Regie: Michael Karen Buch: Natalie Scharf, Steve Kallaugher Produktion: Valerian Film / SAT1 Premiere: 2. März 1999
Auf diesen obskuren Film stieß ich durch Zufall in den berühmten Grabbelkisten. Es gibt keine Infos auf Wikipedia, nicht mal einen Eintrag, und das bei den doch relativ namhaften Darsteller*innen. Neugierig, wie ich bin, schließe ich mal diese Lücke im deutschen Filmschaffen. Tatsächlich fand ich das Thema auch interessant, schließlich war das Internet 1999 immer noch neu und aufregend, und hier geht es um Chats, Online-Dating und Sexting anno 1999. Also auch „historisch-technisch“ eine interessante Sache.
Die Hauptrolle spielt Katja Woywood (* 1971), die man heute eher aus behäbigen Serien der öffentlich-rechtlichen kennt, früher vielleicht am bekanntesten durch ihre langjährige Rolle in Alarm für Cobra 11 – Die Autobahnpolizei. Jüngere werden sie vielleicht primär durch die 9. Staffel der Serie Pastewka (2019) kennen. Katja Riemann und Peter Sattmann sind auch keine Unbekannten und in vielen vielen Serien und Filmen zu sehen, durchaus ein hochkarätiger Cast für so einen obskuren TV-Film.
Natürlich schwimmt der Film noch auf der Welle der unzähligen „Erotikthriller“, die nach dem Erfolg von „Basic Instinct“ (1992) die Kinos und das deutsche Privatfernsehen bevölkerten.
Doch erst mal kurz zur Handlung. Die junge Sonia (Katja Woywood) liefert Pizza aus, ist aber unzuverlässig. Ihre ältere Schwester Karin (Ragna Pitoll), tagsüber biedere Bürochefin, hängt abends gerne in zwielichtigen Chatrooms in dieser verrückten neuen Erfindung namens Internet rum, schaut pixelige Schweinkram-Filmchen und verabredet sich mit fremden Männern. Eines Abends bleibt sie verschwunden, ihre Schwester macht sich auf die Suche nach ihr und verabredet sich nach und nach mit allen Typen aus diesem Chatroom, um auf ihre Spur zu kommen.
Natürlich ist der Film auch als technische Zeitreise spannend. Riesige graue Computer und das gaaanz frühe Internet, natürlich alles ziemlich unrealistisch und sehr offensichtlich nicht „echt“. Auch die Inhalte des „heißen Chats“ sind eher komisch denn erregend, aber seht selbst:
„Haha, meine Schwester treibt es mit einem PC!“
Tatsächlich war ich überrascht, wie „zeigefreudig“ Frau Woywood hier ist, kennt man sie doch eher aus bieder-spießigen ZDF-Serien. Im ersten Akt läuft sie sehr plakativ auf „jung“ getrimmt durch die Gegend, mit Spangen im Haar und so einer komischen Brause-Halskette, und eigentlich immer mit ziemlich wenig Sachen an. Als würde sie in einem „Schulmädchenreport“ mitspielen, bisschen weird. Vielleicht sollte das der „90er-Techno-Raver-Girl“-Look sein.
Im Lauf des Films wird sie dann immer „taffer“ und „erwachsener“ angezogen, um da eine Art Entwicklung oder Reifung anzudeuten. Na denn.
Quasi als „Wendepunkt“ ziemlich in der Mitte des Films gibt eine Strip-Szene von ihr. Ihr Kumpel filmt sie dabei und es wird ins Netz übertragen, um sich Zugang zu diesem „geheimen“ Chatroom zu verschaffen und dort weiter nach der verschollenen Schwester zu forschen. Ich sage mal so: Es bleibt schon wenig der Fantasie überlassen.
Nach einigen offensichtlichen „Nieten“ unter den Verdächtigen gerät sie schließlich an den etwas schleimigen Juppie (Peter Sattmann), der sich Valentino nennt, ist er der geheimnisvolle Typ, der was mit ihrer Schwester hatte? Im Laufe der Ermittlungen hocken die beiden auch mal im Adamskostüm in der Sauna.
Also wird mit nackter Haut nicht gegeizt. Aber der Schwerpunkt liegt doch auf der Krimihandlung.
Solider, erotisch angehauchter Thriller mit einigen wirklich spannenden Szenen und pfiffigen Wendungen, ich war eher positiv überrascht. Das Finale ist recht ruppig, fast schon ins Horror-Genre reichend. Hab wirklich schon deutlich schlechtere amerikanische Thriller gesehen.
Er krankt natürlich an dem heute etwas cheesy wirkenden 90er-TV-Look. Aber sowohl Kamera und Regie als auch die schauspielerischen Leistungen sind doch über deutscher TV-Einheitskost. Einzig der ziemlich belanglose und sehr nach Plastik klingende 08/15-Soundtrack stört etwas.
Für Fans von Katja Woywood dürfte das Pflichtprogramm sein. Wenn man’s denn findet, denn die obskure DVD vom Label „epiX“ ist von 2004 und seit ewig out of print. Bei Amazon Prime ist er gelistet, aber „nicht verfügbar“. Er lief damals auf SAT1, keine Ahnung, ob es da eine Art Mediathek gibt?
Auf der DVD steht auch was von „Director’s Cut“, tatsächlich hat SAT1 das für die Prime-Time-Ausstrahlung bisschen „entschärft“ in den erotischen Szenen. Dazu gibt es einen Audiokommentar sowie „ungekürzte Szenen“ (nichts wildes) und Casting-Videos. Für so eine alte DVD von einem Fernsehfilm schon beachtlich.
Der Audiokommentar ist ziemlich aufschlussreich. So erfahren wir zum Beispiel, dass das Drehbuch ursprünglich aus den USA stammt und von Drehbuchautorin Natalie Scharf überarbeitet und auf deutsche Verhältnisse umgearbeitet wurde. Das stimmige Drehbuch ist tatsächlich eine Stärke des Films, gut gemacht. Es war eine ihre ersten Arbeiten, sie ist bis heute als Autorin für Drehbücher und Jugendbücher erfolgreich im Geschäft.
Noch eine kleine Anmerkung für alle Fans von Familie Heinz Becker – ich habe mich sehr amüsiert, hier Matthias Zelic zu sehen, der in der Serie öfter mal kleine Rollen übernimmt. Hier ist er – ohne Brille – als notgeiler Typ aus dem Chat zu sehen, der über den Geschmack von Früchten philosophiert.
„Am liebsten sauge ich den Saft gleich aus der Frucht raus. Wenn er dann von meinen Lippen tropft … wusstest du, dass jede Frucht ihren Eigengeschmack hat, Sandra? Nur einmal mit der Zunge spüren, und ich weiß sofort, ob sie alt oder jung ist.“
Ihre Antwort: „Was soll denn dieses Schwachsinnsgelaber?“
Lol.
„Hinten links – Fasasenbräu!“ – „Sie können hier nicht parken!“ – „Bist du gar net es Rosl“?
Regie: Wolfgang Bellenbaum (als John Weeran) Buch: unbekannt (als „Gesamtleitung“ wird Bellenbaum genannt, vermutlich ist das auf seinem Mist gewachsen) Produktion: City Film, Berlin Premiere: 13. April 1974
Bei der Recherche zu Jagd auf Jungfrauen / Der Motel-Report wurde ich auf dieses obskure Werk aufmerksam, das ich als grottige VHS-Digitalisierung aufgetan habe, mit französischen (!) Untertiteln. Aus dem gleichen Stall wie obiges Werk, ebenfalls eine Produktion der „City Film“, aber mit einigen überraschenden Entdeckungen. Genug, um diesem Machwerk auch hier ein paar Zeilen zu widmen. Auch hier ist wieder Meisterregisseur Wolfgang Bellenbaum (unter dem Pseudonym John Weeran) am Werk.
Direkt in den ersten Minuten einige „Was zum …“-Momente. a) In der Synchro ist tatsächlich Thomas Danneberg zu hören. b) Es spielt unser inzwischen alter Bekannter Herbert Weißbach (1901-1995) mit. Der Film taucht in seiner Filmographie auf Wikipedia gar nicht auf. Uns ist er hier schon in Der Partyphotograph (1968) begegnet, hatte aber auch eine lange, lange Karriere und tauchte als „schrulliger Opa“ mit markanter Stimme auch in einigen heute noch geläufigen Filmen auf, sei es bei Heinz Erhardt oder gar in Otto – Der Film. Alternde Schauspieler haben es nicht leicht. Die Rente ist karg, und so musste er sich wohl das Haushaltsgeld mit so einem Kernschrott wie diesem hier aufbessern.
Aber nun zum Film. Im Vorspann sehen wir ein paar typische bairische „Seppel“, die in ihrem VW Bus in Berlin-Neukölln ankommen, sie sollen als Blaskapelle in der Neuen Welt auftreten. Ihre erste Sorge ist, ob die Preußen auch Bockbier vertragen, die zweite, wann es hier endlich was zum Knattern gibt.
Herr Berger (Herbert Weißbach) telefoniert, nebenan steht ein Typ und kegelt for some fucking reason. Er ist Inhaber des Hotels. Das ist wohl Sitz einer Firma namens CBB – kurz für „Charmante Büro-Betreuung„. Wie subtil.
Und schon haben wir einen Kunden:
Ein Businesstyp spricht mit einer drallen Dame (Erna Haffner), er wünscht eine fähige Stenotypistin. Sie telefoniert, um eine passende Miet-Sekretärin zu finden, aber – na sowas – diese ist gerade am „Diktieren“. Und hat dabei keinen Stift in der Hand, zwinker-zwinker, kicher-kicher.
Die Dame ist offensichtlich so ne Art Puffmutti dieses getarnten Freudenhauses und bequatscht den Typ, er solle sich doch mal entspannen und sich eine Massage gönnen. Die er dann von einer blonden Eva bekommt. Schließlich entspinnt sich folgender Dialog:
Notgeiler Businesstyp: „So eine Massage von zarten Frauenhänden macht mich immer so an. Hören Sie sofort auf, sonst vergewaltige ich sie!“
Blonde Uschi lacht auf. „Wie wollen Sie denn das machen? Ist das auch vergewaltigen, wenn man gar keine Gewalt braucht?“ Schlafzimmeraugen. „Ich finde Sie sehr nett, sie erinnern mich an meinen Onkel, er war mein erster Mädchenschwarm.“
Businesstyp: „Nett, wie sie das gesagt haben.“
Das dürfte so in etwa das Niveau der „Handlung“ illustrieren. Unglaublich auf so vielen Ebenen. Welche Frau fängt nicht an zu lachen, wenn man droht, sie zu vergewaltigen?
Massage – nur gut mit Fototapete und seltsamen Inzest-Phantasien, laut diesem Film
Tatsächlich gibt es hier viele Überschneidungen zum „Motel-Report“. Der (vorgeblich) italienische Portier Giovanni (Felix Langenstein) ist wieder am Start, offensichtlich ist das auch exakt das gleiche Hotel wie im anderen Film, auf imdb als das „Hotel Stössensee“ identifiziert, scheint es nicht mehr zu geben. Dieser Portier wird tatsächlich von Thomas Danneberg synchronisiert, er klingt exakt wie John Cleese in dem Tabakladen-Sketch von Monty Python („Iiiich werde diese Schallplatte nicht kaufen, sie ist zerkratzt!“). Verrückt. Dieser Einsatz ist nicht in der Deutschen Synchronkartei gelistet, aber ich müsste mich schon sehr irren, wenn er es nicht ist.
Die blasfreudigen (hoho, haha) Bayern steigen in diesem Hotel ab und sind gleich mal reizend, indem sie den Portier als „Itaker“ und „Makkaroni“ bezeichnen. Bayern, man muss sie einfach lieben. Bestimmt alles Verwandtschaft vom Aiwanger. Da legst di nieder!
Es folgt die übliche Nummernrevue. Nebenbei gibt es noch einen Subplot um Herr Berger und die dralle Puffmutti, die dann später heiraten, sich streiten und versöhnen, und das Hotel schließlich mit bayrischen Thema zu neuem Leben erwecken. Wenn ich das richtig verstanden habe, hab mir diesen unerträglichen Quark nicht komplett angesehen.
Hier wurde offensichtlich versucht, an die damals sehr erfolgreichen „Lederhosen“-Filme anzuknüpfen, nur dass der ganze Bums in Berlin mit Trachten aus dem Kostümverleih (vermutlich) gedreht wurde. Tatsächlich – wir schreiben das Jahr 1974 – ist das schon hier und da sehr nahe an einem „richtigen“ Porno, nur halt ohne Genitalien. Und siehe da – tatsächlich gab es nach der gesetzlichen Legalisierung (1975) eine „harte“ Version auf Super8-Film, auf rund 20 Minuten runtergekürzt und „Bockbiersex“ umgetauft, mit sehr offensichtlich aus anderen Quellen reingeschnittenen Close-Ups versetzt und auch komplett neu synchronisiert. Was macht man nicht alles für ne schnelle Mark.
Auf diesem Wege spielt der nette, unschuldige Opa Herbert Weißbach mit 73 Jahren tatsächlich in einem richtig echten Porno mit. Ob er sich dessen bewusst war?
Noch ein paar Zeilen zu Erna Haffner (1912-1989). Sie spielt hier die resolute, pummelige Puffmutti und love interest von „Herr Berger“ und hat viele Szenen mit ihm zusammen. Auch sie ist so ein Fall – sie spielte in vielen „ernsten“ Filmen der 50er und 60er mit, war gelehrte Schauspielerin mit Theatererfahrung und ausgebildete Sängerin. Das ist irgendwie bitter, wenn mit so einem Lebenswerk dann in so einem Käse mitspielen muss, um die Miete zu zahlen.
Fragt mich nicht, was wir hier sehen.
Unter den Damen sagte mir nur Marianne Dupont als Namen was, die tingelte in der Zeit durch einige Softsex-Filmchen. Sie ist die blonde Massage-Else. Auch die rothaarige Uschi Stiegelmaier hatte eine etwas längere „Karriere“, in so Spitzenproduktionen wie „O mei, haben die Ostfriesen Riesen“ bis hin zu Ausflügen in die „harten“ Filme von Hans Billian nach 1975. Die anderen sind Eintagsfliegen, sofern imdb nicht lügt.
Stumpfsinnige, runtergekurbelte Fleischbeschau der billigsten Art aus den Niederrungen des 70er-Jahre-Kinos. Die Ära ist ein Phänomen. Je tiefer man gräbt, desto wilder wird es.
In Deutschland ist der Film (in dieser ursprünglichen Version) nur als VHS auf dem Label „VIP“ erschienen, nie auf DVD. Kurioserweise gibt es die später mit der Heckenschere zusammengebastelte HC-Version auf DVD. Das verstehe wer will.
Kennt ihr noch Raimund Harmstorf? Klar, Fans von Bud Spencer nicken, schließlich ist der kernige Mann bestens bekannt aus Filmen wie „Sie nannten ihn Mücke“ oder „Der Große mit seinem außerirdischen Kleinen„. Aber wusstet ihr auch, dass der gute Mann zu Beginn seiner Karriere in Filmen wie diesem mitgewirkt hat, noch dazu in der Hauptrolle? In dem von Merkwürdigkeiten nicht armen deutschen Nachkriegskino ist noch immer noch etwas zu finden, was einem selbst als erfahrenen Obskure-Filme-Ausgraber verwundert die Augen reiben lässt. Noch dazu sind hier mit Thomas Danneberg und Arnold Marquis auch noch die Stimmen von Terence Hill und Bud Spencer zu hören. Ein Film aus einem Paralleluniversum.
Regisseur Adrian Hoven ist auch eine ziemlich interessante Erscheinung. In den 50ern und 60ern wirkte er als Schauspieler in zahlreichen Unterhaltungsfilmchen mit, später wurde er dann auch Produzent und teils auch Autor oder wie hier auch Regisseur. Der bis heute vielleicht bekannteste Film mit seiner Beteiligung ist wohl der Horror-Exploitation-Schlonz „Hexen bis aufs Blut gequält„, der kurz vor diesem Machwerk hier in die Kinos kam (Premiere: 19. Februar 1970) und damals als Skandalfilm galt. (Lange obskur gibt es diesen auf Blu-ray von Turbine Medien.)
Hier haben wir also einen lustig gemeinten Erotikfilm zum Thema Nibelungen-Sage. Harmstorf spielt hier in seinem ersten Kinofilm den titelgebenden Siegfried mit großartiger Haarhelmfrisur, einen etwas tumben, muskulösen Strahlehelden, der gerne mal im Heu die Salami versteckt, nachdem er gerade einen Drachen abgemurkst hat. Auch viele andere Personen aus der klassischen Legende tauchen hier auf.
Flotter Vierer, und das ohne die Hosen auszuziehen, muss man auch erst mal hinbekommen
Wir sehen hier also – wie zu erwarten – eine krude Mischung aus langweiligen, zeitbedingt natürlich sehr zahmen Beischlafszenen und albernen, schlecht gefilmten „Mittelalter“-Szenen, die immer etwas an Karneval erinnern. Beides garniert mit der zeittypischen, leicht „funky“ angehauchten Schakalaka-Musik.
Wir erleben viele der klassischen Topoi, von einbrüstigen Amazonen bis zur amorösen Verwendung der „Tarnkappe“, eine Art Unsichtbar-mach-Bademütze. Mit ihr gelingt es mit einer List, die scharfe Brunhild (Heidy Bohlen) zu vernaschen, die von den Liebesdiensten ihres Bald-Gatten und Königs Gunter (Carlheinz Heitmann) wenig angetan ist. (Was heißt, dass wir hier Heidy Bohlen bei einem Beischlaf mit einem Unsichtbaren bewundern dürfen. Durchaus Oscar-würdig.) Natürlich denkt sie, dass Gunter der Granatenstecher war, und natürlich fliegt der Schwindel am Ende auf. Zwischendurch wird noch etwas gekämpft und gefoltert, hier fühlte ich Hoven wohl dem Erfolg der gequälten Hexen verpflichtet. Ist hier aber vergleichsweise harmlos und mehr angedeutet.
Der Cast besteht von Harmstorf abgesehen doch eher aus Eintagsfliegen. Einige der Damen sind „übliche Verdächtige“ des frühen Softsex-Report-Tittenfilms, wie etwa Sybil Danning (* 1947). Die Österreicherin, gelernte Zahnarzthelferin, hatte er ziemlich lange Karriere im internationalen B-Movie, ab 1972 drehte sie viel in Italien und in dann in den 80ern sogar in den USA. Ihr letzter Kinofilm-Eintrag ist tatsächlich das Halloween-Remake von 2007, dort spielt sie eine Krankenschwester. Kurios!
Vergesst das MCU – hier ist wahre Kinomagie am Werk
Brunhild Heidy Bohlen (* 1945) ist uns schon mal in Charley’s Onkel (1969) über den Weg gelaufen. Ihre Schauspielkarriere war allerdings recht kurzlebig und 1974 schon vorbei. Erwähnenswert ist noch „Rosy Rosy„, wie sie damals bekannt war, bürgerlich Rosemarie Heinikel (1946-2023). Sie war eine durchaus wichtige Figur der sog. 68er-Bewegung, Damals als das „Münchner Busenwunder“ bekannt, war sie fester Bestandteil des wilden Kommunen-Lebens in Schwabing der Zeit. Sie spielt hier die „Maid im Heu“, im ersten und vielleicht auch spannendsten erotischen Stelldichein des Films. Fun fact: Nach ihrer Autobiographie hatte sie mal ein Abenteuer mit Frank Zappa. Mensch, das ist ein wilder Ritt hier, von Bud Spencer zu Halloween zu Frank Zappa. Für so Kram liebe ich solche Filme.
Harmstorf und „Rosy Rosy“ beim Bodenturnen im Heu
Bisschen bekannter ist ansonsten nur noch Peter Berling (1934-2017), der in vielen bekannten und guten Filmen mitgewirkt und sich auch als Autor von Mittelalter-Romanen einen Namen gemacht hat. Hier ist er ganz am Anfang seiner Karriere als „Hansel“ zu sehen. Noch so ein Fall von „Er war jung und brauchte das Geld“ vermutlich. Er spielt hier den „lustigen Dicken“, immerhin von Gerd Duwner synchronisiert. Grundsätzlich wurde wohl der komplette Film nachvertont, so gut wie niemand spricht mit eigener Zunge. Viele große Namen darunter, wie schon erwähnt Thomas Danneberg, Arnold Marquis, Randolf Kronberg, Edgar Ott – das ist schon die Creme der damaligen Zeit. Rettet den Film leider auch nicht.
Vielleicht ist das die Geschichte dahinter? Denn als Produktionsfirmen treten neben der sonst eher für durchaus anspruchsvolle Filme bekannte Atlas Filmproduktion noch das Hermes-Synchronstudio auf, was mich direkt im Vorspann stutzig machte. Hypothese: Das war von Atlas durchaus als „ernsthafte“ Nibelungen-Parodie gemeint, was in die Hose ging (pardon the pun) , und Hermes versuchte es mit einer lustigen Synchro etwas zu retten? Ist schon eher ungewöhnlich, dass ein Synchronstudio einen Film mitproduziert.
Ansonsten versagt der Film ziemlich – er ist weder lustig noch sonderlich erotisch. Ist halt schlechtes Mittelalter-Cosplay mit hier und da ein paar nackten Brüsten. Wer allerdings schon immer mal Raimund Harmstorfs Kimme sehen wollte, wird hier fündig. Oder Forschende, die sich mit der Nibelungensage auseinandersetzen und die wohl absurdeste Bearbeitung dieses Stoffes analysieren wollen.
Leider (?) ist der Film für Neugierige nicht so leicht zu bekommen. Es gibt einige uralte und obskure VHS-Veröffentlichungen und gar eine DVD, so lieblos hingerotzter Kram in 4:3, die aber auch ewig out of print ist. Er lief wohl in den 90ern tatsächlich mal im Nachtprogramm von RTL, mir liegt eine VHS-Aufzeichnung vor.
So, hier haben wir ein „Doppel-Match“ – einmal ein Eintrag in der Filmographie von Vielfilmer F. J. Gottlieb, und dann auch noch eine Spiehs-Produktion, jawoll, ein frühes Werk aus dem Hause Lisa Film. Uff. Gottlieb ist heute ja eher für seine Heile-Welt-Komödien mit Roy Black, Rudi Carrell und Konsorten bekannt, zwischendurch hat er sich auch immer wieder mal im „erotischen“ Bereich versucht. Das Teil hier schwimmt natürlich auf der Sexwelle der frühen Siebziger mit, im Gefolge vom Schulmädchen-Report (Premiere: 23. Oktober 1970) und ähnlichen Erzeugnissen.
Tatsächlich beginnt der Film schon verwirrend, denn wir kriegen gleich drei Titeleinblendungen. Irgendwie konnten die sich wohl nicht so recht entscheiden. Nummer 1:
Nummer 2:
Nummer 3:
Der schlüpfrigste hat sich wohl durchgesetzt – Wikipedia listet ihn unter „Liebesspiele junger Mädchen“. Na denn. Eigentlich hätte das auch „Gottliebs putzige Pimmel-Parade“ heißen können. Dazu später mehr.
Um das Werk mal zu kontextualisieren – für Regisseur Gottlieb es ist der Film zwischen der Rudi-Carrell-Klamotte „Rudi, benimm dich!“ (1971) und „Betragen ungenügend!“ (1972), einer Fortsetzung der „Die Lümmel aus der ersten Bank“-Reihe. Offenbar war er also im Comedy-Modus, und das merkt man diesem Film auch an. Tatsächlich ist es einer der wenigen Filme, für die er auch selbst das Drehbuch geschrieben hat.
Inhaltlich dem „Report“-Film zuzuordnen, haben wir hier auch wieder einen Episodenfilm mit mehreren Begebenheiten.
Sequenz 1: Tochter wird von den Eltern beim Sex erwischt. Sie ist so erschrocken, dass sie einen Scheidenkrampf bekommt und der Liebhaber festklemmt. Die Eltern schmuggeln die beiden so aus dem Haus und fahren sie ins Krankenhaus. Slapstick pur.
Auf dem Weg – die beiden sind hinten im elterlichen Lieferwagen – löst sich der Krampf und die beiden machen weiter, derweil der Wagen einen Platten hat. Die pumpenden Stöße des Wagenhebers kommen gerade recht. Natürlich wird jede unlustige doppeldeutige Zote gerissen.
Was’n Krampf„Ich hab ihn gerade erst reingesteckt, ich muss ihn noch heben!“
Dann finden wir uns auf einer Kegelbahn wieder. Ach, und wen haben wir denn da? Unser alter Bekannter Hans Terofal in einer kleinen Rolle als Kegelbruder. Wie üblich zappelig und grimassierend. Als Finale der Szene lässt ihm ein Typ eine Kegelkugel auf den Fuß fallen und er schüttet sich sein Bier ins Gesicht. Terofal quälen ging halt immer in den 70ern.
Schwimmunterricht 12. Klasse, der Lehrer freut sich, dass er glücklich verheiratet ist, denn in seiner Klasse seien „ja richtige Brummer“ dabei. Okaaay. Tatsächlich bekommt der geneigte Zuschauer auch Szenen aus den Gruppenduschen dargeboten, Männlein und Weiblein.
Nach den vielen schwingenden Piephähnen bekommt die Story einen Twist – der Lehrer kriegt mit, dass einer der Schüler homosexuelle Neigungen hat und wird bei den Eltern vorstellig, um sie zu „warnen“.
Seine Mutter hat die rettende Idee – den schwulen Kurt einfach ne Prostituierte auf den Hals zu hetzen, die ihn „entschwulen“ soll. Ganz im Ernst. Diese Filme machen mich immer wieder sprachlos. (Der schwule Kumpel von Kurt heißt nebenbei natürlich auch Deeetlef – wie sonst.)
Die Dame (Christine Schuberth) gibt sich als Kollegin seiner Mutter aus (und hat die Stimme von Kate Tanner, kurios) und macht sich an den schüchternen Kurt ran.
Kurti muss nach einem tiefen Blick erst mal Mama anrufen. Sie soll im Gästezimmer schlafen. Sie fragt nach seinem Alter, er wird in zwei Wochen 17. Sie will ein Bad nehmen, Kurt soll ihr beim Öffnen der Kleides helfen, schwupps, Mopsalarm. Aber erst mal wird gebadet, was wird danach wohl passieren. Unzucht mit Minderjährigen, ein Spaß für die ganze Familie.
Frisches Obst ist gesund
Als der keusche Kurti sie dann im Nachthemd sieht, stellt sich heraus, dass er nur unter dem schlechten Einfluss vom bösen schwulen Detlef steht.
Kurt: „Detlef sagt, Frauen sind schrecklich und hässlich …“
Christin: „Frauen sind genauso unvollkommen wie ihr Männer. Nur vereint sind wir schön.“
Es folgt der rettende Koitus. Und unser Kurti ist dem Schwulsein gerade noch mal entronnen. Am nächsten Morgen kehren die Eltern heim und frohlocken, dass ihr Sohn wieder zu Vernunft gekommen ist. Das war doch die 300 DM wert.
Ohne Scheiß, mit solchem Schwachsinn sind viele Menschen der Jahrgänge 1950-1970 sozialisiert worden, mich wundert nichts mehr.
Die nächste Episode dreht sich um einen notgeilen Lehrer namens Hans, der sich mit einer Schülerin einlässt. Nein – er schnackselt zuerst ihre Mutter, dadurch lernt er die Tochter kennen, die heiße Heidi. „Lehrer sind halt auch nur Menschen.“ Alles natürlich auf superlustig gemacht, inklusive einem Strip im Zeitraffer (ob da jemand „A Clockwork Orange“ gesehen hat?).
Ob das am Set eines Lümmel-Films gedreht wurde? Die Vermutung liegt nahe.
Das große Finale dieses Werks dreht sich dann die Liebesromanze zwischen zwei Jungverliebten. Diese wird recht lange erzählt, mit viel „romantischer“, James-Last-mäßiger Klaviermusik und den beiden, die sich lachend im Wald tollen und händchenhaltend durch eine typisch-70er Innenstadt laufen.
Großen Unterhaltungswert hat hier eigentlich nur die Frisur des Herren. Allmächtiger.
Rolf hat die Haare schön. Er ist wohl für 50 % des Ozonlochs verantwortlich.Weiß jemand, wo das ist? München?
Die Mutter von Blondie hat einen Puff, der als Massagesalon getarnt ist, um noch ein paar billige Gags einzustreuen. Das Etablissement hat übrigens den maximal abtörnenden Namen „Massagesalon Gisela“.
Es endet natürlich mit einer tatsächlich recht originell inszenierten Beischlafszene zwischen den beiden. Ein solider Handwerker war F. J. Gottlieb immer. Der Papa erwischt sie natürlich und es gibt das große Drama in drei Akten. Der gestrenge Herr Papa hat natürlich ein Problem mit dem beruflichen Hintergrund der Familie seiner Bald-Schwiegertochter. Die Nummer ist ziemlich träge und inhaltlich mehr Bravo-Foto-Lovestory. Am Ende wird der haarige Rolf vom Papa ins Internat geschickt, er fährt mit dem Zug von dannen und sein Schatz kann nur winken. Ein merkwürdig ernstes und trauriges Ende für einen Film, der als Klamotte mit Möpsen angefangen hat.
Vom Cast her gibt es hier nicht zu viel spannendes. Außer Hans Terofal haben wir hier fast nur unbekannte Darsteller*innen. Bisschen bekannter ist noch Christine Schuberth (* 1944), die einige Rollen in ähnlichen Filmen hatte. Spätgeborenen ist sie vielleicht noch als „Ledertasche“ Jeannette Bergdorfer aus dem RTL-Dauerbrenner „Hinter Gittern – Der Frauenknast“ (1997-2007) bekannt. (Ich stelle gerade mit Überraschung fest, dass die heute als Komikerin bekannte Annette Frier dort auch mitgespielt hat, schau mal einer an.) Sie ist übrigens auch die Massage-Dame in der Folge „Massage“ von Ein Herz und eine Seele. Und natürlich auch in einigen Folgen von Derrick zu sehen.
Apropos Derrick – auch der dort oft zu sehende Bruno W. Pantel (1921-1995) ist hier als Herr Zwilling zu bewundern. Und ziemlich viel von ihm, mehr ich je sehen wollte. Ja, mitsamt Genital unter der Dusche. Uff. Sein Gesicht ist in unzähligen Filmen und Serien zu sehen. Bei Derrick war er 16 (!) mal zu sehen im Laufe der Jahre. (Ich denke beim Lesen des Namens immer, das ist doch der Opa aus den Loriot-Sketchen – nein, das ist Bruno W. Pannek. Der mit „Benötigen Sie einen Weihnachtsmann? Ich bin Student.“)
Bruno sticht der Hafer
Ansonsten so ziemlich das, was man von einem Report-Film der Ära erwartet, vielleicht mit etwas mehr Comedy-Einlagen als die Filme aus dem Hofbauer-Stall. Weltanschaulich überaus fragwürdig, aber das waren sie eigentlich alle. Wobei die Nummer „Wir entschwulen unseren Sohn durch eine Nutte“ durchaus neue hirnerweichende Maßstäbe setzt. Die wohl beste „Episode“ ist wohl die erste (Stichwort Scheidenkrampf), die eine gewisse Originalität und Komik auf niedrigem Niveau aufweist.
Laut ofdb lief der Schinken zuletzt am 14.04.1990 im Fernsehen, als wöchentlicher Samstagabendtittenfilm aus der Mottenkiste auf RTLplus. Scheinbar nie auf VHS erschienen, gibt es ihn heute tatsächlich als DVD zu kaufen, immer noch mit FSK 18. Tatsächlich ist der Film, gerade für 1972, schon relativ „zeigefreudig“, auch was Penisse angeht – unerigierte natürlich.
Wobei ich ehrlich nicht weiß, warum man sich das heute noch ansehen sollte, außer als popkulturelles und gesellschaftshistorisches Artefakt. Dieser Pflicht sei hiermit Genüge getan.
Noch eine weitere der neuen „frechen Komödien“, die in den späten 60ern versuchten, dem Altherren-Kintopp der Lederhosen- und Wirtinnen-Filme Paroli zu bieten. Erotisch, aber nicht onkelhaft, lustig, aber nicht klamaukig, so sollte es wohl sein.
Regie führte die unbekannte Eintagsfliege Hans-Dieter Bove, aber der Autor dieses Films sollte noch zu einer prägenden Figur des deutschen Fernsehens werden: Wolfgang Menge (1924-2012). 1970 schrieb er den TV-Klassiker „Das Millionenspiel“, der für einen kleinen Skandal sorgte, und dann ab 1974 für die zu Recht noch heute beliebten ersten deutschen Sitcom – „Ein Herz und eine Seele„. Neben vielem anderen, von „Stahlnetz“ bis „Tatort“, von Edgar Wallace bis Nonstop Nonsens.
Doch zum Film. Anton Pauli (Rolf Zacher) arbeitet als Techniker in einem Fernsehstudio. Er fällt nicht durch übertriebenen Arbeitseifer auf und treibt auch gerne mal Schabernack, so stellt er sich in Verkleidung bei einem Probesingen vor, um seine Kollegen zu ärgern.
Nur keine übertriebene Hektik bei der Arbeit.
Sein Schicksal wendet sich, als im Studio Fotoaufnahmen gemacht werden. Ein gefeierter Starfotograf macht Modefotos von knackigen Burschen in engen Jeans (der Starfotograf ist natürlich angeschwult, na klar, einfach irre lustig). Anton soll ihm eine Mappe mit Fotos aus dem Auto holen. Diese fällt prompt runter, und eine Menge Fotos fallen raus, allerlei mehr oder weniger unbekleidete Damen. Eine Passantin spricht ihn darauf an, hält ihn für den Fotografen. Welch tolle Fotos er doch mache! Sie drängt sich ihm förmlich als Modell auf.
Er, nicht gerade ein Frauenheld, wittert eine gute Masche, um nette Damen kennenzulernen, und lässt sich darauf ein. Bass erstaunt ist er, als die Dame dann vor Ort auch prompt alle Hüllen fallen lässt. Bald kann er sich vor Anfragen kaum retten. Schließlich ist 1968 und alles reißt sich die Klamotten vom Leib. (Also, im Film zumindest.)
Die Fotos lässt er im lokalen Fachgeschäft entwickeln, und der findige Eigentümer Jacoby (Werner Finck) wittert ein Geschäft – er verkauft die harmlosen Nackedei-Fotos als heiße Ware unter dem Ladentisch (ja, das war 1968 noch so).
Bald hat er neben all dem unverhofften, aber zweifelhaften Ruhm auch noch die Polizei an der Backe. Der Leiter des Sitten-Dezernats, Kommissar Kerbler (Herbert Weissbach) und seine resolute Kollegin Frau Bütow (Brigitte Mira) ermitteln.
Das Sitten-Dezernat
Empöööörend!
Rolf Zacher (1941-2018) spielte in unzähligen Filmen und Serien mit, die ganz großen Hauptrollen blieben eher aus. Seine Karriere fand mit der Teilnahme an „Ich bin ein Star – holt mich hier raus“ 2016 kein besonders rühmliches Ende. Hier im Film wurde er von Arne Elsholtz nachsynchronisiert – was ich durchaus als Plus sehe. Für mich eine dieser „magischen“ Stimmen, die jeden Film aufwertet. (Wer ihn nicht zuordnen kann: Deutsche Stimme von Tom Hanks, Bill Murray und vielen vielen anderen.)
Das Leben von Werner Finck (1902-1978) kurz zusammenzufassen ist fast unmöglich. In der gebotenen Kürze: Ab 1929 gefeierter Kabarettist in Berlin, der sich mit politischer Satire schnell ab 1933 Feinde machte. Ab 1935 kurzzeitig im KZ, danach Arbeitsverbot. Ab 1948 neben dem Kabarett auch in einigen Komödien zu sehen, am bekanntesten heute wohl die mit Heinz Erhardt. (In „Der müde Theodor“ spielt auch mit.)
Brigitte Mira (1910-2005) kennt man sicherlich auch heute noch als „Berliner Original“. Ihre größten und nachhaltigsten Erfolge waren sicherlich ihre Filme mit Rainer Werner Fassbinder („Angst essen Seele auf“), aber auch nette Unterhaltung wie „Drei Damen vom Grill“ oder „Die Wicherts von nebenan„. (Und, ha, zwei Folgen „Derrick“!)
Herbert Weißbach (1901-1995) sagte mir vom Namen her erst mal nichts. Aber optisch und vor allem von der Stimme her war er mir doch vertraut, auch wenn ich ihn nicht konkret zuordnen konnte. Aber siehe da – er hat in zwei der erfolgreichsten Komödien Deutschlands kleine, aber markante Rollen. In „Unser Willi ist der Beste“ (1971) spielt er den alten Pförtner im Finanzamt, in dem Willi Winzig (Heinz Erhardt) Kaffeemaschinen verkaufen will, und in „Otto – Der Film“ (1985) ist er der Herr, der bei Ottos Auftritt im Seniorenheim die bissigen Kommentare los lässt.
Herbert Weißbach in diesem Film …
… in „Unser Willi ist der Beste“: „Ich bin der letzte von der alten Garde.“
… und in „Otto – Der Film“: „Also, mir gefällt so was. Aber mir hat auch der Erste Weltkrieg schon gefallen.“
Der Film ist sicherlich ein Kind seiner Zeit, was ja aber auch nichts schlechtes sein muss. Zeitgeisttypisch gibt es hier und da etwas nackte Haut, aber nichts, was einem heute noch aus den Socken haut, da ist jedes RTL2-Nachmittagsprogramm krasser. Die erste Hälfte fand ich deutlich lustiger als die zweite, auf jeden Fall gibt es genug gute Gags, um gute 90 Minuten recht unterhaltsam zu füllen. Auch die Szenen im alten Fernsehstudio und die ganze Fotothematik fand ich persönlich sehr ansprechend, die ganzen alten Kameras und so. Dazu später mehr.
In der zweiten Hälfte geht dem Drehbuch etwas die Puste aus und es gibt einige Längen. Genauer: Es wird etwas zu einer beliebigen Komödie, bisschen Verwechslung, bisschen Slapstick … die Tonalität ist irgendwie anders. Gerade diese ganze „Die Polizei ist auf den Fersen“-Nummer und die endlosen Partyszenen sind alle bisschen zu viel des guten, der rote Faden fehlt. Und das ziemlich spießige Happy-End gibt auch noch Abzüge in der B-Note.
Trotz allem: Ganz vergnüglich. Und im Vergleich zu den Ergüssen von Franz Antel, Alois Brummer und Co. aus der Zeit auch heute noch durchaus komplett am Stück genießbar. Kleiner Geheimtipp.
Mir ist der Film tatsächlich mal auf dem Flohmarkt als VHS zugelaufen, so eine Billig-Neuauflage im Pappschuber („Auch als Leerkassette verwendbar“). Ganz früh in der VHS-Steinzeit gab es auch mal eine Ausgabe auf „Inter-Pathe Video“, die dürfte aber so schwer aufzutreiben sein wie die blaue Mauritius. Aber es gibt auch eine DVD von „Starmedia“, die leider a) ein furchtbares Cover hat und b) (noch schlimmer) wohl auch bildtechnisch eine Vollkatastrophe ist. Wäre vielleicht doch mal eine würdevolle Veröffentlichung verdient. Wenn es sowas wie eine „Wolfgang-Menge-Box“ gäbe, ich täte sie kaufen. Eine echte Lücke auf dem Markt, aber Hauptsache, jeder popelige 80er-Jahre-Horrorschmonz erscheint im Mediabook, nech.
Übrigens ist hier auch das damals noch vollkommen unbekannte Fotomodell Ingrid Steeger mit zarten Alter von 21 Jahren kurz zu sehen, in einer ihrer allerersten Rollen als namenloses und nicht im Abspann aufgeführtes „Modell“.
Ingrid Steeger – Suchbild
Interessant sind in dem Film auch, wie schon erwähnt, die vielen verschiedenen Kameras – wie ein Gang durchs Museum. Für Technik-Interessierte sei es hier mal dokumentiert:
Fernsehkamera
Die gute alte Rolleiflex kommt oft zum Einsatz (Mittelformat)
Ich hab ja besonders Spaß daran, Filme aus den Untiefen des Archivs oder des Internets zu wühlen, die weder bei der ofdb noch bei der imdb eine Rezension haben und über die man online wenig bis gar nichts findet.
So ein Film ist dieser hier. Der ist in meinen Radar geraten, weil ich das Kinoplakat besitze – das war neulich in einem Konvolut dabei. Nie davon gehört, und fucking Karl Dall spielt da mit? Muss ich sehen!
Allerdings ist der nie auf VHS oder DVD erschienen. Aber eine VHS-Aufzeichnung einer Ausstrahlung auf VOX schwirrt im Netz rum. Vom Sender-Logo her würde ich auf 90er tippen, vielleicht als Nackedei-Filmchen aus dem Archiv als Schlummifix nach der neusten Ausgabe „Wa(h)re Liebe“ weggesendet. (Ah, Wikipedia sagt: 2002. Knapp daneben.)
Heiliges Kanonenrohr, ist das ein bizarres Filmchen. Daher werde ich hierauf auch etwas detaillierter als sonst eingehen. Holt euch einen Kaffee, es dauert etwas länger. Aufgrund der schwierigen Quellenlage fallen die Screenshots auch qualitativ etwas rustikaler aus als sonst.
Doch fangen wir am Anfang an. Literarische Vorlage ist der satirische Roman „Und sowas lebt!“ (Sådan er der så meget) des Dänen Finn Søeborg (1916-1992). Laut Wikipedia: „[…] in dem er auf humorvolle Weise die Leerläufe und die ausufernde, jeglichen privatwirtschaftlichen Aufbauwillen lahmlegende Bürokratie in einem dänischen Wiederaufbauministerium kurz nach dem Krieg schildert.“ Hat inhaltlich also auf den ersten Blick nicht wirklich viel mit dem Film zu tun, es wird auch weiter ausgeführt, dass „Motive“ daraus Verwendung im Film fanden. Das Buch erschien 1950 in Dänemark und 1953 erstmals in Deutschland. War also schon ein ziemlich alter Hut, als der Film erschien.
Deutsche Ausgabe der Buchvorlage: „Und sowas lebt!“ von Finn Søeborg, Rowohlt 1953
Als Drehbuchautor wird Volker Vogeler (1930–2005) genannt. Mir bisher unbekannt, wird er von den 60ern bis in die 90er immer wieder als Autor und Regisseur genannt, meist augenscheinlich eher unbedeutende Arbeiten fürs Fernsehen. Allerdings wurde er schließlich zum Stammautor des ZDF-Krimi-Dauerbrenners „Der Alte“ und schrieb dort stolze 180 Folgen von 1978 bis 2005.
Kurze historische Einordnung: Die große gesellschaftliche Revolution der 68er war im vollen Gange. Auch im Kino spürte man den frischen Wind – 1968 erschien mit „Zur Sache, Schätzchen“ eine neue Art Komödie in den deutschen Lichtspielhäusern – frech, jugendlich, grenzüberschreitend, aufmüpfig, provokant. Eine neue Generation sagte „Opas Kintopp“ mit seinen biederen Schlagerrevuen und faden, immer gleich gestrickten Lustspielen den Kampf an.
1969 in München-Schwabing gedreht, fällt dieser Film genau in diese Zeit und in die Aufbruchstimmung. Der Film spielt im damaligen Studentenmilieu. Wir lernen Christof Müller kennen, der nach München zieht und neu in der Stadt ist. Er hat nur einen Koffer und ein Schlagzeug dabei, was schon bei der Taxifahrt vom Bahnhof in die Stadt zu gewissen Turbulenzen führt. Über den ganzen Film hinweg ist er auch der Off-Erzähler, der uns zwischendurch an seinen Gedanken teilhaben lässt.
An der Uni lernt er direkt den kauzigen Lebenskünstler (Karl Dall) kennen, der nur unter dem Namen „Sportsfreund“ bekannt ist. Dieser arbeitet an der Uni in der Abteilung für Härtefälle, dem „Paritätischen Schlichtungsausschuss der Universität“. Primär ist er im Film, um Christof in das Schwabinger Leben einzuführen, besoffen zu sein, eklig zu essen und zu rülpsen. Weil’s so schön ist mal als Videoausschnitt:
Unterkunft findet er zunächst bei seiner Cousine Brigitte (Hannelore Elsner), die ihn mit ihrem Kind, der kackbratzigen Fee, vom Bahnhof abholt. Der Ehemann Peter, Werbetexter mit Schnauzer und Brille, wohnt auch da und erklärt erst mal am Essenstisch die antiautoritäre Erziehung. Brigitte – „das ist aber ein spitzes Weib“ – hat des Nächtens Besuch, es ist offenbar zum Flotten Dreier geladen mit dem spitzen Schnauzbart-Peter. Der dazustoßende Christof lehnt die Einladung ab, weil er den falschen Schlafanzug anhat. (Ja, echt. Verstehe ich auch nicht.)
Am nächsten Abend kommt er, mit Sportsfreund im Schlepptau, betrunken nach Hause. Dort landet er fast mit seiner Cousine im Bett, aber so betrunken ist er dann doch nicht. Nun folgen erst mal mehrere Minuten, in denen im Wohnzimmer eine Fressorgie zelebriert wird. Beide sind hackestrulle und es wird gefressen, gesoffen, gerülpst und Sprüche geklopft. Dazu läuft „freche Beat-Musik“, wie man damals wohl gesagt hätte.
Irgendwann fängt dann Brigitte an, mit Sportsfreund eine erotische Spannung aufzubauen. (Dass ich mal Hannelore Elsner mit Karl Dall rummachen sehe, hätte ich auch nicht für möglich gehalten. Bizarr.) Sie führt ihn mit geschlossenen Augen den Flur entlang, aber nicht wie gedacht ins Schlafzimmer, sondern alleine in eine Art Abstellraum. Haha, reingefallen!
Der nächste Morgen. Christof liegt im Bett. Schnauzbart-Peter bringt Frühstück und erzählt, dass er mit 14 das Onanieren angefangen hat, was man halt so fast Fremden beim Morgenkaffee so erzählt. Und dass seine Frau Brigitte eine Fixierung auf ihn hätte, und ob er das nicht gemerkt hätte. „Wichtig ist nur, dass man sich zu sich selbst bekennt.“ – „Man darf Gefühle nicht verbergen, sonst wird man krank.“ Mehr als „Aha“ fällt dem schlaftrunkenen Christof dazu auch nicht ein. Peter erzählt noch, dass Brigitte glaube, Christof hätte noch nie mit einer Frau geschlafen.
Derweil versucht der noch immer nicht eingeschriebene Christof erneut sein Glück an der Uni. Da bislang immer die Schlange zu lang war, übernachtet er dort. Am nächsten Morgen ist allerdings die Frist abgelaufen, und Sportsfreund führt ihn zum Paritätischen Schlichtungsausschuss zur Verhütung von Härtefällen. Primär wird dort „Schiffe versenken“ gespielt und gesoffen. Christof wird dort prompt als dritter Bürohengst verpflichtet. (Das sind wohl die Szenen, die aus dem Roman stammen.)
Tatsächlich bekommt Christof auch noch einen Job als Schlagzeuger und findet sich in einer volkstümlichen Combo wieder, die verbittert wirkende alte Menschen bespaßt, die eigentlich nur am Saufen sind – stellt sich heraus: Eine Veranstaltung nur für Abonnenten der „Nationalzeitung“. Der Text des feilgebotenen Schlagers ist auch eine Dokumentation wert:
„Dididappdu ich spiel auf meiner Bongo schippischippschappschappidu weil ich es gerne tu Dididappdo ich fahre in den Kongo schippischippschappschappidei da ist ein Platz an der Sonne dabei“
Nach einigem anderen Geplänkel findet sich Christof des Abends mit der spitzen Brigitte alleine im Auto wieder. In Gedanken (die wir im Off hören) ist er bei der feschen Nicci, die er in der Uni kennengelernt hat und die ihm nicht mehr aus dem Kopf geht. Doch Brigitte will ihm noch immer an die Wäsche und knöpft schon mal das Polyester-Blüschen auf.
Währenddessen macht er sich Gedanken darüber, dass er seinen knorken Schlafanzug nicht dabei und zu wenig Haare auf der Brust hat. Dass er im Begriff ist, mit seiner Cousine zu knattern scheint ihm weniger Sorge zu bereiten. Eine geeignete Position im engen Auto zu finden ist eine Hürde. Als er dann nach hinten umfällt und das Becken des Schlagzeugs im Kofferraum erklingt, endet die Szene vor Vollzug. Bizarr. (Übrigens auch bizarr: Die sonst so brave Hannelore Elsner in ihrer mutmaßlich einzigen Nackedei-Szene.)
Neuer Tag. Christof geht mit Fee, der so 5 Jahre alten Tochter, in den Zoo, um sie zu bespaßen. Das entwickelt sich zur Nervenprobe, denn die Fee ist so gar nicht feenhaft, sondern eine verzogene Göre, die anfängt, wie am Spieß zu brüllen, wenn sie ihren Willen nicht bekommt.
Nach einer Weile muss sie aufs Klo, was zu ungeahnten Konsequenzen führt. Als er mit ihr auf der Damentoilette ist, behauptet sie nicht mehr zu müssen und fängt an zu brüllen, was eine Frau aufschreckt, die das Szenario „Junger Mann – Mädchen mit Schlüppi unten“ missversteht und prompt einen Lynchmob anzettelt. Fee hat auch den Schalk im Nacken und behauptet zunächst auch auf Nachfrage, den Mann nicht zu kennen. Nur mit Mühe entkommt er dieser Situation, ohne als mutmaßlicher Kinderschänder direkt an Ort und Stelle gemeuchelt zu werden.
Der brave deutsche Bürger:
– „Du dreckige Sau! Dafür brauchen wir keine Polizei! Das machen wir alleine!“ – „Sicher ein Ausländer!“ – „Warum werden diese Kerle nicht kastriert?“ – „Jawoll! AUFHÄNGEN!“ – „Wie der schon aussieht!“
In der nächsten Szene sind wir irgendwo an einem Fluß (denke mal, Isar), dort wird der vor sich hin sinnierende Christof von Nicci (Gila von Weitershausen) überrascht, auf die er ja ein Auge geworfen hat. Bei einer Bootsfahrt kommen sie ins Gespräch.
Derweil demoliert Fee mutwillig sein Schlagzeug. Christof kommt nach Hause, Brigitte findet das alles lustig. In Christofs Gedanken hören wir: „So! Jetzt bumsen wir.“ (Eine komplett logische Kausalkette, oder etwa nicht?)
Schwupps machen sich beide nackig. Gerade als Brigitte sich aufs Bett legt, kommt Schnauzbart-Peter (wir erinnern uns: Brigittes Ehemann) die Haustür rein. Und lauscht erst mal an der Tür. Und schaut durchs Schlüsselloch.
Allerdings wird er bei seinem Spannertum von der „Papiii“ krähenden Fee gestört. Die beschwert sich, dass Christof sie wegen des kaputten Schlagzeugs geschlagen hätte, worauf er ins Schlafzimmer platzt und pseudo-empört „Brigitte!“ ruft. (Was ich sehr lustig fand, weil es mich an eine Szene in „Pastewka“ erinnert.) Also wird das inzestuöse Schäferstündchen erneut gestört, als er des Raumes verwiesen wird. „Hinaus!“ ruft nun die Brigitte, die eben noch begattungsbereit da lag. Muss man auch nicht verstehen, das alles.
So läuft er nun durch die Stadt. Einschreibung verpasst, Brigitte verpasst und die Nicci hat einen Freund. In seiner Not klingelt er bei Justus von Liebig, dem Chef vom Paritätischen Schlichtungsausschuss, ob er dort schlafen könne. Zu seiner Überraschung öffnet eine unbekannte junge Dame die Tür.
Er kommt offenbar ungelegen. „Wo eine Pille ist, ist auch ein Weg“, spricht der Aushilfsbischof, der einen Topflappen auf dem Kopf hat (?!), noch. Hab ich schon erwähnt, dass dieser Film bizarr ist?
Nach einigem Hin und Her landet er dann bei Sportsfreund in seiner Bude. Die ganze Wohnung ist voll mit weißen Mäusen, die er aus dem Chemielabor der Uni gerettet hat. Er klimpert auf dem Klavier und hat seine philosophischen fünf Minuten.
„Früher war ich noch Idealist. Doch jetzt hab ich meine Schäfchen im Trockenen. In den nächsten fünfzig Jahren tut sich an den Hochschulen sowieso nichts. Ziemlich kaputt ist das. Wir versenken Schlachtschiffe und werden vom Staat dafür bezahlt.“
Sportsfreund (nachdenklich)
Durch Manipulation von Unterlagen gelingt es Christof schließlich, eine Wohnung in dem Haus zu ergattern, in dem Nicci wohnt. Er hat es noch immer auf sie abgesehen.
Beim Einzug lernen wir seine neue Vermieterin bzw. Hauswirtin kennen, dargestellt von der bayrischen Volksschauspielerin Maria Stadler (1905-1985), die hier eine Art Else Kling auf Speed spielt, sie keift ohne Punkt und Komma. Kleine Kostprobe:
„Bei unserm letzten Studenten sind wir dahintergekommen, dass er an Demonstraaatioooonen teilnimmt! Und sowas wohnt unter meinem Dach. Wozu haben wir die Notstandsgesetze, wenn diese Radaubrüder frei herumlaufen dürfen. Sonst war er ja ein sehr ruhiger Mensch.
Armes Vaterland! Es hat ja niemand mehr ein Heimatgefühl. Mein Gott, was sind wir früher gern spazieren gegangen! Seit sich dieses Gesocks, diese sogenannten Gastarbeiter, bei uns herumtreibt, kann man ja im Dunkeln das Haus nicht mehr verlassen! Und Deutsch können die auch nicht richtig!
Sie brauchen nicht zu denken, dass wir kein Herz für die Studenten hätten, mein Mann ist ja selbst Akademiker! Zahnmedizin! Der hat in seinen Jugendjahren auch recht flott gelebt, aber alles im Rahmen.
Einmal haben wir es mit einer Studentin versucht [als Untermieterin], die bekam immer Herrenbesuch. Der ist aber braun gebrannt, dacht ich mir zuerst, aber dann haben wir gemerkt – das war ein Neger!“
Das war 1970 schon als satirische Übertreibung angelegt. Schlimm genug, dass auch im Jahr 2022 Leute mit solcher Denke noch immer nicht ausgestorben sind.
Als beim Einzug sein Schlagzeug geliefert wird, keift es – „Das Ding kommt mir nicht ins Haus! Oder Sie sind sofort entlassen!“ Aber doch schafft er es, da irgendwie da wohnen zu bleiben, und sein genialer Masterplan geht auf – natürlich kommt er mit Nicci zusammen. Der Film endet – schließlich sind wir in Schwabing – mit einer großen Party.
Sportsfreund und Justus wollen allerdings die Party sprengen, mithilfe der weißen Mäuse. Irgendwie landen sie dabei im Schlafzimmer der alten Hauswirtin. In einer wilden Sequenz bekommen wir bizarre Szenen wie diese zu sehen.
Die zickige Hauswirtin vergruselt es derart, dass sie wie am Spieß schreiend vom Krankenwagen abgeholt wird, und der arme Ehemann dazu noch gleich mit. Das alles unterlegt mit pfiffiger Marschmusik.
Netter Gag: Der verwunderte Nachbar will wissen, was los ist, und spricht den als Nazi verkleideten Partygast ganz selbstverständlich mit „Herr Wachtmeister“ an.
„Entschuldigung, Herr Wachtmeister, was issen hier los?“
Gegenüber der Ärzte gibt sich Christof als Betreuer der zwei alten Herrschaften ab und gibt zu Protokoll, er habe es so kommen sehen. „Die sind total kaputt. Völlig versengt!“ – „So?“ – „Wo kommen sie denn jetzt hin?“ – „Na, in die Anstalt!“
Schwupps hat Christof ein Haus. Letzte Szene: Er spielt nackt im Garten Schlagzeug, die Kamera fährt zurück, Nicci steht am Balkon, und wir enden mit dem klassischen Kran-Shot über’s ganze Haus. Ende.
Puh.
Es ist schwer zu glauben, dass dieser Film im gleichen Jahr entstand wie „Frau Wirtin bläst auch gern Trompete“ oder „Pudelnackt in Oberbayern“, die beide ganz grob das gleiche Genre bedienen.
Letztere sind noch Opas Kino – Filme von damals schon alten Männern. Michael Verhoeven (* 1938) war hier auch schon um die 40, aber doch erkennbar eine andere Generation. So bizarr der Film noch heute wirkt – man muss sich die Wirkung auf ein Publikum von 1970 vorstellen. Wilde Nummer!
Einige Szenen haben auf jeden Fall das Potential, dass dort damals rechtschaffende Bundesbürger mit rotem Kopf und geballten Fäuste reckend aus dem Kinosaal stürmten und dabei „Das ist em-pööör-end!“ riefen.
Ein besserer Film als „Pudelnackt in Oberbayern“? Sicherlich. Verhoeven ist ein guter Regisseur und sollte auch 1970 mit dem schonungslosen Vietnam-Film „o.k.“, der Vergewaltigungen durch US-Soldaten thematisiert, für einen Skandal auf der Berlinale sorgen.
Der Film ist ein Kind seiner Zeit, mit allen Stärken und Schwächen. Manches ist heute einfach schräg, manches ist heute noch lustig oder provokant. Eins hat der Film auf jeden Fall nicht verdient – komplett in der Versenkung zu verschwinden. Wer weiß, wo da die Rechte liegen, aber es ist schon seltsam: Alle gefühlt 452 Lederhosen-Jodel-Filme stehen bei Müller im Regal, dieser Film aber muss als nahezu verschollen gelten.
Werfen wir abschließend noch einen Blick auf den Cast.
Christof Wackernagel (* 1951) spielt die Hauptrolle (die sehr kreativ ja auch Christof heißt). Von 1968 bis 1977 trat er vornehmlich als Schauspieler in Erscheinung, bekannter wurde er aber 1977 als – RAF-Terrorist. Nach einer langen Haftstrafe ist er seit den 90ern wieder vermehrt in Film und Fernsehen (Tatort, Lindenstraße) zu sehen und tut sich auch als Schriftsteller hervor. In diesem Film hatte er seine erste große Hauptrolle.
Gila von Weitershausen (* 1944), die Nicci, machte die fast archetypische deutsche Schauspieler*innen-Karriere mit: In den 60ern und 70ern noch oft im Kino zu sehen, zum Beispiel in „Die Lümmel von der ersten Bank“ (1968), ist sie seit den 90ern Dauergast in Serien des ÖRR – bis zur schwimmenden Altstar-Restverwahrung „Das Traumschiff“ oder gar dessen Klon „Kreuzfahrt ins Glück“, wo sie noch dieses Jahr zu sehen war.
Hannelore Elsner (1942–2019) dürfte heute noch am bekanntesten sein. Eine lange, lange Karriere, bis 1959 bis zu ihrem zu frühen Tod 2019. Auch im Fernsehen war sie oft zu sehen, zum Beispiel als Maria Rotenburg, die Geliebte von Professor Brinkmann in der Schwarzwaldklinik, oder als Kommissarin Lea Sommer im Tatort.
Karl Dall (1941-2020) war zur der Zeit primär noch als Mitglied der Musikgruppe Insterburg & Co. bekannt und hatte hier eine seiner ersten Filmrollen, nachdem er 1969 schon in der Komödie „Charley’s Onkel“ zu sehen war, mit seinen Bandkollegen (auch ein Film, der hier eine Würdigung erfahren wird, früher oder später). In den 70ern und 80ern kalauerte er sich durch allerlei Filme, Serien und Shows, hatte ein paar Single-Charterfolge und war bis in die frühen 2000er im Fernsehen sehr präsent.
Regie: Quirin Steiner Buch: August Rieger Produktion: Horst Hächler / TV13 Filmproduktion Premiere: 4. Oktober 1974
Auf meiner Reise durch die Untiefen des deutschen Kinoschaffens der 1970er stolperte ich über diesen Film. Er ist heute eher unter dem Titel „Wenn’s juckt wird gejodelt“ geläufig, was den Kenner des deutschen Kulturguts natürlich an Alois-Brummer-Schinken wie „Unterm Dirndl wird gejodelt“ denken lässt, was wohl auch die marketing-technische Absicht war. Das führt etwas auf eine falsche Fährte. Das Genre passt schon, allerdings spielt dieser Film nicht im krachtledernen Bayern, sondern im Mittelrheintal, was ihm eine gewisse Ausnahmestellung gibt.
Direkt die ersten Szenen zeigen dann auch das bekannte Rheinbild mit der klassischen Landschaft aus Weinbergen, Burgruinen und eng bebauten Dörfchen. Dazu trällert ein Chor den alten Volkslied-Gassenhauer „O du wunderschöner, deutscher Rhein„. Auch wenn ich in der Gegend aufgewachsen bin, bin ich mir nicht ganz sicher, wo genau das alles ist. Erkannt habe ich die Burg Pfalzgrafenstein bei Kaub, die mehrfach markant im Bild ist. Die restlichen Außenszenen sind schwer zu verorten, diese Ortschaften am Rhein sehen alle so gleich aus. Am Anfang und Ende des Films sind sie an der markanten Rheinkurve bei der Loreley (St. Goarshausen), die hier als echte nackerte, debil grinsende Uschi (Marie Luise Lusewitz zu Beginn ihrer, naja, Karriere) dargestellt wird. Die Handlung scheint sich zwischen Kaub und Köln abzuspielen. Die Ecke Bingen/Rüdesheim habe ich zumindest nicht gesehen. Einmal ist auch der Stromkilometer 560 im Bild, bei St. Goarshausen. Das Finale scheint auf Burg Gutenfels zu spielen.
Connie und Jupp, im Hintergrund Burg Pfalzgrafenstein bei Kaub
Die Haupthandlung beginnt auf einem Schiff. Dort trifft der ehemalige Kapitän Sepp (Willy Harlander), in die Heimat zurückgekehrt, den Pfarrer Bollinger (Helmut Gauer), mit dem er ins Gespräch kommt. Der Pfarrer, ein alter Freund von ihm, berichtet von drei früheren Geliebten des umtriebigen Kapitäns, und dass diese alle Kinder haben, die wohl von ihm stammen. Er trifft die zwei Dorfdeppen Josef (Fritz Korn) und Conrad (Erich Kleiber) und bittet diese, sich auf die Suche nach seinen verschollenen Leibesfrüchten zu machen, und die zwei Spießgesellen machen sich auf den Weg. Später stoßen deren Söhne Jupp (Olli Maier) und Connie (Werner Singh) dazu, die in diesem Leben auch keine Nobelpreisträger mehr werden, und helfen bei der Suche nach dem Nachwuchs des spritzfreudigen Seebären. Schockschwerenot – am Ende entpuppen sich die erwarteten strammen Kapitäns-Söhne als nichtsnutzige Töchter. „Do legst di nieder!“ Nach dem ersten Schreck gewöhnt er sich daran. Immerhin sind es keine schwulen Söhne, noch mal Schwein gehabt! („Homophobie in der deutschen Sexkomödie der 1970er Jahre“ wäre mal ein interessantes wissenschaftliches Forschungsgebiet. Unglaublich teilweise.)
Der sich verantwortlich zeichnende Regisseur Quirin Steiner, der wohl mit Peter Steiner nichts zu tun hat, schrieb und drehte ein Jahr zuvor „Hausfrauen-Report 4“. Der und dieser Film sind seine einzigen Regie-Arbeiten geblieben. Hypothese: Es war kein großer Verlust für die deutsche Kinogeschichte. Denkbar wäre auch, dass das ein noch nicht geklärtes Pseudonym eines anderen Regisseurs ist. Autor ist der Österreicher August Rieger (1914-1984), der einige Drehbücher von 1951-1980 vorweisen kann und auch mit anderen Größen des Genres arbeitete. „Urlaubsgrüße aus dem Unterhöschen“ (1973) von Walter Boos z. B. schrieb er für die gleiche Produktionsgesellschaft wie hier, die „TV 13 Fernseh- und Filmgesellschaft mbH“ aus München, die oft und gerne mit Boos zusammenarbeitete. Quirin ist ein ziemlich seltener Vorname, der zudem wörtlich aus dem Lateinischen übersetzt auch noch „Lanzenschwinger“ (!) heißt. Ist reine Spekulation, aber für mich das riecht nach Pseudonym. Zumal das ja damals auch gang und gäbe war. Wer kennt nicht die vielen Filme von Wolfgang Frank, Manfred Gregor, Michael Thomas und Fred Williams – alles Pseudonyme vom „Schweizer Roger Corman“ Erwin C. Dietrich. Aber ich schweife mal wieder ab. Zurück an die Loreley.
Was gibt es zu den Darsteller*innen zu sagen? Die omnipräsente Elisabeth Volkmann (1936-2006) schaut auch mal vorbei und kriegt vom Kapitän etwas an den sekundären Geschlechtsmerkmalen rumgeschraubt.
Josef, Sepp und Conrad
Der Rest des Casts sagte mir sonst nichts. Aber das Internet weiß ja alles, nech. Lustigerweise spielte Erich Kleiber (1929–1985), der „Conrad“, einen der Möbelpacker in „Unser Willi ist der Beste“ (1971), ebenfalls mit Heinz Erhardt, direkt am Anfang, als seine Schwester (Ruth Stephan) bei ihm einzieht. Sein schauspielerischer Einsatz (einige Sätze wie „Wo soll denn der Vogel hin?“) reichte leider nicht mal zur namentlichen Nennung im Abspann.
Der rothaarige „Josef“ Fritz Korn (1920–1994) hatte noch zwei kleinere Rollen bei Derrick – eine sogar in der hier schon besprochenen Folge „Tote Vögel singen nicht“. Schöner Zufall. Er hat allerdings in der imdb nicht mal einen Rollennamen, ist wohl einmal irgendwo im Bild.
Der „Sepp“ Willy Harlander (1931–2000) kam mir auch bekannt vor – seine heute wohl prägendste Rolle dürfte Josef Brettschneider sein, der Kriminalobermeister in den bayrischen Tatort-Folgen mit Gustl Bayrhammer als Kommissar Veigl von 1972 bis 1981.
Der „Jupp“ wird von einem Herrn namens Olli Maier gespielt. Der war – aufgepasst – der Ehemann von Helga Feddersen (damals mit ihrem markanten Äußeren als „Ulknudel“ recht populär, heute vielleicht am ehesten als Ehefrau von Ekel Alfred in der zweiten Staffel von „Ein Herz und eine Seele“ bekannt) und hat u. a. in der TKKG-Serie von 1985 den Magier Raimondo in der Folge „Der blinde Hellseher“ gespielt. Kann man nicht nicht ausdenken!
Die jungen Damen turnen größtenteils auch in anderen Nackedei-Filmen der Zeit rum, manche haben auch nur in diesem Machwerk mitgewirkt und hatten dann verständlicherweise keinen Bock mehr.
Elisabeth Volkmann und Willy Harlander
Was bleibt? Gags und Witze, die Mack Sennett schon 1914 als zu altbacken und unlustig abgelehnt hätte, grenzdebile Darsteller, die Figuren spielen, deren Stammbaum offenbar ein Kreis war, ein paar Nackedeis – das Ding ist selbst für Freunde des Genres und für abenteuerlustige Schabernack-Archäologen in gesamter Länge schwer zu ertragen. Lediglich die Schauplätze sorgen für etwas Kurzweil und 70er-Nostalgie.
VHS: Atlantis Video DVD: „Erotik Classics“, WVG Medien, 2009
„Jetzt fallen den Besuchern im Kino die knackigen Busen direkt in den Schoß! „Liebe in drei Dimensionen“ heißt der Superstreifen von Walter Boos, der demnächst in Deutschlands Filmtheatern dem Publikum hautnahe Action-Szenen plastisch näherbringt.
Es gab zwar in den fünfziger Jahren schon Versuche mit 3-D-Filmen, doch bei dem neuentwickelnden TRIARAMA-Verfahren kommt der Zuschauer vermittels einer Spezialbrille zum erstenmal in den Genuß, perfekt plastisch „Kino zu erleben“.“
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Bei der Recherche zu „Four Dimensions Of Greta“ stolperte ich noch über dieses Machwerk, das auf dem Gipfel der deutschen „Sexwelle“ in den frühen 70ern vom Produzenten der berühmt-berüchtigten Schulmädchen-Report-Reihe, Wolf C. Hartwig (1919-2017), produziert wurde.
Auch wenn das im Prinzip der gleiche Quatsch ist wie immer, hat dieser Film als Gimmick auch 3-D zu bieten und ist daher „kinohistorisch“ einen Blick wert.
Die 17-jährige Petra (Ingrid Steeger), in der Provinz im Norden zuhause, besucht München-Schwabing. Sie wohnt in der Wohnung ihrer verreisten Schwester Dagmar, die im „tiefsten Afrika“ weilt, um Wohnung nebst Papagei, der Dinge wie „Ruhe im Puff“ spricht, zu hüten.
In Schwabing sind alle spitz wie der sprichwörtliche Dackel in einem Raum voller Tischbeine, es wird gefeiert, gelacht und gefummelt, bis die Schwarte kracht. Sogar Konstantin Wecker ist dabei. Wir folgen einer lose verbundenen Gruppe von Leuten bei ihren Abenteuern, meist libidinöser Art.
Regisseur Walter Boos (1928-1996) war sehr rege und kurbelte in den 70er Jahren nicht weniger als 21 Spielfilme runter, alle im komödiantischen bis pseudo-aufklärerischen Erotikbereich. Außerdem ist er für die deutsche Horror-Trashperle „Magdalena – vom Teufel besessen“ (1974) verantwortlich, einer teutonischen Billigversion von „Der Exorzist„.
Auch hier ist es recht naheliegend, dass der Erfolg der „Four Dimensions Of Greta“ diesen Film „inspiriert“ hat. Hier ist der ganze Film in 3-D, was er einem auch konstant unter die Nase reibt, weil viele Szenen auf Effekt getrimmt sind und alle Nase lang etwas Richtung Kamera fällt oder gehalten wird. Ich kann mir schon vorstellen, dass das im Kino echt ne Gaudi war, sie holen da eine Menge Gags raus. Vom fliegenden Geister-Schlüpper bis zu einer Monsterspinne wird einiges geboten. Ist halt mehr Kirmesattraktion als Film. Da passt es gut, dass eine ganze Sequenz auch genau dort spielt – mit Geisterbahn und Achterbahn wird da einiges an 3-D aufgefahren. Was es genau mit diesem „TRIARAMA-Verfahren“ auf sich hat, weiß ich nicht.
Direkt am Beginn darf Rosl Mayr (1896-1981), die knuffige bayrische Omi, die in der Zeit auch gefühlt in jedem lustig gemeinten Schmutzfilmchen als „schrullige Alte“ auftauchte, im Treppenhaus beim Putzen um ein Haar die Petra und das Publikum nass spritzen. „Sein’s feicht wonn?“ Da der ganze Kram auch in München spielt, ist natürlich auch viel bayrisches Gebabel im Film. Muss man mögen.
Natürlich darf auch Rinaldo Talamonti nicht fehlen, mal wieder als Karikatur eines notgeilen Italieners mit Dauerständer, der andauernd „Mamma mia!“ sagt und einem grotesken Helm aus Haaren trägt. Immerhin hat er hier so eine Art flotten Dreier auf einem Trampolin-Bett (?!).
Hey, cooler Plattenspieler. Aber echt, nur eine Single?
Im Vergleich zur britischen „Greta“ ist hier deutlich mehr nackte Haut zu sehen, natürlich immer „soft“ und meist auch durch Comedy-Einlagen entschärft. Vom keuschen Teenie über die exotische Inderin („Das ist ne Inderin! Aus Indien!“) bis zur drallen Dirndl-Maus, die beim Koitus jodelt (kein Witz), ist alles am Start. Naturgemäß ist das mehr eine Ansammlung einzelner Episoden als eine stringente Handlung.
Im Cast bemerkenswert sind noch die Schwedin Christina Lindberg (* 1950), die man durchaus auch als eine Erotik-Ikone der 70er bezeichnen kann, sowie Steegers „Klimbim“-Kollegin Elisabeth Volkmann (1936–2006), die in der Zeit auch oft in ähnlichen Produktionen zu bewundern war. Der jüngeren Generation dürfte sie vor allem als die „alte“ Synchron-Stimme von Marge Simpson bekannt sein. Die jodelnde Dirndl-Maus ist eine gewisse Dorothea Rau, wie mir das Internet verrät, die von 1972-1974 in allerlei bajuwarischen Juckel-Klassikern wie „Beim Jodeln juckt die Lederhose“ oder „Brummi – Sein Kolben läuft auch ohne Diesel“ die Dirndl mit ihren „Zuckerduddln“ ausfüllte. Naja, wieder etwas unnützes Wissen. Gern geschehen.
Am Ende als Highlight darf dann die keusche Ingrid Steeger auf dem Balkon mit ihrem flotten Manfred (Achim Neumann), der nur aus Haaren zu bestehen scheint, bisschen Nacktturnen veranstalten („Ich schwebe! Ich bin im siebten Himmel!“), was sicherlich schon damals ein guter „selling point“ war. Sie hatte schon einige Filme ähnlicher Machwerk auf dem Konto und war auch im Fernsehen im Kult-Klamauk „Klimbim“ zu sehen. Der Beginn einer Karriere, der über 2 Folgen „Derrick“ bis hin zu einem grandiosen Cameo-Auftritt bei „Familie Heinz Becker“ führte.
Sicherlich einer der erträglichsten Filmchen dieser Art. Nicht allzu albern, die 3-D-Effekte sind natürlich kompletter Selbstzweck, oft ohne Sinn und Verstand, aber immer wieder spaßig, und nette 70er-Damen mit wenig Sachen an. Als unterhaltsames Gaga-Filmchen für einen gepflegten 70er-Abend durchaus zu gebrauchen.
Ist 2007 auf DVD (Kinowelt, FSK 16, wohl geschnitten) erschienen, die scheint aber rar und teuer zu sein. Alternative wäre die Früh-80er-VHS von VPS Video, auch nicht gerade an jeder Straßenecke zu finden. Den Film findet man aber online, wenn man will.
Nachtclub, wir sehen einen jungen Horst Tappert, es ertönt schmissige Schakalaka-Musik mit viel Schweineorgel, während Soledad Miranda sich halbnackend auf der Bühne rekelt, die Kamera zoomt als gäbe es kein Morgen, immer in der Hoffnung, was sehenswertes zu erhaschen – und der Kenner ahnt: Es kann nur ein Film von Fließbandfilmer Jess Franco (1930-2013) sein.
Dieser genießt bei vielen kompetenten Filmfans ein hohes Ansehen, und immer wieder schaue ich in sein komplett undurchschaubares Schaffen mit gefühlt 1000 Filmen, die es in unterschiedlichen Schnittfassungen und mit unterschiedlichen Titeln gibt, rein, wenn sich die Gelegenheit bietet. Denn DVDs und Blu-rays sind eher schwer zu bekommen und meist arschteuer. Zu teuer für einen Blindkauf zum „mal gucken“ allemal.
Dieses Filmchen erblickte ich im „Alles Kino“-Channel auf Prime, und realisierte erst auf den zweiten Blick, dass das einer von Franco ist, denn er wird tatsächlich als einer der damals immens populären „Edgar-Wallace-Filme“ feilgeboten. Hö. Na, dann mal her damit.
Produziert wurde das damals von Artur Brauners CCC-Produktion. Es ist wohl eine Verfilmung der Wallace’schen Kurzgeschichte „Die Hüter des Steins“. Zu Beginn findet einer besagten Stein irgendwo im Dschungel, eine Art Super-Quarz? Irgendwas mit Strahlung? Keine Ahnung, eigentlich ist das Stein nur das gute alte McGuffin, alle rennen dem Ding hinterher mit allerlei Hauen und Schießen und einigen Toten, was es mit dem Wunderstein auf sich hat, wird nie erklärt, oder ich hab es nicht mitbekommen. Die Story ist ziemlich verwirrend und nicht der Gipfel der Logik. Geheimagent, Scotland Yard, der übliche Kram.
Kaum jemand wird sich das wegen der Story ansehen, denn Franco geht es offenbar primär darum, ganz nett gefilmte Mordszenen und allerlei nackte Haut aneinanderzureihen. Immer wenn der Film droht, langweilig zu werden, zieht Soledad einmal blank und weiter geht’s.
Ein Exploitationfilm, der sich als Edgar-Wallace-Krimi tarnt? Ja, schon. Die voyeuristische Kameraarbeit lässt keine Gelegenheit aus, geifernd die Vorzüge der Darstellerinnen in Szene zu setzen. Die Männer sind alle spitz wie Lumpi, was vielleicht an der penetrant dudelnden Porno-Mucke im Hintergrund liegt. Wie ich gerade gelernt habe, ist das Musik von einer LP namens „Sexadelic Dance Party“, die Franco wohl auch in anderen Filmen gerne nutzte. (Und auch Tarantino in seinem „Jackie Brown“. Die Filmwelt ist ein Dorf.)
„Ja, Harry? Nee, ich kann gerade nicht, ich bin im Puff. Mit so einem verrückten Spanier.“
Soledad Miranda sticht sicherlich aus dem Cast heraus. Franco gab sich offenbar immer große Mühe, seine Muse gut aussehen zu lassen. Ich denke, wenn er einen Film gedreht hätte, in dem sie einfach nur 80 Minuten das Telefonbuch vorliest, wäre das immer noch nett anzusehen. Leider war das ihr letzter Film, kurz danach kam sie bei einem Autounfall ums Leben.
Ansonsten haben wir Horst Tappert, ungewohnt strubbelig, wenn man die klassische Entenarsch-Frisur von Derrick gewohnt ist, der sich wahrscheinlich auch in jeder Szene gefragt hat, was das alles eigentlich soll. Immerhin sagt er seine mitunter sehr albernen Sätze auf, ohne lachen zu müssen.
Wirre Zooms, wirrer Schnitt, wirre Handlung, aber unterhaltsam ist es halt irgendwie doch. Zum Franco-Fan hat mich das Teil aber auch nicht gemacht. Was an diesem sympathischen Gestümper „Kult“ sein soll – eh ein total inflationär gebrauchter Begriff, hat sich mir Banausen nicht erschlossen. Vielleicht sollte ich mal einen der anderen 8 Filme (!!!) antesten, die er 1970 gedreht hat.
Gibt es aktuell auf DVD von Pidax, um die 10 Euro. Kann ich nichts dazu sagen, hab es im Stream gesehen.
Alternativtitel: Im Schloß der wilden Triebe Regie: Josef Zachar Buch: Kurt Nachmann, Günther Heller Produktion: Karl Spiehs für Lisa-Film (München) Premiere:19. September 1969
Was tut man nicht alles für die Chronisten-Pflicht. Da ich über einen Channel bei Prime gerade Zugriff auf diverse frühe deutsche Nackedei-Filmchen habe, machen wir doch das Trio voll und werfen noch einen Blick auf dieses Machwerk. Immerhin ist es eine frühe Produktion der Lisa Film, die in 80ern ja die Welt unter anderem mit den legendären Filmen mit Thomas Gottschalk und Mike Krüger beglückte.
Ein Graf und ein Offizier erheben beide Besitzansprüche auf ein Schloss, in dem sie auch beide wohnen, in der Mitte durch einen roten Strich getrennt. Im Zuge der Streitigkeiten geraten sie beide in ein Bordell, oder so. Egal, irgendeine wirre Story, um Brüste zu zeigen. Gedreht wurde in Österreich.
Als Heinz-Erhardt-Fan hat mich auch ein Kuriosum bewogen, mir dieses Machwerk zu Gemüte zu führen: Es spielen dort mit Ralf Wolter und Helen Vita zwei Leute mit, die nur ein Jahr später in „Was ist denn bloß mit Willi los?“ mit Heinz eine WG bildeten. Ralf Wolter spielt dort den Kollegen und Freund („Ich bin nicht Winzig, ich bin nur Klein!“) und Helen Vita gibt die resolute Hauswirtin Frau Stirnima. Hier als dralle Puffmutter zu bewundern.
Ein Grund für den einen oder anderen, mal ein Äuglein zu riskieren, könnte auch die gewohnt bezaubernde Edwige Fenech sein, die in diesem Gurkenfilm komplett deplatziert wirkt und vieles drehbuchgemäß im Evaskostüm zu spielen hatte. Naja, sie war wohl jung und brauchte das Geld.
Auch Sieghardt Rupp dürften zumindest Tatort-Fans kennen – als Zolloberinspektor Kressin spielte er in der Tatort-Frühzeit in 10 Folgen mit. Oder in einer kleinen Rolle in „Für eine Handvoll Dollar“. Ziemlich schräg, dass es eine personelle Überschneidung dieses Klassikers mit diesem Schmarrn hier gibt.
Offenbar wurden einige der Darsteller komplett synchronisiert. Viele vertraute Stimmen, z. B. Gerd Martienzen im bestem Louis-de-Funes-Modus (z. B. ab Minute 10). Ich meine, auch Arne Elsholtz in einer kleinen Sprechrolle erlauscht zu haben. Rainer Brandt hat da wohl die Finger im Spiel gehabt, jedenfalls spricht er einen Charakter, ob er am Synchrondrehbuch beteiligt war, konnte ich so spontan nicht ermitteln. Undenkbar ist es nicht, hier und da gibt es schon mal Sprüche, die in die Richtung gehen.
Ralf Wolter öffnet eine Tür: „Wann wird man wieder mal ein Schlosszimmer betreten können, ohne mit was Nacktes drin …“
Oder ab Minute 54 – dort können wir einen Striptease beäugen, allerdings trägt die Dame originellerweise eine Ritter-Rüstung. Spruch aus dem Off dazu: „Nun nimm mal die Kotflügel ab, Mädel!“
Ich frage mich oft – hat man so etwas damals wirklich lustig gefunden? Saßen Leute im Kino, haben sich das oder ähnliche Machwerke angesehen und wirklich gelacht? Laut? Mit Klopfen auf Schenkeln oder andere Körperteile? Wobei – das frage ich mich bei zeitgenössischen lustig gemeinten Filmen auch oft.
Dieses Werk lief wohl auch in der Frühzeit der Privatsender gerne mal Freitagsnachts, im Archiv des SPIEGEL ist zumindest der 11.02.1990, 23.00 Uhr auf RTLplus und der 21.04.1991 ebenda dokumentiert. Wohl als Rausschmeißer nach der neusten Folge von „Tutti Frutti“. Das war noch niveauvolles Fernsehen.
Eigentlich nur für Hardcore-Fans von Edwige Fenech zu ertragen (die soll es ja geben). Ansonsten verzichtbar. Ansonsten schaut lieber Graf Porno. Oder den neusten Marvel.
VHS: JVC DVD: Grabbeltisch-Ware von MCP Stream: „Alles Kino“-Channel bei Prime