Regie: Wolfgang Bellenbaum (als John Weeran)
Buch: unbekannt
Produktion: City Film, Berlin
Premiere: 14. Dezember 1973
Oha, da habe ich mal wieder was ausgebuddelt. Dieser seltsame Film ist mir auf einer ganz billigen Sammlung von Erotikfilmen zugelaufen, jeweils 3 Filme auf einer DVD. Natürlich haben wir es hier mit einem Vertreter der Softsex-Welle der frühen 70er zu tun, der unter verschiedenen Titeln ausgewertet wurde. „Jagd auf Jungfrauen“ ist wohl der Originaltitel, später wurde er auch unter dem etwas weniger reißerischen und auch besser passenden „Der Motel-Report“ vermarktet, um auf der „Report“-Welle mitzuschwimmen. Tatsächlich sind die Infos über diesen Film im Netz sehr spärlich, Wikipedia kennt den Film überhaupt nicht. Also mal wieder verschärfte Forschung.
Es handelt sich um eine Produktion der „City Film“ aus Berlin, dieser Laden ist mir tatsächlich komplett neu. Die Firma trat auch nur in der Zeit in Erscheinung, hauptsächlich mit solchen billigen Erotik-Kloppern wie dem Ding hier, um ein paar schnelle Mark zu verdienen. Ralf Gregan (* 1933) und Wolfgang Bellenbaum (1928-1984) scheinen hier die beiden Macher hinter den Kulissen gewesen zu sein, jedenfalls sind sie meist als Regisseure tätig. Womit wir eine Brücke haben zu dem Comedy-Versuch „Nich mit Leo„, den Gregan in den 90ern mit Jürgen von der Lippe fabrizierte, hier schon zu Ehren gekommen.
Tatsächlich ist der Film historisch interessant – als 1975 die Gesetzgebung hinsichtlich „pornographischer“ Darstellungen in Deutschland legalisiert wurde, kam der Film 1976 einfach noch mal in die Kinos, nachträglich (vermutlich) mit Hardcore-Szenen gepimpt. Sagt jedenfalls imdb, liegt mir nicht vor, insofern – keine Ahnung.
Kurz zum „Plot“. Auf geht’s um Reisebus nach Berlin! Eine bunt zusammengewürfelte Truppe macht einen Ausflug ins damalige West-Berlin, vom kecken Backfisch im Minirock bis hin zum Skat spielenden Opa. Die ganze Bande steigt in einem Motel ab und schon quietschen die Betten.

Viel interessanter: Die älteren Herrschaften machen derweil mit dem Bus eine Stadtfahrt durch Berlin. Vor allem drei ältere Damen werden begleitet, die quasi als comic relief zwischendurch das „wilde Leben“ der Großstadt kommentieren und sich über den Verfall der Sitten aufregen.
Es sind wie so oft lose zusammengehaltene Episödchen. Eigentlich „passiert“ in dem Film kaum was. Wenn man so will, gibt es eine kleine Charakterentwicklung, die drei Damen bekennen am Ende, weltoffener und moderner geworden zu sein, und eine hanebüchene Love Story gibt es auch noch, mit einer mittelalten Dame, die als „spätes Mädchen“ eingeführt wird, mit zusammengebundenen Haaren und Brille, die sich am Ende die Haare löst und auf einmal als „hübsch“ wahrgenommen wird und endlich einen Mann findet, der sie begatten will.


Da staunt die Oma, was es in Berlin so alles zu sehen gibt

Zwischendurch gibt es immer wieder Dialog-„Perlen“. Liebe Männer, so reißt man Frauen auf:
Bikini-Mädel: „Is schön hier.“
Typ mit Haaren: „Is Absicht, dass es hier so schön ist. Du bist auch schön. Du bist genau das, was mit der Oberkirchenrat an Sonn- und Feiertagen verschrieben hat.“ Streichelt ihren Arm.
Bikini-Mädel: „Das ist aber freundlich!“ Er will sie küssen. „Nicht doch!“
Typ mit Haaren: „Gehen wir runter in die Kajüte und machen einen gepflegten Ölwechsel?“
Welche Dame kann da widerstehen? Habe ich schon erwähnt, dass dieser Film keinen Drehbuchautor hat? Jedenfalls keinen, der sich mit seinem Namen in den Vorspann traute. Warum nur?
Die drei resoluten älteren Damen erkunden derweil weiterhin die wilde Großstadt. Nach einem Besuch im Zoo, wo sie ein Affe mit Ständer aus der Fassung bringt (ernsthaft), landen sie im Kino in einem schmutzigen Film. „Warum nicht, zuhause könnte man das ja nicht!“

An der Kasse entsteht dieser schöne Dialog, der das westdeutsche Kino der Zeit einfach perfekt auf den Punkt bringt. Er sei daher mal zitiert:
Oma 1: „Bitte dreimal Loge.“
Oma 2: „Dass solche Filme überhaupt gedreht werden!“
Oma 1: „Wieso? Wenn sie solche Filme nicht gedreht hätten, würden wir hier nicht rein gehen!“
Oma 2: „Für die Filmindustrie sind die Sexfilme wie die Heimatfilme der 50er Jahre!“
Oma 3: „Woher wissen sie das?“
Oma 2: „Aus dem Grünen Blatt!“
Oma 1: „Ja natürlich! Je mehr wir damals bei den Heimatfilmen geheult haben, desto mehr haben sich die Produzenten eins gelacht über die Tränen. Nur fließen die Tränen heute woanders …“
Oma 2: „Aber geheult wird heute nicht mehr. Sex ist Trumpf, hihihi.“


Der Film, der im Kino läuft, scheint tatsächlich ein existierender Film zu sein. Die blonde Krankenschwester wird in der ofdb als Gina Janssen identifiziert, die in der Zeit in allerlei soften und auch harten Juckelfilmchen ihren Lebensunterhalt verdiente. Die andere ist wohl Christine Szenetra, auch eine vielbeschäftigte Darstellerin der Zeit. Wenn das ein wirklich existierender Porno ist, kann es sich eigentlich nur um eine dänische Produktion handeln (1973). Wer den Film zufällig 😉 kennt, gerne mailen. Der Vollständigkeit halber. Hier ist er natürlich nur in soften Ausschnitten zu sehen.
Vom Cast gibt es kaum was zu berichten. Der Film kommt komplett ohne „große“ Namen aus, selbst die üblichen Verdächtigen des Genres war das wohl zu billig. Oder sie zu teuer für die Produktion?
Viele der Nasen tauchen tatsächlich nur in diesem einen Film auf. Einzig Hans-Joachim Ketzlin wirkte in vielen der Produktionen der „City Film“ mit. Die Damen tauchten hier auf, hielten ihre sekundären Geschlechtsmerkmale in die Kamera und verschwanden wieder im Nirgendwo.
Tatsächlich gibt es unter den älteren Herr- und Frauschaften, die auch mit im Bus sind, einige Leute mit langer Kinogeschichte, die sich hier noch auf ihre alten Tage einen schnellen Scheck sicherten. Einer der skatspielenden Opas ist Erich Poremski (1895-1980), jetzt vielleicht niemand, den man kennen sollte, aber der Kollege hat schon in den 20ern Stummfilme gedreht und viel Theater, Hörspiel und Synchron gemacht. Auch war er ab den 50ern immer wieder mal im Kino und im Fernsehen zu sehen. Müsste der glatzköpfige Herr in der Mitte sein. Seine Stimme ist in der Tat grandios. Klingt ein bisschen wie Loriot, als er Opa Hoppenstedt spielte.
„Wenn de mal alt bist, kannste nur noch essen! Bumsen kannste dann schon lange nich mehr!“
Opas Weisheiten

In einer etwas größeren Rolle haben wir noch eine gewisse Lilo Hartmann (1910-1984) zu vermelden, sie hat es immerhin zu einem Wikipedia-Eintrag geschafft. Sie ist die knuffige Oma mit dem meisten Text, im Foto mittig. Sie war schon in den 30ern im Kino zu sehen, in Nebenrollen völlig unbedeutender, vergessener Filme. Ab den 50ern trat sie hier und da noch in Erscheinung. Ihr Todesdatum ist ungewiss, ab 1984 „verliert sich die Spur“, wie es auf Wikipedia so schön steht. Was wohl aus ihr geworden ist? Mysteriös.

Ebenfalls im Cast ist eine Conny Bellenbaum genannt, bin nicht sicher, wer das im Film ist. Offensichtlich besteht eine Verwandtschaft zum Regisseur, mutmaßlich seine Ehefrau. Sie ist eigentlich Visagistin und hat da auch einiges gemacht, hier in einer ihren wenigen Auftritten als Schauspielerin.
Billig runtergekurbeltes Trittbrettfahrer-Werk. Strunzenlangweilige Erotikszenen, doofe Sprüche und unlustige Gags. Am unterhaltsamsten fand ich tatsächlich die Abenteuer der drei knuffigen Omas, die in Berlin ihren dritten Frühling erleben. Hatte ein bisschen was von „Hilde Becker geht mit Roswitha Meier ins Pornokino“. Interessant sind durchaus die Einblicke ins West-Berlin der frühen 70er.
Immer wieder interessant, was verzweifelte kleine Billiglabels wie „Great Movies“ so aus der Mottenkiste holen. Verfügbarkeit ist hier also entsprechend gut, ist sowohl einzeln als auch in verschiedenen Zusammenstellungen zu haben. Auf VHS ist der Film in den 80ern schon mal beim Label „VIP“ erschienen, was offenbar auch die Quelle für die DVD war, denn einige typische VHS-Bildstörungen sind mit drauf.