Nich‘ mit Leo (D 1994)

Regie: Ralf Gregan

Buch: Jürgen von der Lippe

Produktion: Michael B. Müller, Wolf Bauer

Premiere: 16. Februar 1995

Wenn man sich das Genre „Deutsche Komödie“ als Aktenschrank vorstellt, findet man ganz unten, in der letzten Schublade relativ weit hinten, etwas eingestaubt, dieses Filmchen. 1994 als Co-Produktion von RTLplus und UFA Fiktion gedreht, handelt es sich um eine „turbulente Verwechslungs-Komödie“, die auf einem Drehbuch von Jürgen von der Lippe basiert und die ihn gleich in einer Dreifachrolle (!) bietet.

Daneben gibt es folgende Fernsehpersönlichkeiten in Kleinrollen zu bestaunen: Harald Schmidt, Herbert Feuerstein, Dirk Bach und Karsten „Ein Kessel Buntes“ Speck. (Wer sich gerade fragt, was aus dem eigentlich so wurde: Haft, Privatinsolvenz, ZDF-Traumschiff).

Es ist der zweite Ausflug von von der Lippe ins Kino-Fach, nach seiner kleinen Rolle in dem Gottschalk-Krüger-Vehikel „Zwei Nasen tanken Super“. Hier hat er es direkt zum Drehbuchautor und Hauptdarsteller geschafft. Eigentlich mag ich ihn durchaus, gerade bei „So isses“ oder „Geld oder Liebe“ damals hatte er durchaus Unterhalterqualitäten. Aber dass das noch lange keinen guten Schauspieler ausmacht, kann man hier gut bewundern.

Dass es dieser Mumpitz überhaupt ins Kino geschafft hat, ist heute kam zu glauben. Regie führte der gebürtige Bremer und Regie-Urgestein Ralf Gregan (* 1933), was auch sein letzter Kinoausflug sein sollte. Gregans Karriere begann schon in den späten 60ern als Freund und Förderer von Dieter Hallervorden, mit dem er im Laufe der Zeit viel zusammenarbeitete. Auch einige Früh-70er-Erotikfilmchen gehen auf sein Konto, darunter so Klassiker wie „Die goldene Banane von Bad Porno„.

Gedreht u. a. in Münster und Warendorf, beginnt der Film in einem Puff namens „Moby Dick“ im fiktiven Städtchen Freudenstedt. Die „stumme Doris“ hat einen toten Freier zu vermelden. Pikanterweise handelt es sich um den katholischen Pfarrer, den es dort bei heiteren SM-Spielchen hinweggerafft hat. Der Betreiber des Etablissements ist Charly (Lippe #1), der auch prompt zur Klärung eilt. Die Leiche wird später im Pfarrhaus tot in seinem Schaukelstuhl gefunden. Der Bischof (Harald Schmidt) beschließt, die Vakanz durch den soeben aus der Mission zurückgekehrten, etwas weltfremden Pfarrer Wilhelm Lüders (Lippe #2) zu beheben. Der wird gleich mal von einer Rocker-Gang aufgemischt und hält das Lokal „Moby Dick“ bei der Ortserkundung für ein Fischrestaurant (einer der besseren Gags).

Dann geht es um Razzien in besagter Lokalität, Sexvideos mit dem Priester (WTF) und Erpressung mit selbigen. Dabei ist das „nur“ der Puffvaddi Charly, der seinen Zwillingsbruder doublet. Später taucht dann noch der verschollene Bruder Leo (Lippe #3) auf, der in einer Fremdenlegion tätig ist, einen gar lustigen Sprachfehler hat und gerne mit Messern um sich wirft. Leo taucht dann am Ende auch im „Moby Dick“ auf, wo es eine Schießerei mit zwei Fremdenlegionären gibt, die ihn als „Fahnenflüchtiger“ um die Ecke bringen wollen. Zwischendurch trinkt auch der Bischof ein Bier dort, weil, der ist der Vermieter der Bude (?!), und irgendwie taucht Dirk Bach dort auch auf, der mit Pfarrer Wilhelm an der Bar redet und ihn nach einer empfehlenswerten SM-Nutte fragt. Der Pfarrer erzählt stattdessen von der langen Tradition der Selbstgeißelung in der katholischen Kirche, was Dirk Bach ins Schwitzen bringt, bis er einen Orgasmus hat. (Was bitte? Wobei, vom Schauspielerischen her könnten es auch Magenkrämpfe gewesen sein.)

Macht das alles irgendwie Sinn? Nee, oder? Die „Handlung“ mäandert etwas ohne Sinn und Verstand so vor sich hin.

Auf den ersten Blick wirkt das alles ein bisschen wie eine billige Raubkopie von den alten „Hochwürden“-Filmen mit Georg Thomalla aus den 70ern – die ja schon die billige Raubkopie der italienischen „Don Camillo„-Filme mit Fernandel waren. Gegen diesen flügellahmen Nonsens hier waren die direkt große Kinokunst.

Zwischendurch gibt es ein paar lächerliche Action-Szenen und die ganze plumpe Story um den Puff soll wohl etwas Erotik ins Spiel bringen. Eine Zote aus der Altherrenwitze-Hölle jagt die nächste.

Der Film hat auch diesen furchtbaren 90er-Video-Look und sieht schon rein optisch nach billigem Fernsehfilm aus. Die Musik klingt wie auf einem 100-Mark-Casio-Keyboard in einer Stunde zusammengeklöppelt. Hier und da gibt es auch mal einen guten Gag, aber man merkt schon, dass von der Lippe nicht „vom Fach“ ist und mit einem Drehbuch für einen 90-Minuten-Film wohl etwas überfordert war. Wenn sogar Leute wie Herbert Feuerstein, der selbst eher lahme Kalauer oft noch amüsant machte, einfach weil er Feuerstein war, hier so lustig sind wie ein Loch im Kopf, funktioniert etwas nicht.

Die ziemlich platte Kirchenkritik verpufft auch, sei es Harald Schmidt als zynischer, im Bistum golfspielender Bischoff oder der notgeile Dorfpriester, der Stammkunde im Puff ist und sich lustig auspeitschen lässt – das sind alles Klischees, die selbst auf der Witzeseite vom Goldenen Blatt anno 1975 schon angestaubt wirkten. Damit 1994 noch ums Eck zu kommen ist schon gewagt. Generell ist diese ganze Verwechslungs-Thematik sehr 70er. Vielleicht war das auch etwas als Hommage an diese alten Schinken gedacht. Wobei Lippe auch immer wieder eine Bühnenfigur namens „Hochwürden“ hat, die sehr ähnlich angelegt ist, wobei ich da nicht weiß, was vorher da war, die Figur oder dieser Film. 2004/2005 gab es dann noch die kurzlebige RTL-Serie „Der Heiland auf dem Eiland“, in der er auch einen Pfarrer spielte.

Wie auch immer – nee, lieber Jürgen, det war nix. Als Showmaster warste besser.

Der Film hat es bis heute nicht auf DVD geschafft, es gibt nur die VHS von 1995. Der komplette Film ist aber auch auf YouTube zu finden. Leider im falschen Filmformat, aber das macht den Kohl auch nicht mehr fett.