Sunnyboy und Sugarbaby (D 1979)

Internationaler Titel: She’s 19 and Ready / Arbeitstitel: Mandelauge und Sugarbaby
Regie: Franz Josef Gottlieb
Buch: Henry Kwan
Produktion: Karl Spiehs / Lisa Film
Premiere: 20. April 1979

Und weiter geht es im großen Franz-Josef-Gottlieb-Marathon!

Ende der Siebziger war ziemlich die Luft raus aus dem deutschen Kino, die großen Hypes waren durch. Gottlieb verdingte sich als Kamerahinsteller bei Filmen wie diesen, „Popcorn und Himbeereis“ oder „Zärtlich aber frech wie Oskar“ – alles eine Art „Eis am Stiel“ für Arme. Sprich: Jugend, dumme Sprüche, Notgeilheit und ein paar Nippel.

Es ist zugegebenermaßen ziemlich lange her, dass ich „Eis am Stiel“ gesehen habe. Ich meine aber, dass zumindest die ersten paar durchaus auch als ernst gemeinte „Coming of age“-Filme funktionieren. Davon kann hier selbst beim besten Willen nicht die Rede sein, denn ja, wir haben es mit einer Produktion der Lisa Film zu tun. Schmieriges Altherrenkino, als Jugendfilm getarnt.

Die Story dreht sich um ein Liebesdreieck – Stefan (Ekkehardt Belle), Claus (Claus Obalski) und Eva (Sabine Wollin). Wir lernen sie in folgender Situation kennen: Eva liegt im Bikini im Liegestuhl in einem Hallenbad, Claus beknutscht ihren Arm und arbeitet sich langsam hoch. Doch, ach, da kommt der lustige Stefan und seine Kumpels, reißen ihn weg und werfen ihn ins Wasser. Eva schläft oder ist sediert, keine Ahnung, jedenfalls merkt sie erst nach einer Ewigkeit, dass nicht mehr Claus an ihr rumlutscht, sondern Stefan, der auch wagemutiger ist und auch ihren Busen liebkost. „Ach, du bist’s, Stefan“, wacht sie dann auf, als sei nichts gewesen.

Claus …
… oder Stefan? Egal, Hauptsache Befummlung.

OK, fängt ja schon gut an. Ach ja – davor müssen wir noch einen gefühlt 10 Minuten dauernden Vorspann mit furchtbarer Musik ertragen, der nur aus Footage von skifahrenden Menschen besteht, die lustige Pirouetten drehen oder Saltos machen. (Skifahren ist irgendwie auch so ein Trend um 1980 rum. Da gibt es einiges.) Denn wir befinden uns im ersten Teil des Films mal wieder in Kitzbühel, Tirol. Lisa Film hatte da wohl einen Deal, das kann kein Zufall sein (Querverweis: „Blau blüht der Enzian“). Kitzbühel oder Wörthersee gehen immer!

Jedenfalls zieht sich die Nummer „Stefan und Claus wollen beide Eva an den Schlüppi, aber die lässt sie zappeln“ durch den ganzen Film. Grob das erste Drittel spielt sich nach dem Schema ab – einer der beiden fummelt mit Eva, der andere stört und/oder bestraft ihn. Claus wird zum Beispiel mal ohne Hose auf dem Herrenklo eingesperrt. Was eine Gaudi! Ein Mann! Ohne Hose! Im Klo! Ich hab jetzt noch Seitenstechen vom Lachen.

Trotz all dem Gekasper und Gefummel sind die drei dufte Kumpel. Was die beiden Klappspaten im Hormonkoller nicht wissen: Eva hat noch einen „offiziellen“ Freund, und macht sich offenbar nur einen Spaß daraus, die beiden am Sabbern zu halten.

Doch dann kommt der klassische Kniff für jeden Drehbuchautor, wenn einem sonst nichts einfällt: Evas Onkel stirbt und vererbt ihr ein Taxiunternehmen in Hongkong und Restaurants in Manila (die Hauptstadt der Philippinen, für die Geographie-Loser wie ich). Also spielt der zweite Akt des Films in Hongkong und der dritte in Manila. Praktisch, oder?

Ach ja, zwischendurch lernen wir noch Evas Cousine Britta kennen, eine Stewardess. Die liegt, als sie angerufen wird, praktischerweise nackend mit irgendeinem Heinz in der Kiste und darf der hormongeplagten Zielgruppe noch etwas Haut zeigen. Darstellt wird Britta von Gina Janssen (* 1953). Sie war in der Zeit Spezialkraft für nackte Tatsachen und wirkte in allerlei Soft- und Hardcore-Schweinkramfilmchen mit, mit so schönen Titeln wie „Bumsi Maus“, „Eine geile Nacktmusik“ oder „Das Wirtshaus der sündigen Töchter“.

Gina Janssen

Naja, schwupps sind wir dann in Hongkong mit den drei Nasen. Der Taxibetrieb entpuppt sich als heruntergewirtschaftete Klitsche mit einer Handvoll Rikschas, deren Fahrer zudem noch Monate an Lohn zusteht. Wenig erbaulich. Was macht man da als deutscher Tourist. Richtig – ab in den Puff.

Zumindest sind die Straßenszenen in Hongkong ganz nett. Auch eine Fundgrube für Freunde des klassischen japanischen Automobils. Interessantes Detail: Die Taxen haben den Lenker links. Klar, Hongkong war damals noch britische Kolonie.

Auf dem Weg in den Puff treffen wir dann noch Dschinghis Khan, die rein zufällig da gerade ihren gleichnamigen damaligen Tophit performen. (Mehr dazu später.)

Nach dem lustigen Rudelbums (siehe oben, natürlich nicht im Film zu sehen) wachen die zwei Torfnasen nackend auf, und sehen sich der kompletten Familie der Beschlafenen gegenüber. Mit Opa und allem.

Neben dem ganzen Geld wollen die Beschlafungsfachkräfte nämlich auch noch alle Habseligkeiten der beiden, einschließlich der Klamotten, die nacheinander an verschiedene Familienmitglieder verteilt werden als Geschenke. Claus hat darüber hinaus auch noch einen Tripper. Tja, das hat man halt davon, wenn man sich mit Ausländern einlässt! Nur Diebstahl und Krankheiten! Beischlaf nur mit anständigen Deutschen, merkt euch das, liebes Publikum! (Rassismus in Lisa-Film-Produktionen. Müsste man echt mal wissenschaftlich aufarbeiten.)

So, nun haben die beiden keine Klamotten mehr und keine Kohle. Was tun? Klar, Stefan vermietet den nichtsahnenden Claus als Lustknaben an eine älteren Dame, die ihm 2000 Dollar für Liebesdienste verspricht (das Geld brauchen sie wohl für die Pässe, um nach Manila weiter reisen zu können). Was sie nicht wissen: Er soll dem schwulen Ehemann der Dame als Lustknaben dienen. Besagter Herr sieht ein bisschen aus wie der etwas dunklere Bruder von Dirk Bach, der „schwul sein“ auf 150 % spielt. Was zur Hölle? Das Anliegen misslingt natürlich, und der Schwule wird ordentlich gedemütigt, wie es sich für einen 80er-Jahre-Kackfilm gehört. Mir fällt gerade auf, dass Fächer wohl unabdingbares Accesscoire für Homosexuelle sind. (Querverweis: Buffy Dee in „Die Miami-Cops“.)

Der fette „Schwuli“, Homophobie und Fatshaming gleich mal in einer Szene abgehakt, Respekt.

Knapp entkommen sie der „Schwulen-Hölle“ – dank eines chinesischen Knaben, der ihnen mit seinen Kung-Fu-Skills aus der Patsche hilft (übrigens: Kampfszenen, die selbst Bruce Lee neidisch machen würden. Nicht.) Den haben sie kurz davor kennengelernt und er fungiert nun als eine Art Sidekick der beiden.

Mit der Lustknaben-Kohle geht es nun weiter Richtung Philippinen. Eva wartet schon ungeduldig am Schiff auf die beiden. Erwähnter Sidekick-Chinese beklaut erst mal einen anderen Passagier und kommt daher mit. Uff, dieser Film schafft mich. Gibt es irgendein Klischee, das der Film nicht möglichst unangenehm bedient?

Wir erinnern uns (vielleicht) – Eva hat ein Restaurant von ihrem Onkel geerbt. (Die Rikscha-Klitsche in Hongkong vergessen wir und das Drehbuch einfach.) Das Restaurant ist natürlich auch ein Reinfall. Was machen die drei? Das beste draus und Urlaub. Die Herren rennen mit allerlei „exotischen“ Nackedeis am Strand rum und was man halt so macht als Kolonialherr.

Viel Strandfootage, die Nackte-Busen-Dichte erhöht sich. Eva bekommt von einer Freundin ins Gewissen geredet, dass sie sich nun mal für einen von den beiden Kaspern entscheiden müsse. (Was ist mit ihrem „offiziellen“ Freund vom Anfang passiert? Entweder hab ich was verpasst oder der Drehbuchautor.) Wir nähern uns also langsam dem großen Finale dieser Schwachsinnsparade.

Noch ein bisschen Philippen-Locations, noch ein bisschen mehr Dummgeschwätz, gewürzt mit nackten Damen, und irgendwann der große Clou – die drei beschließen, nun für immer dort zu leben. Also, zu dritt. (Fragt mich nicht, warum.)

Puh, das war harter Stoff.

„Eis am Stiel“ auf Wish bestellt, könnte man zusammenfassend sagen. Man muss schon sehr simpel gestrickt sein, um sich hiervon unterhalten zu lassen. Gut, 1979 wurde man noch nicht so mit nackten Brüsten bombardiert wie heute, ich denke mal, das dürfte noch den einen oder anderen einsamen Jüngling ins Kino gelockt haben. Ansonsten aber eine komplett spannungs- und humorfreie Zone, zudem unangenehm bis latent menschenfeindlich im Weltbild. Wüsste echt nicht, warum man sich den Kappes heute noch antun sollte (außer vielleicht Hardcore-Fans von Gina Janssen, deren Auftritt allerdings ja auch nur wenige Minuten dauert).

Fürs Drehbuch zeichnet ein gewisser „Henry Kwan“ verantwortlich. Kein Wikipedia-Artikel, kaum was zu finden. Die imdb bestätigt meinen Verdacht – es ist ein Pseudonym. Dahinter verbirgt sich niemand geringeres als Erich Tomek (* 1930) persönlich. Als Produktionsleiter einer der führenden Köpfe bei Lisa. Gut, dieses „Drehbuch“ hätte ich auch nur unter Pseudonym veröffentlicht. Wenn man das Geburtsjahr des Herrn und dementsprechend seine Prägung in jungen Jahren ausrechnet, kann man vielleicht erahnen, warum dieser Film so sexistisch, homophob, rassistisch und klischeebeladen ist. Brr. Generell ein Problem vieler solcher Filme der Zeit. Filme, die die Jugend ansprechen sollen, aber von alten Knackern mit seltsamen Weltbildern von anno Tuck geschrieben und inszeniert werden. (Siehe auch: Franz Antel.) „Ein fröhlicher Film für junge Leute“ verspricht das Kinoplakat.

Apropos: Wenn man mehrere Filme der Lisa Film sieht, fällt einem immer wieder ein markanter Herr auf, mit Glatze und Rotzbremse, der teilweise mehrere Kleinrollen pro Film spielt. Der Herr ist niemand geringerer als Otto Retzer (* 1945), der als Produktionsleiter und teils auch als Regisseur einer der wichtigsten Lisa-Akteure hinter den Kulissen war. Neben „Find den Fux“ (der spielt hier ausnahmsweise mal nicht mit) ist also auch „Find den Retzer“ immer wieder ein amüsantes Spiel für zwischendurch.

Produktionsleiter und Aushilfsfrauenbelästiger: Otto Retzer (rechts)

Und weil es so schön ist, gleich noch ein kleines Beispiel für das Humorverständnis dieses Films in Bewegtbild. Da bleibt keine Hose trocken. Ihr wurdet gewarnt.

Noch ein paar Worte zum Cast. Große Starpower ist hier Fehlanzeige. Von den drei Hauptcharaktere ist wohl Ekkehardt Belle (1954-2022) noch am bekanntesten, das war nach „Was Schulmädchen verschweigen“ (oha) von 1973 sein zweiter Einsatz für Lisa Film. So richtig wollte seine Kinokarriere nicht starten, dieser Film hier, seine erste Hauptrolle, war sicherlich nicht hilfreich. Er hat noch einiges im Fernsehen gemacht. Ich kannte ihn tatsächlich als regelmäßigen Gast bei Derrick, wo er immerhin in sieben Folgen zu sehen ist. Er spielt dort eigentlich immer sehr gut, auch fordernde Rollen. Die Busenfilmchen haken wir wohl mal unter „Jugendsünde“ ab.

Der bebrillte Claus Obalski (* 1954) spielte in weiteren Filmen der Zeit mit, wenn ein „linkischer Nerd“ gefragt war, so zum Beispiel in den Teilen 10 und 11 des Schulmädchen-Reports. Seine Kinokarriere war dann aber mit Abflauen der Sexlustspiel-Welle auch durch, seitdem steht allerlei TV in seiner Filmographie, von „Lindenstraße“ bis – ganz aktuell – „Die Rosenheim-Cops“.

Die „Eva“ wird von einer gewissen Sabine Wollin gespielt. Mangels Wikipedia-Eintrag musste ich da etwas tiefer wühlen. Dies war wohl ihr einziger Ausflug ins Kino, nur ein obskurer TV-Film von 1986 namens „Rückfahrt in den Tod“ wird noch bei der imdb gelistet. Mehr ist nicht rauszufinden.

Es ist kaum zu glauben, aber wahr: Dieser Film erschien in einer englischen Sprachfassung auch international, unter dem schönen Titel „She’s 19 and ready„. Die Fassung liegt mir auch vor, eine sehr unwirkliche Erfahrung, so einen germanischen Kackfilm mit englischer Sprache zu schauen.

Abschließend noch ein paar Eindrücke des herrlich unmotivierten Auftritts von Dschinghis Khan in einer Disco in Hongkong (!), wo dann auch erbarmungslos das komplette verdammte Lied performt wird. Ralph Siegel gefällt das.

Ist eigentlich ganz neckisch inszeniert, vielleicht wäre Herr Gottlieb auch ein ganz brauchbarer Musikclip-Regisseur geworden, wenn er paar Jahrzehnte später gelebt hätte.

Der Partyphotograph (D 1968)

Regie: Hans-Dieter Bove
Buch: Wolfgang Menge, Hans-Dieter Bove
Produktion: Georges C. Stilly
Premiere: 29. November 1968

Noch eine weitere der neuen „frechen Komödien“, die in den späten 60ern versuchten, dem Altherren-Kintopp der Lederhosen- und Wirtinnen-Filme Paroli zu bieten. Erotisch, aber nicht onkelhaft, lustig, aber nicht klamaukig, so sollte es wohl sein.

Regie führte die unbekannte Eintagsfliege Hans-Dieter Bove, aber der Autor dieses Films sollte noch zu einer prägenden Figur des deutschen Fernsehens werden: Wolfgang Menge (1924-2012). 1970 schrieb er den TV-Klassiker „Das Millionenspiel“, der für einen kleinen Skandal sorgte, und dann ab 1974 für die zu Recht noch heute beliebten ersten deutschen Sitcom – „Ein Herz und eine Seele„. Neben vielem anderen, von „Stahlnetz“ bis „Tatort“, von Edgar Wallace bis Nonstop Nonsens.

Doch zum Film. Anton Pauli (Rolf Zacher) arbeitet als Techniker in einem Fernsehstudio. Er fällt nicht durch übertriebenen Arbeitseifer auf und treibt auch gerne mal Schabernack, so stellt er sich in Verkleidung bei einem Probesingen vor, um seine Kollegen zu ärgern.

Nur keine übertriebene Hektik bei der Arbeit.

Sein Schicksal wendet sich, als im Studio Fotoaufnahmen gemacht werden. Ein gefeierter Starfotograf macht Modefotos von knackigen Burschen in engen Jeans (der Starfotograf ist natürlich angeschwult, na klar, einfach irre lustig). Anton soll ihm eine Mappe mit Fotos aus dem Auto holen. Diese fällt prompt runter, und eine Menge Fotos fallen raus, allerlei mehr oder weniger unbekleidete Damen. Eine Passantin spricht ihn darauf an, hält ihn für den Fotografen. Welch tolle Fotos er doch mache! Sie drängt sich ihm förmlich als Modell auf.

Er, nicht gerade ein Frauenheld, wittert eine gute Masche, um nette Damen kennenzulernen, und lässt sich darauf ein. Bass erstaunt ist er, als die Dame dann vor Ort auch prompt alle Hüllen fallen lässt. Bald kann er sich vor Anfragen kaum retten. Schließlich ist 1968 und alles reißt sich die Klamotten vom Leib. (Also, im Film zumindest.)

Die Fotos lässt er im lokalen Fachgeschäft entwickeln, und der findige Eigentümer Jacoby (Werner Finck) wittert ein Geschäft – er verkauft die harmlosen Nackedei-Fotos als heiße Ware unter dem Ladentisch (ja, das war 1968 noch so).

Bald hat er neben all dem unverhofften, aber zweifelhaften Ruhm auch noch die Polizei an der Backe. Der Leiter des Sitten-Dezernats, Kommissar Kerbler (Herbert Weissbach) und seine resolute Kollegin Frau Bütow (Brigitte Mira) ermitteln.

Das Sitten-Dezernat
Empöööörend!

Rolf Zacher (1941-2018) spielte in unzähligen Filmen und Serien mit, die ganz großen Hauptrollen blieben eher aus. Seine Karriere fand mit der Teilnahme an „Ich bin ein Star – holt mich hier raus“ 2016 kein besonders rühmliches Ende. Hier im Film wurde er von Arne Elsholtz nachsynchronisiert – was ich durchaus als Plus sehe. Für mich eine dieser „magischen“ Stimmen, die jeden Film aufwertet. (Wer ihn nicht zuordnen kann: Deutsche Stimme von Tom Hanks, Bill Murray und vielen vielen anderen.)

Das Leben von Werner Finck (1902-1978) kurz zusammenzufassen ist fast unmöglich. In der gebotenen Kürze: Ab 1929 gefeierter Kabarettist in Berlin, der sich mit politischer Satire schnell ab 1933 Feinde machte. Ab 1935 kurzzeitig im KZ, danach Arbeitsverbot. Ab 1948 neben dem Kabarett auch in einigen Komödien zu sehen, am bekanntesten heute wohl die mit Heinz Erhardt. (In „Der müde Theodor“ spielt auch mit.)

Brigitte Mira (1910-2005)  kennt man sicherlich auch heute noch als „Berliner Original“. Ihre größten und nachhaltigsten Erfolge waren sicherlich ihre Filme mit Rainer Werner Fassbinder („Angst essen Seele auf“), aber auch nette Unterhaltung wie „Drei Damen vom Grill“ oder „Die Wicherts von nebenan„. (Und, ha, zwei Folgen „Derrick“!)

Herbert Weißbach (1901-1995) sagte mir vom Namen her erst mal nichts. Aber optisch und vor allem von der Stimme her war er mir doch vertraut, auch wenn ich ihn nicht konkret zuordnen konnte. Aber siehe da – er hat in zwei der erfolgreichsten Komödien Deutschlands kleine, aber markante Rollen. In „Unser Willi ist der Beste“ (1971) spielt er den alten Pförtner im Finanzamt, in dem Willi Winzig (Heinz Erhardt) Kaffeemaschinen verkaufen will, und in „Otto – Der Film“ (1985) ist er der Herr, der bei Ottos Auftritt im Seniorenheim die bissigen Kommentare los lässt.

Herbert Weißbach in diesem Film …
… in „Unser Willi ist der Beste“: „Ich bin der letzte von der alten Garde.“
… und in „Otto – Der Film“: „Also, mir gefällt so was. Aber mir hat auch der Erste Weltkrieg schon gefallen.“

Der Film ist sicherlich ein Kind seiner Zeit, was ja aber auch nichts schlechtes sein muss. Zeitgeisttypisch gibt es hier und da etwas nackte Haut, aber nichts, was einem heute noch aus den Socken haut, da ist jedes RTL2-Nachmittagsprogramm krasser. Die erste Hälfte fand ich deutlich lustiger als die zweite, auf jeden Fall gibt es genug gute Gags, um gute 90 Minuten recht unterhaltsam zu füllen. Auch die Szenen im alten Fernsehstudio und die ganze Fotothematik fand ich persönlich sehr ansprechend, die ganzen alten Kameras und so. Dazu später mehr.

In der zweiten Hälfte geht dem Drehbuch etwas die Puste aus und es gibt einige Längen. Genauer: Es wird etwas zu einer beliebigen Komödie, bisschen Verwechslung, bisschen Slapstick … die Tonalität ist irgendwie anders. Gerade diese ganze „Die Polizei ist auf den Fersen“-Nummer und die endlosen Partyszenen sind alle bisschen zu viel des guten, der rote Faden fehlt. Und das ziemlich spießige Happy-End gibt auch noch Abzüge in der B-Note.

Trotz allem: Ganz vergnüglich. Und im Vergleich zu den Ergüssen von Franz Antel, Alois Brummer und Co. aus der Zeit auch heute noch durchaus komplett am Stück genießbar. Kleiner Geheimtipp.

Mir ist der Film tatsächlich mal auf dem Flohmarkt als VHS zugelaufen, so eine Billig-Neuauflage im Pappschuber („Auch als Leerkassette verwendbar“). Ganz früh in der VHS-Steinzeit gab es auch mal eine Ausgabe auf „Inter-Pathe Video“, die dürfte aber so schwer aufzutreiben sein wie die blaue Mauritius. Aber es gibt auch eine DVD von „Starmedia“, die leider a) ein furchtbares Cover hat und b) (noch schlimmer) wohl auch bildtechnisch eine Vollkatastrophe ist. Wäre vielleicht doch mal eine würdevolle Veröffentlichung verdient. Wenn es sowas wie eine „Wolfgang-Menge-Box“ gäbe, ich täte sie kaufen. Eine echte Lücke auf dem Markt, aber Hauptsache, jeder popelige 80er-Jahre-Horrorschmonz erscheint im Mediabook, nech.

Übrigens ist hier auch das damals noch vollkommen unbekannte Fotomodell Ingrid Steeger mit zarten Alter von 21 Jahren kurz zu sehen, in einer ihrer allerersten Rollen als namenloses und nicht im Abspann aufgeführtes „Modell“.

Ingrid Steeger – Suchbild

Interessant sind in dem Film auch, wie schon erwähnt, die vielen verschiedenen Kameras – wie ein Gang durchs Museum. Für Technik-Interessierte sei es hier mal dokumentiert:

Fernsehkamera
Die gute alte Rolleiflex kommt oft zum Einsatz (Mittelformat)

Meister Eder und sein Pumuckl: Die Plastikente (D 1989)

Regie: Ulrich König (* 1949)
Premiere: 9. März 1989

Pumuckl? Echt jetzt?

Ja, was tut man nicht alles für die Chronisten-Pflicht! Diese eher obskure späte Folge der zweiten Staffel (ausgestrahlt im März 1989) der damals sehr populären Kinderserie hat eine Besonderheit, die sie im Rahmen des Forschungsgebiets „Spurenelemente bundesdeutschen Komödienschaffens vor 1990“ erwähnenswert macht: Es spielen Helga Feddersen und Karl Dall mit!

Beide doch eher Norddeutschland verbunden, tauchen sie hier in dieser Produktion des Bayrischen Rundfunks auf und wirken daher neben dem ganzen bajuwarischen Gebabbel wie Fremdkörper.

Pumuckl mochte ich als Kind sehr, er zierte gar meine Schultüte bei der Einschulung. Aber ein Pumuckl-Karl-Dall-Crossover hätte ich mir selbst in kühnsten Träumen nicht erdacht. Gustl Bayrhammer und Insterburg & Co. existierten einfach nicht zeitgleich in einem Universum. Aber – scheinbar doch. Hier ist der Beweis.

Karl Dall spielt einen Kunden im Spielwarenladen, der von Helga Feddersen betrieben wird. Er scheint eine Art Geiger zu sein, komplett im Frack, mit Ölfrisur und mit Geigenkasten, und möchte ein Geschenk für seinen Sohnemann erwerben.

– „Den wievielten Geburtstag feiert Ihr Sohn?“

– „Warten Sie mal… Ich bin jetzt so gut wie fast ein Jahr verlobt …. mhmmm … er wird vier!“

„Naja, aber mein Sohn ist eigentlich kein Mützentyp!“

Nach einigem, eher mäßig komischen Hin und Her erwirbt er dann die titelgebende Plastikente. Pumuckl, der unsichtbar im Laden zugegen ist aus irgendeinem Grund, will dann auch so eine, geht damit dem armen Meister Eder so lange auf den Sack, bis er auch eine kauft. Damit erleben Sie dann einige Abenteuer.

Ente gut, alles gut. (Ja, komm, der musste einfach sein.)

Skurrile kleine Randnotiz im Schaffen von Karl Dall. Interessanterweise kreuzten sich bereits 1969 die Wege von Dall und Bayrhammer – beide spielten in „Der Bettenstudent oder: Was mach’ ich mit den Mädchen?“ mit. 1989 war Dall mit seiner Anarcho-Talkshow „Dall-As“ bei RTLplus gut im Geschäft, das war also vermutlich eher „just for fun“ und um mal wieder mit seiner Freundin Helga zu drehen.

Interessant ist natürlich auch die Kulisse, Kindern der 80er dürfte das Herz aufgeben. Von Lego und Playmobil bis Siku-Autos und Fischer Technik gibt es hier allerlei zu entdecken.

Für Helga Feddersen war es sogar bereits der zweite Auftritt in der Serie, in Folge 1 der 2. Staffel spielte sie auch bereits die Spielwarenverkäuferin, die Pumuckl ein Spielzeugauto verkauft. In exakt dem gleichen Outfit, diesem bizarren Micky-Maus-Pullover, und in der gleichen Deko.

Helga bläst …
… und Kalle staunt. „Hör’n Sie auf, mir wird jetzt schon ganz schlecht.“

„Was soll ich denn mit so einer Scheiß-Ente? Ich will Lego!“

Kauf Dir einen bunten Luftballon (D/Ö 1961)

Regie, Buch: Géza von Cziffra

Produktion: Kurt-Ulrich-Film, Wiener Mundus-Film

Premiere: 19. Januar 1961

Eine meiner aktuellen Herausforderungen: Die blinden Flecken in der Filmographie von Heinz Erhardt nachholen. Im Zuge dessen kam auch dieses Werk vor die Linse.

Wie schon „Der müde Theodor“ ist auch das eine Neuverfilmung – auch von Cziffra. Ich glaube, in den 50er und 60er fühlte man sich mitunter wie heute – nur Remakes im Kino. Alles nichts neues.

Regisseur Géza von Cziffra (1900-1989) drehte hier tatsächlich einfach seinen eigenen Film noch mal – 1943 hieß er noch „Der weiße Traum“ und war ein großer Erfolg, einer der wirtschaftlich erfolgreichstes des NS-Kinos. Cziffra arbeitete auch als „Ausländer“ (geboren im damaligen Österreich-Ungarn) noch eine ganze Weile im „Reich“, bevor er 1945 unter fadenscheinigen Gründen verhaftet und zu 6 Monaten Haft verurteilt wurde. Theresienstadt blieb ihm nur durch Manipulation von Unterlagen erspart. Dass er danach sein bisheriges Werk mit anderen Augen sah, kann man durchaus nachvollziehen.

1961 beschloss nun Cziffra (oder seine Produzenten), dass der Stoff einfach zu gut war, um als „historisch vorbelasteter“ Film im Archiv zu versauern, und drehten den ganzen Bums einfach noch mal. Fröhlicher Eskapismus war auch 1961 noch angesagt. Da ein großer Erfolg absehbar war, haben sie hier augenscheinlich auch nicht gegeizt und ordentlich Kohle rausgeblasen. Auch vom Casting her wurden keine Kompromisse gemacht – die gesamte A-Liga der damaligen Comedystars ist am Start, herausstechend natürlich Erhardt auf der Höhe seines Erfolgs. (Was sich bis heute auszahlt – ich denke, 80 % schauen das nur wegen ihm.)

„Kauf dir einen bunten Luftballon,
Nimm ihn fest in deine Hand,
Stell dir vor, er fliegt mit dir davon
In ein fernes Märchenland.“

Nominelle Hauptdarsteller sind Toni Sailer (1935-2009), Skirennläufer und Olympia-Gewinner, und Ina Bauer (1941-2014), Deutsche Meisterin im Eiskunstlauf – die beiden sind also offensichtlich primär wegen ihrer sportlichen Skills gecastet, denn das große Finale des Films besteht aus einer Eisrevue. Dafür, dass beide eigentlich keine „richtigen“ Schauspieler sind, schlagen die sich ganz gut.

Ach ja, die Geschichte – Theaterdirektor Knapp (Erhardt) hat Kummer, sein Theater läuft nicht gut. Und nun macht ihm auch der Besitzer des Theaters, Herr Miffke (Gunter Philipp), Druck – er will das Theater schließen und eine Reitschule daraus machen. Aber eine letzte Vorstellung soll es geben, mit einem besonderen Plan. Seine Ehefrau Mia Miffke (Ruth Stephan), komplett unmusikalisch, will unbedingt „zum Theater“ und nimmt bereits Gesangsunterricht. Miffke will ihr diese „Flausen“ austreiben und plant, einen kalkulierten Flop zu produzieren. Knapp hat keine Wahl.

„Ich bestehe sogar auf dem Skandal! […] Ich will nicht, dass meine Bekannte zum Theater geht! Verbieten kann ich es ihr nicht. Das gibt Krach, Szenen, Tränen – Das kostet Geld, Schmuck, Sie wissen ja wie die Frauen sind. Also soll sie ihren Willen haben, sie soll Theater spielen. Sie soll aber mit Pauken und Trompeten durchfallen, damit sei sich nie wieder einfallen lässt, zum Theater zu gehen. Das ist human und billig.“

Theaterbesitzer Miffke

Doch – durch eine Verwechslung wird statt besagter Ehefrau nun Inge König (Ina Bauer), die rothaarige Eiskunstläuferin, die gerne Sängerin sein will, engagiert. Ach ja, und der Eishockey-Spieler Hans Haller (Toni Sailer) ist noch scharf auf sie.

Die Geschichte ist aber wie so oft mehr Nebensache, hauptsächlich sind es hier die Schauwerte, die die Leute ins Kino zogen. Die zweite Hälfte des Streifens besteht überwiegend aus großen Sing- und Tanznummern, überwiegend auf Eis. Cziffra ist natürlich ein alter Hase und weiß, wie man so was effektvoll inszeniert, optisch ist das teils schon beeindruckend. Durch die Spiegelung auf der Eisfläche ergeben sich teils tolle Bilder. Tänzerisch sicherlich auch auf hohem Niveau, aber da bin ich nun wahrlich kein Experte. Teilweise werden in den Tanzchoreographien auch „exotische Länder“ wie Mexiko, Russland oder China musikalisch und optisch bereist. Natürlich sind hier angestaubte Klischees aus der Mottenkiste am Werk, besonders schäbig stachen mir die Chinesen ins Auge, die nach Meinung der Kostümgestalter also so aussehen:

Immerhin haben sie 1961 den gespielten Stierkampf und die Klischee-„Zigeuner“ weggelassen, die 1943 noch drin waren. (Das Finale von „Der weiße Traum“ gibt es, leider in sehr mäßiger Qualität, auf YouTube, hab da mal durchgezappt zum Vergleich.)

Die Komödienelemente sind mit „ganz nett“ wohl ganz gut umschrieben. Ein paar Schmunzler sind drin, sonst halt der übliche Verwechslungskram, den man schon tausendmal in anderen Filmen gesehen hat (auch 1961 schon). Erhardt hat natürlich immer ein paar treffsicherere Wortwitzpfeile im Köcher, Gunter Philipp muss eigentlich nur arschig und laut sein. Ich meine, dieser ganze Grundplan ist so perfide – hey, die Olle hat Träume, ich tue nun alles dafür, diese auf möglichst traumatische Weise zu zerstören und dann noch mal nachzutreten. Böse Emanzipation, pfui!

Heinz Erhardt, Ralf Wolter

Ansonsten haben wir die üblichen Verdächtigen – Ruth Stephan spielt sehr überdreht die schrille, unbegabte Ehefrau im Pelzmantel, und auch Ralf Wolter hat eine kleine Rolle. Urgestein Paul Hörbinger, schon gegen Ende seiner langen Karriere, hat einen kleinen Cameo-Auftritt als Gesangslehrer.

Walter Gross, Heinz Erhardt

Walter Gross (1904-1989) hatten wir bislang noch nicht, der ist auch ein paar Worte wert. Er spielt hier Josef, den Sekretär („Mädchen für alles“) vom Theaterdirektor, hat also viele Szenen mit Erhardt. Schön früh als Komiker und Kabarettist etabliert, wurde er 1935 nach einem zu forschen Auftritt im Tingel-Tangel-Theater in Berlin von den Nazis festgenommen und war eine Weile im KZ inhaftiert. Seiner Karriere tat das keinen Abbruch, bis 1965 war er gut im Geschäft, danach wurde es etwas ruhiger. Im Alter kamen dann einige Fernseharbeiten – und ja, natürlich auch eine Folge „Derrick“ („Ein unbegreiflicher Typ“, 1976).

Gut, ohne Heinz Erhardt hätte ich mir das sicherlich nicht angesehen. Aber ich muss sagen, das ist schon gut gemachte Unterhaltung – auch und gerade für die Entstehungszeit. Solides gutes Handwerk, schmissige Musik, humoristisch schon auf vergleichsweise hohem Niveau, üppige Ausstattung, flotte und oft optisch ansprechende Inszenierung. Wer auf Eiskunstlauf steht, hat noch einen Bonus.

Gibt’s auf DVD vom Label „Filmjuwelen“.

Paul Hörbiger in einer Mini-Rolle, Ruth Stephan

Die Post geht ab (D 1962)

Regie, Buch: Helmuth M. Backhaus
Produktion: Piran-Film + Televisions GmbH (Egon Haebe)
Premiere: 21. September 1962

Noch ein Film für den Heinz-Erhardt-Komplettisten. In diesem seichten Schlagerkomödchen spielt er allerdings nur eine Nebenrolle.

Ansonsten ist das ein typisches Produkt der Wirtschaftswunderzeit. Die Herren tragen Anzug, haben schicke Autos, und Italien ist der Sehnsuchtsort. Da muss man als anständiger Deutscher einfach hin im Urlaub.

Willy (Adrian Hoven) ist Trompeter in einer Bar-Band. Wir lernen ihn auf dem Weg zum Amtsgericht kennen, wo er eine Erbschaft antreten soll. Doch statt des erhofften Geldsegens erbt er von seinem verstorbenen Onkel einen schrottreifen Reisebus.

Willy aufm Amt
Die Erbschaft

Mit dem fahren sie, die Band und diverse Damen, dann nach Triest (warum eigentlich, ach, auch egal, irgendwas mit einem Schlagerwettbewerb), die Väter der Damen (einer davon ist Heinz Erhardt) fahren hinterher, um sie zu „beaugapfeln“. Ralf Wolter macht den Kasper, es wird gegrinst und gesungen, am Schluss finden sich alle vorhergesehenen Paare und die Welt besteht aus Zuckerwatte. Hach ja!

Eine sehr seichte Komödie aus der damaligen Massenproduktion, die ohne Erhardt wahrscheinlich schon lange vergessen wäre. Seine screen time ist hier allerdings auch sehr begrenzt, und er hat wenig Raum zum Improvisieren, sprich er sagt mehr oder weniger das auf, was im Drehbuch steht, was meist nur so mittel bis gar nicht witzig ist.

Für Autor und Regisseur Helmuth M. Backhaus (1920-1989) war es der erste Kinofilm als Regisseur, vorher hatte er schon einige Drehbücher (mit)verfasst, war aber primär Autor in Theater und Rundfunk.

Das Drehbuch basiert laut Vorspann auf „einer Idee von Hans Billian“. Das ist allerdings lustig. Hans Billian (1918-2007) wirkte in den 60ern in einigen solcher Schlagerfilmchen mit, bis er um 1968 langsam anfing, sich im Erotikbereich zu etablieren, mit Mopsfilm-Knallern wie „Die Jungfrauen von Bumshausen“ oder „Pudelnackt in Oberbayern„. Ab 1975 sollte er – nach der Legalisierung der Pornographie – als einer der ersten und professionellsten Pornofilmer Deutschlands in die Filmgeschichte eingehen. Mit „Josefine Mutzenbacher – Wie sie wirklich war“ (1975/76) ist er auch für den ersten deutschen Porno-Kinofilm überhaupt verantwortlich. Sprich: Ein größerer Kontrast zu diesem harmlosen Singsang-Lustspiel ist kaum denkbar.

Als weibliche Hauptrolle haben wir Vivi Bach (1939-2013) zu vermelden. Hier versuchte man noch, sie als Schlagersängerin zu etablieren. Philips hatte sie seit 1960 unter Vertrag und ballerte eine Single nach der anderen raus, die alle nicht mal die Hitparade kamen. Später sollte sie dann Dietmar Schönherr heiraten und zusammen eins der berühmtesten Paare der 70er werden, auch als Moderatorengespann in der legendären, damals skandalösen TV-Spielshow „Wünsch dir was“ (1969–1972). Sie war ja echte ne hübsche Maus, aber hier hört man wieder, warum ihre Karriere als Sängerin trotz mehreren Versuchen nie vom Boden abhob. Lahme, süßliche Schlagerchen aus der Retorte mit dünnem Stimmchen. Schlager-Legende Christian Bruhn hat die wohl komponiert, na, der hat auch schon besseres gemacht.

Adrian Hoven (1922-1981) als Trompeter Willy war in diesen Jahren in allerlei Filmen dieser Art als jugendlicher Strahlemann und Frauenschwarm zu sehen. Später schrieb er Drehbücher und führte auch mal Regie, teilweise in ganz kuriosen Filmen. Ich prognostiziere: Er wird uns hier auf der Seite in Zukunft noch öfter über den Weg laufen. Bitte Namen merken. 😉 Seinen Sohn Percy Hoven kennt man vielleicht noch als Moderator in der Anfangszeit von „Big Brother“. In der letzten Zeit ist er wohl mit rechten und fremdenfeindlichen Umtrieben auf YouTube aufgefallen.

Leider müssen wir auch gleich mehrere Gesangseinlagen von Schnulzschmalzer Gerhard Wendland (1919-1996) ertragen. Der hatte hier auch schon seine beste Zeit hinter sich und grinst sich hier durch Schnulzen der Güteklasse C. Ich denke, ich bin ja echt abgehärtet, was schlechte Schlager angeht, aber der Junge schafft mich. Man kriegt Diabetes vom Zuhören.

Ein gewisser Peter Fritsch turnt hier auch noch rum, ein Duett mit Vivi und ein Solosong. Dahinter verbirgt sich ein Österreicher, der unter dem Pseudonym Peter Fröhlich später bekannter wurde. Primär auf der Bühne zuhause, tauchte er in den 60ern hier und da mal in Filmen auf. Seine Gesangskarriere war wohl auch ein Flop, nur eine Handvoll Singles sind erschienen. „Ein kleines Zelt“ war immerhin auch von Christian Bruhn komponiert, allerdings mit einem klischeetriefenden Text von einem gewissen Günter Loose, der als einer der besten Schlagerdichter der Zeit gilt, hier aber wohl einen schlechten Tag hatte:

„Ein kleines Zelt ist unsere Welt,
dort wohnt im Sommer das Glück für uns beide.
Ein kleines Zelt im Sonnenschein,
was kann für dich und für mich schöner sein?

Blauer Himmel, weiße Wolken,
wir sind fröhlich tagein und tagaus.
Heut und morgen keine Sorgen,
denn bei uns ist die Liebe zu Haus.“

Jetzt mal ohne Quatsch, das klingt wie eine Parodie von Oliver Kalkofe.

In kleinen Rollen haben wir noch die üblichen Verdächtigen Ralf Wolter und Beppo Brehm zu vermelden.

Am Ende gibt es noch so eine Art Medley von allen Songs des Films, damit wir diese Granatensongs auch wie wieder vergessen und alle brav die Singles kaufen. Was wohl niemand tat. Und womit? Mit Recht.

Unlustige Komödie mit Schlagern aus der untersten Schublade. Hüllen wir den Mantel des Schweigens um dieses Machwerk. Kann auch ein Heinz Erhardt nicht mehr retten. Aber was sag ich – es gibt ganz aktuell eine Neuauflage auf DVD. Na denn! Wird seine Fans finden.

Schnulzschmalzer Gerhard Wendland
Beppo Brehm – „Ruhe, wenn die Obrigkeit spricht!“
Arbeitstitel des Films war „Niemand sündigt im Bikini
Nichts schreit mehr „Wirtschaftswunder!“ als Heinz Erhardt auf einer Hollywood-Schaukel
Der Pretorska palača in Koper, Slowenien (20 km von Trieste)

Is was, Kanzler? (D 1984)

Regie: Gerhard Schmidt
Buch: Jochen Busse, Gerhard Schmidt
Produktion: Marius Müller-Westernhagen, Hans H. Kaden, Gerhard Schmidt
Premiere: 16. März 1984

Jochen Busse hat mal ein Drehbuch für einen Film geschrieben, in dem Tommi Piper, die Stimme von ALF, in einem Pornoladen abhängt, um dort mit seinem BKA-Chef inkognito zu sprechen, den er „mein Führer“ nennt.

Ein Satz, den man zweimal lesen muss, aber doch: Dieser Film existiert:

1984 gedreht, lief er auch im Kino, verschwand aber auch nach größtenteils miserablen Kritiken auch schnell wieder.

Tommi Piper als BKA-Mann Erwin Reinke

Er beschäftigt sich auf satirische Weise mit den Vorkommnissen anno 1982 – den Sturz von SPD-Kanzler Helmut Schmidt durch CDU/CSU und FDP, was den Weg freimachte für die schon damals belächelte „Birne“ Helmut Kohl, der dann 16 Jahre lang den Stuhl im Bundeskanzleramt warmhalten sollte.

Hier wird dieser historische Hintergrund genutzt für eine abstruse Spionagestory. Die Amerikaner wollen unter anderem den „echten“ Kohl durch einen ihnen gefügigen Doppelgänger ersetzen, und das BKA versucht es zu verhindern. Zwei Frauen geraten ins Visier, eine CDU-Sekretärin mit Standleitung in die USA, und eine Fremdsprachenkorrespondentin. Und als MacGuffin haben wir noch ein Videoband, das politisch brisantes Material enthalten soll.

Was ist bloß auf dem geheimnisvollen Band?
Erst mal aufs Klo, eine quarzen.

Schon die Grundprämisse finde ich reichlich seltsam – warum sollten die Amis ausgerechnet KOHL ersetzen? Weil er nicht amerikafreundlich und konservativ genug war? Höh. Die Story hätte mit einem SPD-Kanzler viel besser funktioniert. Generell ist mir da oft zu viel pauschale und ausgelutschte Politikerschelte am Start, manchmal klingt es doch arg nach Stammtisch (bzw. heute: Facebook-Gruppe mit Ü70-Meckeropas). „Die da oben“ sind doch eh alle korrupt, unfähig und denken nur an sich selbst und nicht an das VOLK ™, der übliche Kram halt.

Privat lässt er gerne einen fahren. Einen Zug natürlich.

Ab und zu gelingt doch ein guter Gag, wobei vieles auch auf damalige Verhältnisse und Vorkommnisse gemünzt ist, vieles dürfte dem heutigen Publikum, das nicht Politik und Geschichte als Hobby hat, unverständlich bleiben. Die Flick-Affäre wird z. B. thematisiert, die unter anderem FDP-Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff den Job kostete. Die Geschehnisse waren auch deutlich vor meiner Zeit, aber die allermeisten Leute kenne ich dann doch noch, wobei ich mich halt auch für Politik und Nachkriegsgeschichte interessiere.

Mitunter muss man doch schmunzeln, wie aktuell manche Gags noch (oder wieder) sind. Wie zum Beispiel der angetrunkene Stammtisch von alten, weißen Männern mit Krawatte, die bierselig folgendes zum Besten geben:

„Wir haben keine Sorgen
uns geht’s gut
wir denken nicht an Morgen […]
und wenn die Welt auch untergeht
wir wählen CDU!“

Hat da gerade jemand „Klimawandel“ gesagt? Nein? Gut, ich bestelle mir noch schnell einen Mercedes-SUV bei Amazon vorm nächsten Bier. Also, weiter im Text.

Tatsächlich entsteht (für mich zumindest) auch viel Humor durch die Besetzung von Tommi Piper. Als ALF-Fan kommt es hier immer wieder zu lustigen Szenen, weil diese vertraute Stimme Sachen sagt, die so gar nicht zu ALF passen, z. B. einem Herrn im Sexshop einen Vibrator „mit 3 Gängen“ zu verkaufen. Hiermit könnte man eigentlich mal ALF-Szenen nachsynchronisieren, könnte spaßig werden.

Beeindruckend ist hier tatsächlich der Cast, es gelang, einige gute Schauspieler*innen und auch Kabarett-Größen zu engagieren. Der ewige Bösewicht Gert Haucke (1929-2008), Krimi-Legende Günther Ungeheuer (1925-1989), Rainer Basedow (1938-2022), „Else Tetzlaff“ Elisabeth Wiedemann (1926-2015), Peer Augustinski (1940-2014), hier tummelt sich schon einiges an Deutschlands damaliger A-Liga.

Gert Haucke, Elisabeth Wiedemann

Das Kabarett-Urgestein Dieter Hildebrandt (1927-2013) hat einen kleinen Auftritt als Reporter, und auch Dieter „Didi“ Hallervorden darf ein wenig geistreiches „Spottlied“ zum Besten geben, was seinen Witz daraus bezieht, Kohl „Birne“ zu nennen. Ich bin kein Kohl-Fan, aber so auf Äußerlichkeiten rumzureiten ist halt schon bisserl billig. Was er als lebenslanger FDP-Fan in diesem doch eher „links geprägten“ Film macht, bleibt eh sein Geheimnis.

Konstantin Wecker taucht mehrfach als Straßenmusiker auf, der ein Lied namens „Für alles im Leben muss man bezahlen“ zum Besten gibt, das wohl eine Art Titelmelodie des Films sein soll.

„Für alles im Leben muss man bezahlen, 
Alles im Leben hat seinen Preis.
Der Mann auf der Straße hört erst bei Skandalen,
Was in Vorstandsetagen ein jeder längst weiß.“

Konstantin Wecker
Dieter Hildebrandt

Nette Kuriosität. Wenn man den Film zeitlich im Kontext betrachtet, steht er neben den Komödienversuchen von Lisa Film und den Didi-Filmen vielleicht gar nicht soooo schlecht da. Ist halt thematisch ziemlich schlecht gealtert, jemand unter 30 wird sich nur fragen, wer denn die ganzen Leute mit den komischen Brillen und den schlimmen Frisuren sind und worüber die eigentlich reden.

Für Mitautor Jochen Busse war es auch der erste und letzte Ausflug ins Kino. 1986 schrieb er noch die erste Staffel einer kurzlebigen Serie für die ARD, „Die Montagsfamilie“, nie von gehört. Regisseur war dort auch wie hier Gerhard Schmidt.

Kann man sich legal und kostenlos bei YouTube (mit ziemlich viel Nervwerbung) ansehen, gibt es aber auch auf DVD als Grabbeltischware. Damals bei Atlas als VHS erschienen.

Hallervorden: „Birne! Hahahahah!“

Hier und da sind auch ein paar Locations aus heutiger Sicht nicht uninteressant, wie die Pornoklitsche, die den BKA-Beamten als Tarnung dient. Solche Läden sind wohl auch schon seit mindestens 20 Jahren ausgestorben.

Und noch ein bisschen Achtziger-Jahre-Köln. (Köln? Ja, das politische Leben war damals noch in Bonn, nicht in Berlin.)

Der Bettenstudent oder: Was mach‘ ich mit den Mädchen? (D 1970)

Regie: Michael Verhoeven
Buch: Volker Vogeler
Produktion: Houwer-Film (Rob Houwer)
Premiere: 2. Januar 1970

Ich hab ja besonders Spaß daran, Filme aus den Untiefen des Archivs oder des Internets zu wühlen, die weder bei der ofdb noch bei der imdb eine Rezension haben und über die man online wenig bis gar nichts findet.

So ein Film ist dieser hier. Der ist in meinen Radar geraten, weil ich das Kinoplakat besitze – das war neulich in einem Konvolut dabei. Nie davon gehört, und fucking Karl Dall spielt da mit? Muss ich sehen!

Allerdings ist der nie auf VHS oder DVD erschienen. Aber eine VHS-Aufzeichnung einer Ausstrahlung auf VOX schwirrt im Netz rum. Vom Sender-Logo her würde ich auf 90er tippen, vielleicht als Nackedei-Filmchen aus dem Archiv als Schlummifix nach der neusten Ausgabe „Wa(h)re Liebe“ weggesendet. (Ah, Wikipedia sagt: 2002. Knapp daneben.)

Heiliges Kanonenrohr, ist das ein bizarres Filmchen. Daher werde ich hierauf auch etwas detaillierter als sonst eingehen. Holt euch einen Kaffee, es dauert etwas länger. Aufgrund der schwierigen Quellenlage fallen die Screenshots auch qualitativ etwas rustikaler aus als sonst.

Doch fangen wir am Anfang an. Literarische Vorlage ist der satirische Roman „Und sowas lebt!“ (Sådan er der så meget) des Dänen Finn Søeborg (1916-1992). Laut Wikipedia: „[…] in dem er auf humorvolle Weise die Leerläufe und die ausufernde, jeglichen privatwirtschaftlichen Aufbauwillen lahmlegende Bürokratie in einem dänischen Wiederaufbauministerium kurz nach dem Krieg schildert.“ Hat inhaltlich also auf den ersten Blick nicht wirklich viel mit dem Film zu tun, es wird auch weiter ausgeführt, dass „Motive“ daraus Verwendung im Film fanden. Das Buch erschien 1950 in Dänemark und 1953 erstmals in Deutschland. War also schon ein ziemlich alter Hut, als der Film erschien.

Deutsche Ausgabe der Buchvorlage: „Und sowas lebt!“ von Finn Søeborg, Rowohlt 1953

Als Drehbuchautor wird Volker Vogeler (1930–2005) genannt. Mir bisher unbekannt, wird er von den 60ern bis in die 90er immer wieder als Autor und Regisseur genannt, meist augenscheinlich eher unbedeutende Arbeiten fürs Fernsehen. Allerdings wurde er schließlich zum Stammautor des ZDF-Krimi-Dauerbrenners „Der Alte“ und schrieb dort stolze 180 Folgen von 1978 bis 2005.

Kurze historische Einordnung: Die große gesellschaftliche Revolution der 68er war im vollen Gange. Auch im Kino spürte man den frischen Wind – 1968 erschien mit „Zur Sache, Schätzchen“ eine neue Art Komödie in den deutschen Lichtspielhäusern – frech, jugendlich, grenzüberschreitend, aufmüpfig, provokant. Eine neue Generation sagte „Opas Kintopp“ mit seinen biederen Schlagerrevuen und faden, immer gleich gestrickten Lustspielen den Kampf an.

1969 in München-Schwabing gedreht, fällt dieser Film genau in diese Zeit und in die Aufbruchstimmung. Der Film spielt im damaligen Studentenmilieu. Wir lernen Christof Müller kennen, der nach München zieht und neu in der Stadt ist. Er hat nur einen Koffer und ein Schlagzeug dabei, was schon bei der Taxifahrt vom Bahnhof in die Stadt zu gewissen Turbulenzen führt. Über den ganzen Film hinweg ist er auch der Off-Erzähler, der uns zwischendurch an seinen Gedanken teilhaben lässt.

An der Uni lernt er direkt den kauzigen Lebenskünstler (Karl Dall) kennen, der nur unter dem Namen „Sportsfreund“ bekannt ist. Dieser arbeitet an der Uni in der Abteilung für Härtefälle, dem „Paritätischen Schlichtungsausschuss der Universität“. Primär ist er im Film, um Christof in das Schwabinger Leben einzuführen, besoffen zu sein, eklig zu essen und zu rülpsen. Weil’s so schön ist mal als Videoausschnitt:

Unterkunft findet er zunächst bei seiner Cousine Brigitte (Hannelore Elsner), die ihn mit ihrem Kind, der kackbratzigen Fee, vom Bahnhof abholt. Der Ehemann Peter, Werbetexter mit Schnauzer und Brille, wohnt auch da und erklärt erst mal am Essenstisch die antiautoritäre Erziehung. Brigitte – „das ist aber ein spitzes Weib“ – hat des Nächtens Besuch, es ist offenbar zum Flotten Dreier geladen mit dem spitzen Schnauzbart-Peter. Der dazustoßende Christof lehnt die Einladung ab, weil er den falschen Schlafanzug anhat. (Ja, echt. Verstehe ich auch nicht.)

Am nächsten Abend kommt er, mit Sportsfreund im Schlepptau, betrunken nach Hause. Dort landet er fast mit seiner Cousine im Bett, aber so betrunken ist er dann doch nicht. Nun folgen erst mal mehrere Minuten, in denen im Wohnzimmer eine Fressorgie zelebriert wird. Beide sind hackestrulle und es wird gefressen, gesoffen, gerülpst und Sprüche geklopft. Dazu läuft „freche Beat-Musik“, wie man damals wohl gesagt hätte.

Irgendwann fängt dann Brigitte an, mit Sportsfreund eine erotische Spannung aufzubauen. (Dass ich mal Hannelore Elsner mit Karl Dall rummachen sehe, hätte ich auch nicht für möglich gehalten. Bizarr.) Sie führt ihn mit geschlossenen Augen den Flur entlang, aber nicht wie gedacht ins Schlafzimmer, sondern alleine in eine Art Abstellraum. Haha, reingefallen!

Der nächste Morgen. Christof liegt im Bett. Schnauzbart-Peter bringt Frühstück und erzählt, dass er mit 14 das Onanieren angefangen hat, was man halt so fast Fremden beim Morgenkaffee so erzählt. Und dass seine Frau Brigitte eine Fixierung auf ihn hätte, und ob er das nicht gemerkt hätte. „Wichtig ist nur, dass man sich zu sich selbst bekennt.“ – „Man darf Gefühle nicht verbergen, sonst wird man krank.“ Mehr als „Aha“ fällt dem schlaftrunkenen Christof dazu auch nicht ein. Peter erzählt noch, dass Brigitte glaube, Christof hätte noch nie mit einer Frau geschlafen.

Derweil versucht der noch immer nicht eingeschriebene Christof erneut sein Glück an der Uni. Da bislang immer die Schlange zu lang war, übernachtet er dort. Am nächsten Morgen ist allerdings die Frist abgelaufen, und Sportsfreund führt ihn zum Paritätischen Schlichtungsausschuss zur Verhütung von Härtefällen. Primär wird dort „Schiffe versenken“ gespielt und gesoffen. Christof wird dort prompt als dritter Bürohengst verpflichtet. (Das sind wohl die Szenen, die aus dem Roman stammen.)

Tatsächlich bekommt Christof auch noch einen Job als Schlagzeuger und findet sich in einer volkstümlichen Combo wieder, die verbittert wirkende alte Menschen bespaßt, die eigentlich nur am Saufen sind – stellt sich heraus: Eine Veranstaltung nur für Abonnenten der „Nationalzeitung“. Der Text des feilgebotenen Schlagers ist auch eine Dokumentation wert:

„Dididappdu
ich spiel auf meiner Bongo
schippischippschappschappidu
weil ich es gerne tu
Dididappdo
ich fahre in den Kongo
schippischippschappschappidei
da ist ein Platz an der Sonne dabei“

Nach einigem anderen Geplänkel findet sich Christof des Abends mit der spitzen Brigitte alleine im Auto wieder. In Gedanken (die wir im Off hören) ist er bei der feschen Nicci, die er in der Uni kennengelernt hat und die ihm nicht mehr aus dem Kopf geht. Doch Brigitte will ihm noch immer an die Wäsche und knöpft schon mal das Polyester-Blüschen auf.

Währenddessen macht er sich Gedanken darüber, dass er seinen knorken Schlafanzug nicht dabei und zu wenig Haare auf der Brust hat. Dass er im Begriff ist, mit seiner Cousine zu knattern scheint ihm weniger Sorge zu bereiten. Eine geeignete Position im engen Auto zu finden ist eine Hürde. Als er dann nach hinten umfällt und das Becken des Schlagzeugs im Kofferraum erklingt, endet die Szene vor Vollzug. Bizarr. (Übrigens auch bizarr: Die sonst so brave Hannelore Elsner in ihrer mutmaßlich einzigen Nackedei-Szene.)

Neuer Tag. Christof geht mit Fee, der so 5 Jahre alten Tochter, in den Zoo, um sie zu bespaßen. Das entwickelt sich zur Nervenprobe, denn die Fee ist so gar nicht feenhaft, sondern eine verzogene Göre, die anfängt, wie am Spieß zu brüllen, wenn sie ihren Willen nicht bekommt.

Nach einer Weile muss sie aufs Klo, was zu ungeahnten Konsequenzen führt. Als er mit ihr auf der Damentoilette ist, behauptet sie nicht mehr zu müssen und fängt an zu brüllen, was eine Frau aufschreckt, die das Szenario „Junger Mann – Mädchen mit Schlüppi unten“ missversteht und prompt einen Lynchmob anzettelt. Fee hat auch den Schalk im Nacken und behauptet zunächst auch auf Nachfrage, den Mann nicht zu kennen. Nur mit Mühe entkommt er dieser Situation, ohne als mutmaßlicher Kinderschänder direkt an Ort und Stelle gemeuchelt zu werden.

Der brave deutsche Bürger:

– „Du dreckige Sau! Dafür brauchen wir keine Polizei! Das machen wir alleine!“
– „Sicher ein Ausländer!“
– „Warum werden diese Kerle nicht kastriert?“
– „Jawoll! AUFHÄNGEN!“
– „Wie der schon aussieht!“

In der nächsten Szene sind wir irgendwo an einem Fluß (denke mal, Isar), dort wird der vor sich hin sinnierende Christof von Nicci (Gila von Weitershausen) überrascht, auf die er ja ein Auge geworfen hat. Bei einer Bootsfahrt kommen sie ins Gespräch.

Derweil demoliert Fee mutwillig sein Schlagzeug. Christof kommt nach Hause, Brigitte findet das alles lustig. In Christofs Gedanken hören wir: „So! Jetzt bumsen wir.“ (Eine komplett logische Kausalkette, oder etwa nicht?)

Schwupps machen sich beide nackig. Gerade als Brigitte sich aufs Bett legt, kommt Schnauzbart-Peter (wir erinnern uns: Brigittes Ehemann) die Haustür rein. Und lauscht erst mal an der Tür. Und schaut durchs Schlüsselloch.

Allerdings wird er bei seinem Spannertum von der „Papiii“ krähenden Fee gestört. Die beschwert sich, dass Christof sie wegen des kaputten Schlagzeugs geschlagen hätte, worauf er ins Schlafzimmer platzt und pseudo-empört „Brigitte!“ ruft. (Was ich sehr lustig fand, weil es mich an eine Szene in „Pastewka“ erinnert.) Also wird das inzestuöse Schäferstündchen erneut gestört, als er des Raumes verwiesen wird. „Hinaus!“ ruft nun die Brigitte, die eben noch begattungsbereit da lag. Muss man auch nicht verstehen, das alles.

So läuft er nun durch die Stadt. Einschreibung verpasst, Brigitte verpasst und die Nicci hat einen Freund. In seiner Not klingelt er bei Justus von Liebig, dem Chef vom Paritätischen Schlichtungsausschuss, ob er dort schlafen könne. Zu seiner Überraschung öffnet eine unbekannte junge Dame die Tür.

Er kommt offenbar ungelegen. „Wo eine Pille ist, ist auch ein Weg“, spricht der Aushilfsbischof, der einen Topflappen auf dem Kopf hat (?!), noch. Hab ich schon erwähnt, dass dieser Film bizarr ist?

Nach einigem Hin und Her landet er dann bei Sportsfreund in seiner Bude. Die ganze Wohnung ist voll mit weißen Mäusen, die er aus dem Chemielabor der Uni gerettet hat. Er klimpert auf dem Klavier und hat seine philosophischen fünf Minuten.

„Früher war ich noch Idealist. Doch jetzt hab ich meine Schäfchen im Trockenen. In den nächsten fünfzig Jahren tut sich an den Hochschulen sowieso nichts. Ziemlich kaputt ist das. Wir versenken Schlachtschiffe und werden vom Staat dafür bezahlt.“

Sportsfreund (nachdenklich)

Durch Manipulation von Unterlagen gelingt es Christof schließlich, eine Wohnung in dem Haus zu ergattern, in dem Nicci wohnt. Er hat es noch immer auf sie abgesehen.

Beim Einzug lernen wir seine neue Vermieterin bzw. Hauswirtin kennen, dargestellt von der bayrischen Volksschauspielerin Maria Stadler (1905-1985), die hier eine Art Else Kling auf Speed spielt, sie keift ohne Punkt und Komma. Kleine Kostprobe:

„Bei unserm letzten Studenten sind wir dahintergekommen, dass er an Demonstraaatioooonen teilnimmt! Und sowas wohnt unter meinem Dach. Wozu haben wir die Notstandsgesetze, wenn diese Radaubrüder frei herumlaufen dürfen. Sonst war er ja ein sehr ruhiger Mensch.

Armes Vaterland! Es hat ja niemand mehr ein Heimatgefühl. Mein Gott, was sind wir früher gern spazieren gegangen! Seit sich dieses Gesocks, diese sogenannten Gastarbeiter, bei uns herumtreibt, kann man ja im Dunkeln das Haus nicht mehr verlassen! Und Deutsch können die auch nicht richtig!

Sie brauchen nicht zu denken, dass wir kein Herz für die Studenten hätten, mein Mann ist ja selbst Akademiker! Zahnmedizin! Der hat in seinen Jugendjahren auch recht flott gelebt, aber alles im Rahmen.

Einmal haben wir es mit einer Studentin versucht [als Untermieterin], die bekam immer Herrenbesuch. Der ist aber braun gebrannt, dacht ich mir zuerst, aber dann haben wir gemerkt – das war ein Neger!“

Das war 1970 schon als satirische Übertreibung angelegt. Schlimm genug, dass auch im Jahr 2022 Leute mit solcher Denke noch immer nicht ausgestorben sind.

Als beim Einzug sein Schlagzeug geliefert wird, keift es – „Das Ding kommt mir nicht ins Haus! Oder Sie sind sofort entlassen!“ Aber doch schafft er es, da irgendwie da wohnen zu bleiben, und sein genialer Masterplan geht auf – natürlich kommt er mit Nicci zusammen. Der Film endet – schließlich sind wir in Schwabing – mit einer großen Party.

Sportsfreund und Justus wollen allerdings die Party sprengen, mithilfe der weißen Mäuse. Irgendwie landen sie dabei im Schlafzimmer der alten Hauswirtin. In einer wilden Sequenz bekommen wir bizarre Szenen wie diese zu sehen.

Die zickige Hauswirtin vergruselt es derart, dass sie wie am Spieß schreiend vom Krankenwagen abgeholt wird, und der arme Ehemann dazu noch gleich mit. Das alles unterlegt mit pfiffiger Marschmusik.

Netter Gag: Der verwunderte Nachbar will wissen, was los ist, und spricht den als Nazi verkleideten Partygast ganz selbstverständlich mit „Herr Wachtmeister“ an.

„Entschuldigung, Herr Wachtmeister, was issen hier los?“

Gegenüber der Ärzte gibt sich Christof als Betreuer der zwei alten Herrschaften ab und gibt zu Protokoll, er habe es so kommen sehen. „Die sind total kaputt. Völlig versengt!“ – „So?“ – „Wo kommen sie denn jetzt hin?“ – „Na, in die Anstalt!“

Schwupps hat Christof ein Haus. Letzte Szene: Er spielt nackt im Garten Schlagzeug, die Kamera fährt zurück, Nicci steht am Balkon, und wir enden mit dem klassischen Kran-Shot über’s ganze Haus. Ende.

Puh.

Es ist schwer zu glauben, dass dieser Film im gleichen Jahr entstand wie „Frau Wirtin bläst auch gern Trompete“ oder „Pudelnackt in Oberbayern“, die beide ganz grob das gleiche Genre bedienen.

Letztere sind noch Opas Kino – Filme von damals schon alten Männern. Michael Verhoeven (* 1938) war hier auch schon um die 40, aber doch erkennbar eine andere Generation. So bizarr der Film noch heute wirkt – man muss sich die Wirkung auf ein Publikum von 1970 vorstellen. Wilde Nummer!

Einige Szenen haben auf jeden Fall das Potential, dass dort damals rechtschaffende Bundesbürger mit rotem Kopf und geballten Fäuste reckend aus dem Kinosaal stürmten und dabei „Das ist em-pööör-end!“ riefen.

Ein besserer Film als „Pudelnackt in Oberbayern“? Sicherlich. Verhoeven ist ein guter Regisseur und sollte auch 1970 mit dem schonungslosen Vietnam-Film „o.k.“, der Vergewaltigungen durch US-Soldaten thematisiert, für einen Skandal auf der Berlinale sorgen.

Der Film ist ein Kind seiner Zeit, mit allen Stärken und Schwächen. Manches ist heute einfach schräg, manches ist heute noch lustig oder provokant. Eins hat der Film auf jeden Fall nicht verdient – komplett in der Versenkung zu verschwinden. Wer weiß, wo da die Rechte liegen, aber es ist schon seltsam: Alle gefühlt 452 Lederhosen-Jodel-Filme stehen bei Müller im Regal, dieser Film aber muss als nahezu verschollen gelten.

Werfen wir abschließend noch einen Blick auf den Cast.

Christof Wackernagel (* 1951) spielt die Hauptrolle (die sehr kreativ ja auch Christof heißt). Von 1968 bis 1977 trat er vornehmlich als Schauspieler in Erscheinung, bekannter wurde er aber 1977 als – RAF-Terrorist. Nach einer langen Haftstrafe ist er seit den 90ern wieder vermehrt in Film und Fernsehen (Tatort, Lindenstraße) zu sehen und tut sich auch als Schriftsteller hervor. In diesem Film hatte er seine erste große Hauptrolle.

Gila von Weitershausen (* 1944), die Nicci, machte die fast archetypische deutsche Schauspieler*innen-Karriere mit: In den 60ern und 70ern noch oft im Kino zu sehen, zum Beispiel in „Die Lümmel von der ersten Bank“ (1968), ist sie seit den 90ern Dauergast in Serien des ÖRR – bis zur schwimmenden Altstar-Restverwahrung „Das Traumschiff“ oder gar dessen Klon „Kreuzfahrt ins Glück“, wo sie noch dieses Jahr zu sehen war.

Hannelore Elsner (1942–2019) dürfte heute noch am bekanntesten sein. Eine lange, lange Karriere, bis 1959 bis zu ihrem zu frühen Tod 2019. Auch im Fernsehen war sie oft zu sehen, zum Beispiel als Maria Rotenburg, die Geliebte von Professor Brinkmann in der Schwarzwaldklinik, oder als Kommissarin Lea Sommer im Tatort.

Karl Dall (1941-2020) war zur der Zeit primär noch als Mitglied der Musikgruppe Insterburg & Co. bekannt und hatte hier eine seiner ersten Filmrollen, nachdem er 1969 schon in der Komödie „Charley’s Onkel“ zu sehen war, mit seinen Bandkollegen (auch ein Film, der hier eine Würdigung erfahren wird, früher oder später). In den 70ern und 80ern kalauerte er sich durch allerlei Filme, Serien und Shows, hatte ein paar Single-Charterfolge und war bis in die frühen 2000er im Fernsehen sehr präsent.

Filmprogramm (Neues Filmprogramm NFP 5572)

Das fröhliche Dorf (D 1955)

auch: Krach um Jolanthe

Regie: Rudolf Schündler
Buch: Gustav Kampendonk
Produktion: Kurt Ulrich
Premiere: 16. September 1955

Oha, da bin ich aber wieder tief in den obskuren Filmarchiven der heilen Kinowelt der bundesdeutschen 50er Jahre unterwegs. Dieser etwas unscheinbare, halb verschollene Film hat allerdings einige Besonderheiten, die ihn filmhistorisch interessant machen. Da man auch online kaum Infos findet, opfere ich mich mal.

Zunächst – Regie: Rudolf Schündler. DER Rudolf Schündler? Ja, genau.

Heute noch am ehesten als Oberstudienrat Knörz aus den Lümmel-Filmen der 70er bekannt, hatte der Mann eine unfassbar bunte Karriere quer durch die deutsche Filmgeschichte, von Fritz Lang über Hans Billian bis Heinz Erhardt. In den 50ern führte er auch mehrfach Regie bei leichter Muse wie hier. Das war bereits seine fünfte Regiearbeit. Von insgesamt 19. Neunzehn! Die 50er Jahre waren sehr produktiv im deutschen Kino. Man darf nicht vergessen – Kino war damals viel alltäglicher, die wenigsten Leute hatten zuhause einen eigenen Fernseher. Es wurden daher viel mehr Kinofilme „auf Masse“ produziert als heute.

Ein weiterer Fakt, der diesen Film etwas besonders macht: Es ist der erste deutsche Cinemascope-Farbfilm, sagt der Filmdienst. 1953, also zwei Jahre vorher, war mit „The Robe“ (Das Gewand) in den USA der erste Film in Cinemascope überhaupt erschienen.

Bauer Lamken (Carl Hinrichs) hat die tollste Sau von allen

CinemaScope war ein wichtiger Schritt hin zum heute selbstverständlichen „Breitbildformat“. Durch spezielle Linsen in der Projektion war es möglich, Filme im Seitenverhältnis von etwa 1:2.35 auf normalen 35-mm-Film zu bannen.

Leider konnte man den Film wohl so nur im Kino damals bewundern. Er ist nie fürs Heimkino erschienen, nicht mal auf VHS. Mir liegt eine Fernsehausstrahlung von SAT1 vor, die leider auf 4:3 zusammengeschrumpft wurde.

Neben diesen technisch-historischen Sachen wurde ich auch neugierig, denn der Film basiert auf einem Theaterstück von August Hinrichs (1879-1956), dessen Geburtshaus keine 300 Meter von hier, wo ich gerade sitze, entfernt ist. Geboren in Oldenburg, ist er als Autor von Theaterstücken, meist humoristischer und eher volkstümlicher Art, bekannt, und die August-Hinrichs-Bühne in Oldenburg trägt heute seinen Namen.

In den zwanziger und dreißiger Jahren war er einer der meistgespielten Bühnenautoren. Seine Stücke waren in ganz Deutschland erfolgreich, und auch mehrere Verfilmungen entstanden bereits. So ist dieser Film von 1955 eigentlich ein Remake des Films von 1934 unter der Regie von Carl Froelich.

Die Geschichte geht auf das Stück „Krach um Jolanthe“ zurück, was auch ein Alternativtitel des Films (und der Titel der 1934-Version) ist. Auch als Theateraufführung wurde es mehrfach gefilmt, z. B. vom Hamburger Ohnsorg-Theater (1962 und 1979 noch mal).

Das Stück ist wohl so bekannt, dass es in Cloppenburg eine Skulptur (Foto von Wikipedia) dazu gibt. OK, wieder was gelernt.

Kuckuck auf der Wutz

Worum geht es überhaupt? Irgendwo im Oldenburgischen anno lange-her: Bauer Lamken (Carl Hinrichs) ist stolz wie Oskar, denn auf der Landwirtschaftsausstellung hat seine Sau Jolanthe den ersten Preis gewonnen. Das war damals sogar ein Foto auf der Titelseite der Zeitung wert.

Doch, oh weh, wieder zuhause in Pusemuckeldorf (das wohl fiktive Ringelstede) droht Unheil. Er hat seine Steuern nicht bezahlt, und der Gerichtsvollzieher pfändet einfach seine Prachtsau und pappt ihr einen Kuckuck auf den Schinken.

Schließlich soll sie versteigert werden, doch niemand bietet. Der Gendarm ermittelt, Verdacht auf Komplott und so. Auch der nette neue Dorflehrer, der gerade im Dorf angekommen ist, gerät in Verdacht, doch er hat damit nichts zu tun, er ist nur für die obligatorische love story im Film verantwortlich.

Die ersten Szenen im Film, diese Viehzeugparade, wurden offensichtlich in München gedreht, dort fand 1955 die 43. Wanderausstellung der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) statt:

München – establishing shot – könnte der Stachus (Karlsplatz) sein

Ebenfalls dokumentieren möchte ich dieses wunderbare Stück Lyrik, gesungen von der Magd Stine. Ein echter Ohrwurm.

„Jolanthe, Jolanthe,
du dickes Borstenvieh
hast meine Sympathie
Jolanthe, Jolanthe,
du hast mit deinem Speck
die Ruhe weg!“

Apropos Magd – diese hat auch eine Szene, die so bizarr ist, dass ist sie hier mal als Ausschnitt einfüge. Tatsächlich für 1955 schon recht gewagt!

Im Cast stach mir Carl Hinrichs (1907–1967) ist Auge. Auch er ist in Oldenburg geboren und hier auch 1967 gestorben. Er war in den 50er und 60er öfter mal in augenscheinlich kleineren Rollen in Kino und TV zu sehen. Laut alt-oldenburg.de war er der Bruder von August. Seine Eltern und später dann er führten in der Haarenstraße in der Oldenburger Innenstadt eine Weinhandlung. Das Gebäude (Foto) wurde 1956 abgerissen, dort ist heute das Modehaus ZARA zu finden.

Gerhard Riedmann (1925–2004), der den jungen forschen Lehrer spielt, war noch bis in die 90er regelmäßig zu sehen, zuletzt in 25 Folgen vom ZDF-„Bergdoktor“. In den 50er war er noch in allerlei Heimat-, Berg- und Schlagerfilmchen zu sehen und grinste und sang sich in die Herzen der Damen. Der grobe Blick zeigt auch, dass eigentlich fast alle der Beteiligten nach dem großen Knick in den 60ern, als Heimatfilme langsam ausstarben, ihre Karriere mitsterben sahen.

Was bleibt? Biedere Heile-Welt-Unterhaltung, und selbst da gibt es sicherlich besseres. Filmisch solide abgekurbelt, bleibt er halt doch ein Theaterstück von 1930, und so frisch wirkt das dann auch. Das war selbst 1955 schon old-school.

Das Lokalkolorit ist ganz nett, wenn man hier wohnt, und zumindest weiß ich jetzt, was diese Skulptur in Cloppenburg soll. Man lernt nie aus! Ist auch einfach mal schön, dass so ein Film mal nicht in Österreich, Tirol, Schwarzwald oder Bayern spielt, sondern in der norddeutschen Tiefebene. Ansonsten nur für Fans von Bauernkomödien (gibt es die überhaupt noch?). Oder wer Filme mit ganz vielen Schweinen mag. Oink!

Der qualitativ ganz brauchbare TV-VHS-Mitschnitt (SAT1, ich würde frühe 00er Jahre schätzen) findet sich im Netz.

Carl Hinrichs, Gerhard Riedmann

Big Mäc (D 1985)

Regie: Sigi Rothemund
Buch: Siggi Götz, Franz Seitz, Werner Schlierf
Produktion: Franz Seitz
Premiere: 26. April 1985 / TV-Premiere: 4. Februar 1989

Franz Seitz junior war ein umtriebiger Mensch. 1921 geboren, studierte er nach militärischen Pflichten zunächst Medizin, war Kunstmaler – und, ach ja, nebenbei auch Sohn des damals sehr erfolgreichen Regisseurs Franz Seitz senior (1888-1952), der in den 20ern und 30ern bei der UFA viele Filme abdrehte, von der alpenländischen Komödie bis zum Propagandafilm.

Irgendwann begann er auch, Filmluft zu schnuppern, drehte ein Heimat- und Schlagerfilmchen nach dem nächsten und schließlich gründete er 1956 in München seine Firma „Franz Seitz Filmproduktion“, die bis heute existiert, geführt von seinen Kindern.

Vor allem die sieben Teile der „Die Lümmel von der ersten Bank„-Reihe waren ab 1968 große Erfolge an den Kinokassen. 1977 war er noch mal in den Schlagzeilen – Oscar für „Die Blechtrommel“ nach Günter Grass. Tatsächlich eine Seitz-Produktion. Zwei Literaturverfilmungen nach Thomas Mann folgten.

1985 aber, und wir kommen zum eigentlichen Thema, dachte er sich scheinbar – so hochliterarisch und künstlerisch wertvoll kann ich meine Karriere nicht beenden. Und produzierte: „Big Mäc“ mit Thomas Gottschalk in der Hauptrolle.

Seit 1989 nicht mehr im Fernsehen und nie auf DVD erschienen, ist das eine obskure Randnotiz im Filmschaffen von Gottschalk. Die Videothekenkassette erschien bei VMP, die sich heutzutage auch ziemlich rar macht. Immerhin war er zur Promo 1985 auf dem Cover der Cinema, die ich besitze und weswegen ich überhaupt von der Existenz dieser Zelluloid-Verschwendung weiß. Und eine gute Seele hat die seltene VHS digitalisiert und auf YouTube in ganz brauchbarer Qualität hochgeladen und den Film somit aus der Gnade des seligen Vergessens entrissen. Dankeschön, „Hampie18“.

„Easy Rider Thomas Gottschalk“. Bestes Outfit ever. Dem Mann war damals auch echt gar nichts peinlich. Man beachte den guten alten 80er-Jahre-Brustbeutel. Ein Traum in Kunstleder.

Also, Promo lief soweit. Gedreht wurde laut Wikipedia in Garmisch-Partenkirchen, Istanbul, Kairo und Nairobi. Das kostete richtig viereckig Geld, wie Horst Lichter immer so schön sagt.

Auf jeden Fall haben wir es mit einer „different kind of animal“ zu tun. Die wesentlich bekannteren Filme mit Gottschalk – wie die Supernasen oder die Einsteiger – waren alles Produktionen der Lisa Film GmbH aus München, also von Karl Spiehs und seinen Spießgesellen.

Tatsächlich gibt es hier ein kleines „Crossover“, wenn man so will: Der Star aus den von Seitz produzierten Lümmel-Filmen, Hansi Kraus (* 1952), spielt hier auch mit. Er hatte 1985 auch erst mal die besten Zeiten hinter sich (zumindest im Kino und Fernsehen), taucht aber bis heute immer wieder mal auf der Mattscheibe auf, von „Dr. Stefan Frank“ über „Forsthaus Falkenau“ bis „Um Himmels Willen“. Hier ziert ihn eine zeitgemäße Rotzbremse.

Bevor wir zu den Details kommen – worum geht es hier überhaupt? Bisschen klarer wird es, wenn man sich den späteren Titel der TV-Ausstrahlung anschaut: „Heiße Öfen in Afrika„. Nicht der Gipfel der Kreativität, aber allemal besser als das nichtssagende „Big Mäc“. Hoffentlich gab es dafür wenigstens gut Kohle von McDonald’s. Der ganze Film ist außerdem eigentlich nur ein überlanger Werbefilm für BMW.

Bernhard „Big Mäc“ Maurer (Gottschalk) ist weder Maurer noch Bratbulettentester, sondern Musiker. Im Vorspann lernen wir ihn als gestrengen Dirigenten eines klassischen Orchesters kennen. Doch, oh Schreck, plötzlich tauchen aus dem nichts Rockmusiker auf, die ganz böse ins Mikro lachen und irgendwas zusammen schrammeln, was in den Ohren von den alten Männern, die diesen Film verbrochen haben, wohl „harte Punkmusik“ sein soll. Das junge Publikum – wir befinden uns an einem Gymnasium – flippt aus, der Herr Rektor (Ludwig Haas) schaut, als hätte ihm jemand in die Weichteile geboxt.

„Schluss mit dem Unfug! Sofort Schluss! Sie sind entlassen!“

Und Musikgenie Maurer muss sich weiter als Klavierlehrer durchschlagen.

Derweil in der Redaktion der Zeitschrift „Motorrad“ – man sorgt sich um das Image des Motorradfahrers und will den „perfekten Fahrer“ finden. Seriös, solide, unfallfrei. Und der Computer (wie auch immer das 1985 funktioniert haben soll) spuckt eben – genau – unseren Klavierlehrer aus, weil der mal vor vielen Jahren eine Tour quer durch Spanien gemacht hat und darüber ein Artikel im Archiv war.

Eine Prämie von 50.000 Dollar winkt. Freudig bestellt er sich erst mal telefonisch einen Konzertflügel. Aber – er kriegt die Kohle nur, wenn er es schafft, in einer Abenteuerrallye von der Zugspitze zum Kilimandscharo zu bestehen, und das als Wettrennen mit einem japanischen Team.

Da er dafür einen Beifahrer braucht, engagiert er den Nachbarsjungen Max (Beate Finckh), der gerne und viel an allerlei Motoren schraubt und sich gut auskennt. Ihm wird auch von der örtlichen Werkstatt eine der begehrten Lehrstellen versprochen, falls sie gewinnen (was für ein seltsamer Deal ist das denn bitte?). Doch, oh weh, Max fällt vom Moped und bricht sich die Stelze. Seine Schwester Maxi (ebenfalls Beate Finckh) schneidet sich die Haare, bindet den Busen weg und fährt an seiner Stelle mit. Maurer ist der Meinung, Max mitgenommen zu haben, und braucht bis zum dritten Akt des Films, um zu merken, dass dem Max „von der Hitze ein Busen gewachsen ist“. Was natürlich zu allerlei Lustigkeiten führt. Zum Beispiel zu meinem Lieblingszitat aus dem Film:

„Bei jeder Pinkelpause gehst du kacken!“

Es sollte T-Shirts mit diesem Spruch geben.

Der Rest des Films sehen wir also primär diverse Motorräder durch diverse Wüsten fahren. Wer wird das spannende Rennen für sich entscheiden? Die anständigen Deutschen auf der BMW oder doch etwa die hinterlistigen, mit allen schmutzigen Tricks arbeitenden Japaner? (Um im Duktus des Films zu bleiben: „Was machen die Japsen?“)

Es bleibt spannend (gähn) bis zum Herzschlagfinale. Wird es etwa ein Happy-End geben? Mit freeze frame von grinsenden Leuten am Schluss? Wer weiß, wer weiß.

Wen haben wir denn hier so vor der Linse? Gut, ich denke, Thomas Gottschalk (* 1950) muss ich hier nicht großartig vorstellen, ich denke, selbst wenn man nie einen Film mit ihm gesehen hat, weiß man doch, wer er ist. Der mit den Haribo-Goldbären. Ach ja, dass er zusammen mit Mike Krüger in den 80ern auch mal Werbung für McDonald’s gemacht hat und einen Film namens „Big Mäc“ ist bestimmt nur Zufall.

Max und Maxi (!), eine gender-bending Doppelrolle, werden gespielt von Beate Finckh (* 1960), in ihrer ersten größeren Kinorolle. Mit ihren zarten 25 Jahren hatte sie schon einiges gedreht, der ganz große Durchbruch blieb ihr augenscheinlich verwehrt. Mehrere Auftritte in Tatort und – natürlich 4 Folgen „Derrick“. Sie hat diese durchaus anspruchsvolle androgyne Rolle hier gut gemeistert, war in diesem Gurkenfilm aber eigentlich verschenkt. Sie hätte Max/Maxi in einem ernsthaften Coming-of-age-Film mit Gender-Thematik spielen können. (Netflix-Remake von „Big Mäc“, wann?)

Ach ja, wer darf natürlich auch nicht fehlen? Trash-Ikone Herbert Fux (als „Franz Leitner“) hält auch mal das Knittergesicht in die Kamera für eine Handvoll Dollar.

Die neuste Folge von „Find den Fux“. Da isser!

Direkt in der ersten Szene hat Ludwig Haas (1933-2021) eine kleine Rolle als Rektor und Klassik-Fan. Bisschen verschenkt, aber immerhin fast die lustigste Szene im Film. Falls ihr euch gerade fragt, woher ihr ihn kennt – am bekanntesten ist er wohl als Dr. Ludwig Dressler in der Lindenstraße, wo er von 1985–2020 (!) mitspielte.

Immerhin blieb es Hans Terofal erspart, hier mitspielen zu müssen, da er bereits 1976 verstorben ist. Treue Leser*innen wissen: „Hans Terofal“ hieß eigentlich Hans Seitz – und ist niemand geringerer als der Bruder von Produzent Franz Seitz junior. Damit das alles nicht zu einfach wird, arbeitete dieser auch gerne mal unter dem Pseudonym „George Laforet“. Laforet ist der Mädchenname der Mutter, „Terofal“ das ganze einmal spiegelverkehrt.

Eins muss man den Produktionen der LISA-Film lassen – sie versuchen wenigstens, lustig zu sein. Dieser Film taugt als Comedy null, mit viel guten Willen gibt es ein paar Schmunzler. Als ernst gemeintes Roadmovie oder Abenteuerfilm ist es zu poplig. Nur weil ein paar Kamele oder Elefanten durchs Bild laufen, sitzt man nicht auf der Sesselkante vor Spannung. Die Dialoge sind so hölzern, dass man sich Splitter ins Ohr holt beim Anhören. Da ist selbst Gottschalk schauspielerisch unterfordert. Selbst die Musik kommt direkt aus der Mitt-80er-Weichspüldedudelhölle, wenn nicht gerade das penetrante Titelstück totgedudelt wird.

Und, werter Franz Seitz, wie kann man Filme wie „Die Blechtrommel“ produziert haben und danach solche Drehbücher lesen und sagen, „Jawoll, das klingt nach einem guten Film. Den mach ich mit dem Gottschalk und das wird der Knaller“? Was hat Sie da geritten? Moment, Drehbuch von Franz Seitz, Sigi Götz, Werner Schlierf. Ähm, okay. Ich hab nichts gesagt.

Reine Hypothese – das ganze ist so von Arbeitsverweigerung durchzogen, dass mir der Gedanke kam, dass wir es hier mit einem typischen Abschreibungsfilm zu tun haben, also ein Film, der mit Vorsatz Verlust einfahren soll, um steuerliche Vorteile zu kriegen.

Er ist schlicht nicht Fisch, nicht Fleisch, sondern nur – stinkepupslangweilig. Die Film-Todsünde Nummer 1. Keine Ahnung, was genau hier passiert ist. Regisseur Sigi Rothemund ist sicherlich kein zweiter Hitchcock und hat viel Schrott gemacht, aber es war wenigstens unterhaltsamer Schrott, wenn auch meist auf niedrigem Niveau. Det Dingen hier ist ne Einschlafhilfe. Dagegen ist selbst „Die Einsteiger“ (gleiches Jahr, gleicher Regisseur) fast richtig gut.

Als Fazit zitiere ich mal den Film selbst.

„Schluss mit dem Unfug! Sofort Schluss! Sie sind entlassen!“

„Hallo, hier Lümmel 1. Wer spricht denn da?“
Erst mal durch den Busch kacheln, bisschen die Wildtiere erschrecken. Ein Spaß!

Tanze mit mir in den Morgen (Ö 1962)

Regie: Peter Dörre
Buch: Franz Arndt, Daniela Holl
Produktion: Wiener Stadthalle-Station Betriebs-und Produktionsgesellschaft / Karl Spiehs (ja, genau der)
Premiere: 13. August 1962

Ok, ich weiß, ich bin gerade echt auf komischen Pfaden durch die Kinogeschichte unterwegs. Aber hey, was tut man nicht alles für die Wissenschaft! Beim großen Rundumschlag durch das deutsche Filmschaffen kann man auch solche Werke nicht umgehen, schließlich waren das damals mit die erfolgreichsten Filme. (Ja, das ist ein österreichischer Film, rechne ich mal großzügig dazu.)

Links im Bild: Heinz Beckers Mode-Vorbild

„Tanze mit mir in den Morgen“ ist quasi die „Bravo Hits“ von 1962. Ein dünner Plot um ein kleines Theater dient als Vorwand für ein Stelldichein der tollsten Hits des Jahres. Das Theater soll abgerissen werden, weil dort der Donaupark entstehen soll, der 1964 zur Internationalen Gartenschau gebaut wurde, auch in der echten Welt.

Der Theaterleiter des bedrohten Kulturtempels wird von dem 1930-1960 omnipräsenten Paul Hörbiger (1894-1981) gespielt. Am Ende fackelt der ganze Bums ab, er singt eine traurige Weise mit einer Träne im Knopfloch, bekommt dann aber eine „außerordentliche Genehmigung“ der Stadt Wien und kann eine Art Schlager-Club auf einem Donauschiff betreiben. Puh! Alle zusammen trällern „Ein Wiedersehen an der Donau“ oder so was und alles ist wieder gut. Abspann.

Ansonsten kann man hier einige bekannte Künstlerinnen und Künstler zu Beginn ihrer langen Karriere in bonbonfarbenem Eastman-Color bewundern. Rex Gildo (1936-1999) gibt den Schmachtfetzen „Wir beide sind allein“ zum Besten, und auch ein  Udo Jürgens  gibt mit 28 Jahren ein Duett namens „Die goldenen Jahre“ mit einer gewissen Evi Kent. Diese war um 1960 gut im Geschäft und in einigen Kinofilmen zu sehen, verschwand danach aber von der Bildfläche. 1973 spielte sie noch mal in dem durchgeknallten und hier schon besprochenen „Blau blüht der Enzian“ mit.

Chris Howland (1928-2013), der Radio-DJ, der zum Sänger und Filmstar wurde, schaut auch mal vorbei und kann seinen alten Gassenhauer „Hämmerchen-Polka“ performen. Auch das Stück hat einen verschmitzten Charme. Der Text stammt erneut von dem hier schon mal erwähnten Hans Bradtke, der auch „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“ dichtete.

Chris Howland und sein Sparschwein

„Alle müssen Steuer zahlen
Ich und du und er
Alle leiden Höllenqualen
Mir fällt das nicht schwer
Droht mir auch der Dalles
Ich bezahle alles
Und hol mit Humor
Mein Hämmerchen hervor

Und dann hau ich mit dem Hämmerchen mein Sparschwein
Mein Sparschwein kaputt
Mit dem Innenleben von dem kleinen Sparschwein
Geht’s mir dann wieder gut“

Noch etwas unnützes Wissen auf den Weg: 1962 coverte Heinz Erhardt den Song, leider musikalisch bisschen zu sehr geleckt. Der britische Akzent und die etwas kuriose Orchestration des Originals machen viel vom Charme aus.

Ansonsten bleibt ein kitschiges, langatmiges Revuefilmchen. Im Prinzip ist das alles so eine Art frühe Form der heutigen Musikvideos. Die überschwülstigen Beiträge von Gerhard Wendland sind nur schwer zu ertragen, der Schmalz läuft aus den Lautsprechern.

Für den österreichischen Regisseur Peter Dörre, der es nicht mal zu einem eigenen Wikipedia-Artikel geschafft hat, blieb das auch die einzige Kinoarbeit, sonst machte er nur Fernsehen. In Sachen Bildgestaltung ist das also Magerprogramm, er hält mehr oder weniger die Kamera drauf. Hier und da gibt es ein paar Tanzeinlagen, die für ein bisschen MGM-Musical-Flair sorgen sollen. Für Fans der beteiligten Künstler oder generell Schlagerfans der Zeit vielleicht sehenswert. Ansonsten gibt es selbst in dem Genre sicherlich interessantere Vertreter.

Zumindest weiß ich jetzt, wo Heinz Becker seinen Modegeschmack abgeschaut hat. Das KANN kein Zufall sein. 🙂

Typische Handbewegung beim Anschauen dieses Films
Er war jung und brauchte das Geld: Udo Jürgens