Ob Dirndl oder Lederhos‘ – gejodelt wird ganz wild drauflos (D 1974)

Regie: Wolfgang Bellenbaum (als John Weeran)
Buch: unbekannt (als „Gesamtleitung“ wird Bellenbaum genannt, vermutlich ist das auf seinem Mist gewachsen)
Produktion: City Film, Berlin
Premiere: 13. April 1974

Bei der Recherche zu Jagd auf Jungfrauen / Der Motel-Report wurde ich auf dieses obskure Werk aufmerksam, das ich als grottige VHS-Digitalisierung aufgetan habe, mit französischen (!) Untertiteln. Aus dem gleichen Stall wie obiges Werk, ebenfalls eine Produktion der „City Film“, aber mit einigen überraschenden Entdeckungen. Genug, um diesem Machwerk auch hier ein paar Zeilen zu widmen. Auch hier ist wieder Meisterregisseur Wolfgang Bellenbaum (unter dem Pseudonym John Weeran) am Werk.

Direkt in den ersten Minuten einige „Was zum …“-Momente. a) In der Synchro ist tatsächlich Thomas Danneberg zu hören. b) Es spielt unser inzwischen alter Bekannter Herbert Weißbach (1901-1995) mit. Der Film taucht in seiner Filmographie auf Wikipedia gar nicht auf. Uns ist er hier schon in Der Partyphotograph (1968) begegnet, hatte aber auch eine lange, lange Karriere und tauchte als „schrulliger Opa“ mit markanter Stimme auch in einigen heute noch geläufigen Filmen auf, sei es bei Heinz Erhardt oder gar in Otto – Der Film. Alternde Schauspieler haben es nicht leicht. Die Rente ist karg, und so musste er sich wohl das Haushaltsgeld mit so einem Kernschrott wie diesem hier aufbessern.

Aber nun zum Film. Im Vorspann sehen wir ein paar typische bairische „Seppel“, die in ihrem VW Bus in Berlin-Neukölln ankommen, sie sollen als Blaskapelle in der Neuen Welt auftreten. Ihre erste Sorge ist, ob die Preußen auch Bockbier vertragen, die zweite, wann es hier endlich was zum Knattern gibt.

Neue Welt, Berlin

Herr Berger (Herbert Weißbach) telefoniert, nebenan steht ein Typ und kegelt for some fucking reason. Er ist Inhaber des Hotels. Das ist wohl Sitz einer Firma namens CBB – kurz für „Charmante Büro-Betreuung„. Wie subtil.

Und schon haben wir einen Kunden:

Ein Businesstyp spricht mit einer drallen Dame (Erna Haffner), er wünscht eine fähige Stenotypistin. Sie telefoniert, um eine passende Miet-Sekretärin zu finden, aber – na sowas – diese ist gerade am „Diktieren“. Und hat dabei keinen Stift in der Hand, zwinker-zwinker, kicher-kicher.

Die Dame ist offensichtlich so ne Art Puffmutti dieses getarnten Freudenhauses und bequatscht den Typ, er solle sich doch mal entspannen und sich eine Massage gönnen. Die er dann von einer blonden Eva bekommt. Schließlich entspinnt sich folgender Dialog:

Notgeiler Businesstyp: „So eine Massage von zarten Frauenhänden macht mich immer so an. Hören Sie sofort auf, sonst vergewaltige ich sie!“

Blonde Uschi lacht auf. „Wie wollen Sie denn das machen? Ist das auch vergewaltigen, wenn man gar keine Gewalt braucht?“ Schlafzimmeraugen. „Ich finde Sie sehr nett, sie erinnern mich an meinen Onkel, er war mein erster Mädchenschwarm.“

Businesstyp: „Nett, wie sie das gesagt haben.“

Das dürfte so in etwa das Niveau der „Handlung“ illustrieren. Unglaublich auf so vielen Ebenen. Welche Frau fängt nicht an zu lachen, wenn man droht, sie zu vergewaltigen?

Massage – nur gut mit Fototapete und seltsamen Inzest-Phantasien, laut diesem Film

Tatsächlich gibt es hier viele Überschneidungen zum „Motel-Report“. Der (vorgeblich) italienische Portier Giovanni (Felix Langenstein) ist wieder am Start, offensichtlich ist das auch exakt das gleiche Hotel wie im anderen Film, auf imdb als das „Hotel Stössensee“ identifiziert, scheint es nicht mehr zu geben. Dieser Portier wird tatsächlich von Thomas Danneberg synchronisiert, er klingt exakt wie John Cleese in dem Tabakladen-Sketch von Monty Python („Iiiich werde diese Schallplatte nicht kaufen, sie ist zerkratzt!“). Verrückt. Dieser Einsatz ist nicht in der Deutschen Synchronkartei gelistet, aber ich müsste mich schon sehr irren, wenn er es nicht ist.

Die blasfreudigen (hoho, haha) Bayern steigen in diesem Hotel ab und sind gleich mal reizend, indem sie den Portier als „Itaker“ und „Makkaroni“ bezeichnen. Bayern, man muss sie einfach lieben. Bestimmt alles Verwandtschaft vom Aiwanger. Da legst di nieder!

Es folgt die übliche Nummernrevue. Nebenbei gibt es noch einen Subplot um Herr Berger und die dralle Puffmutti, die dann später heiraten, sich streiten und versöhnen, und das Hotel schließlich mit bayrischen Thema zu neuem Leben erwecken. Wenn ich das richtig verstanden habe, hab mir diesen unerträglichen Quark nicht komplett angesehen.

Hier wurde offensichtlich versucht, an die damals sehr erfolgreichen „Lederhosen“-Filme anzuknüpfen, nur dass der ganze Bums in Berlin mit Trachten aus dem Kostümverleih (vermutlich) gedreht wurde. Tatsächlich – wir schreiben das Jahr 1974 – ist das schon hier und da sehr nahe an einem „richtigen“ Porno, nur halt ohne Genitalien. Und siehe da – tatsächlich gab es nach der gesetzlichen Legalisierung (1975) eine „harte“ Version auf Super8-Film, auf rund 20 Minuten runtergekürzt und „Bockbiersex“ umgetauft, mit sehr offensichtlich aus anderen Quellen reingeschnittenen Close-Ups versetzt und auch komplett neu synchronisiert. Was macht man nicht alles für ne schnelle Mark.

Auf diesem Wege spielt der nette, unschuldige Opa Herbert Weißbach mit 73 Jahren tatsächlich in einem richtig echten Porno mit. Ob er sich dessen bewusst war?

Noch ein paar Zeilen zu Erna Haffner (1912-1989). Sie spielt hier die resolute, pummelige Puffmutti und love interest von „Herr Berger“ und hat viele Szenen mit ihm zusammen. Auch sie ist so ein Fall – sie spielte in vielen „ernsten“ Filmen der 50er und 60er mit, war gelehrte Schauspielerin mit Theatererfahrung und ausgebildete Sängerin. Das ist irgendwie bitter, wenn mit so einem Lebenswerk dann in so einem Käse mitspielen muss, um die Miete zu zahlen.

Fragt mich nicht, was wir hier sehen.

Unter den Damen sagte mir nur Marianne Dupont als Namen was, die tingelte in der Zeit durch einige Softsex-Filmchen. Sie ist die blonde Massage-Else. Auch die rothaarige Uschi Stiegelmaier hatte eine etwas längere „Karriere“, in so Spitzenproduktionen wie „O mei, haben die Ostfriesen Riesen“ bis hin zu Ausflügen in die „harten“ Filme von Hans Billian nach 1975. Die anderen sind Eintagsfliegen, sofern imdb nicht lügt.

Stumpfsinnige, runtergekurbelte Fleischbeschau der billigsten Art aus den Niederrungen des 70er-Jahre-Kinos. Die Ära ist ein Phänomen. Je tiefer man gräbt, desto wilder wird es.

In Deutschland ist der Film (in dieser ursprünglichen Version) nur als VHS auf dem Label „VIP“ erschienen, nie auf DVD. Kurioserweise gibt es die später mit der Heckenschere zusammengebastelte HC-Version auf DVD. Das verstehe wer will.

Die Senkrechtstarter (D 1989)

Regie: Christian Rateuke
Buch: Paul Nicholas (Idee), Christian Rateuke, Christoph Treutwein
Produktion: Werner Mietzner, Wolf Bauer für UFA und SFB
Premiere: 26. Januar 1989

Eine der Komödien mit Mike Krüger, die immer etwas unter dem Radar fliegt. Während die Filme gemeinsam mit Thomas Gottschalk schon als „Kult“ gehandelt werden und auch als DVD bei Müller im Regal stehen, kennen diesen hier nur wirkliche Spezialisten – was wohl vor allem daran liegt, dass es ihn bis heute (Stand August 2023) nur als VHS-Kassette (nur für Verleih) gibt, er ist nie als DVD oder gar digital erschienen. Über die Gründe kann man nur spekulieren – ganz banales Rechteproblem oder ist der Film so grottig, dass er einfach dem Vergessen anheim gefallen ist? Finden wir es heraus. Die Kassette ist mir bislang nie zugelaufen, aber ein netter Mensch hat sich die Arbeit gemacht und einen digitalen Mitschnitt des Tapes auf YouTube hochgeladen.

Es ist auch sozusagen der letzte Ausläufer der „Mike-Krüger-Reihe“, wenn man so will, es sollte für lange Zeit sein letzter Kinofilm sein, und auch die letzte Hauptrolle. Die Zeit war abgelaufen.

Der Film spielt in der fiktiven Zukunft des Jahres 1999. Schon mal der erste (unfreiwillige) Lacher. Erste Szenen in einem Supermarkt, die ganze Welt ist auf schnellen Konsum ausgelegt, aber es gibt auch Eier vom Bauernhof, „wie früher“. Ja, Konsumkritik ist hier ein Hauptthema, wenn auch sehr mit dem Holzhammer.

Die Story kreist sich um Egon (Christina Plate), was trotz des Namens eine junge Frau ist. Diese wird beim Betrug mit Kreditkarten erwischt von einem halbseidenen Detektiv erwischt – und anschließend erpresst. Er benötigt Leute, die für ihn den „Rückholer“ machen. Der Off-Erzähler lässt uns wissen, dass das ein neuer Beruf ist, das sind die Leute, die auf Raten gekaufte Gegenstände, die im Zahlungsrückstand sind, wieder zurückholen. Aus der Not geboren lässt sie sich darauf ein. Ihre Zufallsbekanntschaft Mike (Mike Krüger) bittet sie um Hilfe, ohne ihm die Wahrheit zu sagen, und die heiter gemeinten Episoden beginnen. Zwischendurch schaut auch der Kumpel von Mike, ein gewisser Löffler (Karl Dall) vorbei, um ebenfalls Heiterkeit zu inspirieren. (Die Szenen mit Dall waren für mich kleine Highlights, denn selbst lahme Sprüche aus dem Drehbuch kann Dall immer noch den kleinen Kniff geben. Egal, was Dall sagt, es ist immer ein bisschen lustig, einfach, weil er er ist.)

Natürlich entsteht noch ein Liebes-Subplot zwischen Egon und Mike. Die Lage wird im zweiten Akt dramatisch, Mike will sich irgendwann sogar umbringen. Was vielleicht die schwarzhumorigsten und damit lustigsten Szenen des Films sind. Auch wenn er mit Metallrohr durch ein schweres Gewitter auf einem Brückengeländer balanciert, es sterben nur alle Menschen um ihn herum.

Drehbuch und Regie dieses Werks sind heute alle nahezu vergessen, immer schon ein schlechtes Zeichen, wenn die Links in Wikipedia rot sind. Als Regisseur zeichnet sich ein Christian Rateuke (* 1943) verantwortlich, der zuvor schon einige Filme mit Dieter Hallervorden gedreht hat (ein Jahr zuvor z. B. „Der Experte“), es war sein letzter Kinofilm. Er hat auch das Drehbuch zusammen mit Christoph Treutwein, der wohl primär als Autor von lustigen Büchern bekannt ist, geschrieben, nach einer Idee von Paul Nicholas.

Christina Plate (* 1965), als Egon eine der Hauptrollen, war mir nicht wirklich ein Begriff. Sie fand mehr in den zeitgenössischen Fernsehserien statt, fast zeitgleich zu diesem Film zum Beispiel in der „Schwarzwaldklinik“, vorher in einer größeren Rolle in „Praxis Bülowbogen“. Ansonsten die klassische Öffentlich-Rechtliches-Fernsehen-Karriere. Ein paar Derricks in den 90ern, und als Kirsche auf der Torte: Das Traumschiff. Random fact: 2004 war sie nackend im Playboy, wie Wikipedia vermeldet. Na denn.

Der Antagonist des Films, der schmierlappige Anzugträger, wird von András Fricsay (* 1942) gegeben. Der Name sagte mir nichts, aber seine markante „finstere“ Erscheinung ist wohlbekannt. Und tatsächlich, neben viel Theater und „richtigen“ Filmen spielte er z. B. auch in „Zwei Nasen tanken Super“ mit, und – natürlich – auch in einigen Derrick-Episoden. Kuriosum für alle Klassik-Freunde: Er ist tatsächlich ein Sohn des berühmten Dirigenten Ferenc Fricsay (1914-1963), wer hätte es gedacht.

In einer kleinen Ein-Zeilen-Rolle ist hier noch mal Herbert Weißbach (1901-1995) zu sehen, der uns hier schon öfter vor die Linse gelaufen ist, ein Urgestein des deutschen Nachkriegsfilms, heute wohl am bekanntesten in „Unser Willi ist der Beste“ als Ex-Kollege von Heinz Erhardt oder in der Altenheim-Szene in „Otto – Der Film“. Auch sonst tauchen immer wieder mal bekannte Gesichter aus Film und Fernsehen auf, aber meist so kurz, dass es kaum der Rede wert ist.

Wir sehen hier die letzten Zuckungen der BRD-Nachkriegskomödie, quasi das Gegenstück zu dem ähnlich obskuren, hier schon besprochenen Film „Big Mäc“ (1985) mit Gottschalk, oder auch sein Rohrkrepierer „Eine Frau namens Harry“ (1990).

Platte Gags, ein paar kraft- und saftlose Actionszenen, mit furchtbarer Spät-80er-Dudelmucke verziert. (Die Musik stammt von Jürgen Knieper, dazu ein Fun Fact: Er hat auch die Titelmelodie der Lindenstraße komponiert, wohl sein nachhaltigstes Werk.)

Hier und da gibt es kleine Science-Fiction-Elemente, die wohl am interessanten an dem ganzen Quark sind. So ist im Supermarkt keine Barzahlung mehr möglich. Mike versucht es, und wird prompt als verdächtige Person über die Durchsage gemeldet und die Polizei erscheint. Die Einkäufe laufen durch eine Schleuse und sind anschließend in einer Art großen Plastiksack verpackt und direkt bezahlt. Selbst der Backofen redet, eine frühe Ahnung von Alexa. Für eine richtige Dystopie ist gar alles jedoch nur halbgar, gut, sollte ja eine Komödie werden.

Muss man schon hartgesottener Fan von Mike Krüger oder Karl Dall sein, oder leidensfähiger Chronist, um sich das hier reinzutun. Gut, das gilt im Prinzip für alle seine Filme, so „kultig“ (ein heute sehr überstrapaziertes Wort) sie auch sind. Auch dieser wird sicherlich irgendwann als Blu-ray ausgewertet. Es ist allerdings auch keine Produktion der Lisa Film wie viele andere, z. B. auch der gut 2 Jahre zuvor entstandene „Geld oder Leber“, sondern eine Co-Produktion der UFA und dem Sender Freies Berlin (SFB), den es in der Form seit 2003 nicht mehr gibt (im RBB aufgegangen). Vielleicht liegt da ein Problem mit den Rechten? Reine Spekulation. Gut, viel hätte die Welt auch nicht verpasst, wenn es die Obskurität bleibt, die er heute ist.

Vielleicht sind ein paar Außenszenen noch für Berlin-Nostalgiker interessiert, denn er wird im damaligen Noch-West-Berlin gedreht worden sein. (Fürs Lichtequipment ist die „Berliner Union-Film“ im Abspann verzeichnet, da hat man doch direkt Dieter Thomas Heck im Ohr. In ihrem Zett Deh Eff.)

Physikalisch greifbar ist er nur als Verleih-Tape von 1989 (Nummer ST 22-387), erschienen bei Starlight. Ach ja, imdb-Score: 3,1/10. Das ist selbst für das Genre „Deutsche Komödie“ schon hart.

Charley’s Onkel (D 1969)

Regie: Werner Jacobs

Buch: Kurt Nachmann

Produzent: Allianz Film Produktion GmbH, Berlin (Heinz Willeg),
Terra Filmkunst

Premiere: 18. April 1969

Ein Film wie ein Fiebertraum. Ein weiterer Baustein in meiner selbst gesteckten Challenge, alle Filme mit Beteiligung von Heinz Erhardt zu sichten, und das ist wohl das skurrilste Machwerk, in dem er je auftauchte. Er hat hier auch nur eine kleine Rolle, mehr ein Cameo. Aber was für ein Cast! Wer hätte beispielsweise gedacht, dass es wirklich einen Film gibt, in dem Heinz Erhardt und Karl fucking Dall mitwirken? Mindblowing. Leider sind sie nie in einer Szene, das hätte wohl einen Riss in der Humor-Matrix gegeben.

Hier wird allerlei aufgefahren an großen Namen des damaligen Komödienschaffens. Regisseur Werner Jacobs ist ein alter Haudegen im Gerne und kurbelte allerlei lustig gemeintes und sollte ein paar Jahre später noch drei der vier „Willi“-Filme mit Erhardt drehen. Autor Kurt Nachmann ist uns hier auch schon des Öfteren über den Weg gelaufen, später dazu mehr.

Was den Film etwas besonders macht – hier treffen Opas Pantoffelkino und 68er Anarcho-Humor aufeinander. Der Clou an dem Film ist „Insterburg & Co“, die Band um Ingo Insterburg, zu der eben auch Karl Dall gehörte. Ein Running-Gag ist, dass Insterburg sich konstant über alles „Scheiß-Bürgerliche“ echauffiert.

Sonst kommt hier echt eine beeindruckende Kollektion von deutschen Spaßnasen zusammen, viele alte Bekannte des Genres. Von den alten Haudegen wie Hubert von Meyerinck und Willy Millowitsch bis hin zur damals aktuellen Generation wie Gila von Weitershausen (die nominelle Hauptrolle) und besagte Insterburg & Co.

Willy Millowitsch und Heinz Erhardt

Quasi der Avengers des deutschen Lustspiels. Gustav Knuth in einer Doppelrolle! Erna Sellmer, die sich auch noch als Mann verkleidet! Gunther Philipp! Edith Hancke! Ralf Wolter! Hans Terofal! Herbert Weißbach! Ja, sogar der von mir bekanntlich sehr geschätzte Rudolf Schündler! Viele nur in kurzen Gastauftritten, aber dennoch schon beeindruckend. Sogar der spätere Komödien- und Exploitation-Regisseur Rolf Olsen hat einen Auftritt (ja, der mit den Satansmädchen). Das damalige Sexsternchen Andrea Rau zieht mal blank und als Sahnehäubchen auf diese Torte des Kartoffel-Wahnsinns schaut noch mal ein junger Karel Gott vorbei, in „seinem ersten deutschen Spielfilm“, wie der Trailer stolz verkündet.

Gila von Weitershausen, Hans Terofal

Als wäre das alles nicht schon bizarr genug: Wir schreiben das Jahr 1969. Erfolgreiche Filme müssen Brüste haben. Und wir haben hier allerlei Nuditäten zu bewundern, es geht um käufliche Liebe. Willy Millowitsch lüstern wie Nachbars Lumpi eine (vermeintliche) Nutte jagen zu sehen hat schon etwas von einem Fiebertraum nach einer Überdosis seltsamer Filme und Eierlikör. Aber: Ja, dieser Film existiert.

Nebenbei: Wer auf nackte Tatsachen von Gila von Weitershausen hofft, dürfte eher enttäuscht werden, es gibt eine Umkleideszene von hinten, wenn man blinzelt, verpasst man es. In „Der Bettenstudent“, wo sie ja auch mitwirkte, kann ich mich zumindest an keine Nackedei-Szene erinnern. Sie in der Zeit in vielen seltsamen Filmen der frühen Sex-Welle mitgewirkt, mal sehen, was uns in „Engelchen macht weiter – hoppe, hoppe Reiter“ oder „Köpfchen in das Wasser, Schwänzchen in die Höh„, beite auch von 1969, so für Abenteuer erwarten, sofern ich die in die Finger kriege. Abenteuer deutsches Nachkriegskino.

Willy Millowitsch will Gila von Weitershausen an die Wäsche
„Mensch, sei doch nicht so scheiß-bürgerlich!“
Ingo Insterburg und Loni Heuser

Ein Nachteil des extrem großen Casts ist, dass die Handlung für so ne olle Klamotte echt kompliziert ist. Dauert denkt man – Moment, wer war das noch, warum macht er/sie dies oder das, was sind die Beziehungen? Man lese die grotesk lange Inhaltsangabe auf Wikipedia. Alle Nase lang werden Leute verwechselt und Pläne geschmiedet. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier um die Gastauftritte „drumrum“ geschrieben wurde, neben der üblichen Verwechslungs-Blaupause.

Die Grundprämisse ist schon recht abstrus – Carla Werner, genannt Charley, ist Fahrlehrerin. Jung und hübsch, wird ihr vom Fahrschüler (Hans Terofal, of all people) ans Knie gefasst. Sie hat es satt und kündigt, nachdem ihr Chef (Hubsi) kein Verständnis für ihre Pein hat. Ihre Freundin Lilo ist Prostituierte, diese reist für 3 Wochen in Urlaub. Sie übernimmt ihre Wohnung und schließlich auch ihren Job. Ihr erster Freier ist – Rudolf Schündler. Der prompt den Hintern versohlt bekommen will. Alter. You can’t make that shit up.

Gila von Weitershausen, Rudolf Schündler

„Hey, ich kündige meinen Job, weil ich von Hans Terofal ans Knie gefasst werde, und arbeite dann als Callgirl!“ Ich mein: Hä?

„Ich bin’s, der Karel! Ich singe jetzt mal komplett unmotiviert zwei Songs, um den Film auf 90 Minuten zu kriegen!“

Wie bereits erwähnt taucht auch Karel Gott auf, dessen zwei Songs man absitzen muss. Lustigerweise wird er, sobald er spricht, synchronisiert, wenn mich mein Ohr nicht täuscht von Gerd Duwner. Komplett sinnfreie Szene für einen Scheck von der Plattenfirma.

Nach geschlagenen 50 Minuten kommt dann der Auftritt von Heinz Erhardt als Vertreter für eine Art Raumerfrischer. Erhardt macht das beste aus dem Material, rettet den Film aber auch nicht in den paar Minuten.

Ein weiterer dieser deutschen Filme der Zeit, die man gesehen haben muss, um sie zu glauben. Immer wieder gibt es Szenen, bei denen ich mich fragte: Welche Drogen haben die sich damals reingepfiffen, um auf so was zu kommen? Auf jeden Fall durchaus interessant, wie Kurt Nachmann hier versucht, auch „die jungen Leute“, sprich: damalige Studierende, anzusprechen durch Sponti-Sprüche und Frivolitäten. Das ist schon ziemlich weit entfernt von spießigen Fleischbeschaufilmchen wie z. B. die Werke von Franz Antel – die ja kurioserweise oft auch von Nachmann geschrieben wurden, beispielsweise „Frau Wirtin bläst auch gern Trompete“. Fun fact: Nachmann hat 1969 alleine 10 (!), in Worten: zehn, Drehbücher geschrieben.

Auch wenn das schon a different kind of animal ist wie die Frau-Wirtin-Filme, merkt man durchaus, dass das Weltbild genauso altbacken und reaktionär ist wie sonst, denn die von Ingo Insterburg darstellte Figur als „Klischee-68er“ ist an Lächerlichkeit kaum zu überbieten. Wenn er da in einer gemusterten 70er-Jahre-Unnerbüchs rumturnt ist das schon harte Fremdscham.

Nicht ganz so haarsträubend durchgeknallt wie „Der Bettelstudent“, aber schon ein ziemliches Brett. Hat aber mehr Brüste, Autostunts (!) und Heinz Erhardt auf der Habenseite. Immerhin.

Was man allerdings nicht erwarten darf: Einen „Heinz-Erhardt-Film“, auch wenn er groß auf dem Cover ist. Sowohl bei der alten Videoauswertung in den 80ern als auch auf der neuen DVD von Filmjuwelen, die das Originalmotiv übernommen haben. Das grenzt schon an irreführende Werbung.