengstliebhabers Paul haben wir Alexander Wussow (* 1964), ja, genau, der Sohn von „Professor Brinkmann“ Klausjürgen Wussow. Dessen Sippschaft ist irgendwie überall (seine Tochter spielte auch in der Schwarzwaldklinik mit). Er spielte sich durch einige der üblichen Heile-Welt-ZDF-Serien, seit einigen Jahren wurde es etwas ruhiger um ihn.

Der vielleicht größte Name im Cast ist Karin Dor (1938-2017), die zu den wichtigsten Schauspielerinnen der 1960er zählt. Ihre Karriere umspannte viele sehr populäre Franchises, von Karl May bis Edgar Wallace, ja sogar bis hin zu James Bond und auch bei Hitchcock spielte sie mal mit („Topas“). Dass man dann im Alter in so einem Schmonz mitspielen muss, ist schon bitter. Sie wird uns sicher hier noch öfters über den Weg laufen.

Hier spielt sie Zirkustante Louise und darf strahlend mit den Peitschen wedeln. Eine ziemlich kleine Rolle.

Ein relativ bekanntes Gesicht der 90er ist noch Max Grießer (1928-2000). Der bayrische Volksschauspieler war in der Zeit recht bekannt durch die Comedysendung „Wie bitte?!“ (1993-1997), die sehr erfolgreich auf RTL lief. Zuvor war er wohl vor allem durch seine Mitwirkung am „Komödienstadel“ dem einschlägigen Publikum bekannt, spielte aber auch schon in den 70ern in diversen Nackedei-Komödien mit, die wir sicher früher oder später hier beäugen werden. Leider fand der gute Mann ein trauriges Ende, er litt an Depressionen und nahm sich 2000 das Leben. Er ist hier tatsächlich ein kleiner Lichtblick zwischen den ganzen anderen Knallchargen, die hier „spielen“.

Julia Biedermann (* 1967) kennt man heute wohl noch primär wegen ihrer Teilnahme bei Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!, der Staffel von 2008 (mir wird eben erst bewusst, wie lange es diesen Quark schon gibt). Bekannt geworden ist sie als Tochter in dem ZDF-Serienklassiker Ich heirate eine Familie, später dann schon im Lisa-Film-Dunstkreis in der Roy-Black-Schmonzettenserie Ein Schloß am Wörthersee. (Nicht zu verwechseln mit Jeanette Biedermann (* 1980), der Sängerin und GZSZ-Tante. Auch nicht verwandt.)

Georg Marischka (1922-1999) sei noch der Vollständigkeit erwähnt, ein Mann mit sehr wechselhafter Karriere, er arbeitete als Drehbuchautor, Regieassistent und immer wieder auch als Darsteller in allerlei Film- und Fernsehschaffen. Sein Halbbruder Franz Marischka (1918-2009) war allerdings deutlich erfolgreicher und hat einiges an Filmen als Regisseur betreut. Er ist uns hier schon mal bei Die unglaublichen Abenteuer des Guru Jakob über den Weg gelaufen, er hat aber auch z. B. die berühmt-berüchtigte „Lass jucken, Kumpel“-Filme gedreht und viele ähnliche Machwerke, die wie geschaffen sind für dieses Gruselkabinett der deutschen Nachkriegskinokuriositäten.

Finde ich auf jeden Fall einen netten Zug von Lisa Film, dass die solche Archiv-Filmchen wie diesen hier kostenlos und in guter Qualität auf YouTube hochladen. Tatsächlich kam der Film auch 2016 von MCP auf DVD raus, so 5-Euro-Grabbeltischware.

Fröhliche Chaoten (D 1998)

Regie: Otto Retzer
Buch: Erich Tomek
Produktion: WTS Film (Wörthersee Filmproduktion GmbH)
Premiere: 8. Mai 1998, 20:15 Uhr, ARD

Ui, noch was Kurioses für die kleine Lisa-Film-Chronik. Diesen ursprünglich fürs Fernsehen gedrehten Film stellt Lisa Film auf dem hauseigenen YouTube-Kanal kostenlos zur Verfügung. Tatsächlich ist es kein „richtiger“ Lisa Film, das läuft unter der Firma WTS, was – Trommelwirbel – für Wörthersee Filmproduktion GmbH steht. Passender geht es nicht. Ob das ein Ableger für TV-Projekte war? Auf jeden Fall passend – denn der berühmt-berüchtigte Wörthersee darf natürlich auch hier nicht fehlen.

Unser inzwischen alter Bekannter Otto W. Retzer, der Typ mit Glatze und Schnorres, der in vielen der „klassischen“ Lisa-Filme als Produktionsleiter und Gelegenheits-Kleindarsteller wirkte und hier schon öfters zu bewundern war, begann in den 90ern als Fernsehregisseur für seichte Unterhaltungskost zu arbeiten, unter anderem für Ein Schloß am Wörthersee und später der legendär-grottigen Klinik unter Palmen, die sogar in Kalkofes Mattscheibe (im Radio) verewigt wurde (hier zu hören).

Dieses Filmchen nimmt im recht sinnfreien Titel direkt Bezug auf die beiden Zärtliche Chaoten-Filme aus den 80ern. Keine Ahnung, warum, inhaltlich ist das typische ARD-Fernsehfilmkost der späten Neunziger. Wer mit der Erwartung hier rangeht, fröhlich-bekloppte Comedy zu finden, dürfte enttäuscht werden. Eigentlich ist das eher eine romantische Komödie und sollte eher „Scheidung für drei“, „Scheiden tut weh“, „Ein Anwalt kommt selten allein“ oder „Auch Anwälte müssen lieben“ heißen.

Tatsächlich eine kleine Randnotiz hier wert, denn wir treffen außer Retzer noch einige bekannte Nasen aus den 50ern bis 70ern, die hier schon mehrfach aufgetaucht sind, betrachten wir das als eine Art „Was macht eigentlich…?“ Produktionsleitung und Drehbuch stammen von Erich Tomek (* 1930), der für viele Trashperlen der 60er bis 80er verantwortlich ist, von Fummelfilmchen wie Alle Kätzchen naschen gern (1969) bis hin zu „Die Supernasen“ (1983).

Vor der Kamera haben wir mit Uschi Glas (* 1944) und Harald Juhnke (1929-2005) auch einige „große“ Namen des deutschen Nachkriegskinos. Auch Christian Kohlund (* 1950) ist aus dem Fernsehschaffen der 80er bis heute kaum wegzudenken, vielleicht am bekanntesten als Professor Vollmers aus der Schwarzwaldklinik, aber auch aus insgesamt 7 Folgen von „Derrick„.

Uschi Glas, Christian Kohlund

Inhaltlich haben wir die übliche Verwechslungs-Sauce, frisch angerührt von inzwischen 67jährigen Tomek, der die Dinger inzwischen bestimmt im Autopilot geschrieben hat. Also: Kurt Weimar (Christian Kohlund) ist erfolgreicher Schnöselanwalt, mit Schlips und Mercedes und so, spezialisiert auf Scheidungen. Einer besonders ertragreichen Scheidung verdankt er eine Wochenende in einer Villa am Wörthersee (ja, wo auch sonst). Nebenbei wurstelt noch sein jovialer Vater Otto (Harald Juhnke) rum, der sich als sein Sohn abgibt, um eine heiße Schnitte namens Sandra (Gerit Kling) aufzureißen. Kurt will indes seiner Kollegin Bettina (Uschi Glas) an den Schlüppi und will sie zum Wörthersee einladen. Am Ende treffen sie alle aus unterschiedlichen Beweggründen in dieser Villa aufeinander und der wilde Verwechslungsspaß beginnt.

Opa Otto hat den Schalk im Nacken

Was den Film ein wenig rettet, ist die schon recht behäbige, aber dennoch charmante Performance von Juhnke, der hier schon ziemlich am Ende seiner langen Karriere war und mehr durch Boulevardschlagzeilen denn oscarwürdigen Schauspiels von sich reden machte. Natürlich ist er im Prinzip der gleiche Charakter wie immer, die Spitzbübigkeit ist auch trotz der Betagtheit noch spürbar.

Ansonsten ist das alles ziemlich nach Schema F zusammengedängelt. Sind die Lisa-Filme der 70er und 80er wenigstens noch hemmungslos bekloppt, ist das hier einfach nur furzlangweilig, von der einfallslosen 08/15-Regie bis hin zur furchtbaren Fahrstuhlmusik. Die Gags sind alle uralt und durch schlechtes Timing zur Sicherheit unschädlich gemacht, nicht, dass sich noch jemand totlacht. Immerhin ist der schlüpfrige, notgeile Altherrenhumor der 70er weitgehend verschwunden, anderen Humor konnte Tomek scheinbar nicht, so unfassbar unlustig wie das Gestümper hier ist.

Och nee, nicht schon wieder der fucking Wörthersee …

Für beinharte Fans von Juhnke und Glas vielleicht noch was für Zwischendurch. Oder wenn man mal partout nicht einschlafen kann. Nee, liebe Leute, det war nix. Das imdb-Rating übrigens: 1,7/10. Hart. Aber tatsächlich scheint er – den Kommentaren auf YouTube zufolge – durchaus seine Fans zu haben.

Ist tatsächlich mal auf DVD erschienen, gibt es für wenige Euro gebraucht bei den üblichen Verdächtigen. Wer mal reinschauen für umme möchte (warum auch immer): Lisa Film auf YouTube.

Verführt – Eine gefährliche Affäre (D 1999)

Titel auf DVD: Verführt – Fatal Online Affair

Regie: Michael Karen
Buch: Natalie Scharf, Steve Kallaugher
Produktion: Valerian Film / SAT1
Premiere: 2. März 1999

Auf diesen obskuren Film stieß ich durch Zufall in den berühmten Grabbelkisten. Es gibt keine Infos auf Wikipedia, nicht mal einen Eintrag, und das bei den doch relativ namhaften Darsteller*innen. Neugierig, wie ich bin, schließe ich mal diese Lücke im deutschen Filmschaffen. Tatsächlich fand ich das Thema auch interessant, schließlich war das Internet 1999 immer noch neu und aufregend, und hier geht es um Chats, Online-Dating und Sexting anno 1999. Also auch „historisch-technisch“ eine interessante Sache.

Die Hauptrolle spielt Katja Woywood (* 1971), die man heute eher aus behäbigen Serien der öffentlich-rechtlichen kennt, früher vielleicht am bekanntesten durch ihre langjährige Rolle in Alarm für Cobra 11 – Die Autobahnpolizei. Jüngere werden sie vielleicht primär durch die 9. Staffel der Serie Pastewka (2019) kennen. Katja Riemann und Peter Sattmann sind auch keine Unbekannten und in vielen vielen Serien und Filmen zu sehen, durchaus ein hochkarätiger Cast für so einen obskuren TV-Film.

Natürlich schwimmt der Film noch auf der Welle der unzähligen „Erotikthriller“, die nach dem Erfolg von „Basic Instinct“ (1992) die Kinos und das deutsche Privatfernsehen bevölkerten.

Doch erst mal kurz zur Handlung. Die junge Sonia (Katja Woywood) liefert Pizza aus, ist aber unzuverlässig. Ihre ältere Schwester Karin (Ragna Pitoll), tagsüber biedere Bürochefin, hängt abends gerne in zwielichtigen Chatrooms in dieser verrückten neuen Erfindung namens Internet rum, schaut pixelige Schweinkram-Filmchen und verabredet sich mit fremden Männern. Eines Abends bleibt sie verschwunden, ihre Schwester macht sich auf die Suche nach ihr und verabredet sich nach und nach mit allen Typen aus diesem Chatroom, um auf ihre Spur zu kommen.

Natürlich ist der Film auch als technische Zeitreise spannend. Riesige graue Computer und das gaaanz frühe Internet, natürlich alles ziemlich unrealistisch und sehr offensichtlich nicht „echt“. Auch die Inhalte des „heißen Chats“ sind eher komisch denn erregend, aber seht selbst:

„Haha, meine Schwester treibt es mit einem PC!“

Tatsächlich war ich überrascht, wie „zeigefreudig“ Frau Woywood hier ist, kennt man sie doch eher aus bieder-spießigen ZDF-Serien. Im ersten Akt läuft sie sehr plakativ auf „jung“ getrimmt durch die Gegend, mit Spangen im Haar und so einer komischen Brause-Halskette, und eigentlich immer mit ziemlich wenig Sachen an. Als würde sie in einem „Schulmädchenreport“ mitspielen, bisschen weird. Vielleicht sollte das der „90er-Techno-Raver-Girl“-Look sein.

Im Lauf des Films wird sie dann immer „taffer“ und „erwachsener“ angezogen, um da eine Art Entwicklung oder Reifung anzudeuten. Na denn.

Quasi als „Wendepunkt“ ziemlich in der Mitte des Films gibt eine Strip-Szene von ihr. Ihr Kumpel filmt sie dabei und es wird ins Netz übertragen, um sich Zugang zu diesem „geheimen“ Chatroom zu verschaffen und dort weiter nach der verschollenen Schwester zu forschen. Ich sage mal so: Es bleibt schon wenig der Fantasie überlassen.

Nach einigen offensichtlichen „Nieten“ unter den Verdächtigen gerät sie schließlich an den etwas schleimigen Juppie (Peter Sattmann), der sich Valentino nennt, ist er der geheimnisvolle Typ, der was mit ihrer Schwester hatte? Im Laufe der Ermittlungen hocken die beiden auch mal im Adamskostüm in der Sauna.

Also wird mit nackter Haut nicht gegeizt. Aber der Schwerpunkt liegt doch auf der Krimihandlung.

Solider, erotisch angehauchter Thriller mit einigen wirklich spannenden Szenen und pfiffigen Wendungen, ich war eher positiv überrascht. Das Finale ist recht ruppig, fast schon ins Horror-Genre reichend. Hab wirklich schon deutlich schlechtere amerikanische Thriller gesehen.

Er krankt natürlich an dem heute etwas cheesy wirkenden 90er-TV-Look. Aber sowohl Kamera und Regie als auch die schauspielerischen Leistungen sind doch über deutscher TV-Einheitskost. Einzig der ziemlich belanglose und sehr nach Plastik klingende 08/15-Soundtrack stört etwas.

Für Fans von Katja Woywood dürfte das Pflichtprogramm sein. Wenn man’s denn findet, denn die obskure DVD vom Label „epiX“ ist von 2004 und seit ewig out of print. Bei Amazon Prime ist er gelistet, aber „nicht verfügbar“. Er lief damals auf SAT1, keine Ahnung, ob es da eine Art Mediathek gibt?

Auf der DVD steht auch was von „Director’s Cut“, tatsächlich hat SAT1 das für die Prime-Time-Ausstrahlung bisschen „entschärft“ in den erotischen Szenen. Dazu gibt es einen Audiokommentar sowie „ungekürzte Szenen“ (nichts wildes) und Casting-Videos. Für so eine alte DVD von einem Fernsehfilm schon beachtlich.

Der Audiokommentar ist ziemlich aufschlussreich. So erfahren wir zum Beispiel, dass das Drehbuch ursprünglich aus den USA stammt und von Drehbuchautorin Natalie Scharf überarbeitet und auf deutsche Verhältnisse umgearbeitet wurde. Das stimmige Drehbuch ist tatsächlich eine Stärke des Films, gut gemacht. Es war eine ihre ersten Arbeiten, sie ist bis heute als Autorin für Drehbücher und Jugendbücher erfolgreich im Geschäft.

Noch eine kleine Anmerkung für alle Fans von Familie Heinz Becker – ich habe mich sehr amüsiert, hier Matthias Zelic zu sehen, der in der Serie öfter mal kleine Rollen übernimmt. Hier ist er – ohne Brille – als notgeiler Typ aus dem Chat zu sehen, der über den Geschmack von Früchten philosophiert.

„Am liebsten sauge ich den Saft gleich aus der Frucht raus. Wenn er dann von meinen Lippen tropft … wusstest du, dass jede Frucht ihren Eigengeschmack hat, Sandra? Nur einmal mit der Zunge spüren, und ich weiß sofort, ob sie alt oder jung ist.“

Ihre Antwort: „Was soll denn dieses Schwachsinnsgelaber?“

Lol.

„Hinten links – Fasasenbräu!“ – „Sie können hier nicht parken!“ – „Bist du gar net es Rosl“?

Feuer, Eis & Dosenbier (D 2002)

Regie: Matthias Dinter
Buch: Matthias Dinter, Martin Ritzenhoff
Produktion: Philip VogesMischa Hofmann für Odeon Fiction, Goldkind Filmproduktion, Warner Bros.
Premiere: 21. Februar 2002

So, nun nehmen wir mal tief Luft und tauchen in die Niederungen der deutschen Komödie der 2000er ein. Dieses Werk ist mir über den Weg gelaufen, und tatsächlich machte mich ein Fakt aufmerksam: Wir können hier wieder mal „Find den Fux!“ spielen. Jawoll, unser Lieblings-Knittergesicht Herbert Fux, immer ein Garant für Kino vom Feinsten, hier mal in den 2000ern zu besichtigen, in einem seiner letzten Kinofilme.

Ansonsten bekommt man hier so ziemlich das, was man erwartet von einer Komödie mit Axel Stein aus der Zeit. Platt, platter, Comedy für die Zielgruppe „junge, doofgesoffene Männer“. Ich habe nicht viel erwartet, aber selbst dafür ist das hier schon starker Tobak. Aber der Reihe nach.

Es beginnt mit einer Parodie auf Heidi, wenn man das Parodie nennen will. Heidi und ihr Kumpel Peter finden „Spielsachen der Kinder aus der Stadt“, wie sie meinen, und „spielen“ mit allerlei Müll, unter anderem ein Kondom und eine Dose Bier, die sich Peter mal reinpfeift. Das knockt ihn direkt aus und er fällt in ein Körbchen am Fluss (das da warum genau steht?) und schwimmt davon.

16 Jahre später: Wir lernen den feisten Josch (Axel Stein) und einen kalkweißen Rasta-Man namens Türlich (Rick Kavanian) kennen, zwei junge Männer, die gerade ihren Zivildienst ableisten und sonst nur mit Kiffen, Saufen und Videospielen beschäftigt sind. Der Einzug in die Bundeswehr droht, die beiden fliehen nach Österreich und erleben Abenteuer. Sie landen beim Alm-Öhi (Herbert Fux) und der inzwischen auch erwachsenen Heidi (Eva Habermann) aus dem Prolog, es stellt sich heraus, dass „Türlich“ eigentlich der Geißen-Peter aus dem Körbchen ist (wer hätte es geahnt). Doch das alpine Idyll ist in Gefahr: Ein US-Magnat namens Tronald Dump (Christoph M. Ohrt) will das Gebiet aufkaufen und ein Skigebiet daraus machen.

Ziemliches Niveau-Limbo hier, gut, kommt jetzt nicht überraschend. Wenn man es als kulturelles Artefakt begutachtet, hat man hier natürlich einiges, was aus heutiger Sicht kurios ist. Natürlich ist der Antagonist namens Tronald Dump (mega witzig, ne) eine Anspielung auf Donald Trump, damals noch als skurriler harmloser reicher Typ mit Sockenschuss bekannt. Er manipuliert hier die tumben, grenzdebilen Burschen mit dummen Sprüchen, Geschenken, falschen Versprechungen und „heißen Babes“. Ähnlichkeiten zu gewissen Entwicklungen? Ach was.

Man könnte schon sagen, dass wir hier einen geistigen Nachfolger der Produktionen von Lisa Film haben. Hat als Genre – „infantile Comedy für infantile Jugendliche“ – vielleicht durchaus seine Daseinsberechtigung, geschenkt. Comedy darf auch mal platt sein – aber sie sollte dann wenigstens lustig sein. Das ist einfach nur stumpf, zusammengeklaut, krampfig, schlecht gespielt mit den schlechtesten Gags aus den Filmen der 60er bis 80er. Bei Lisa Film isses wenigstens ab und zu aus Versehen lustig, das hier ist einfach kaum zu ertragender Schwachsinn, der sich trotz nur 75 Minuten Laufzeit anfühlt wie eine Folter.

Paar Beispiele: Ein Typ lispelt und stottert, was eine Art Running Gag wird. Sprachfehler, einfach zum Totlachen. In einer Sequenz meint Josch, ein „Babe“ zu vernaschen, aber mit verbundenen Auto, und eine tatsächlich ist es eine Oma (die Mutter von Dump), haha, alte Frauen, die Sex haben, einfach zum Totlachen.

Tatsächlich spielen große Teile des Films im österreichischen Skiort Ischgl, das auch zum Lisa-Film-Feeling beiträgt (die drehten oft in Kitzbühel).

Herbert Fux als Alm-Öhi

Gegen Ende gibt es einen ganz hübschen Meta-Gag – in der finalen Verfolgungsjagd auf Skiern gibt es bewusst schlechte Rückprojektionseffekte. Ob das wirklich Absicht war oder ob das quasi ein Gag auf eigene Kosten war, sei dahingestellt. Sie tun so, als hätte der Agent des Verfolgten abgerufen, und nutzen die Verwirrung, um ihn zu überholen. Dazu gibt es eine kleine „Behind the scenes“-Szene. Hübsche Idee.

Für Regisseur und Co-Autor Matthias Dinter war es sein Regie-Debüt, seine Karriere als Regisseur von Kinofilmen nahm allerdings schon 2004 nach seinem zweiten Werk Die Nacht der lebenden Loser schon sein Ende. Seitdem war er vor allem als Drehbuchautor fürs Fernsehen und Comiczeichner aktiv.

Um Axel Stein (* 1982) führte in der ersten Hälfte der Nuller Jahre kaum ein Weg vorbei, sowohl im TV als auch im Kino. Beginnend mit der Rolle in Hausmeister Krause ab 1999 so bis 2006 war vielleicht der Gipfel seiner Karriere, mit unzähligen Fernseharbeiten und auch Kinofilmen wie dieser Mumpitz hier. Harte Jungs (2000) und Knallharte Jungs (2002) waren sehr erfolgreich. Eigentlich war das eine Art Reboot von Eis am Stiel, nun halt mit Axel Stein statt Zachy Noy. Diese Filme wären eigentlich auch mal eine Sichtung für die Seite hier wert. Mal sehen, wann ich mir das mal antue.

Rick Kavanian (* 1971) kennt man heute primär aus der Bullyparade (1997-2002) und den Filmen von Michael Herbig. Ja, er ist tatsächlich 11 Jahre älter als Stein, sollte man gar nicht meinen. Er war hier also schon 31 Jahre alt, deutlich älter als seine Rolle, und hatte vorher Politikwissenschaft, Nordamerikanische Kulturgeschichte und Psychologie studiert, wie ich gerade auf Wikipedia gelernt habe. Wie Stein geistert er bis heute durchs deutsche Unterhaltungsschaffen. 

Eva Habermann (* 1976) dürfte auch heute noch den meisten ein Begriff sein, auch sie hat viel seltsames Zeug gedreht in ihrem Leben, ich denke mal, ihre Performance hier dürfte sie heute eher als „Ich war jung und brauchte das Geld“ abhaken. Als blond bezopfte, tief ausgeschnittene Heidi spielt sie hier das heiße Dummchen. Scheinbar war das der Karriere-Plan zu der Zeit – sie hat auch mehrfach für einschlägige Magazine die Hüllen fallenlassen.

Christoph M. Ohrt als Tronald Dump
Eva Habermann als Heidi

Wenn die Zahlen bei imdb stimmen, hat dieses Machwerk nicht mal seine Kosten eingespielt. Das war wohl selbst angetrunkenen 15-jährigen Pubertätsgeplagten zu doof.

Den Film gibt es nur auf VHS und DVD, beide lange out of print. Die DVD ist sogar auf dem Gebrauchtmarkt im Netz vergleichsweise teuer, findet sich aber auch sicherlich in vielen 1-Euro-Grabbelkisten, falls man das dringende Bedürfnis verspürt, sich das hier mal reinzutun. Vielleicht ist es für den einen oder anderen ein Nostalgieflash, es sei gegönnt. Ein für alle Beteiligten peinlicher Kackfilm isses dennoch.

Ob Dirndl oder Lederhos‘ – gejodelt wird ganz wild drauflos (D 1974)

Regie: Wolfgang Bellenbaum (als John Weeran)
Buch: unbekannt (als „Gesamtleitung“ wird Bellenbaum genannt, vermutlich ist das auf seinem Mist gewachsen)
Produktion: City Film, Berlin
Premiere: 13. April 1974

Bei der Recherche zu Jagd auf Jungfrauen / Der Motel-Report wurde ich auf dieses obskure Werk aufmerksam, das ich als grottige VHS-Digitalisierung aufgetan habe, mit französischen (!) Untertiteln. Aus dem gleichen Stall wie obiges Werk, ebenfalls eine Produktion der „City Film“, aber mit einigen überraschenden Entdeckungen. Genug, um diesem Machwerk auch hier ein paar Zeilen zu widmen. Auch hier ist wieder Meisterregisseur Wolfgang Bellenbaum (unter dem Pseudonym John Weeran) am Werk.

Direkt in den ersten Minuten einige „Was zum …“-Momente. a) In der Synchro ist tatsächlich Thomas Danneberg zu hören. b) Es spielt unser inzwischen alter Bekannter Herbert Weißbach (1901-1995) mit. Der Film taucht in seiner Filmographie auf Wikipedia gar nicht auf. Uns ist er hier schon in Der Partyphotograph (1968) begegnet, hatte aber auch eine lange, lange Karriere und tauchte als „schrulliger Opa“ mit markanter Stimme auch in einigen heute noch geläufigen Filmen auf, sei es bei Heinz Erhardt oder gar in Otto – Der Film. Alternde Schauspieler haben es nicht leicht. Die Rente ist karg, und so musste er sich wohl das Haushaltsgeld mit so einem Kernschrott wie diesem hier aufbessern.

Aber nun zum Film. Im Vorspann sehen wir ein paar typische bairische „Seppel“, die in ihrem VW Bus in Berlin-Neukölln ankommen, sie sollen als Blaskapelle in der Neuen Welt auftreten. Ihre erste Sorge ist, ob die Preußen auch Bockbier vertragen, die zweite, wann es hier endlich was zum Knattern gibt.

Neue Welt, Berlin

Herr Berger (Herbert Weißbach) telefoniert, nebenan steht ein Typ und kegelt for some fucking reason. Er ist Inhaber des Hotels. Das ist wohl Sitz einer Firma namens CBB – kurz für „Charmante Büro-Betreuung„. Wie subtil.

Und schon haben wir einen Kunden:

Ein Businesstyp spricht mit einer drallen Dame (Erna Haffner), er wünscht eine fähige Stenotypistin. Sie telefoniert, um eine passende Miet-Sekretärin zu finden, aber – na sowas – diese ist gerade am „Diktieren“. Und hat dabei keinen Stift in der Hand, zwinker-zwinker, kicher-kicher.

Die Dame ist offensichtlich so ne Art Puffmutti dieses getarnten Freudenhauses und bequatscht den Typ, er solle sich doch mal entspannen und sich eine Massage gönnen. Die er dann von einer blonden Eva bekommt. Schließlich entspinnt sich folgender Dialog:

Notgeiler Businesstyp: „So eine Massage von zarten Frauenhänden macht mich immer so an. Hören Sie sofort auf, sonst vergewaltige ich sie!“

Blonde Uschi lacht auf. „Wie wollen Sie denn das machen? Ist das auch vergewaltigen, wenn man gar keine Gewalt braucht?“ Schlafzimmeraugen. „Ich finde Sie sehr nett, sie erinnern mich an meinen Onkel, er war mein erster Mädchenschwarm.“

Businesstyp: „Nett, wie sie das gesagt haben.“

Das dürfte so in etwa das Niveau der „Handlung“ illustrieren. Unglaublich auf so vielen Ebenen. Welche Frau fängt nicht an zu lachen, wenn man droht, sie zu vergewaltigen?

Massage – nur gut mit Fototapete und seltsamen Inzest-Phantasien, laut diesem Film

Tatsächlich gibt es hier viele Überschneidungen zum „Motel-Report“. Der (vorgeblich) italienische Portier Giovanni (Felix Langenstein) ist wieder am Start, offensichtlich ist das auch exakt das gleiche Hotel wie im anderen Film, auf imdb als das „Hotel Stössensee“ identifiziert, scheint es nicht mehr zu geben. Dieser Portier wird tatsächlich von Thomas Danneberg synchronisiert, er klingt exakt wie John Cleese in dem Tabakladen-Sketch von Monty Python („Iiiich werde diese Schallplatte nicht kaufen, sie ist zerkratzt!“). Verrückt. Dieser Einsatz ist nicht in der Deutschen Synchronkartei gelistet, aber ich müsste mich schon sehr irren, wenn er es nicht ist.

Die blasfreudigen (hoho, haha) Bayern steigen in diesem Hotel ab und sind gleich mal reizend, indem sie den Portier als „Itaker“ und „Makkaroni“ bezeichnen. Bayern, man muss sie einfach lieben. Bestimmt alles Verwandtschaft vom Aiwanger. Da legst di nieder!

Es folgt die übliche Nummernrevue. Nebenbei gibt es noch einen Subplot um Herr Berger und die dralle Puffmutti, die dann später heiraten, sich streiten und versöhnen, und das Hotel schließlich mit bayrischen Thema zu neuem Leben erwecken. Wenn ich das richtig verstanden habe, hab mir diesen unerträglichen Quark nicht komplett angesehen.

Hier wurde offensichtlich versucht, an die damals sehr erfolgreichen „Lederhosen“-Filme anzuknüpfen, nur dass der ganze Bums in Berlin mit Trachten aus dem Kostümverleih (vermutlich) gedreht wurde. Tatsächlich – wir schreiben das Jahr 1974 – ist das schon hier und da sehr nahe an einem „richtigen“ Porno, nur halt ohne Genitalien. Und siehe da – tatsächlich gab es nach der gesetzlichen Legalisierung (1975) eine „harte“ Version auf Super8-Film, auf rund 20 Minuten runtergekürzt und „Bockbiersex“ umgetauft, mit sehr offensichtlich aus anderen Quellen reingeschnittenen Close-Ups versetzt und auch komplett neu synchronisiert. Was macht man nicht alles für ne schnelle Mark.

Auf diesem Wege spielt der nette, unschuldige Opa Herbert Weißbach mit 73 Jahren tatsächlich in einem richtig echten Porno mit. Ob er sich dessen bewusst war?

Noch ein paar Zeilen zu Erna Haffner (1912-1989). Sie spielt hier die resolute, pummelige Puffmutti und love interest von „Herr Berger“ und hat viele Szenen mit ihm zusammen. Auch sie ist so ein Fall – sie spielte in vielen „ernsten“ Filmen der 50er und 60er mit, war gelehrte Schauspielerin mit Theatererfahrung und ausgebildete Sängerin. Das ist irgendwie bitter, wenn mit so einem Lebenswerk dann in so einem Käse mitspielen muss, um die Miete zu zahlen.

Fragt mich nicht, was wir hier sehen.

Unter den Damen sagte mir nur Marianne Dupont als Namen was, die tingelte in der Zeit durch einige Softsex-Filmchen. Sie ist die blonde Massage-Else. Auch die rothaarige Uschi Stiegelmaier hatte eine etwas längere „Karriere“, in so Spitzenproduktionen wie „O mei, haben die Ostfriesen Riesen“ bis hin zu Ausflügen in die „harten“ Filme von Hans Billian nach 1975. Die anderen sind Eintagsfliegen, sofern imdb nicht lügt.

Stumpfsinnige, runtergekurbelte Fleischbeschau der billigsten Art aus den Niederrungen des 70er-Jahre-Kinos. Die Ära ist ein Phänomen. Je tiefer man gräbt, desto wilder wird es.

In Deutschland ist der Film (in dieser ursprünglichen Version) nur als VHS auf dem Label „VIP“ erschienen, nie auf DVD. Kurioserweise gibt es die später mit der Heckenschere zusammengebastelte HC-Version auf DVD. Das verstehe wer will.

Pension Schöller (D 1960)

Regie: Georg Jacoby
Buch: Georg Jacoby, Joachim Wedekind, Gustav Kampendonk nach dem Bühnenstück von Wilhelm Jacoby und Carl Laufs
Produktion: Walter Koppel, Gyula Trebitsch für Real-Film GmbH, Hamburg
Premiere: 15. Juli 1960

So, nach den 70ern-Nackedeis gehen wir mal wieder in die biederen 60er. Dieser Film ist für mich primär wegen Theo Lingen interessant. Der zugrundeliegende Stoff ist uralt und wurde schon 1930 und 1952 verfilmt, und jedes Mal von Georg Jacoby (1882-1964). Die Namensgleichheit ist kein Zufall – Georg ist der Sohn von Wilhelm Jacoby (1855-1925), einem der Autoren des Stücks. Das Theaterstück wurde bereits 1890 (!) uraufgeführt. Also wirklich von anno Tabak, wie man so schön sagt.

Georg Jacoby war ein sehr, sehr produktiver Filmemacher. Deutlich über 200 Filme gehen auf sein Konto, beginnend im Jahr 1913 (!). Seine Karriere endete 1960, das ist also einer seiner letzten Filme. Aufmerksame Leser*innen dieser Seite mag der Name bekannt vorkommen – richtig, der schon besprochene Film Bühne frei für Marika (1958) war auch von ihm. Der gebürtige Mainzer war lange mit Marika Rökk verheiratet.

Hier haben wir also die x-te Version eines offenkundig sehr populären Stoffs. Eigentlich müsste man jetzt alle Versionen sehen, aber das wäre vielleicht etwas zu viel des guten.

Theo Lingen als Professor Schöller

Der Grundplot ist so simpel wie einfach: Der vermögende ältliche Junggeselle Philipp Klapproth (Rudolf Vogel) finanziert seinem Neffen Peter (Helmuth Lohner) das Medizin-Studium. In der ersten Szene bekommt er Post (Postbote: Henry Vahl), er bittet ihn um 20.000 DM. Er will angeblich Nervenarzt werden und könnte eine Praxis übernehmen. Aber das ist geschwindelt, eigentlich macht er lieber wilde Jazzmusik und will die Kohle in ein Jazzlokal investieren, um sich damit eine Existenz aufzubauen. Philipp will aber erst mal sehen, ob das alles stimmt, und taucht auf. Also muss die Pension des Onkels seines Bandkollegen schnell zur fingierten Nervenheilanstalt werden, die Posse beginnt in der titelgebenden „Pension Schöller“. Professor Schöller (Theo Lingen) und die Gäste sind natürlich nicht eingeweiht und werden von Klapproth für „Irre“ gehalten, woraus sich mehr oder weniger lustige Begebenheiten ergeben.

Direkt offensichtlich ist natürlich die zu erwartende Anpassung an den zeitgenössischen Musikgeschmack. Zwischendurch wird immer wieder mal ein Liedchen geboten, im leicht angejazzten Big-Band-Sound, überliegend gut gealtert, kann man heute noch ohne Ohrensausen hören. Ist meist auch angenehm kurz und nicht so penetrant-werbemäßig wie in vielen Schlagerfilmen, die komplett sinnfrei irgendwo einen Song reinballern, weil die Plattenfirma einen Scheck schickt.

Für das Drehbuch sind gleich drei Herren verantwortlich. Natürlich geht es auf das Theaterstück zurück, ergänzt durch die Arbeit von Regisseur Georg Jacoby und dazu noch Joachim Wedekind (1925-1963) und Gustav Kampendonk (1909-1966). Beide sind uns hier schon begegnet. Wedekind war am Drehbuch für „An jedem Finger zehn“ (1954) beteiligt und hat vor allem in den 50ern einiges (mit-)geschrieben. 1963 wählte er aus mir unbekannten Gründen den Freitod. Immer viel Drama hinter den Kulissen beim Heile-Welt-Film irgendwie. Der Herr mit dem schönen Namen Kampendonk sollte Heinz-Erhardt-Fans was sagen – er ist Autor von „Natürlich die Autofahrer“ und „Drillinge an Bord“ (beide 1959). Er war sehr fleißig in den 50ern und hat ordentlich Unterhaltungsware getextet.

Theo Lingen, Rudolf Vogel

Rudolf Vogel (1900-1967) ist uns bislang noch nicht begegnet, was ein kleines Wunder ist. Er ist einer der Schauspieler, die in x Filme pro Jahr zu sehen waren, oft in Nebenrollen. Als sehr erfahrener Theatermann spielte er oft etwas exzentrische Spießbürger, wie hier auch den kauzigen Onkel. Hat Hans-Moser-Vibes.

Zu Theo Lingen (1903-1978) habe ich hier schon einiges geschrieben, ich mag den Mann einfach. Hier hat er mehr eine Nebenrolle, aber als exzentrischer Professor und Pensionsleiter eine, die ihm wirklich auf den Leib geschrieben ist. Das ist sicherlich kein Highlight in seiner (etwas erschlagenden) Filmographie, aber für Fans sicherlich mal sehenswert. Tatsächlich erinnerte seine Rolle mich öfter mal an die des Direktor Taft in den „Lümmel“-Filmen. Hier hat er quasi schon geübt.

Ann Smyrner als Erika

Die weibliche Hauptrolle als Nichte Erika Klapproth wird von Ann Smyrner (1934-2016) gespielt. Die gebürtige Dänin hat ihre Schauspielkarriere kurioserweise der BILD-Zeitung zu verdanken. Diese brachte von 1952 bis 1961 einen Comic namens „Lilli“, die so populär war, dass es bald auch Puppen davon gab. Diese „Bild-Lilli“ gilt als Vorgängerin der Barbie. 1958 entstand dann der darauf basierende Film Lilli – ein Mädchen aus der Großstadt – und die Titelrolle wurde in der BILD ausgeschrieben. Und Ann Smyrner bekam den Zuschlag. Verrückte Geschichte. Sie drehte in den 60ern noch einiges an Filmen, auch viel in Italien, aber Anfang der 70er erlosch ihr Stern. Offenbar hatte sie da eine Art religiöse Erweckung und lebte seitdem zurückgezogen auf dem Esoterik-Trip. So Biographien kann man sich echt nicht ausdenken.

Als Neffe und Möchtegern-Mediziner sehen wir Helmuth Lohner (1933-2015). Der Name sagte mir nichts, aber auch wirkte in der Nierentisch-Zeit in vielen Filmen mit, auch in kleineren Rollen in einigen Heinz-Erhardt-Filmen. Apropos – auch das Hamburger Urgestein Henry Vahl hat eine kleine Rolle, direkt am Anfang, als Briefträger. Neben seiner Rolle in „Unser Willi ist der Beste“ (1971) ist er heute sicherlich wegen seiner Mitwirkung im Ohnsorg-Theater ein Begriff.

Rudolf Vogel, Henry Vahl

Durchschnittliche Unterhaltungskost. Die Grundidee ist eigentlich ganz nett, aber die Handlung ist halt uralt und daher sehr nach Schema F gestrickt. Bisschen mehr Theo Lingen wäre nett gewesen. Ansonsten recht uninspiriert abgefilmtes Theater ohne wirklichen Bild-Gestaltungswillen. Tut nicht weh, haut aber auch sicherlich niemand mehr vom Hocker.

Den Film gibt es seit 2014 auf DVD, wie oft beim Label „Filmjuwelen“ erschienen. Eine vorherige Auswertung auf VHS gab es nach allen gängigen Quellen nicht.

Jagd auf Jungfrauen / Der Motel-Report (D 1973)

Regie: Wolfgang Bellenbaum (als John Weeran)
Buch: unbekannt
Produktion: City Film, Berlin
Premiere: 14. Dezember 1973

Oha, da habe ich mal wieder was ausgebuddelt. Dieser seltsame Film ist mir auf einer ganz billigen Sammlung von Erotikfilmen zugelaufen, jeweils 3 Filme auf einer DVD. Natürlich haben wir es hier mit einem Vertreter der Softsex-Welle der frühen 70er zu tun, der unter verschiedenen Titeln ausgewertet wurde. „Jagd auf Jungfrauen“ ist wohl der Originaltitel, später wurde er auch unter dem etwas weniger reißerischen und auch besser passenden „Der Motel-Report“ vermarktet, um auf der „Report“-Welle mitzuschwimmen. Tatsächlich sind die Infos über diesen Film im Netz sehr spärlich, Wikipedia kennt den Film überhaupt nicht. Also mal wieder verschärfte Forschung.

Es handelt sich um eine Produktion der „City Film“ aus Berlin, dieser Laden ist mir tatsächlich komplett neu. Die Firma trat auch nur in der Zeit in Erscheinung, hauptsächlich mit solchen billigen Erotik-Kloppern wie dem Ding hier, um ein paar schnelle Mark zu verdienen. Ralf Gregan (* 1933) und Wolfgang Bellenbaum (1928-1984) scheinen hier die beiden Macher hinter den Kulissen gewesen zu sein, jedenfalls sind sie meist als Regisseure tätig. Womit wir eine Brücke haben zu dem Comedy-Versuch „Nich mit Leo„, den Gregan in den 90ern mit Jürgen von der Lippe fabrizierte, hier schon zu Ehren gekommen.

Tatsächlich ist der Film historisch interessant – als 1975 die Gesetzgebung hinsichtlich „pornographischer“ Darstellungen in Deutschland legalisiert wurde, kam der Film 1976 einfach noch mal in die Kinos, nachträglich (vermutlich) mit Hardcore-Szenen gepimpt. Sagt jedenfalls imdb, liegt mir nicht vor, insofern – keine Ahnung.

Kurz zum „Plot“. Auf geht’s um Reisebus nach Berlin! Eine bunt zusammengewürfelte Truppe macht einen Ausflug ins damalige West-Berlin, vom kecken Backfisch im Minirock bis hin zum Skat spielenden Opa. Die ganze Bande steigt in einem Motel ab und schon quietschen die Betten.

Viel interessanter: Die älteren Herrschaften machen derweil mit dem Bus eine Stadtfahrt durch Berlin. Vor allem drei ältere Damen werden begleitet, die quasi als comic relief zwischendurch das „wilde Leben“ der Großstadt kommentieren und sich über den Verfall der Sitten aufregen.

Es sind wie so oft lose zusammengehaltene Episödchen. Eigentlich „passiert“ in dem Film kaum was. Wenn man so will, gibt es eine kleine Charakterentwicklung, die drei Damen bekennen am Ende, weltoffener und moderner geworden zu sein, und eine hanebüchene Love Story gibt es auch noch, mit einer mittelalten Dame, die als „spätes Mädchen“ eingeführt wird, mit zusammengebundenen Haaren und Brille, die sich am Ende die Haare löst und auf einmal als „hübsch“ wahrgenommen wird und endlich einen Mann findet, der sie begatten will.

Da staunt die Oma, was es in Berlin so alles zu sehen gibt

„So ein Sündenpfuhl von einer Großstadt!“

Zwischendurch gibt es immer wieder Dialog-„Perlen“. Liebe Männer, so reißt man Frauen auf:

Bikini-Mädel: „Is schön hier.“

Typ mit Haaren: „Is Absicht, dass es hier so schön ist. Du bist auch schön. Du bist genau das, was mit der Oberkirchenrat an Sonn- und Feiertagen verschrieben hat.“ Streichelt ihren Arm.

Bikini-Mädel: „Das ist aber freundlich!“ Er will sie küssen. „Nicht doch!“

Typ mit Haaren: „Gehen wir runter in die Kajüte und machen einen gepflegten Ölwechsel?“

Welche Dame kann da widerstehen? Habe ich schon erwähnt, dass dieser Film keinen Drehbuchautor hat? Jedenfalls keinen, der sich mit seinem Namen in den Vorspann traute. Warum nur?

Die drei resoluten älteren Damen erkunden derweil weiterhin die wilde Großstadt. Nach einem Besuch im Zoo, wo sie ein Affe mit Ständer aus der Fassung bringt (ernsthaft), landen sie im Kino in einem schmutzigen Film. „Warum nicht, zuhause könnte man das ja nicht!“

An der Kasse entsteht dieser schöne Dialog, der das westdeutsche Kino der Zeit einfach perfekt auf den Punkt bringt. Er sei daher mal zitiert:

Oma 1: „Bitte dreimal Loge.“

Oma 2: „Dass solche Filme überhaupt gedreht werden!“

Oma 1: „Wieso? Wenn sie solche Filme nicht gedreht hätten, würden wir hier nicht rein gehen!“

Oma 2: „Für die Filmindustrie sind die Sexfilme wie die Heimatfilme der 50er Jahre!“

Oma 3: „Woher wissen sie das?“

Oma 2: „Aus dem Grünen Blatt!“

Oma 1: „Ja natürlich! Je mehr wir damals bei den Heimatfilmen geheult haben, desto mehr haben sich die Produzenten eins gelacht über die Tränen. Nur fließen die Tränen heute woanders …“

Oma 2: „Aber geheult wird heute nicht mehr. Sex ist Trumpf, hihihi.“

Der „Film im Film“ (heiße Krankenschwestern vernaschen das Lichtdouble von Lenin in einem Aufzug) und die Reaktion darauf

Der Film, der im Kino läuft, scheint tatsächlich ein existierender Film zu sein. Die blonde Krankenschwester wird in der ofdb als Gina Janssen identifiziert, die in der Zeit in allerlei soften und auch harten Juckelfilmchen ihren Lebensunterhalt verdiente. Die andere ist wohl Christine Szenetra, auch eine vielbeschäftigte Darstellerin der Zeit. Wenn das ein wirklich existierender Porno ist, kann es sich eigentlich nur um eine dänische Produktion handeln (1973). Wer den Film zufällig 😉 kennt, gerne mailen. Der Vollständigkeit halber. Hier ist er natürlich nur in soften Ausschnitten zu sehen.

Vom Cast gibt es kaum was zu berichten. Der Film kommt komplett ohne „große“ Namen aus, selbst die üblichen Verdächtigen des Genres war das wohl zu billig. Oder sie zu teuer für die Produktion?

Viele der Nasen tauchen tatsächlich nur in diesem einen Film auf. Einzig Hans-Joachim Ketzlin wirkte in vielen der Produktionen der „City Film“ mit. Die Damen tauchten hier auf, hielten ihre sekundären Geschlechtsmerkmale in die Kamera und verschwanden wieder im Nirgendwo.

Tatsächlich gibt es unter den älteren Herr- und Frauschaften, die auch mit im Bus sind, einige Leute mit langer Kinogeschichte, die sich hier noch auf ihre alten Tage einen schnellen Scheck sicherten. Einer der skatspielenden Opas ist Erich Poremski (1895-1980), jetzt vielleicht niemand, den man kennen sollte, aber der Kollege hat schon in den 20ern Stummfilme gedreht und viel Theater, Hörspiel und Synchron gemacht. Auch war er ab den 50ern immer wieder mal im Kino und im Fernsehen zu sehen. Müsste der glatzköpfige Herr in der Mitte sein. Seine Stimme ist in der Tat grandios. Klingt ein bisschen wie Loriot, als er Opa Hoppenstedt spielte.

„Wenn de mal alt bist, kannste nur noch essen! Bumsen kannste dann schon lange nich mehr!“

Opas Weisheiten

In einer etwas größeren Rolle haben wir noch eine gewisse Lilo Hartmann (1910-1984) zu vermelden, sie hat es immerhin zu einem Wikipedia-Eintrag geschafft. Sie ist die knuffige Oma mit dem meisten Text, im Foto mittig. Sie war schon in den 30ern im Kino zu sehen, in Nebenrollen völlig unbedeutender, vergessener Filme. Ab den 50ern trat sie hier und da noch in Erscheinung. Ihr Todesdatum ist ungewiss, ab 1984 „verliert sich die Spur“, wie es auf Wikipedia so schön steht. Was wohl aus ihr geworden ist? Mysteriös.

Ebenfalls im Cast ist eine Conny Bellenbaum genannt, bin nicht sicher, wer das im Film ist. Offensichtlich besteht eine Verwandtschaft zum Regisseur, mutmaßlich seine Ehefrau. Sie ist eigentlich Visagistin und hat da auch einiges gemacht, hier in einer ihren wenigen Auftritten als Schauspielerin.

Billig runtergekurbeltes Trittbrettfahrer-Werk. Strunzenlangweilige Erotikszenen, doofe Sprüche und unlustige Gags. Am unterhaltsamsten fand ich tatsächlich die Abenteuer der drei knuffigen Omas, die in Berlin ihren dritten Frühling erleben. Hatte ein bisschen was von „Hilde Becker geht mit Roswitha Meier ins Pornokino“. Interessant sind durchaus die Einblicke ins West-Berlin der frühen 70er.

Immer wieder interessant, was verzweifelte kleine Billiglabels wie „Great Movies“ so aus der Mottenkiste holen. Verfügbarkeit ist hier also entsprechend gut, ist sowohl einzeln als auch in verschiedenen Zusammenstellungen zu haben. Auf VHS ist der Film in den 80ern schon mal beim Label „VIP“ erschienen, was offenbar auch die Quelle für die DVD war, denn einige typische VHS-Bildstörungen sind mit drauf.

Siegfried und das sagenhafte Liebesleben der Nibelungen (D 1971)

Regie: Adrian Hoven
Buch: Fred Denger, Brigitte Parnitzke
Produktion: Hermes-Synchron und atlas Film und TV-Produktion GmbH
Premiere: 8. April 1971

Kennt ihr noch Raimund Harmstorf? Klar, Fans von Bud Spencer nicken, schließlich ist der kernige Mann bestens bekannt aus Filmen wie „Sie nannten ihn Mücke“ oder „Der Große mit seinem außerirdischen Kleinen„. Aber wusstet ihr auch, dass der gute Mann zu Beginn seiner Karriere in Filmen wie diesem mitgewirkt hat, noch dazu in der Hauptrolle? In dem von Merkwürdigkeiten nicht armen deutschen Nachkriegskino ist noch immer noch etwas zu finden, was einem selbst als erfahrenen Obskure-Filme-Ausgraber verwundert die Augen reiben lässt. Noch dazu sind hier mit Thomas Danneberg und Arnold Marquis auch noch die Stimmen von Terence Hill und Bud Spencer zu hören. Ein Film aus einem Paralleluniversum.

Regisseur Adrian Hoven ist auch eine ziemlich interessante Erscheinung. In den 50ern und 60ern wirkte er als Schauspieler in zahlreichen Unterhaltungsfilmchen mit, später wurde er dann auch Produzent und teils auch Autor oder wie hier auch Regisseur. Der bis heute vielleicht bekannteste Film mit seiner Beteiligung ist wohl der Horror-Exploitation-Schlonz „Hexen bis aufs Blut gequält„, der kurz vor diesem Machwerk hier in die Kinos kam (Premiere: 19. Februar 1970) und damals als Skandalfilm galt. (Lange obskur gibt es diesen auf Blu-ray von Turbine Medien.)

Raimund Harmstorf als Siegfried

Hier haben wir also einen lustig gemeinten Erotikfilm zum Thema Nibelungen-Sage. Harmstorf spielt hier in seinem ersten Kinofilm den titelgebenden Siegfried mit großartiger Haarhelmfrisur, einen etwas tumben, muskulösen Strahlehelden, der gerne mal im Heu die Salami versteckt, nachdem er gerade einen Drachen abgemurkst hat. Auch viele andere Personen aus der klassischen Legende tauchen hier auf.

Flotter Vierer, und das ohne die Hosen auszuziehen, muss man auch erst mal hinbekommen

Wir sehen hier also – wie zu erwarten – eine krude Mischung aus langweiligen, zeitbedingt natürlich sehr zahmen Beischlafszenen und albernen, schlecht gefilmten „Mittelalter“-Szenen, die immer etwas an Karneval erinnern. Beides garniert mit der zeittypischen, leicht „funky“ angehauchten Schakalaka-Musik.

Wir erleben viele der klassischen Topoi, von einbrüstigen Amazonen bis zur amorösen Verwendung der „Tarnkappe“, eine Art Unsichtbar-mach-Bademütze. Mit ihr gelingt es mit einer List, die scharfe Brunhild (Heidy Bohlen) zu vernaschen, die von den Liebesdiensten ihres Bald-Gatten und Königs Gunter (Carlheinz Heitmann) wenig angetan ist. (Was heißt, dass wir hier Heidy Bohlen bei einem Beischlaf mit einem Unsichtbaren bewundern dürfen. Durchaus Oscar-würdig.) Natürlich denkt sie, dass Gunter der Granatenstecher war, und natürlich fliegt der Schwindel am Ende auf. Zwischendurch wird noch etwas gekämpft und gefoltert, hier fühlte ich Hoven wohl dem Erfolg der gequälten Hexen verpflichtet. Ist hier aber vergleichsweise harmlos und mehr angedeutet.

Der Cast besteht von Harmstorf abgesehen doch eher aus Eintagsfliegen. Einige der Damen sind „übliche Verdächtige“ des frühen Softsex-Report-Tittenfilms, wie etwa Sybil Danning (* 1947). Die Österreicherin, gelernte Zahnarzthelferin, hatte er ziemlich lange Karriere im internationalen B-Movie, ab 1972 drehte sie viel in Italien und in dann in den 80ern sogar in den USA. Ihr letzter Kinofilm-Eintrag ist tatsächlich das Halloween-Remake von 2007, dort spielt sie eine Krankenschwester. Kurios!

Vergesst das MCU – hier ist wahre Kinomagie am Werk

Brunhild Heidy Bohlen (* 1945) ist uns schon mal in Charley’s Onkel (1969) über den Weg gelaufen. Ihre Schauspielkarriere war allerdings recht kurzlebig und 1974 schon vorbei. Erwähnenswert ist noch „Rosy Rosy„, wie sie damals bekannt war, bürgerlich Rosemarie Heinikel (1946-2023). Sie war eine durchaus wichtige Figur der sog. 68er-Bewegung, Damals als das „Münchner Busenwunder“ bekannt, war sie fester Bestandteil des wilden Kommunen-Lebens in Schwabing der Zeit. Sie spielt hier die „Maid im Heu“, im ersten und vielleicht auch spannendsten erotischen Stelldichein des Films. Fun fact: Nach ihrer Autobiographie hatte sie mal ein Abenteuer mit Frank Zappa. Mensch, das ist ein wilder Ritt hier, von Bud Spencer zu Halloween zu Frank Zappa. Für so Kram liebe ich solche Filme.

Harmstorf und „Rosy Rosy“ beim Bodenturnen im Heu

Bisschen bekannter ist ansonsten nur noch Peter Berling (1934-2017), der in vielen bekannten und guten Filmen mitgewirkt und sich auch als Autor von Mittelalter-Romanen einen Namen gemacht hat. Hier ist er ganz am Anfang seiner Karriere als „Hansel“ zu sehen. Noch so ein Fall von „Er war jung und brauchte das Geld“ vermutlich. Er spielt hier den „lustigen Dicken“, immerhin von Gerd Duwner synchronisiert. Grundsätzlich wurde wohl der komplette Film nachvertont, so gut wie niemand spricht mit eigener Zunge. Viele große Namen darunter, wie schon erwähnt Thomas Danneberg, Arnold Marquis, Randolf Kronberg, Edgar Ott – das ist schon die Creme der damaligen Zeit. Rettet den Film leider auch nicht.

Vielleicht ist das die Geschichte dahinter? Denn als Produktionsfirmen treten neben der sonst eher für durchaus anspruchsvolle Filme bekannte Atlas Filmproduktion noch das Hermes-Synchronstudio auf, was mich direkt im Vorspann stutzig machte. Hypothese: Das war von Atlas durchaus als „ernsthafte“ Nibelungen-Parodie gemeint, was in die Hose ging (pardon the pun) , und Hermes versuchte es mit einer lustigen Synchro etwas zu retten? Ist schon eher ungewöhnlich, dass ein Synchronstudio einen Film mitproduziert.

Ansonsten versagt der Film ziemlich – er ist weder lustig noch sonderlich erotisch. Ist halt schlechtes Mittelalter-Cosplay mit hier und da ein paar nackten Brüsten. Wer allerdings schon immer mal Raimund Harmstorfs Kimme sehen wollte, wird hier fündig. Oder Forschende, die sich mit der Nibelungensage auseinandersetzen und die wohl absurdeste Bearbeitung dieses Stoffes analysieren wollen.

Leider (?) ist der Film für Neugierige nicht so leicht zu bekommen. Es gibt einige uralte und obskure VHS-Veröffentlichungen und gar eine DVD, so lieblos hingerotzter Kram in 4:3, die aber auch ewig out of print ist. Er lief wohl in den 90ern tatsächlich mal im Nachtprogramm von RTL, mir liegt eine VHS-Aufzeichnung vor.

Zärtliche Chaoten (D 1987)

Regie: Franz Josef Gottlieb
Buch: Thomas Gottschalk
Produktion: Karl Spiehs / K.S. Film
Premiere: 20. August 1987

Ein weiterer Film aus der Spätphase der Lisa Film. 1987 war sowohl die Zeit von Thomas Gottschalk als auch der klassischen Lisa-Film-Komödie langsam ausgelaufen. „Zärtliche Chaoten“, unter der Regie vom soliden Handwerker Franz Josef Gottlieb entstanden (es ist sein vorletzter Kinofilm), zählt zu den etwas unbekannteren Werken mit Thomas Gottschalk. Streng genommen ist es kein „richtiger“ Lisa-Film, denn im Abspann ist als Produktionsfirma „K.S. Film“ genannt, was aber natürlich für Karl Spiehs steht. Hinter den Kulissen sind u. a. auch mit Erich Tomek und Otto Retzer zwei der üblichen Verdächtigen am Werk, also rechnen wir das der Einfachheit halber mal zum Lisa-Kanon. Zufällig ist mir gerade die DVD zugelaufen, dann wollen wir diese Lücke hier auch mal schließen.

Hier ist Gottschalk mal ohne Mike Krüger unterwegs, als weitere Hauptdarsteller sind hier Michael Winslow (* 1958) und Helmut Fischer (1926-1997) am Start. Michael Winslow war damals gerade populär aufgrund der „Police Academy“-Reihe und Helmut Fischer, ein bayrischer Volksschauspieler, war aufgrund seiner sehr erfolgreichen Serie „Monaco Franze – Der ewige Stenz“ (1983) auch angesagt. So ist wohl diese – aus heutiger Sicht – etwas kuriose Zusammenstellung zu erklären. Wie so oft bei Spiehs – alles auf maximale Vermarktbarkeit getrimmt.

Aus dem Werberatschlag

Auch hier wird wieder ein Musikstück in die Charts gedrückt – oder es zumindest versucht, ganz in der Tradition der Schlagerfilme der 70er. Auf dem Filmplakat ist „Without You“ als Untertitel zu lesen, damit ist der gleichnamige Song in der Version von Harry Nilsson gemeint. Er war in der hier schon im Vorspann gespielten Version schon recht alt (1971), heute dürfte am ehesten die Cover-Version von Mariah Carey, die 1993 eine Nummer 1 war, bekannt sein. Er wird im Laufe des Films recht penetrant immer und immer wieder gespielt. Sonst werden tatsächlich einige Songs aus „2 Nasen tanken Super“ recycelt, typische Mitt-80er-Lala halt.

Die recht lange Pre-Opener-Sequenz vor dem Vorspann (gut 6 Minuten) hat einen netten Kniff – direkt im ersten Bild reitet Pierre Brice als Winnetou ins Bild. Schnell stellt sich heraus – man hat nicht die falsche DVD eingelegt, sondern es ist ein Film im Film, Brice spielt sich quasi selbst und beschwert sich über einen misslungenen Stunt. „Ich bin es gewöhnt, mit Profis zu arbeiten!“ Unsere drei Helden sind dort alle in der laufenden Produktion eingesetzt und verlieren prompt ihre Jobs wegen akuter Unfähigkeit.

So „Film im Film“-Ideen und Promis, die sich selbst spielen, finde ich immer interessant. Quasi „Curb Your Enthusiasm“ in der teutonischen Karl-May-Version. Und das schon 1987. Interessante Idee. Leider wird sie nach dem Vorspann auch fallengelassen. Ein pseudodokumentarischer Film über die Dreharbeiten zu Winnetou in dem Stil hätte echt interessant werden können, vielleicht mehr als der eigentliche Film, leider ist es hier mehr ein Vorspiel als Teil des Plots.

Dann fängt die eigentliche Geschichte an. Als Drehbuchautor ist hier tatsächlich Thomas Gottschalk persönlich verzeichnet, wobei er sich offensichtlich von der französischen Komödie „3 hommes et un couffin“ (Drei Männer und ein Baby) von Coline Serreau (erschienen 1985) hat inspirieren lassen.

Kurz zusammengefasst: Die drei Spießgesellen lernen durch eine Autopanne die junge Rosi kennen. Nach einer wilden Partynacht wachen sie alle mit Filmriss und ohne Beinkleid auf, und Rosi ist schwanger. Wer ist der Vater?

Jeder der drei glaubt, der Erzeuger zu sein, und versuchen die werdende Mutter zu unterstützen, was natürlich meist ob der komödiantischen Effekts in die Hose geht. Am Ende gebärt sie Drillinge, einer davon ist schwarz. Sie sind also alle drei beteiligt. (Was jeder biologischen Logik widerspricht, aber hey. Und suggeriert den wohl bizarrste Rudelbums in der Geschichte des Sex. Brrr. Weiche, Kopfkino. Die Szene wird im Film nur angedeutet, die Nacht wird übersprungen, und lustigerweise von einem Bild eines Regenbogens „illustriert“ – der Film war aus Versehen seiner Zeit voraus.)

Rudelbums – vorher
Rudelbums – nachher

Der zweite Akt beginnt – wie könnte es anders sein in einem Spiehs-Film – am Wörthersee. Dort hat Schmidhuber (Fischer) früher mal in einem Hotel seine Ausbildung gemacht, sie wollen dort wieder in Lohn und Brot kommen. Der Chef des Hotels ist Ludwig Haas (1933-2021 – der Doktor aus der Lindenstraße) und auch wenig begeistert. Dennoch lässt er sich überzeugen, die drei Pfeifen als Kellner und Küchenpersonal einzustellen. (Das Hotel ist übrigens genau das, in dem einige Jahre später die Serie „Ein Schloß am Wörthersee“ entstand, das Falkensteiner Schlosshotel Velden.)

Ein paar Gags seien hier mal zur Veranschaulichung des humoristischen Niveaus dargeboten: Fischer als Kellner hat Stress mit dem Chefkoch, den er veräppelt. Dieser schwört Rache. Fischer soll als Kellner einer feinen älteren Dame das Frühstück servieren, mit Deckel. Er tut dies, und das Frühstück entpuppt sich, entdeckelt, als kunstvolle Reproduktion eines männlichen Genitals aus Wurst, Ei und Spinat.

Die Dame rauscht empört von dannen, wütend wirft Fischer die Zutaten in hohem Bogen aus dem Fenster. Im Garten sonnt sich nichtsahnend der Herr Direktor, und das passiert:

Nachdem man sich vor dieser Zwerchfellattacke erholt hat, bekommen wir Michael Winslow als eine Art dürre, schwarze Tina-Turner-Parodie auf die Linse gedrückt. Der Chefkoch kommt des Weges und baggert sie an („Hallo, schönes Fräulein. Ganz allein?“ Diese Dialoge sind einfach Shakespeare.)

Fake Tina Turner geht darauf ein, sie gehen ins Haus, dort wird Champagner und Kaviar kredenzt. Der wohlbeleibte Koch wird zwecks Koitus-Vorbereitungen nach nebenan zum Duschen geschickt, Winslow erweckt mit seinen Stimmkünsten den Eindruck, der eifersüchtige, Verbalinjurien brüllende Freund wäre erschienen und droht dem Koch den gewaltsamen Tod an, er offeriert verängstigt als Wiedergutmachung den Inhalt seines Vorratsschranks. So kommt Winslow zu einem großen Körbchen voller teurem Luxusfutter. (Was damit geschieht? Weiß weder der Drehbuchautor noch der Zuschauer.)

Nach diesem heiteren Stelldichein am Wörthersee geht die Story zurück nach München. Die drei erhalten einen Brief (nein, eine „message“, man war 1987 schon cool) von Rosi, dass sie schwanger ist. Wie schon erwähnt, kommt jeder der drei in Frage.

Auch mal wieder am Start: Herbert Fux

Um Geld zu verdienen, hecken Sie einen Plan mit einem Gerät gegen Mundgeruch aus, was zu einer Reihe bizarrer Szenen führt, von einer halbgaren Miami-Vice-Parodie bis hin zu Michael Winslow, schon wieder als Drag Queen. Männer von Frauenklamotten, haha, einfach soooo lustig.

„Die Bräunungscreme, die Sie mir empfohlen haben, ist wirklich fabelhaft! Schauen Sie mich an! Ist die Wirkung nicht toll?“

Danach versuchen sie sich als klischeehafte Mariachi-Band, zum Playback, weil: Rod Stewart kann ja auch nicht singen und bewegt nur den Mund, während „e Banderl“ läuft. Und so haben wir den Hattrick – innerhalb von nicht mal fünf Minuten: Transphobie, einen mehr oder weniger rassistischen Witz (siehe oben, wenn er wenigstens lustig wäre) und nun die gute alte kulturelle Aneignung. Lisa Film bleibt sich da echt treu (weitere Ausführungen dazu siehe „Die unglaublichen Abenteuer des Guru Jakob“ – im Vergleich ist das hier noch relativ harmlos).

Um die Stunden-Marke spult der Film etwas vor, die Monate vergehen, mit den klassischen Kalenderblatt-Bildern, zwischendurch weitere Abenteuer der drei als Playback-Musiker, während Rosis Bauch wächst.

Michael Winslow darf noch mal seine Geräuschemacher-Künste in einer Szene im Kaufhaus zeigen. Er klaut aus Versehen Spielzeug und wird erwischt, worauf sich seine Flucht eine recht aufwändige Action-Sequenz aufbaut. Schließlich wird er doch gefasst, der „klauende Ausländer“ (da schmunzelt der anständige deutsche Kinogänger im Jahre 1987). Er wird zu Schadenersatz verdonnert. Die Geldnot ist wieder da. Gut, dass gerade völlig unmotiviert dieses dezente Schild in der Landschaft rumsteht. 10.000 Mark für die Ergreifung eines Exhibitionisten. Oha. Pimmelwitze im Anmarsch. Mal sehen, was der dritte Akt so an humoristischen Niederungen zu bieten hat.

Die drei beschließen also, dass Gottschalk den Exhibitionisten spielen soll, damit sie die Belohnung kassieren können. Sie schleppen ihn gefesselt zur Polizei, der skeptische Polizist will wissen, wie er es gemacht hat. Er öffnet den Mantel falsch und der Schwindel fliegt auf. Ein wilder Bikertyp (Hans-Georg Panczak) mit einer Art Wikinger-Helm, vom Bock gestürzt mit Aua-Arm, kommt ins Präsidium, erzählt von einem Bootrennen, Siegesprämie 10.000 DM. Welch passender Zufall, dass wir nun zum Wörthersee zurückkehren können für die nächste super-duper spannende Actionszene. Immerhin gibt es ein paar ganz nette Stunts, eine Jagd mit Motorrad und so einem Luftkissenfahrzeug durchs Kaff. Wie bei James Bond. (Fast.)

Sie haben es so eilig, weil die Geburt ansteht, also hopp ins Krankenhaus. Dort soll die bange Frage nach der Vaterschaft endlich geklärt werden, das Ergebnis ist … interessant.

Thomas Gottschalk muss ich wohl nicht noch mal vorstellen. Michael Winslow dürfte auch heute noch recht bekannt sein (bei den jüngeren vielleicht auch durch sein kürzlichen Auftritt bei LOL), er ist hier im Prinzip die gleiche Figur wie in „Police Academy“ (1984), der lustige, pfiffige Geräuschemacher. Er wird hier von Synchronlegende Randolf Kronberg (1942-2007) synchronisiert, einer der Standardstimmen der Zeit für „lustige Schwarze“, am prägendsten wohl Eddie Murphy. Wenn man den Film schaut, ohne hinzusehen, wähnt man sich mitunter in „Beverly Hills Cop“ aus einem seltsamen Paralleluniversum.

Dey Young (* 1955), die Rosi, dürfte heute kaum jemanden was sagen, ich kannte sie bislang auch nicht. Sie spielte über lange Zeit immer wieder mal in Filmen und Serien mit, meist aber eher kleine Rollen. Immerhin taucht sie in noch heute bekannten Filmen wie Running Man oder Pretty Woman auf.

Kleine Rollen haben noch Ulrich Beiger als Drogist in einer seiner letzten Kinorollen, wie schon erwähnt Ottfried Fischer als Chefkoch, Herbert Fux als Penner und auch Glatze-Schnorres-Man und Spiehs-Geselle Otto Retzer hat einen seiner Cameo-Auftritte als Müllmann.

Ulrich Beiger hat auch eine späte, kleine Rolle in der „Miami Vice“-Szene
Der ebenso erwartbare wie hirnschmelzende Schluss-Gag: „Drei Männer – drei Babys!“ Nimm das, Biologie!

Dieses mäßig unterhaltsame Trash-Komödien-Machwerk hat es zumindest auf DVD geschafft, es gibt eine recht leicht zu findende Veröffentlichung von Marketing Film. Kurioserweise ist dort eine deutsche und eine ungarische (?!) Sprachfassung zu finden. Wer hat warum eine ungarische Synchronfassung hiervon gemacht? Diese Frage finde ich fast interessanter als der Film.

Daneben gibt es auch eine DVD zusammen mit dem zweiten Teil. Ja, dieser Kappes hat damals 2-3 Millionen Zuschauer in die Kinos gelockt, also hat sich wohl eine Fortsetzung gelohnt. Mal sehen, ob ich mich da auch noch mal ran wage. Der hat inhaltlich null Komma nix mit diesem Film zu tun, hat aber das gleiche Trio als Hauptdarsteller.

Es gibt sicherlich furchtbarere und unerträglichere Filme im Spiehs-Kanon, dieser Film hat durchaus seine (nostalgischen) Fans. Immerhin hat er ein paar Szenen, die ganz unterhaltsam sind, einmal habe ich sogar gelacht (!). Und das Luftkissenboot war cool.

Lisa-Produktionsleiter Otto Retzer in seinem Cameo als Fachkraft für Müll und lahme Gags