Charley’s Onkel (D 1969)

Regie: Werner Jacobs

Buch: Kurt Nachmann

Produzent: Allianz Film Produktion GmbH, Berlin (Heinz Willeg),
Terra Filmkunst

Premiere: 18. April 1969

Ein Film wie ein Fiebertraum. Ein weiterer Baustein in meiner selbst gesteckten Challenge, alle Filme mit Beteiligung von Heinz Erhardt zu sichten, und das ist wohl das skurrilste Machwerk, in dem er je auftauchte. Er hat hier auch nur eine kleine Rolle, mehr ein Cameo. Aber was für ein Cast! Wer hätte beispielsweise gedacht, dass es wirklich einen Film gibt, in dem Heinz Erhardt und Karl fucking Dall mitwirken? Mindblowing. Leider sind sie nie in einer Szene, das hätte wohl einen Riss in der Humor-Matrix gegeben.

Hier wird allerlei aufgefahren an großen Namen des damaligen Komödienschaffens. Regisseur Werner Jacobs ist ein alter Haudegen im Gerne und kurbelte allerlei lustig gemeintes und sollte ein paar Jahre später noch drei der vier „Willi“-Filme mit Erhardt drehen. Autor Kurt Nachmann ist uns hier auch schon des Öfteren über den Weg gelaufen, später dazu mehr.

Was den Film etwas besonders macht – hier treffen Opas Pantoffelkino und 68er Anarcho-Humor aufeinander. Der Clou an dem Film ist „Insterburg & Co“, die Band um Ingo Insterburg, zu der eben auch Karl Dall gehörte. Ein Running-Gag ist, dass Insterburg sich konstant über alles „Scheiß-Bürgerliche“ echauffiert.

Sonst kommt hier echt eine beeindruckende Kollektion von deutschen Spaßnasen zusammen, viele alte Bekannte des Genres. Von den alten Haudegen wie Hubert von Meyerinck und Willy Millowitsch bis hin zur damals aktuellen Generation wie Gila von Weitershausen (die nominelle Hauptrolle) und besagte Insterburg & Co.

Willy Millowitsch und Heinz Erhardt

Quasi der Avengers des deutschen Lustspiels. Gustav Knuth in einer Doppelrolle! Erna Sellmer, die sich auch noch als Mann verkleidet! Gunther Philipp! Edith Hancke! Ralf Wolter! Hans Terofal! Herbert Weißbach! Ja, sogar der von mir bekanntlich sehr geschätzte Rudolf Schündler! Viele nur in kurzen Gastauftritten, aber dennoch schon beeindruckend. Sogar der spätere Komödien- und Exploitation-Regisseur Rolf Olsen hat einen Auftritt (ja, der mit den Satansmädchen). Das damalige Sexsternchen Andrea Rau zieht mal blank und als Sahnehäubchen auf diese Torte des Kartoffel-Wahnsinns schaut noch mal ein junger Karel Gott vorbei, in „seinem ersten deutschen Spielfilm“, wie der Trailer stolz verkündet.

Gila von Weitershausen, Hans Terofal

Als wäre das alles nicht schon bizarr genug: Wir schreiben das Jahr 1969. Erfolgreiche Filme müssen Brüste haben. Und wir haben hier allerlei Nuditäten zu bewundern, es geht um käufliche Liebe. Willy Millowitsch lüstern wie Nachbars Lumpi eine (vermeintliche) Nutte jagen zu sehen hat schon etwas von einem Fiebertraum nach einer Überdosis seltsamer Filme und Eierlikör. Aber: Ja, dieser Film existiert.

Nebenbei: Wer auf nackte Tatsachen von Gila von Weitershausen hofft, dürfte eher enttäuscht werden, es gibt eine Umkleideszene von hinten, wenn man blinzelt, verpasst man es. In „Der Bettenstudent“, wo sie ja auch mitwirkte, kann ich mich zumindest an keine Nackedei-Szene erinnern. Sie in der Zeit in vielen seltsamen Filmen der frühen Sex-Welle mitgewirkt, mal sehen, was uns in „Engelchen macht weiter – hoppe, hoppe Reiter“ oder „Köpfchen in das Wasser, Schwänzchen in die Höh„, beite auch von 1969, so für Abenteuer erwarten, sofern ich die in die Finger kriege. Abenteuer deutsches Nachkriegskino.

Willy Millowitsch will Gila von Weitershausen an die Wäsche
„Mensch, sei doch nicht so scheiß-bürgerlich!“
Ingo Insterburg und Loni Heuser

Ein Nachteil des extrem großen Casts ist, dass die Handlung für so ne olle Klamotte echt kompliziert ist. Dauert denkt man – Moment, wer war das noch, warum macht er/sie dies oder das, was sind die Beziehungen? Man lese die grotesk lange Inhaltsangabe auf Wikipedia. Alle Nase lang werden Leute verwechselt und Pläne geschmiedet. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier um die Gastauftritte „drumrum“ geschrieben wurde, neben der üblichen Verwechslungs-Blaupause.

Die Grundprämisse ist schon recht abstrus – Carla Werner, genannt Charley, ist Fahrlehrerin. Jung und hübsch, wird ihr vom Fahrschüler (Hans Terofal, of all people) ans Knie gefasst. Sie hat es satt und kündigt, nachdem ihr Chef (Hubsi) kein Verständnis für ihre Pein hat. Ihre Freundin Lilo ist Prostituierte, diese reist für 3 Wochen in Urlaub. Sie übernimmt ihre Wohnung und schließlich auch ihren Job. Ihr erster Freier ist – Rudolf Schündler. Der prompt den Hintern versohlt bekommen will. Alter. You can’t make that shit up.

Gila von Weitershausen, Rudolf Schündler

„Hey, ich kündige meinen Job, weil ich von Hans Terofal ans Knie gefasst werde, und arbeite dann als Callgirl!“ Ich mein: Hä?

„Ich bin’s, der Karel! Ich singe jetzt mal komplett unmotiviert zwei Songs, um den Film auf 90 Minuten zu kriegen!“

Wie bereits erwähnt taucht auch Karel Gott auf, dessen zwei Songs man absitzen muss. Lustigerweise wird er, sobald er spricht, synchronisiert, wenn mich mein Ohr nicht täuscht von Gerd Duwner. Komplett sinnfreie Szene für einen Scheck von der Plattenfirma.

Nach geschlagenen 50 Minuten kommt dann der Auftritt von Heinz Erhardt als Vertreter für eine Art Raumerfrischer. Erhardt macht das beste aus dem Material, rettet den Film aber auch nicht in den paar Minuten.

Ein weiterer dieser deutschen Filme der Zeit, die man gesehen haben muss, um sie zu glauben. Immer wieder gibt es Szenen, bei denen ich mich fragte: Welche Drogen haben die sich damals reingepfiffen, um auf so was zu kommen? Auf jeden Fall durchaus interessant, wie Kurt Nachmann hier versucht, auch „die jungen Leute“, sprich: damalige Studierende, anzusprechen durch Sponti-Sprüche und Frivolitäten. Das ist schon ziemlich weit entfernt von spießigen Fleischbeschaufilmchen wie z. B. die Werke von Franz Antel – die ja kurioserweise oft auch von Nachmann geschrieben wurden, beispielsweise „Frau Wirtin bläst auch gern Trompete“. Fun fact: Nachmann hat 1969 alleine 10 (!), in Worten: zehn, Drehbücher geschrieben.

Auch wenn das schon a different kind of animal ist wie die Frau-Wirtin-Filme, merkt man durchaus, dass das Weltbild genauso altbacken und reaktionär ist wie sonst, denn die von Ingo Insterburg darstellte Figur als „Klischee-68er“ ist an Lächerlichkeit kaum zu überbieten. Wenn er da in einer gemusterten 70er-Jahre-Unnerbüchs rumturnt ist das schon harte Fremdscham.

Nicht ganz so haarsträubend durchgeknallt wie „Der Bettelstudent“, aber schon ein ziemliches Brett. Hat aber mehr Brüste, Autostunts (!) und Heinz Erhardt auf der Habenseite. Immerhin.

Was man allerdings nicht erwarten darf: Einen „Heinz-Erhardt-Film“, auch wenn er groß auf dem Cover ist. Sowohl bei der alten Videoauswertung in den 80ern als auch auf der neuen DVD von Filmjuwelen, die das Originalmotiv übernommen haben. Das grenzt schon an irreführende Werbung.

Durch Dick und Dünn (D 1951)

Regie: Theo Lingen

Buch: Theo Lingen, Fritz Eckhardt

Produktion: Willie Hoffmann-Andersen / Apollo-Film GmbH

Premiere: 21. September 1951

Lingens nächstes Projekt direkt nach „Hilfe, ich bin unsichtbar!“ war dieser Film, der im September 1951 uraufgeführt wurde, gerade mal gut zwei Monate nach der letzten Premiere. Es handelt sich bereits um seine 16. Regiearbeit. Ja, Theo Lingen hat auch oft Regie geführt, das war mir bis vor kurzem auch nicht bewusst. Die meisten der Filme sind heute eher vergessen, wie so viele Werke der 40er und 50er. Dieser hier war lange auch nur auf einer obskuren VHS erschienen, bis sich erneut das Label „Filmjuwelen“ erbarmte und ihn auf DVD veröffentlichte, erst dieses Jahr.

Hat sich also das Ausgraben gelohnt? Natürlich befinden wir uns hier im allseits beliebten Genre „Heile-Welt-Komödie“, aber es ist auch fast eine Art Autorenfilm – Lingen führte nicht nur Regie und übernahm die Hauptrolle, sondern schrieb auch zusammen mit Fritz Eckhardt das Drehbuch. Wer Lingen nur als Direktor Taft kennt – der Mann konnte so viel mehr.

Thematisch ist der Film mit Disneys „Ein toller Käfer“ (1968) verwandt – nur 17 Jahre eher. Es geht hier nämlich um ein Auto mit „Eigensinn“, das eine Art Bewusstsein hat und eigene Entscheidungen trifft, die den Menschen helfen. Interessante Sache. Ob es zuvor schon mal diese Idee in einem Film gab? Ideendiebstahl halte ich für eher unwahrscheinlich, glaube kaum, dass die Drehbuchautoren von Herbie diesen Film kannten.

Es gibt was zu erben – Thessy Kuhls, Fita Benkhoff, Theo Lingen

Theo Lingen ist hier das Familienoberhaupt einer gut bürgerlichen deutschen Mittelstandsfamilie, Vaddi, Muddi und drei Kinder. Er heißt Theodor Müller (ernsthaft) und ist Juwelier. Der jugendliche Sohnemann liest den ganzen Tag und nervt mit „verrückten Ideen“ und erzählt von Buddha, die Tochter hat die Haare schön und möchte gerne zum Film und das kleine Nesthäkchen ist nur da, um hier und da ein paar naseweise Sprüche loszulassen. Der Film beginnt auch geradezu idealtypisch mit der familiären Morgenroutine, immer gerne genommen. Wer blockiert das Bad, Papi hat doch keine Zeit und muss sich während des Frühstücks rasieren, der Kaffee wird kalt et cetera. Ein Brief macht Aufsehen – es gibt eine Erbschaft, ein als schrullig bekannter Onkel ist gestorben. Doch die familiäre Vorfreude verglüht schnell – es gibt nur Schulden zu erben. Und ein Auto. Die Freude ist nur kurz, denn das Auto entpuppt sich als alte Rostmühle. Doch in dem alten Ford steckt mehr – nicht nur, dass der Tank nie leer wird, sondern es hat noch einige Clous auf Lager.

Erste Ausfahrt mit dem „neuen“ Auto

Derweil wird die blonde Tochter Marlene von einem älteren Herrn umworben, der sich als Filmproduzent ausgibt und sie zum Star machen will. Wie jeder anständige Bürger weiß, sind das alles Ganoven und natürlich will er ihr nur an die jungfräuliche Wäsche. Zum großen Finale kommt es, als das Auto für Dreharbeiten eines Westerns entdeckt wird und Theo Lingen, Entschuldigung: Theodor Müller, zum rauschebärtigen Stuntfahrer wird. In einer herrlich überdrehten Actionszene, die aus einer Hal-Roach-Komödie stammen könnte, wendet sich alles zum Guten. Es folgt das obligatorische Happy-End.

Immer offen für die verrückten Ideen der Jugend

Werfen wir zunächst einen Blick auf den Cast. Natürlich ist Theo Lingen hier Dreh- und Angelpunkt, der Rest dürfte nur ausdrücklichen Fans des Genres was sagen. Fita Benkhoff (1901-1967) spielt die Ehefrau, sie war damals eine vielbeschäftigte und gelobte Komikerin, die in vielen Filmen Nebenrollen wie diese begleitete. Auch ihre Kinokarriere endete wie so viele in den 60ern, bevor sie 1967 mit nur 66 Jahren starb.

Tochter Marlene wird von der 22-jährigen Thessy Kuhls gespielt. Sie hatte eine eigenwillige Karriere: Das war eine ihrer ersten Rollen, dann kam gaaaanz vereinzelt noch was, bis sie ab den 80ern wieder vermehrt im Fernsehen auftauchte, in augenscheinlich eher kleineren Rollen, sogar in einigen Tatort-Episoden.

Der ältere Sohn Rolf wird von einem gewissen Dietrich Kühnel gespielt, der nach allen gängigen Quellen auch nur in diesem einzigen Film mitwirkte. Nicht mal ein Geburtsjahr ist bekannt. Der jüngere Sohn ist auch eine Eintagsfliege: Kinderdarsteller Hannes Hübner spielte drei Jahre später noch in der 1954er Version von „Emil und die Detektive“ eine kleine Rolle und verschwand dann von der Leinwand.

Wolle Klunker kaufen? Grethe Weiser, Siegfried Breuer

Grethe Weiser schaut auch wieder kurz vorbei, in einer kleinen, aber ganz amüsanten Rolle als Gräfin Donnersberg, die Diamanten an den Juwelierladen Müller verkaufen will und sich als Hochstaplerin und Mitglied einer Diebesbande entpuppt.

Der Film ist genretypisch eher harmlos, bieder und nur selten wirklich lustig. Die heitere Grundstimmung, die Präsenz von Lingen sowie die ganz nette Grundidee reißen es etwas raus, zudem ist er mit flotter Hand inszeniert und langweilt nicht. Natürlich besteht der Plot aus Versatzstücken, die man schon x-mal gesehen hat, gerade aus der heutigen Perspektive. In der bereits erwähnten Biographie wird der Film als „bedeutungslos“ für das deutsche Kino benannt, was nicht für großen Publikumserfolg spricht.

Und Action! Der „Film im Film“

Was aber nicht heißt, dass der geneigte Zuschauer hier durchaus 79 unterhaltsame Minuten verleben kann. Gerade die kleine Stummfilmkomödien-Hommage am Ende, die Dreharbeiten zum „Film im Film“, fand ich durchaus originell und amüsant. Theo Lingen war ja bekanntlich ein Fan von Laurel & Hardy und hat mit seinen Einleitungen in der Serie „Lachen Sie mit Stan und Ollie“ ab 1975 viel für die „Rehabilitierung“ dieser Ausnahmekomiker getan, die so viel mehr sind als dick und doof.

Sicherlich keine Sternstunde des deutschen Kinos, aber, ja, nett. „Für Fans“, wie es oft so schön heißt.

Die Moral von der Geschicht

Hilfe, ich bin unsichtbar! (D 1951)

Regie: E. W. Emo

Buch: Herbert Tjadens, Erwin Kreker, Kurt Werner

Produktion: Rolf Meyer / Junge Film-Union

Premiere: 7. Juli 1951

Und weiter geht die wilde Fahrt durchs deutsche Nachkriegskino. Das habe ich lange unterschätzt und weiträumig umfahren, wobei ich aber immer wieder kleine Perlen entdecke. Zudem lese ich gerade die tolle Biographie über Theo Lingen, daher war ich hier gerade im Thema. Also: Ein Theo-Lingen-Vehikel von 1951.

Fritz Sperling (Theo Lingen) spielt einen Geldeintreiber für überfällige Raten, der von Haus zu Haus geht und von säumigen Hausfrauen die 30 DM für den auf Pump gekauften Eisschrank oder ähnliches kassiert oder dies jedenfalls versucht. Neben seinem Job betätigt er sich als Hobbyforscher mit allerlei hoch technischer Gerätschaft in seiner Küche, die auch mal in besten Komödienmanier fotogen explodiert. Er findet einen Apparat, der unsichtbar macht. So treibt er allerlei Schabernack. Aber ach: Als er unsichtbar ist, geht der Apparat kaputt. Muss er nun für immer unsichtbar bleiben? Nein: Der Genuss von hochprozentigem Alkohol macht ihn zumindest zeitweise wieder sichtbar. Was wird seine Frau sagen, wenn ihr Mann entweder unsichtbar ODER betrunken ist?

Groteske Story, jepp! Find ich aber gut, endlich mal nicht der übliche Verwechslungs-08/15-Plot. Der Film nennt sich selbst im Vorspann „Filmgroteske“. Das Metzler Literatur-Lexikon schreibt: „Die Groteske vermischt demonstrativ und sinnzerstörend die Grenzen zwischen Komik und Tragik, Menschlichem und Animalischem. […] Zu den typischen Darstellungstechniken gehören: Paradoxie, Stilbruch, Metaphorik, überzeichnende Satire, nur partielle Komik, Übertreibung, Monstrosität, Exotismus, Mythisierung, Metamorphose und Phantastik“. Puh. Ich würde jetzt nicht unterschreiben, dass all das hier zutrifft, aber soweit ist es sicherlich korrekt: Es ist keine alltägliche Geschichte im deutschen Film, gerade durch das leicht phantastische Element. Der phantastische Film fristete und fristet in Deutschland leider ein Nischendasein.

Man könnte auch sagen: Es ist eine humoristische Version des klassischen „Unsichtbarer Mann“-Topos, das auch gerne als Gruselfilm wie z. B. die Universal-Version von 1933 von James Whale verwurstet wurde, deren Grundstory auf eine Geschichte von H. G. Wells zurückgeht.

Grundsätzlich lebt der Film von Theo Lingen, dem die Rolle hier offensichtlich auf den Leib geschrieben wurde. Es ist sicherlich hilfreich, wenn man ihn grundsätzlich mag und auch seine ganz eigene Art zu schätzen weiß. Er hat hier schon seine klassische „Theo Lingen“-Kunstfigur, das schlaksige, etwas arrogante, näselnde. Hier eher vom Typus „kleiner Mann von nebenan“ und nicht die üblichen Diener- und Lehrer-Figuren, die er oft spielte. Dazu kommt, dass er über weite Strecken des Films betrunken spielt, und das ist durchaus erheiternd. Er ist neben Heinz Erhardt auch bis heute mein Liebling unter den „klassischen“ deutschen Komikern. Seine Körperbeherrschung und das perfekte Timing sind immer wieder beeindruckend.

Inge Landgut (1922-1986) spielt die Ehefrau von Lingen. Sie war schon als Kind schauspielerisch aktiv und hat auch das Glück, in einem der wichtigsten frühen deutschen Filmen überhaupt mitzuwirken: Sie ist eines der Opfer in Fritz Langs „M – Eine Stadt sucht einen Mörder„. Die richtig große Karriere blieb ihr verwehrt, aber sie war bis in die 80er immer wieder mal in Film und vor allem im Fernsehen zu sehen. Auch in der Synchronisation war sie sehr aktiv.

Grethe Weiser (1903-1970) hat wie so oft eine kleine, aber durchaus vergnügliche Nebenrolle als Jugendfreundin und Inkassokundin, die als weinselige Sängerin und Möchtegern-Diva ihre Kodderschnauze zum Besten gibt.

„Da schlag ich lang hin und steh kurz wieder auf!“

Grethe Weiser als Frau Mahlow

In einer kleinen Rolle als Prof. Orsini haben wir mal wieder „Hubsi“, Hubert von Meyerinck. Hier noch mit Haaren (denke mal, das ist ne Perücke). Wir begegnen ihm bereits zum dritten Mal auf dieser Seite, ich habe bereits bei „An jedem Finger zehn“ und „Der müde Theodor“ einiges zu ihm geschrieben. Er war tatsächlich ein alter Bekannter von Theo Lingen, die beiden lernten sich bereits in den 20er Jahren in der Berliner Theaterszene kennen und wurden Freunde. (Ich kann Freunden des „alten“ deutschen Kinos wirklich nur die Theo-Lingen-Biographie „Das Spiel mit der Maske“ empfehlen. Sehr aufschlussreich.)

Hubsi als „mad scientist“
Unsichtbar oder nur nackt?

Zu guter Letzt noch ein paar Worte zum Regisseur. „E. W. Emo„, der eigentlich Emerich Josef Wojtek hieß und im damaligen Österreich-Ungarn geboren wurde, gehörte in den 30ern, 40ern und 50ern zu den produktivsten und erfolgreichsten Komödienregisseuren überhaupt. Alleine 21 (!) Filme mit Hans Moser gehen auf sein Konto, einige davon auch mit Lingen. Dieser Film hier ist schon seinem Spätwerk zuzurechnen. Seine letzte Kino-Arbeit ist von 1958, imdb listet insgesamt 80 Filme, beginnend noch in der Stummfilmära. Ein bisschen aus der Masse an Schlager- und Liebesfilmen herausstechend ist ein Film von 1929 mit dem Titel „Zwischen vierzehn und siebzehn – Sexualnot der Jugend„, der von einem Schwangerschaftsabbruch einer 15-jährigen handelt. Nicht gerade ein Thema, das man in einem deutschen Stummfilm von 1929 erwartet.

„Hilfe, ich bin unsichtbar!“ hat meine (zugegeben geringen) Erwartungen übertroffen. Straff und gut geschrieben mit pointierten Dialogen, dazu hübsche Unsichtbar-Spezialeffekte und ein Lingen in Höchstform. Sicherlich kein Meilenstein der Filmgeschichte, aber: Schöner, im Kontext der Entstehungszeit leicht „schräger“ Unterhaltungsfilm. Kann man auch heute noch goutieren. Ich hatte Spaß. Fans von Theo Lingen sollten auf jeden Fall zugreifen.

Der Film erschien 2021 vom verdienstvollen Label Filmjuwelen auf DVD.

Ooh … diese Ferien (Ö 1958)

Regie: Franz Antel

Buch: John Andersen

Produktion: Franz Hoffmann für Cosmos-Film

Premiere: 5. August 1958

Eine Welt, in der Leute noch Sätze wie „Der Herr Direktor lässt bitten“ sagen und kesse Teenager, Entschuldigung: Backfische, noch „Monika“ heißen. Ach ja, die Fünfziger. Wirtschaftswunder, dicke Autos, die Taschen quellen über vor Geld und alles macht den ganzen Tag nur Urlaub, bevorzugt in Italien. So wollen es viele Filme der Zeit zumindest darstellen.

Hier haben wir also ein Werk des österreichischen Vielfilmers Franz Antel, der uns hier ja schon öfter begegnet ist und der heute vielleicht eher noch für seine Sexklamotten der späten 60er und frühen 70er bekannt ist, weil die doch eher mal im Nachtprogramm von RTL plus liefen als solche Filme wie dieser. Wer könnte schon unsterbliche Filmtitel wie „Frau Wirtin bläst auch gern Trompete“ vergessen?

„Familie fährt in Italienurlaub und erlebt Abenteuer“ war die Prämisse einiger Filme der Zeit. Hier hat Drehbuchautor John Andersen (seine einzige Filmarbeit, ist das vielleicht ein Pseudonym?) noch etwas Krimi eingebaut – eine Handvoll finstere Gesellen wollen nicht näher benannte Geheimpapiere über die Grenze schmuggeln und verstecken diese in einem Auto. Durch eine Verwechslung kauft Familie Petermann diesen Wagen und fährt direkt in den Urlaub, die Gesellen wollen natürlich die Papiere und verfolgen sie.

Besagte Prämisse lässt mich auch direkt an den Heinz-Erhardt-Film „Das kann doch unseren Willi nicht erschüttern“ von 1970 denken, Buch und Regie Rolf Olsen. Zufällig spielt der hier als Schauspieler mit in einer kleinen Rolle als etwas dümmlicher Ganove namens Otto Muffler, Zufälle gibt’s. Er fing in den 50ern primär als Darsteller an, hier und da etwas Drehbucharbeit, und wurde erst ab 1961 zum Regisseur einer wilden Filmographie, von Roy Black (Schwarzwaldfahrt aus Liebeskummer) bis Exploitation (Ekstase – Der Prozeß gegen die Satansmädchen).

Wer also schon immer wissen wollte, wie Rolf Olsen aussah, here you go:

Der Film ist sicherlich mit „ganz nett“ gut beschrieben. Anspruchslose Unterhaltung, hier mal was zum Schmunzeln, hier mal etwas angedeutete Spannung, entspannte Menschen am Strand, ein gut aufgelegter Georg Thomalla, der wie immer sympathisch grandelnde Hans Moser, man muss nicht dauernd schleimende Schlagersänger ertragen – man kann es schlechter treffen im deutschen Nachkriegskino. Im zweiten Akt sind einige Längen zu verzeichnen. Natürlich darf auch ne kleine love story nicht fehlen, die fesche Monika, erwähntes Backfischmädel, verknallt sich im Hormonkoller natürlich postwendend in einen der Ganoven, der sich bei ihrer Familie bekannt macht, um sie auszuspionieren.

Zwischen den beiden gibt es diesen kleinen Dialog, der wunderbar das Frauenbild der Zeit auf den Punkt bringt. Liest das dusselige Mädchen doch tatsächlich ein Buch am Strand, ha! Frauen brauchen doch keine Bildung, die werden doch eh geheiratet:

Zu Georg Thomalla (1915-1999) hatte ich hier schon einiges geschrieben. Hier sehen wir ihn ziemlich in der Mitte seiner Filmographie in den für ihn sehr produktiven 50er Jahre. Alleine 1958 spielte er in vier (!) Filmen mit. Kleines unnützes Wissen nebenbei: Er war auch Synchronsprecher und hat u. a. Peter Sellers in den Pink-Panther-Filmen seine Stimme geliehen.

Die finsteren Ganoven

Heidi Brühl (1942-1991) war damals ein Publikumsmagnet, gerade durch die Immenhof-Reihe auch ein Schwarm aller Mädels. Immenhof war quasi das Bibi und Tina der 50er. Grinsende Mädels mit Pferden halt. Sie spielte in allerlei Unterhaltungsfilmgedöns wie hier mit und war auch als Sängerin erfolgreich. 1991 verstarb sie an Krebs. Kurios: In der 1. Staffel von der Mini Playback Show auf RTL plus bildete sie zusammen mit Roberto Blanco und „Lümmel“ Hansi Kraus die Jury. Noch etwas unnützes Wissen für den nächsten Party-Smalltalk. Gern geschehen.

Hans Moser und Filmenkelin

Der Österreicher Hans Moser (1880-1964), bürgerlich Johann Julier, hat auch eine von diesen fast unüberschaubaren Filmographien, die bis in die Stummfilmzeit zurück gehen. Neben diesem Film hier spielte er in dem Jahr noch in 5 anderen Filmen mit, wohl oft als etwas skurrile Nebenfigur wie hier. 1956 war sein Rekordjahr mit 8 Filmen. Unglaublich, was die damals in diesen Jahren so rausgeballert haben.

Die Frau von Georg Thomalla wird von einer gewissen Hannelore Bollmann (* 1925) gespielt. Sie hatte in den 50ern einige kleinere Rollen, oft in den Filmen von Franz Antel. Nicht ganz zufällig – denn sie war seine Ehefrau. Und ja, die lebt offenbar noch und geht stramm auf die 100 zu.

Bislang der erträglichste Film von Franz Antel, der mir vor die Augen gekommen ist. Kann man sich durchaus auch heute noch ohne Schmerzen ansehen.

Es gab mal eine DVD, die ist offenbar out of print, aber recht günstig zu bekommen. Eine Ausstrahlung des Hessischen Rundfunks findet man auch.

Hans Moser beim Angeln und zwei fesche Knaben

Bühne frei für Marika (D 1958)

Regie: Georg Jacoby

Buch: Helmuth M. Backhaus

Produktion: Walter Koppel für Real-Film

Premiere: 14. August 1958

50er-Jahre-Revuefilm. Uff. Aber der Cast machte mich neugierig. Natürlich das primär ein Vehikel für den schon damals angestaubten Star Marika Rökk (1913-2004), die hier schon etwas ihre beste Zeit hinter sich hatte und zudem noch als begeisterte Mitläufern und Hitlerfangirl etwas politisch angezählt war. Dennoch hatte sie auch in den 50ern noch einige Erfolge, scheint viele Deutsche nicht gestört zu haben. Gut, das Schicksal teilt sie mit vielen Künstler*innen ihrer Generation, auch wenn sie sich nicht glaubwürdig mit „innerem Exil“ herausreden konnte, zu eindeutig waren doch ihre Aussagen (bei Interesse sei auf Wikipedia verwiesen).

Doch zu diesem Film. Unbedeutender Revuefilm in Technicolor-Bonbonfarben, wie immer: fadenscheinige Handlung, um eine Reihe von Sing- und Tanzeinlagen irgendwie grobmaschig zusammenzudengeln.

Die „Handlung“ dreht sich um eine kleine Künstleragentur, der die zugkräftigen Künstler fehlen. Marion Müller (Rökk) leitet diese Agentur, und sie kommen auf die Idee, sie als „Marika Karoly“ als ungarische Diva zu vermarkten. Verwechslungskomödie, Klappe die 3525te. Wird dann natürlich zuerst zum Erfolg, dann fliegt sie als Hochstaplerin auf („Was erlaubt sich dieses Frauenzimmer!“), alles schlimm, aber huch, es gibt doch ein Happy End. Zwischendurch wird getanzt und gesungen.

Aber es gibt hier doch einiges zu entdecken. Schaun wir doch mal.

Roberto Blanco

Jawoll: Roberto „Ein bisschen Spaß muss sein“ Blanco (* 1937), süße 20 Jahre jung, noch gaaaanz am Anfang seiner Karriere, singt einen Schmachtfetzen namens „Echo-Blues“. Er wird nur in einer Totalen vor einem grünen Hintergrund gezeigt, ganz lässig mit Händen in den Hosentaschen, dann bekommen wir für den Rest des Songs eine künstlerisch wertvolle Ballett-Einlage vor die Linse:

Tatsächlich vielleicht die interessantesten drei Minuten des Films.

Ebenfalls noch vor dem großen Durchbruch bekommen wir auch den jungen Harald Juhnke (1929-2005) geboten. Er spielt Frank Flemming, einen Klatschreporter des örtlichen Käseblatts. Und Johannes Heesters (1903-2011, nein, kein Tippfehler) ist der große Co-Star von Rökk. Hier ist er quasi in der „mittleren“ Phase seiner ewig dauernden Karriere, aber am Zenit der Kinokarriere, die hier langsam aber sicher ausläuft. Irgendwie spielt er hier sehr steif, reißt dauernd unnatürlich die Augen auf beim Reden und overactet wie Sau. Keine Ahnung, ob das so sein Stil oder ob er hier nen schlechten Tag hatte, dafür kenne ich zu wenig seiner Filme. (Bis jetzt. Die Wahrscheinlichkeit ist recht hoch, dass er mir nicht zum letzten Mal vor die Flinte läuft.)

Einer der kuriosesten Szenen des Films. Ich frage mich echt, ob das damals total harmlos war, oder ob sie das bewusst so durch die Zensur gemogelt haben. Echt, jetzt Uschi Muschi-Musch?

Regisseur Georg Jacoby (1882-1964), gebürtiger Mainzer, war nicht nur ein routinierter Regisseur, sondern ab 1940 auch der Ehemann von Marika Rökk. Schon praktisch, wenn man Berufs- und Privatleben zu schön verbinden kann.

Seine Regie-Karriere umspannte die Jahre von 1913 (!) bis 1960. Er arbeitete 33-45 auch für die Nazi-UFA brav weiter und hatte, wie seine Ehefrau, auch nach dem Krieg wegen seiner NSDAP-Mitgliedschaft erst mal Betätigungsverbot. Aber schon 1950 drehte er munter weiter, als wäre nichts gewesen.

Die finale große Revue hat wohl 90 % des Budgets verschlungen, große Bühnen, Kostüme und sogar ne kleine Science-Fiction-Einlage. Hier wird geklotzt und nicht gekleckert. Ob deswegen der Rest des Films eher poplig aussieht?

Die „Raumfahrt“ ist sehenswert, da kann Kubricks 2001 echt einpacken:

Über die Klischee-„Buschmänner“ aus der Mottenkiste schweigen wir mal dezent.

Irgendwo auch ein typischer Vertreter der Zeit. Ansonsten historisch kaum von Belang und auch sonst von eher fragwürdigem Unterhaltungswert. Für alle Hardcore-Fans von Roberto Blanco natürlich Pflichtprogramm. Sollte es 2022 noch so etwas geben.

Der Film hat es in Deutschland offenbar weder auf VHS noch auf DVD geschafft (jepp, einer von denen) und auch sonst ist online kaum Information zu finden. Die letzte auf ofdb dokumentierte Fernsehausstrahlung war 2007, im Dritten um 13.00 Uhr weggesendet. Auf diversen Streaming-Portalen ist er aber zu finden, aber auch (mutmaßlich legal) auf YouTube zu finden in überraschend guter Qualität.

Hokuspokus oder: Wie lasse ich meinen Mann verschwinden…? (D 1966)

Regie: Kurt Hoffmann

Buch: Eberhard Keindorff, Johanna Sibelius nach Curt Goetz

Produktion: Hans Domnick, Heinz Angermeyer

Premiere: 3. März 1966

Die Reise durch die Niederungen des deutschen Nachkriegskinos hält immer wieder Überraschungen parat. Wie diesen Film. Basierend auf dem Theaterstück von Curt Goetz (1888-1960), das 1926 erstmals erschien, haben wir es hier mit einem weiteren Remake zu tun. Der Stoff wurde bereits 1930 und 1953 verfilmt, hier also schon Version Nummer 3. Was den Film allerdings durchaus bemerkenswert macht, ist die Ausstattung und Kameraarbeit. Diese sind, gerade für 1966, verblüffend. Der Film verleugnet nicht die Theaterbühne, die Sets sind abstrakt, sehr modern und hier und da fast Avantgarde. Viel weiß, viel monochrom, wenn Farben, dann satte Primärfarben. Auch Kameraeinstellungen und Kamerafahrten weichen oft vom Üblichen ab. Visuell ein hochinteressanter Film.

Agda Kjerulf (Liselotte Pulver) betrauert ihren Mann, den begabten, aber erfolglosen Maler Hilmar Kjerulf (Heinz Rühmann). Zuerst heißt es, er wäre bei einem Unfall ertrunken, nun ist die Frage: War es Mord? Agda wird angeklagt. Doch nichts ist so wie es scheint.

Publikumswirksam mit Liselotte Pulver und Heinz Rühmann besetzt, überzeugt der Film auch mit geschliffenen, geistreichen Dialogen und einer wilden Story mit einigen Twists, die mit dem Begriff „Krimi-Farce“ wohl gut beschrieben ist. Der Autor Curt Goetz galt damals auch als einer der besten Komödienschreiber im deutschsprachigen Raum. Von den 1950ern bis in die 1970er hinein wurden viele seiner Bühnenstücke verfilmt. In der 1953-Version dieses Stückes spielte er auch die Rolle des Hilmar Kjerulf.

Ein paar Eindrücke über den visuellen Stil des Films:

Der zweite Teil des Films spielt hauptsächlich im Gerichtssaal, der ebenfalls lichtdurchflutet und modernistisch ausgestattet ist (oben zu sehen).

Regisseur Kurt Hoffmann (1910-2001) war in den 50ern und 60ern einer der Topregisseure fürs leichte Unterhaltungsfach. Heute am bekanntesten ist wohl die 53er Version von „Das fliegende Klassenzimmer“ (die mit Paul Dahlke), „Ich denke oft an Piroschka“ (ebenfalls mit Pulver) oder die Thomas-Mann-Verfilmung „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull„. Er hat

Im Cast ragen natürlich die damals sehr populären Heinz Rühmann und Liselotte Pulver heraus, gerade Rühmann trägt den Film. Die restlichen Rollen sind alle solide besetzt, viele erfahrene und vielbeschäftigte Darsteller*innen, die man damals oft in Film und Fernsehen sah, viele darunter alte Hasen vom Theater. So richtig herausstechend fand ich nur den jungen Gert Haucke (1929-2008), der hier schon seinen patentierten bösen Blick zeigt. Seine Performance als abgrundtief böser, eiskalter, schmierlappiger und gewissenloser Ganove in der Derrick-Folge „Alarm auf Revier 12“ (1975) bleibt mir unvergessen.

Ein junger Gert Haucke als Polizist

Heinz Rühmann und Lieselotte Pulver dürften auch heute noch den meisten ein Begriff sein. Rühmann (1902-1994), gerne als „größter deutscher Schauspieler des Jahrhunderts“ bezeichnet, war hier schon eher im Herbst seiner Karriere. Von den 30ern bis in die 60ern war der „Heinz-Rühmann-Film“ fast ein eigenes Genre. Hier jetzt sein Leben darzulegen würde den Rahmen sprengen. Er wird uns hier sicherlich nicht zum letzten Mal begegnen.

Pulver, Rühmann

Lieselotte Pulver (* 1929 – ja, sie lebt tatsächlich noch, ich war auch erstaunt), gebürtige Schweizerin, war in den 50ern und 60ern einer DER Topstars und hatte einen Leinwandhit nach dem nächsten. Heute doch eher für deutsche leichte Muße wie „Das Spukschloss im Spessart“ oder für ihre langjährige Rolle in der deutschen „Sesamstraße“ bekannt, drehte sie auch in Amerika und Frankreich viele interessante Filme, mit Leuten wie Douglas Sirk, Billy Wilder oder Jean Gabin.

Leichtfüßige, aber nicht dumme Unterhaltung. Der Stoff war halt auch 1966 schon etwas angestaubt, wie gesagt, die Bühnenfassung stammt wie gesagt aus den 1920ern. Humoristisch jetzt nichts, was einem grölend unter den Tisch schickt, aber weder klamaukig-zappelig-albern noch übertrieben schmalzig. Immerhin. Visuell nicht uninteressant. Eine kleine Perle im viel gescholtenen deutschen Kino. Wie sich der Film im Vergleich mit den beiden älteren Fassung schlägt, vermag ich mangels Sichtung nicht zu beurteilen.

Auf DVD vom Label „Filmjuwelen“ in einem schicken Schuber zu haben, wie viele Filme mit Rühmann.

Derrick: Angst (D 1976)

Regie: Theodor Grädler

Buch: Herbert Reinecker

Produktion: Helmut Ringelmann / ZDFORF und SF

Premiere: 7. März 1976

Der wohlhabende Unternehmer Dr. Hertel (Hans Dieter Zeidler), ein stiernackiger Choleriker, hält sich Irene, eine junge hübsche Studentin (Uschi Glas), wie ein Haustier. Er bezahlt Miete und Studium, dafür muss sie sich zur Verfügung halten. Doch sie lernt einen jungen Mann (Bernd Herzsprung) kennen und lieben. Dr. Hertel wird eifersüchtig und erwürgt Irene.

Seine verhuschte, aus Angst vor dem Ehemann fast gelähmte Ehefrau Franziska (Heidelinde Weis) gibt ihm nach Druck ein falsches Alibi. Andere Beweise gibt es nicht, oder doch? Derrick ahnt, dass er der Mörder ist, kann es aber nicht beweisen. Wird er das Psycho-Duell gewinnen?

Eine fast kammerspielartige Krimiperle aus der Frühzeit von „Derrick„. Gerade das Zusammenspiel von Hans Dieter Zeidler und Heidelinde Weis als Ehepaar gepaart mit der oft bemerkenswerten Kameraarbeit lässt doch hier und da Theaterfeeling aufkommen. Gerade Heidelinde Weis, die über weite Strecken kaum was sagt, weiß mit Gestik und Mimik unheimlich viel zu erzählen, schauspielerisch ganz großes Kino.

Ein paar Kleinigkeiten trüben das grundsätzlich positive Bild. Grundsätzlich ist die Mordszene schon bemerkenswert, immerhin sehen wir hier Sauberfrau und „Schätzchen der Nation“ Uschi Glas als Mordopfer. Leider ist der Mord an sich sehr kurz und unrealistisch. Wenn es so einfach und schnell wäre, einen Menschen zu ersticken, würde nie mehr jemand anders morden. In einer Flashback-Szene später sieht man eine kurze Sequenz, die hier nicht auftaucht, ich könnte mir vorstellen, dass die Szene vom ZDF etwas „entschärft“ wurde (dieser POV-Shot), um die Uschi-Glas-Fans nicht unnötig zu verstören. Immerhin lief das damals um 20.15 Uhr.

Derrick hat hier einen besonderen Moment – er verliert die Beherrschung. Kommt selten vor, aber wenn, dann richtig:

„Sie Schwein! Sie VERDAMMTES Schwein!“

Aber auch eine Prise Humor fehlt nicht, Derrick und Stephan kabbeln sich hier und da.

Klein: „Was macht denn Frau Hertel für einen Eindruck?“
Derrick: „Klein, blass … nicht überzeugend!“
Klein: „Das siehst Du alles durchs Telefon?“
Derrick: „Du, ich kann Dich nicht leiden!“

Das Ende geht unter die Haut, ohne jetzt hier groß zu spoilern. Eine der besten Folgen von Regisseur Theodor Grädler, der sonst eher zu den schwächeren Derrick-Filmern gehört und oft für schnarchnasige und langweilige Folgen verantwortlich ist.

Die Kompanie der Knallköppe (D 1971)

Regie und Buch: Rolf Olsen

Produktion: Karl Spiehs / Lisa Film

Premiere: 3. Dezember 1971

Uff. Immer wenn ich denke, ich habe den Bodensatz der allseits beliebten deutschen Komödie erreicht, kommt etwas um Eck wie dieser Film und belehrt mich eines besseren.

Auch den gibt es aktuell im Stream bei Prime, wo er mir von der allmächtigen Algorithmus-Gottheit auch prompt ans cinephile Herz gelegt wurde. Ein Blick in den Cast machte mich neugierig. Obwohl es eine Produktion der – natürlich – Lisa Film GmbH ist, sind hier doch einige Schauspieler*innen am Start, die man primär aus der Lümmel aus der ersten Bank-Reihe der „Konkurrenz“ Seitz Filmproduktion kennt. Zudem hat Regisseur Rolf Olsen nur ein Jahr zuvor den durchaus unterhaltsamen Heinz-Erhardt-Film „Das kann doch unseren Willi nicht erschüttern“ (auch hier schon besprochen) gedreht, den ich im Großen und Ganzen ganz gerne mag. Ruth Stephan und Hans Terofal sind hier auch wieder dabei. Rolf Olsen – genau, treue Leser*innen dieser Seite kennen ihn auch schon als Regisseur des unglaublichen Trash-Exploitationfestes „Ekstase – Der Prozeß gegen die Satansmädchen„.

Naja – wie der Titel vermuten lässt, handelt es sich hierbei um eine der damals relativ trendigen Militärklamotten, wie es sie in der Zeit zuhauf gab, oft auch aus Italien. Wer auf bairisch babbelnde Scherzbolde in Uniform steht, wird hier viel erbauliches Anschauungsmaterial finden. „Die Parole heißt Lachen!“, sagt das Filmplakat. Dann muss es ja auch stimmen.

Direkt im Vorspann dürfen wir schon Rudolf Schündler mit angeklebtem Kinnbart und mit einer Art Rennfahrer-Overall bekleidet als „verrückten Erfinder“ bewundern, der sein Labor in die Luft fliegen lässt und sich dann freut, dass er mit seiner Erfindung, ein Dutzend Luftballons, auch fliegen kann. Zu allem Übel ist er auch noch schlecht nachsynchronisiert. So ungefähr legt das schon mal das Niveau des Films fest. Der arme Mann, immerhin hat er Filme mit Fritz Lang und Dario Argento gemacht und muss hier nun den Suppenkasper mimen und kriegt noch eine fremde Stimme aufgedrückt. Dagegen war die Rolle des Studienrat Knörz direkt Shakespeare.

Ein anderer Handlungsstrang dreht sich um das Duo aus Eddi Arent und Ilja Richter, die als Staubsaugervertreter lustige Abenteuer erleben und Sprüche reißen, die selbst Fips Asmussen als zu platt abgelehnt hätte. Eddi Arent kann durchaus witzig sein (seine Sidekick-Einlagen in den Edgar-Wallace-Filmen sind legendär), er bekommt hier halt nichts vom dürftigen Drehbuch geboten. Ilja Richter ist schrill, zappelig und nervig wie immer und lustig wie ne Eiterbeule bei Mondenschein. Hansi Kraus alias „Pepe Nietnagel“ hat auch eine kleine Rolle ohne besondere Vorkommnisse. Und Kurt Nachmann, der uns hier auch als Drehbuchautor schon mehrfach begegnet ist (er hat viel mit Franz Antel gemacht), darf auch seinen Backenbart mal wieder Gassi führen.

Natürlich gibt es eine Verwechslung – besagter Erfinder soll ein neues Rettungssystem erfinden, den Automatischen Rettungs-SCHirm – abgekürzt A.R.SCH (ja, im Ernst). Das hat alles noch nicht so ganz geklappt. Daher bricht das große Zittern aus, als eine Besichtigung durch hochrangige Militärs angekündigt wird. Natürlich werden die beiden Vertreter für diese gehalten. Echt, super lustig. So was hat man noch nicht gesehen!

Hans Terofal ist zwar hier auch „trottelig“, muss sich aber zumindest nicht dauernd besaufen, sondern darf einen schnittigen Bundeswehr-Fummel auftragen und auch mal mit dem Jeep durchs bayerische Dorf kacheln. Mal was anderes. Er hat hier überhaupt eine ungewohnt große Rolle und darf auch mal schauspielerisch was anderes zeigen als den Depp vom Dienst, der von allen verachtet und gequält wird. Er ist hier durchaus ein Lichtblick. In einem Paralleluniversum hätte er vielleicht so etwas wie der neue Karl Valentin werden können.

Ein kleines Highlight ist eine Szene, in der Terofal den auf dem Bauch liegenden Gunter Philip mit heruntergezogener Hose verarztet. Dieser hat eine Ladung Schrot in den Allerwertesten bekommen, und Terofal entfernt die zahlreichen Kugeln mit einem riesigen Magneten, was so absurd-cartoonhaft ist, dass ich mir zumindest ein amüsiertes Schmunzeln nicht verkneifen konnte. Tatsächlich das einzige im ganzen Film. Eine Szene wie aus einem Tex-Avery-Cartoon. (Leider lässt Prime keine Screenshots zu, daher müsst ihr euch dieses Bild leider vorstellen.)

Der ganze Kappes ist damals erstmals von VPS auf Video ausgewertet worden. Es gibt auch eine DVD von einem Ramschlabel. Aber ganz im Ernst, selbst als Freund der Zeit und Komödienfan – erspart es euch. Das grenzt an Körperverletzung.

Maskenball bei Scotland Yard (Ö/ITL 1963)

Regie: Domenico Paolella
Produktion: Franz Antel und Carl Szokoll 
Premiere: 23. August 1963

Lustig, wie sich der Algorithmus von Prime langsam, aber sicher an meine dortigen Sichtungen von komischen alten Filmen anpasst. Dieser Film ist dort nun ganz frisch drin und wird mir auch prompt als persönliche Empfehlung angezeigt. Mhm, ein von Franz Antel co-produzierter Film, der in Italien gedreht wurde und in dem Trude Herr und Bill Ramsey mitspielen? Oh, und Herbert Fux in einer Nebenrolle! OK, klingt schräg genug, um hier gewürdigt zu werden! Dann mal her damit.

Zunächst – der Titel ergibt überhaupt keinen Sinn und hat mit der Handlung nichts zu tun. Nada. Niente. Er dient lediglich dazu, den damals aktuellen Schlager von Bill Ramsey zu promoten. Als Untertitel (und vielleicht eigentlich geplanter „richtiger“ Titel?) wird „Die Geschichte einer unglaublichen Erfindung“ genannt, was der Sache schon näher kommt.

Single des titelgebenden Schlagers

Ich dachte zuerst, das sei vielleicht wegen „Scotland Yard“ eine Parodie auf die damals angesagten Edgar-Wallace-Filme, aber weit gefehlt. Das fängt schon damit an, dass der Film nicht in England spielt, wie man vielleicht meinen könnte, sondern in Italien, genauer: in Rom. Was tatsächlich eine der Stärken des Films ist. In schönen, grobkörnigen Schwarzweiß gedreht gelingen immer wieder wunderbare Bilder aus dem damaligen, noch kriegsgezeichneten Rom, sodass hier und da fast ein Hauch Neorealismus oder Novelle vague durch den Film weht.

Doch leider haben wir es hier mit einer ziemlich dürftigen Komödie zu tun, durchsetzt mit aktuellen Schlagern. Quasi ein „Schlagerlustspiel“, nur halt mal nicht am Wörthersee oder in Tirol, sondern in Bella Roma.

Agostino Celli (Ramsey), Klischee „verrückter Erfinder“, behauptet ein Gerät erfunden zu haben, mit dem er sich jederzeit ins laufende Fernsehprogramm einklinken kann. Beim Test wird er prompt von der Polizei eingefangen und landet im „Irrenhaus“ (um im Duktus des Films zu bleiben).

Bill Ramsey als Agostino Celli

Sein Freund Giorgio Bonetti (Stelvio Rosi) glaubt ihm und ist zufällig auch Werbespezialist. Er wittert das geschäftliche Potenzial dieses Geräts und will damit seinen Tanten helfen, die eine Kuchenfabrik besitzen, deren Kuchen zwar hochgelobt, aber zu wenig gekauft wird. Reklame können sie sich so nicht leisten, und nun soll „illegale“ Fernsehwerbung mit dem Zaubergerät die angeschlagene Fabrik retten.

Der „verrückte Erfinder“ bei der Arbeit
Komödienhandbuch, Seite 3: Kein Irrenhaus ist komplett ohne Napoleon

Natürlich sind weder die Fernsehsender noch die Konkurrenz davon entzückt, sodass ein Rennen um das Gerät beginnt. Als Maulwurf wird Brenda (France Anglade) eingeschleust, die als „Agentin“ dem Fernsehsender Hinweise gibt, wo und wann das Programm gestört werden soll. Natürlich verliebt sie sich in den schnieken Giorgio, Dilemma incoming. Und auch die Polizei ist ihnen als „Piratensender“ auf den Fersen. Und als wäre das nicht genug, treffen sie auch noch die resolute Maddalena (Trude Herr), die eine Hühnerfarm besitzt. Als dann die Kuchen-Tanten auch noch verhaftet werden, überschlagen sich die Geschehnisse.

Die Prämisse mit dem Wundergerät finde ich für eine Komödie durchaus interessant – technisch natürlich Quatsch mit Soße, aber durchaus humoristisches Potenzial. Um so erstaunlicher ist es, wie wenig der Film daraus macht. Generell ist hier viel „lustig gemeint“, aber so schlecht performt und/oder getimt, dass man sich die Haare raufen will ob der vertanen Chancen.

Bill Ramsey (1931-2021), der Amerikaner, der eigentlich den Jazz im Blut hatte und ab 1958 in Deutschland mit ironischen, amerikanisch klingenden Schlagern eine paar Jahre sehr erfolgreich war, ist ein sympathisches Kerlchen. Aber kein guter Schauspieler. OK, muss man als Musiker auch nicht sein. Durch seine Körperlichkeit und Mimik hat er hier doch durchaus ein paar der lustigeren Momente (auf niedrigem Gesamtniveau) zu verantworten.

Die obligatorischen Lieder zwischendurch sind zumindest alle im erträglichen Bereich. Im Gegensatz zu anderen Filmen, in denen wenigstens versucht wird, die Songs irgendwie sinnvoll in die Handlung einzubinden, kommen die hier einfach so ohne Sinn und Verstand. Oft dann als Fernsehübertragung „getarnt“.

Neben dem ganz netten Heut’ ist Maskenball bei Scotland Yard von Bill Ramsey kriegen wir hier noch einiges geboten. Selbst der blutjunge Rex Gildo (1936-1999) schaut mal vorbei und steht singend die Holde anflehend am Auto („Maddalena“).

Rex Gildo

Eine gewisse Hannelore Auer trällert „Eine Insel am Ende der Welt“. Mhm. Sagt mir so jetzt nichts. Siehe da: Das ist seit 1979 die Frau von Heino. Stimmt, Heino und Hannelore. Da war mal was. In der Zeit hatte sie ein paar kleine Erfolge als Sängerin und wurde gerade von Franz Antel gerne in seinen Filmen promotet.

Peppino di Capri ist auch im Fernsehen zu sehen, als italienischer Beitrag, mit dem Song „Let’s Twist Again„. Zuerst dachte ich, das sei Buddy Holly. Aber sowohl die Musik, ein relativ wilder Twist, noch die Zeit passten, er ist ja schon 1959 gestorben. Siehe da: di Capri wird auch als „italienischer Buddy Holly“ bezeichnet. Was so eine Brille doch ausmacht. Der Kollege brachte wohl den Twist nach Italien und war in der Zeit sehr erfolgreich. Immerhin spielte er mit seiner Band als Vorgruppe bei der Italien-Tournee der Beatles.

Das doppelte Lottchen (Kessler-Zwillinge)

Die Kessler-Zwillinge (Alice und Ellen) sind auch mit am Start. Auch so eine kuriose Showbiz-Erscheinung der Zeit. Sie waren hier schon eher am Ende ihrer Musikkarriere, die erste Single erschien 1958, die letzte 1963. Der Clou war natürlich, dass sie sich a) sehr ähnlich sahen und b) auch durchaus hübsch waren. Lange waren sie als „german girls“ auch international bekannt. Gerade in Italien waren sie wohl recht erfolgreich, wo sie auch gut 20 Jahre lebten, wie ich gerade auf Wikipedia gelernt habe.

Und auch, dass sie sich 1975 für den italienischen Playboy naggisch gemacht haben. Aha. Auch Dinge, die ich eigentlich nie wissen wollte. Immer wieder spannend, was Recherchen zu obskuren Filmen so alles auftun.

Aber zurück zum Film. Herausragend ist sicherlich der Song „So ein Mann“ von Trude Herr, pfiffiger und durchaus frivoler Text für 1963. Komponiert und geschrieben von Werner Twardy (1926-1977) und Kurt Schwabach (1898-1966).

„So ein Mann ist ein komisches Gewächs
Wenn er sexy ist, dann hat er Sex für sechs
Aber ist er temperamentlos
Ja, dann langweilt er mich endlos!
So ein Mann ist ein komisches Gewächs
Ist er nett zu mir bekomm‘ ich ’nen Komplex
Wenn ich den Komplex nicht bald verdrängen kann
Komm‘ ich niemals, komm‘ ich niemals zu ’nem Mann
Und das wär‘ doch schade – bitte schau’n Sie mich mal an!“

Trude Herr, „So ein Mann“

Noch ein paar Worte zum Regisseur Domenico Paolella (1915-2002). Nach Anfängen im Experimental- und Dokumentarfilm war er primär in den 1960ern tätig und drehte allerlei Genrekost, wie die meisten italienischen Regisseure der Zeit. Alles dabei, von Sandalenfilm bis Italowestern. 1973 drehte er den Nunsploitation-Knaller „Der Nonnenspiegel“ (Storia di una monaca di clausura), den könnten Italo-Fans vielleicht noch kennen.

Ach ja, „Find den Fux“! Herbert Fux taucht hier in einer Szene auch auf, noch recht jung und unzerknittert, als Polizist bei der Szene mit der Flucht aus dem „Irrenhaus“. Leider ohne Foto, da man bei Prime leider Gottes keine Screenshots machen kann. Wer’s nachsehen will: Um Minute 23. Ich meine, er ist auch nachsynchronisiert, hab ihn bei der Erstsichtung gar nicht erkannt.

Was bleibt ist ein weiterer, weitgehend vergessener Schlagerfilm aus den frühen 60ern. Das Flair von Rom macht ihn etwas besonders, da gibt es doch immer wieder mal echt schöne Bilder. Humoristisch leider ne ziemliche Bauchlandung. Die Lieder sind ertragbar bis ganz nett.

Vor allem: Es gab bislang keine Rezensionen und kaum Infos zu diesem Film, imdb und ofdb sind da blank. Ich betrete also wieder mal filmisches Neuland. Für euch. Sagt bloß, das wär nichts.

Wer mal reinschauen will – wie gesagt, aktuell bei Prime zu besichtigten, ansonsten gibt es noch zwei ramschige alte DVD-Ausgaben und er ist auch mal bei UFA als VHS erschienen. Kurioserweise beginnt der Stream auch mit dem alten UFA-Vorspann („Deutschlands große Film-Profis“), wie er in den 80ern auf VHS zu sehen war. Ich vermute, die DVD basiert auf der VHS, und der Stream auf der DVD. Lustig.

Immer Ärger mit den Paukern (D 1968)

Regie: Harald Vock

Buch: August Rieger, Janne Furch

Produktion: Karl Spiehs / Lisa Film

Premiere: 18. Oktober 1968

Lisa Film war immer gut darin, bestehende Trends auszunutzen. So ist es nicht verwunderlich, dass nach dem großen Erfolg von „Die Lümmel von der ersten Bank“ der Konkurrenz (Franz Seitz Filmproduktion) schnell ein „Trittbrettfahrer“-Film kam. So entstand „Immer Ärger mit den Paukern“ sogar noch im gleichen Jahr wie das „Original“, was schon ahnen lässt, dass das mit recht heißer Nadel gestrickt wurde. Die Lümmel kamen im April 1968 in die Kinos, dieser hier im Oktober. Im Dezember kam dann schon die „echte“ Seitz-Fortsetzung (Zum Teufel mit der Penne).

Als Regisseur wurde der damalige Unterhaltungschef des NDR, Harald Vock, verpflichtet, es war seine erste Regiearbeit. Er sollte in den nächsten Jahren noch einige ähnliche Filme für Lisa Film inszenieren und sich danach wieder auf seinen Fernsehjob konzentrieren.

Während des Vorspanns sehen wir Roy Black in einem Ford Mustang Cabrio (so mit das coolste im ganzen Film) durch die österreichischen Berge düsen, dazu läuft seine deutsche Coverversion von Louis Armstrongs Klassiker What a Wonderful World, damals noch recht aktuell (1967 erschienen), hier in der germanischen Schmalzversion namens Wunderbar ist die Welt.

Dann sehen wir Peter Weck als Studienrat Dr. Berger beim Angeln. Seine Verlobte kommt an, schimpft, dass er immer nur mit seinen Fischen zugange ist und nicht mit ihr, und wirft ihren Verlobungsring in den Weiher, was ihn erstaunlich wenig tangiert, dafür beißt zeitgleich ein Fisch an, was Anlass zu etwas lustigem Gehampel im Wasser ist.

Peter Hartung (Roy Black) hat inzwischen genug vom Mustang-Fahren und ist mit seinen beiden Beifahrern, Kumpel Hans Werner (Roland Astor) und Bruder Paul (Jan Koester), eingekehrt. Da erfahren wir auch den großen Masterplan. Klassischer Komödienplot: Irgendwer muss verwechselt werden oder die Rollen tauschen. Hans Werner will nach zwei erfolglosen Versuchen das Abitur abhaken und erste Erfahrungen als Journalist sammeln, derweil soll Peter für ihn unter seinem Namen die neue Schulbank drücken, damit sein Vater nichts merkt. Der halbwüchsige Paul ist dort ebenfalls im Internat.

Roy Black, Uschi Glas, am Anbandeln

Auf dieser Prämisse aufbauend folgen dem üblichen Rezept der Pauker-Filme einzelne Episödchen mit mehr oder weniger lustigen Schüler-Streichen am gebeutelten Lehrkörper. Natürlich gibt es noch etwas Love Story zwischendurch, ach ja, und „Schätzchen“ Uschi Glas spielt auch mit. Roy Black und Uschi Glas, quasi die deutschen Brad Pitt und Angelina Jolie der Zeit.

Ein Beispiel für einen dieser Streiche: Sie deponieren einen Lautsprecher in einem überdimensionalen Briefkasten, der vor der Schule steht. Via Mikro spricht Roy Black den vorbeilaufenden Peter Weck an, er bräuchte Hilfe, er sei durch den Schlitz in den Briefkasten gelandet und käme nun nicht wieder raus. Weck zweifelt an seinem Verstand. Thomalla kommt vorbei, dem er es erzählt. Natürlich schweigt der Briefkasten und Weck wird zuerst für betrunken und dann für verrückt erklärt.

Der kleine Bruder ruft derweil die Polizei, ein verrückter nackter Mann würde rumlaufen. Weck ist inzwischen im Büro des Schulleiters, dort trifft dann auch die Polizei ein, die natürlich ihn für den entsprungenen Verrückten hält, weil er erregt vom Mann im Briefkasten erzählt. Natürlich kommt auch die gute alte Zwangsjacke zum Einsatz, weil das einfach super lustig ist, wenn Leute zwangseingewiesen werden. Zum Totlachen! Bevor es zum Äußersten kommt, klärt sich allerdings der Streich auf, weil der kleine Bruder beim Entfernen des Lautsprechers erwischt wird.

Derweil bandelt der gute Roy mit der Verlobten von Dr. Berger an, also seinem Lehrer. Die eigentlich wesentlich älter sein müsste als er, aber hey. Am Ende versöhnt sie sich natürlich wieder mit ihrem Anglermann, und Uschi und Roy reiten auf dem Mustang in den Sonnenuntergang, während die Schmalzmusik aus dem Intro wieder läuft.

Man braucht auf jeden Fall schon viel guten Willen, Roy Black als Oberstufenschüler zu akzeptieren, sieht er hier aus heutiger Sicht doch eher wie 40 aus. Tatsächlich war er 25. Mensch, irgendwie sahen die Leute früher immer 10-20 Jahre älter aus. Wie auch immer, natürlich wurde Roy nicht unbedingt wegen seines genialen method actings engagiert, sondern mehr als Name fürs Plakat und als Sangesknabe, denn auch Singles wollten ja verkauft werden. Im Laufe des Films muss er noch öfter mal die Stimmbänder schwingen lassen. Immerhin wird die Altersfrage im Film selbst angesprochen und für einen Gag genutzt, sie wussten, dass er als „Pennäler“ ein ziemlicher Casting-Missgriff war.

Georg Thomalla

Georg Thomalla ist hier quasi das Gegenstück zu Theo Lingen in den „richtigen“ Lümmel-Filmen, als Schulleiter Direktor Dr. Schwabmann. Er ist hektisch, ziemlich naiv und hat einen Sporttick, andauernd hüpft und turnt er durch die Gegend, selbst beim Telefonieren. In seinem Büro sind mehrere Terrarien mit exotischen Tieren, die natürlich auch Teil einiger Streiche oder Gags werden.

Der kleine Bruder Paul ist zwischendurch die „Lausbubenstreiche“ verantwortlich, die leider komplett vorhersehbar und unkreativ sind. Die Bereiselungsanlage im voll besetzten Saal anschalten oder Waschmittel in die Suppe zu schütten damit es lustig schäumt ist jetzt nicht gerade originell. Da gab’s bei den Lümmel-Filmen ganz andere Kaliber, bis hin zum vorgetäuschten Suizid.

Generell wird leider zu oft hektisch zappeln, overacten und Grimassen schneiden mit Humor und gekonntem Slapstick verwechselt. Die Wortwitze sind lahm und haben fast alle einen Bart.

Die pure Anarchie!

Noch ein paar Worte zur Besetzung. Roy Black (1943-1991) dürfte auch Nicht-Zeitgenossen durchaus heute noch ein Begriff sein, quasi als Inbegriff des schnulzigen Schlagers. Der Mann, der ja eigentlich Gerhard Höllerich hieß, ist aber auch ein Symbol für die erbarmungslose Schlagerwelt – im Herzen Rocker, verabscheute er seine eigene Musik. Aber nach dem Erfolg mit „Ganz in weiß“ gab es kein Zurück. Bis heute ist ungeklärt, ob sein früher Tod ein Suizid war oder nicht. Eigentlich ein trauriges Leben, trotz all des Erfolgs und Ruhms.

In seiner „heißen Phase“ hat er auch einige Filme gedreht, meist anspruchsvolle Unterhaltung wie dieser hier, bisschen lustig, bisschen singen, klassisches Lisa-Film-Terrain. Hab da noch einige vorliegen, die kommen sicherlich auch früher oder später hier zu Ehren. Ab 1975 war aus seiner Karriere ziemlich die Luft raus, erst kurz vor seinem Tod bekam er mit der Lisa-RTL-Coproduktion „Ein Schloß am Wörthersee“ wieder eine Hauptrolle.

Uschi Glas (* 1944) war damals auch auf dem Zenit und wurde mit Bravo-Ottos zugeschüttet. Ihre Karriere lief fast zeitgleich zu Blacks, inklusive der Delle nach 1975. Eine lange Fernsehkarriere folgte, sie ist bis heute hier und da noch zu sehen. Ansonsten bliebt sie wohl mit fragwürdiger Faltencreme und peinlichen CDU-Wahlkampf im kollektiven Gedächtnis. Auch ne Leistung.

Zu Peter Weck hab ich hier schon das Wichtigste geschrieben.

Zu Georg Thomalla (1915-1999). Puh, wo fängt man da an? Einer der Menschen, auf die der Begriff „Hansdampf in allen Gassen“ passt. Komiker, Theaterrampensau, Schauspieler, Sänger, Synchronsprecher – es gibt kaum einen Bereich der Unterhaltung, in dem er nicht tätig war. Und das von den 40er bin in die 90er. Natürlich war auch auch Stammgast in den unzähligen deutschen Kino-Lustspielen der 60er und 70er, eigentlich erstaunlich, dass er uns hier auf unserer Reise durch die Niederungen noch gar nicht begegnet ist. Wird sicherlich nicht das letzte Mal gewesen sein.

1988 war er zu Gast in der Bremer Talkshow „3 nach 9“ (die es ja bis heute gibt) und plauderte glänzend gelaunt aus seinem Leben. Sehr interessant.

Doch zurück zum Film. Peter Weck und Georg Thomalla können beide durchaus witzig sein, doch selbst mit viel Grundsympathie und gutem Willen gibt es kaum mehr als ein paar Schmunzler. Verschenktes Potential. Das Drehbuchteam August Rieger und Janne Furch hat da den beiden leider wenig brauchbares Material geliefert.

August Rieger (1914-1984) hat in der Zeit einiges an Drehbüchern geliefert, er hat sich zum Beispiel auch die „Story“ für den schon besprochenen Rhein-Mops-Film „Zwei Rebläuse auf dem Weg zur Loreley“ aus der Hirnrinde geleiert. Seine Filmographie ist reines Trash-Gold, wie ich gerade feststelle, der wird sicherlich nicht zum letzten Mal unsere Wege durch die tiefen Täler des deutschen Filmschaffens kreuzen.

Janne Furch (1915-1992) hat insofern eine Sonderstellung im damaligen Kino, weil sie eine der ganz ganz wenigen Drehbuchautorinnen war. Ab 1954 schrieb sie einige Komödien, Romanzen und Schlagerfilme und war gerade in der „Hochzeit“ um 1960 herum überaus produktiv. Eines ihrer letzten Werke war tatsächlich „Klein Erna auf dem Jungfernstieg“ (1969), ein kein besonders guter Film, der aber viele schöne Aufnahmen aus Hamburg bietet und zudem mit Heidi Kabel und Heinz Erhardt zwei Hamburger Urgesteine an Bord hat. Ist so spontan auch der einzige Film, den ich kenne. Der Rest klingt nach biederer Heimatfilm-Hausmannskost: Schön ist die Liebe am Königssee, So liebt und küßt man in Tirol oder Die Försterchristel klingen so verlockend nicht.

Jan Koester als „Lausbub“ Paul – in einem der optisch interessantesten Bilder des ganzen Films

Wenn man das hier gesehen hat, weiß man die „echten“ Lümmel-Filme direkt mehr zu schätzen. Weck und Thomalla retten die Nummer etwas. Roy Black schaut nur mit seinem üblichen Hundeblick und zwei Gesichtsausdrücken in die Welt und Uschi Glas bleibt blasses Hübsch-Mäuschen (hat immerhin eine Szene im Bikini, wer’s mag). Die ganze Liebesdreieckstory ist a) schräg, weil der Schüler die Ex-Verlobte seines Lehrers datet und b) derart am Reißbrett entworfen und vorhersehbar.

Sicherlich keine Sternstunde des deutschen Kinos, das war sicher auch nicht der Plan. Das ist ein reines Konsumprodukt, ein schneller cash grab. Zumindest dauert der Film auch nur stramme 76 Minuten. Für etwas Kurzweil nebenbei kann man sich den schon mal geben. Ansonsten: Die Lümmel von der ersten Bank, Teile 1 und 5, sind für mich noch immer die besten Paukerkomödien. Die sind wesentlich satirischer, böser und auch lustiger als diese weichgespülte Schnulzi-Version hier. Und ohne singenden Roy Black, dafür mit dem großen Theo Lingen. Und Hansi Kraus ist verglichen mit dem „Lausbub“ hier direkt Starkomiker. „Man fasst es nicht!“

Aktuell ist er bei Prime im Abo enthalten. Ansonsten gibt es auch eine preiswerte DVD auf einer dieser Gurkenlabels. Die VHS ist damals bei UFA als schöne Hartbox erschienen.