Charley’s Onkel (D 1969)

Regie: Werner Jacobs

Buch: Kurt Nachmann

Produzent: Allianz Film Produktion GmbH, Berlin (Heinz Willeg),
Terra Filmkunst

Premiere: 18. April 1969

Ein Film wie ein Fiebertraum. Ein weiterer Baustein in meiner selbst gesteckten Challenge, alle Filme mit Beteiligung von Heinz Erhardt zu sichten, und das ist wohl das skurrilste Machwerk, in dem er je auftauchte. Er hat hier auch nur eine kleine Rolle, mehr ein Cameo. Aber was für ein Cast! Wer hätte beispielsweise gedacht, dass es wirklich einen Film gibt, in dem Heinz Erhardt und Karl fucking Dall mitwirken? Mindblowing. Leider sind sie nie in einer Szene, das hätte wohl einen Riss in der Humor-Matrix gegeben.

Hier wird allerlei aufgefahren an großen Namen des damaligen Komödienschaffens. Regisseur Werner Jacobs ist ein alter Haudegen im Gerne und kurbelte allerlei lustig gemeintes und sollte ein paar Jahre später noch drei der vier „Willi“-Filme mit Erhardt drehen. Autor Kurt Nachmann ist uns hier auch schon des Öfteren über den Weg gelaufen, später dazu mehr.

Was den Film etwas besonders macht – hier treffen Opas Pantoffelkino und 68er Anarcho-Humor aufeinander. Der Clou an dem Film ist „Insterburg & Co“, die Band um Ingo Insterburg, zu der eben auch Karl Dall gehörte. Ein Running-Gag ist, dass Insterburg sich konstant über alles „Scheiß-Bürgerliche“ echauffiert.

Sonst kommt hier echt eine beeindruckende Kollektion von deutschen Spaßnasen zusammen, viele alte Bekannte des Genres. Von den alten Haudegen wie Hubert von Meyerinck und Willy Millowitsch bis hin zur damals aktuellen Generation wie Gila von Weitershausen (die nominelle Hauptrolle) und besagte Insterburg & Co.

Willy Millowitsch und Heinz Erhardt

Quasi der Avengers des deutschen Lustspiels. Gustav Knuth in einer Doppelrolle! Erna Sellmer, die sich auch noch als Mann verkleidet! Gunther Philipp! Edith Hancke! Ralf Wolter! Hans Terofal! Herbert Weißbach! Ja, sogar der von mir bekanntlich sehr geschätzte Rudolf Schündler! Viele nur in kurzen Gastauftritten, aber dennoch schon beeindruckend. Sogar der spätere Komödien- und Exploitation-Regisseur Rolf Olsen hat einen Auftritt (ja, der mit den Satansmädchen). Das damalige Sexsternchen Andrea Rau zieht mal blank und als Sahnehäubchen auf diese Torte des Kartoffel-Wahnsinns schaut noch mal ein junger Karel Gott vorbei, in „seinem ersten deutschen Spielfilm“, wie der Trailer stolz verkündet.

Gila von Weitershausen, Hans Terofal

Als wäre das alles nicht schon bizarr genug: Wir schreiben das Jahr 1969. Erfolgreiche Filme müssen Brüste haben. Und wir haben hier allerlei Nuditäten zu bewundern, es geht um käufliche Liebe. Willy Millowitsch lüstern wie Nachbars Lumpi eine (vermeintliche) Nutte jagen zu sehen hat schon etwas von einem Fiebertraum nach einer Überdosis seltsamer Filme und Eierlikör. Aber: Ja, dieser Film existiert.

Nebenbei: Wer auf nackte Tatsachen von Gila von Weitershausen hofft, dürfte eher enttäuscht werden, es gibt eine Umkleideszene von hinten, wenn man blinzelt, verpasst man es. In „Der Bettenstudent“, wo sie ja auch mitwirkte, kann ich mich zumindest an keine Nackedei-Szene erinnern. Sie in der Zeit in vielen seltsamen Filmen der frühen Sex-Welle mitgewirkt, mal sehen, was uns in „Engelchen macht weiter – hoppe, hoppe Reiter“ oder „Köpfchen in das Wasser, Schwänzchen in die Höh„, beite auch von 1969, so für Abenteuer erwarten, sofern ich die in die Finger kriege. Abenteuer deutsches Nachkriegskino.

Willy Millowitsch will Gila von Weitershausen an die Wäsche
„Mensch, sei doch nicht so scheiß-bürgerlich!“
Ingo Insterburg und Loni Heuser

Ein Nachteil des extrem großen Casts ist, dass die Handlung für so ne olle Klamotte echt kompliziert ist. Dauert denkt man – Moment, wer war das noch, warum macht er/sie dies oder das, was sind die Beziehungen? Man lese die grotesk lange Inhaltsangabe auf Wikipedia. Alle Nase lang werden Leute verwechselt und Pläne geschmiedet. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier um die Gastauftritte „drumrum“ geschrieben wurde, neben der üblichen Verwechslungs-Blaupause.

Die Grundprämisse ist schon recht abstrus – Carla Werner, genannt Charley, ist Fahrlehrerin. Jung und hübsch, wird ihr vom Fahrschüler (Hans Terofal, of all people) ans Knie gefasst. Sie hat es satt und kündigt, nachdem ihr Chef (Hubsi) kein Verständnis für ihre Pein hat. Ihre Freundin Lilo ist Prostituierte, diese reist für 3 Wochen in Urlaub. Sie übernimmt ihre Wohnung und schließlich auch ihren Job. Ihr erster Freier ist – Rudolf Schündler. Der prompt den Hintern versohlt bekommen will. Alter. You can’t make that shit up.

Gila von Weitershausen, Rudolf Schündler

„Hey, ich kündige meinen Job, weil ich von Hans Terofal ans Knie gefasst werde, und arbeite dann als Callgirl!“ Ich mein: Hä?

„Ich bin’s, der Karel! Ich singe jetzt mal komplett unmotiviert zwei Songs, um den Film auf 90 Minuten zu kriegen!“

Wie bereits erwähnt taucht auch Karel Gott auf, dessen zwei Songs man absitzen muss. Lustigerweise wird er, sobald er spricht, synchronisiert, wenn mich mein Ohr nicht täuscht von Gerd Duwner. Komplett sinnfreie Szene für einen Scheck von der Plattenfirma.

Nach geschlagenen 50 Minuten kommt dann der Auftritt von Heinz Erhardt als Vertreter für eine Art Raumerfrischer. Erhardt macht das beste aus dem Material, rettet den Film aber auch nicht in den paar Minuten.

Ein weiterer dieser deutschen Filme der Zeit, die man gesehen haben muss, um sie zu glauben. Immer wieder gibt es Szenen, bei denen ich mich fragte: Welche Drogen haben die sich damals reingepfiffen, um auf so was zu kommen? Auf jeden Fall durchaus interessant, wie Kurt Nachmann hier versucht, auch „die jungen Leute“, sprich: damalige Studierende, anzusprechen durch Sponti-Sprüche und Frivolitäten. Das ist schon ziemlich weit entfernt von spießigen Fleischbeschaufilmchen wie z. B. die Werke von Franz Antel – die ja kurioserweise oft auch von Nachmann geschrieben wurden, beispielsweise „Frau Wirtin bläst auch gern Trompete“. Fun fact: Nachmann hat 1969 alleine 10 (!), in Worten: zehn, Drehbücher geschrieben.

Auch wenn das schon a different kind of animal ist wie die Frau-Wirtin-Filme, merkt man durchaus, dass das Weltbild genauso altbacken und reaktionär ist wie sonst, denn die von Ingo Insterburg darstellte Figur als „Klischee-68er“ ist an Lächerlichkeit kaum zu überbieten. Wenn er da in einer gemusterten 70er-Jahre-Unnerbüchs rumturnt ist das schon harte Fremdscham.

Nicht ganz so haarsträubend durchgeknallt wie „Der Bettelstudent“, aber schon ein ziemliches Brett. Hat aber mehr Brüste, Autostunts (!) und Heinz Erhardt auf der Habenseite. Immerhin.

Was man allerdings nicht erwarten darf: Einen „Heinz-Erhardt-Film“, auch wenn er groß auf dem Cover ist. Sowohl bei der alten Videoauswertung in den 80ern als auch auf der neuen DVD von Filmjuwelen, die das Originalmotiv übernommen haben. Das grenzt schon an irreführende Werbung.

Ooh … diese Ferien (Ö 1958)

Regie: Franz Antel

Buch: John Andersen

Produktion: Franz Hoffmann für Cosmos-Film

Premiere: 5. August 1958

Eine Welt, in der Leute noch Sätze wie „Der Herr Direktor lässt bitten“ sagen und kesse Teenager, Entschuldigung: Backfische, noch „Monika“ heißen. Ach ja, die Fünfziger. Wirtschaftswunder, dicke Autos, die Taschen quellen über vor Geld und alles macht den ganzen Tag nur Urlaub, bevorzugt in Italien. So wollen es viele Filme der Zeit zumindest darstellen.

Hier haben wir also ein Werk des österreichischen Vielfilmers Franz Antel, der uns hier ja schon öfter begegnet ist und der heute vielleicht eher noch für seine Sexklamotten der späten 60er und frühen 70er bekannt ist, weil die doch eher mal im Nachtprogramm von RTL plus liefen als solche Filme wie dieser. Wer könnte schon unsterbliche Filmtitel wie „Frau Wirtin bläst auch gern Trompete“ vergessen?

„Familie fährt in Italienurlaub und erlebt Abenteuer“ war die Prämisse einiger Filme der Zeit. Hier hat Drehbuchautor John Andersen (seine einzige Filmarbeit, ist das vielleicht ein Pseudonym?) noch etwas Krimi eingebaut – eine Handvoll finstere Gesellen wollen nicht näher benannte Geheimpapiere über die Grenze schmuggeln und verstecken diese in einem Auto. Durch eine Verwechslung kauft Familie Petermann diesen Wagen und fährt direkt in den Urlaub, die Gesellen wollen natürlich die Papiere und verfolgen sie.

Besagte Prämisse lässt mich auch direkt an den Heinz-Erhardt-Film „Das kann doch unseren Willi nicht erschüttern“ von 1970 denken, Buch und Regie Rolf Olsen. Zufällig spielt der hier als Schauspieler mit in einer kleinen Rolle als etwas dümmlicher Ganove namens Otto Muffler, Zufälle gibt’s. Er fing in den 50ern primär als Darsteller an, hier und da etwas Drehbucharbeit, und wurde erst ab 1961 zum Regisseur einer wilden Filmographie, von Roy Black (Schwarzwaldfahrt aus Liebeskummer) bis Exploitation (Ekstase – Der Prozeß gegen die Satansmädchen).

Wer also schon immer wissen wollte, wie Rolf Olsen aussah, here you go:

Der Film ist sicherlich mit „ganz nett“ gut beschrieben. Anspruchslose Unterhaltung, hier mal was zum Schmunzeln, hier mal etwas angedeutete Spannung, entspannte Menschen am Strand, ein gut aufgelegter Georg Thomalla, der wie immer sympathisch grandelnde Hans Moser, man muss nicht dauernd schleimende Schlagersänger ertragen – man kann es schlechter treffen im deutschen Nachkriegskino. Im zweiten Akt sind einige Längen zu verzeichnen. Natürlich darf auch ne kleine love story nicht fehlen, die fesche Monika, erwähntes Backfischmädel, verknallt sich im Hormonkoller natürlich postwendend in einen der Ganoven, der sich bei ihrer Familie bekannt macht, um sie auszuspionieren.

Zwischen den beiden gibt es diesen kleinen Dialog, der wunderbar das Frauenbild der Zeit auf den Punkt bringt. Liest das dusselige Mädchen doch tatsächlich ein Buch am Strand, ha! Frauen brauchen doch keine Bildung, die werden doch eh geheiratet:

Zu Georg Thomalla (1915-1999) hatte ich hier schon einiges geschrieben. Hier sehen wir ihn ziemlich in der Mitte seiner Filmographie in den für ihn sehr produktiven 50er Jahre. Alleine 1958 spielte er in vier (!) Filmen mit. Kleines unnützes Wissen nebenbei: Er war auch Synchronsprecher und hat u. a. Peter Sellers in den Pink-Panther-Filmen seine Stimme geliehen.

Die finsteren Ganoven

Heidi Brühl (1942-1991) war damals ein Publikumsmagnet, gerade durch die Immenhof-Reihe auch ein Schwarm aller Mädels. Immenhof war quasi das Bibi und Tina der 50er. Grinsende Mädels mit Pferden halt. Sie spielte in allerlei Unterhaltungsfilmgedöns wie hier mit und war auch als Sängerin erfolgreich. 1991 verstarb sie an Krebs. Kurios: In der 1. Staffel von der Mini Playback Show auf RTL plus bildete sie zusammen mit Roberto Blanco und „Lümmel“ Hansi Kraus die Jury. Noch etwas unnützes Wissen für den nächsten Party-Smalltalk. Gern geschehen.

Hans Moser und Filmenkelin

Der Österreicher Hans Moser (1880-1964), bürgerlich Johann Julier, hat auch eine von diesen fast unüberschaubaren Filmographien, die bis in die Stummfilmzeit zurück gehen. Neben diesem Film hier spielte er in dem Jahr noch in 5 anderen Filmen mit, wohl oft als etwas skurrile Nebenfigur wie hier. 1956 war sein Rekordjahr mit 8 Filmen. Unglaublich, was die damals in diesen Jahren so rausgeballert haben.

Die Frau von Georg Thomalla wird von einer gewissen Hannelore Bollmann (* 1925) gespielt. Sie hatte in den 50ern einige kleinere Rollen, oft in den Filmen von Franz Antel. Nicht ganz zufällig – denn sie war seine Ehefrau. Und ja, die lebt offenbar noch und geht stramm auf die 100 zu.

Bislang der erträglichste Film von Franz Antel, der mir vor die Augen gekommen ist. Kann man sich durchaus auch heute noch ohne Schmerzen ansehen.

Es gab mal eine DVD, die ist offenbar out of print, aber recht günstig zu bekommen. Eine Ausstrahlung des Hessischen Rundfunks findet man auch.

Hans Moser beim Angeln und zwei fesche Knaben

Die Kompanie der Knallköppe (D 1971)

Regie und Buch: Rolf Olsen

Produktion: Karl Spiehs / Lisa Film

Premiere: 3. Dezember 1971

Uff. Immer wenn ich denke, ich habe den Bodensatz der allseits beliebten deutschen Komödie erreicht, kommt etwas um Eck wie dieser Film und belehrt mich eines besseren.

Auch den gibt es aktuell im Stream bei Prime, wo er mir von der allmächtigen Algorithmus-Gottheit auch prompt ans cinephile Herz gelegt wurde. Ein Blick in den Cast machte mich neugierig. Obwohl es eine Produktion der – natürlich – Lisa Film GmbH ist, sind hier doch einige Schauspieler*innen am Start, die man primär aus der Lümmel aus der ersten Bank-Reihe der „Konkurrenz“ Seitz Filmproduktion kennt. Zudem hat Regisseur Rolf Olsen nur ein Jahr zuvor den durchaus unterhaltsamen Heinz-Erhardt-Film „Das kann doch unseren Willi nicht erschüttern“ (auch hier schon besprochen) gedreht, den ich im Großen und Ganzen ganz gerne mag. Ruth Stephan und Hans Terofal sind hier auch wieder dabei. Rolf Olsen – genau, treue Leser*innen dieser Seite kennen ihn auch schon als Regisseur des unglaublichen Trash-Exploitationfestes „Ekstase – Der Prozeß gegen die Satansmädchen„.

Naja – wie der Titel vermuten lässt, handelt es sich hierbei um eine der damals relativ trendigen Militärklamotten, wie es sie in der Zeit zuhauf gab, oft auch aus Italien. Wer auf bairisch babbelnde Scherzbolde in Uniform steht, wird hier viel erbauliches Anschauungsmaterial finden. „Die Parole heißt Lachen!“, sagt das Filmplakat. Dann muss es ja auch stimmen.

Direkt im Vorspann dürfen wir schon Rudolf Schündler mit angeklebtem Kinnbart und mit einer Art Rennfahrer-Overall bekleidet als „verrückten Erfinder“ bewundern, der sein Labor in die Luft fliegen lässt und sich dann freut, dass er mit seiner Erfindung, ein Dutzend Luftballons, auch fliegen kann. Zu allem Übel ist er auch noch schlecht nachsynchronisiert. So ungefähr legt das schon mal das Niveau des Films fest. Der arme Mann, immerhin hat er Filme mit Fritz Lang und Dario Argento gemacht und muss hier nun den Suppenkasper mimen und kriegt noch eine fremde Stimme aufgedrückt. Dagegen war die Rolle des Studienrat Knörz direkt Shakespeare.

Ein anderer Handlungsstrang dreht sich um das Duo aus Eddi Arent und Ilja Richter, die als Staubsaugervertreter lustige Abenteuer erleben und Sprüche reißen, die selbst Fips Asmussen als zu platt abgelehnt hätte. Eddi Arent kann durchaus witzig sein (seine Sidekick-Einlagen in den Edgar-Wallace-Filmen sind legendär), er bekommt hier halt nichts vom dürftigen Drehbuch geboten. Ilja Richter ist schrill, zappelig und nervig wie immer und lustig wie ne Eiterbeule bei Mondenschein. Hansi Kraus alias „Pepe Nietnagel“ hat auch eine kleine Rolle ohne besondere Vorkommnisse. Und Kurt Nachmann, der uns hier auch als Drehbuchautor schon mehrfach begegnet ist (er hat viel mit Franz Antel gemacht), darf auch seinen Backenbart mal wieder Gassi führen.

Natürlich gibt es eine Verwechslung – besagter Erfinder soll ein neues Rettungssystem erfinden, den Automatischen Rettungs-SCHirm – abgekürzt A.R.SCH (ja, im Ernst). Das hat alles noch nicht so ganz geklappt. Daher bricht das große Zittern aus, als eine Besichtigung durch hochrangige Militärs angekündigt wird. Natürlich werden die beiden Vertreter für diese gehalten. Echt, super lustig. So was hat man noch nicht gesehen!

Hans Terofal ist zwar hier auch „trottelig“, muss sich aber zumindest nicht dauernd besaufen, sondern darf einen schnittigen Bundeswehr-Fummel auftragen und auch mal mit dem Jeep durchs bayerische Dorf kacheln. Mal was anderes. Er hat hier überhaupt eine ungewohnt große Rolle und darf auch mal schauspielerisch was anderes zeigen als den Depp vom Dienst, der von allen verachtet und gequält wird. Er ist hier durchaus ein Lichtblick. In einem Paralleluniversum hätte er vielleicht so etwas wie der neue Karl Valentin werden können.

Ein kleines Highlight ist eine Szene, in der Terofal den auf dem Bauch liegenden Gunter Philip mit heruntergezogener Hose verarztet. Dieser hat eine Ladung Schrot in den Allerwertesten bekommen, und Terofal entfernt die zahlreichen Kugeln mit einem riesigen Magneten, was so absurd-cartoonhaft ist, dass ich mir zumindest ein amüsiertes Schmunzeln nicht verkneifen konnte. Tatsächlich das einzige im ganzen Film. Eine Szene wie aus einem Tex-Avery-Cartoon. (Leider lässt Prime keine Screenshots zu, daher müsst ihr euch dieses Bild leider vorstellen.)

Der ganze Kappes ist damals erstmals von VPS auf Video ausgewertet worden. Es gibt auch eine DVD von einem Ramschlabel. Aber ganz im Ernst, selbst als Freund der Zeit und Komödienfan – erspart es euch. Das grenzt an Körperverletzung.

Ekstase – Der Prozeß gegen die Satansmädchen (D 1979)

Regie, Buch: Rolf Olsen (als „Emerson Fox“ im internationalen Vertrieb)

Produktion: Rudolf Kalmowicz

Premiere: 14. April 1979

Auf Video als „Ekstase – Horrortrip der Satanssekte“ erschienen.

„Ein Horrorfilm der Gegenwart! Dieser Film, den das Fernsehen nie zeigen darf, wurde nach authenischen Berichten über das Unwesen und die gefährlichen Folgen des Treibens der Satans-Sekten gedreht. Junge Menschen, die sich einem teuflischen Ritus verschreiben, die sich in Wahnvorstellungen steigern und das Grauen zur Religion machen, bis der Horror, den sie sich wünschen, sie selbst vernichtet.“

Klappentext der VHS-Ausgabe

„Der Film den das Fernsehen nicht zeigen darf!“ schreit das Videocover dieses obskuren Filmchens, das 1979 ins Kino kam und 1983 noch ein Stelldichein in Deutschlands Videotheken hatte, um danach bis heute vom Bildschirm zu verschwinden.

Aufmerksam wurde ich darauf wegen des Regisseurs Rolf Olsen, der hier, wohl zu Recht um seinen guten Ruf besorgt, unter dem Pseudonym „Emerson Fox“ tätig war. Den gebürtigen Österreicher kenne ich primär als Schöpfer nett-harmloser Komödien wie „Das kann doch unsren Willi nicht erschüttern“ (1970) mit Heinz Erhardt. Allerdings hat er 1982 mit dem großartigen Krimi „Blutiger Freitag“ mit Raimund Harmstorf auch harte Genrekost geliefert, er scheint sich wohl in vielen Genres ausgetobt zu haben.

Produziert wurde dieser Reißer von einem Herrn namens Rudolf Kalmowicz (1915-2007), der auch vorher schon mehrfach mit Olsen zusammenarbeitete und 1975 den Film „Reise ins Jenseits – Die Welt des Übernatürlichen“ auf die Menschheit losließ, der dem Mondo-Genre zugerechnet wird. Und der – man staune – gar auf DVD zu haben ist.

Wer gerade mit dem Ausdruck „Mondo“ nichts anfangen kann, soll geholfen werden. Ich zitiere der Einfachheit halber Wikipedia:

Mondo (italienisch für „Welt“) oder Mondo-Film bezeichnet ein Filmgenre, dessen Filme im pseudodokumentarischen Stil angeblich wahre Sitten und Gebräuche von Menschen aus aller Welt und scheinbar authentische Darstellungen von Sexualität und Gewalt zeigen. Auf diese Weise sollten die Filme anklagend und aufrüttelnd wirken und Ausdruck einer Zivilisationskritik sein. Die Filme wurden hauptsächlich in den 1960er und 1970er Jahren in Italien produziert.“

Hier haben wir also augenscheinlich so eine Art Gerichtsdrama mit Exploitation- und Mondo-Elementen. Wild! Zudem hat der Cast mit der Dänin Anne Magle, Britt Corvin und Sylvia Engelmann einige junge Damen an Bord, die sonst primär im Nackedei-Film und auch im Hardcore-Porno der 70er zu Hause sind. Gedreht wurde in München und laut Wikipedia auch in diversen afrikanischen Ländern.

Kurz: Größer könnte der Kontrast zu „Das kann doch unsren Willi nicht erschüttern“ nicht sein. Ich bin gespannt, was uns hier erwartet.

Worum geht es hier also? Vier Damen mit den wunderschönen Namen Lotte Senkiewicz, Mandy Lockwood, Dagmar Richard und Rosemary Schefferson stehen vor Gericht. Sie werden als Mitglieder einer Satans-Sekte betitelt und sollen gar fürchterbare Rituale durchgeführt haben. Bei Sexspielen in einem Sommercamp sollen sie einen Knaben namens Kurt getötet haben und sind nun des Mordes angeklagt.

Wir hören nun also den Damen zu, was sie so erzählen. Satan wäre ja im Trend gewesen, „jedes Käseblatt war voll davon“, die Sharon-Tate-Morde, der Film „Exorzist“ – man konnte ja nur Satanistin werden!

Zwischendurch bekommen wir fingierte Dokumentaraufnahmen mit Off-Erzählern präsentiert, die uns den Erklärbär machen sollen. Der Verteidiger der Mädels will die Verhandlung versachlichen und das Gericht (und nebenbei uns) aufklären, wie es zu all dem kommen konnte. Die Gerichtsverhandlung dient als roter Faden und Rahmenhandlung. Die Gerichtsszenen sind übrigens extrem öde gefilmt, pupslangweilige Schuss-Gegenschuss-Szenen von sprechenden Köpfen vor weißem Hintergrund. Als hätten die das in ein paar Stunden eben schnell abgekurbelt. Für einen so erfahrenen Filmmenschen wie Olsen kein Ruhmesblatt.

Nach 6 Minuten bereits steht Anne Magle als Rosemary Schefferson (sic!) mit Nickelbrille auf und ruft folgendes in den Gerichtssaal, schlecht mit amerikanischen Akzent synchronisiert:

„Satan ist der Herr der Welt! Höchste Macht, Natur und Gott und ihr seit alles Sklaven, ihr verlogenen Arschlöcher!“

Okaaaay. Beste Comedy! Später wird dann auch klar, warum hier erotik-erprobte Damen gecastet wurden, denn sie müssen sich auch im Evaskostüm auf einem überdimensionierten weißen Flokati räkeln und an schlecht gebauten Joints nuckeln, umgeben von Kerzen und Schädeln, während im Hintergrund psychedelische Mucke und „Oh Satan, nimm mich“-Chöre laufen. Alter Falter. Ein Poster mit einem Typ mit nem Ziegenkopp gibt es auch noch, in Lebensgröße, vielleicht war das mal ein Starschnitt in der Satanisten-Bravo. Später im Film wird dann in diesem Setting ein Typ von den Damen mit Ketchup-Flaschen totgestreichelt, oder so. Ich glaube, das sollte ein brutaler Ritualmord werden, der aber so grandios geschauspielert und gefilmt ist, dass er wie eine Parodie wirkt.

Anne Magle langweilt sich

In den Doku-Teilen sieht man dann irgendwelche nackerten Zausel, die mit Pimmelchen und Messer wedeln, was wohl eine Teufelsbeschwörung darstellen soll. Ab Minute 22 gibt es nach etwas weiterem Gerichtsgeplänkel dann einen weiteren Einspieler, der die Flokati-Orgie vor Gericht runterspielen soll, denn: Die böse sexuelle Befreiung habe uns alle verdorben – was ausgiebig mit Szenen aus Sexshops und Beispielen erotischer Literatur illustriert wird. „Schmutz, Schund und Schamlosigkeit!“ Hier mogelt sich das eine oder andere Bild rein, was der FSK wohl nicht schmecken dürfte. Sehr lustig, gar ein Potpourri von (soften) Szenen aus Filmen wird gezeigt, natürlich mit einem empörten Kommentar. Irgendwie will man ja noch ne FSK-Freigabe kriegen, nech. Ein ebenso billiger wie durchschaubarer Trick.

„Und seit Jahren bietet auch eine bestimmte Sorte von Kino- und TV-Filmen eifrig das Thema Geschlechtsverkehr in allen möglichen und unmöglichen Variationen als Volksvergnügen an. Der hier gezeigte Zusammenschnitt einiger Originalszenen aus solchen Kunstwerken bedarf keines Kommentars.“

Moralisch empörte Off-Stimme

In bester Mondo-Tradition gibt es auch solche pseudodokumentarische Einschübe, in denen es um Gebräuche und Sitten afrikanischer Stämme geht, die natürlich maximal auf Sensationsgeilheit und Schockwirkung ausgespielt werden, Exploitation halt. Ob die wirklich für diesen Film gedreht oder aus anderen Machwerken ähnlicher Art geliehen wurden, ist schwer zu sagen, für mich jedenfalls, bin kein Freund des Genres. Auch hier sind einige, sagen wir: fragwürdige Szenen dabei. Ungefähr in der Mitte des Films gibt es auch einen Abschnitt über die „Natur des Menschen“ (oder so), in dem auch mal Elefanten, Nilpferde oder Haie gemeuchelt werden. Was zur Hölle? Das ist wirklich nur reiner Selbstzweck, was gerade in der zweiten Hälfte des Films immer mehr wird. Das hat alles auch beim besten Willen nichts mit der eigentlichen Story zu tun, soll nur schockieren. Und naja, wohl auch die karge Laufzeit strecken.

„Ja, ich bin Arzt. Das sieht man doch an meiner Krawatte.“

Ein weiterer Einschub behandelt das Thema Drogen, natürlich sehr seriös und objektiv (haha). Sogar eine Szene gibt es, die in einer echten Psychiatrie spielen soll, mit irgendwelchen grandios over-actenden Pappnasen in weißen Kitteln, die das Thema „Drogenentzug“ so spielen, wie sich das Kindergartenkinder wohl vorstellen. Und mit einem sehr ernstzunehmenden Arzt, der ein weißes Hemd mit schwarzen Punkten nebst passender Krawatte trägt und sehr, sehr betroffen in die Kamera kuckt, während er ein „Interview“ gibt.

Nach einer guten Stunde Laufzeit bekommt Anne Magle dann einen Anfall vor Gericht, zappelt etwas rum, um dann mit einer Männerstimme zu verkünden, dass der Geist des berühmten Satanisten Aleister Crowley (1875-1947) in sie gefahren sei und dieser nun aus ihr spreche. Was von den Anwesenden erstaunlich regungslos wahrgenommen wird, bis der Richter schließlich mit seinem Glöckchen bimmelt und die Sitzung vertagt. Was direkt zum Thema „Besessenheit und Exorzismus“ führt, dass mit Aufnahmen von vor Priestern knieenden Jugendlichen, „Experteninterviews“ und irgendwelchen tanzenden Muttis in weißen Wallahalla-Kleidchen, in die der Heilige Geist oder ähnliches gefahren ist, bebildert wird.

Sylvia Engelmann, hier zu sehen, als ihr bewusst wurde, in was für einem seltsamen Film sie hier partizipierte

Später geht es um einen Jesuitenpater, der über paranormale Begabungen verfügt, und sich lange Stecknadeln in den Körper stecken kann, ohne zu bluten. Ach ja, und natürlich Operationen mit bloßen Händen durchführt, und irgendeiner Else sehr blutig in den Eingeweiden wühlt. (Der Verdacht liegt nahe, dass hier Material von „Reise ins Jenseits“ zweitverwertet wurde.)

Eine Absurdität jagt die nächste. Unfassbares Trashfest. Krude Mischung aus Gerichtsdrama, Softporno, Satanisten-Thriller und Pseudodokumentation. Wundert mich echt, dass es das Machwerk noch nicht auf DVD oder Blu-ray geschafft hat, gerade auch in Anbetracht der nicht gerade unbekannten mitwirkenden Damen.

Sylvia Engelmann war das ganze wohl offenbar peinlich genug, dass sie nur unter dem Pseudonym „Sylvia Angel“ im Abspann auftaucht. Und die hat immerhin in „Filmklassikern“ wie „Doppelt geschleckt hält besser“ oder „Internatsnutten“ unter echtem Namen mitgewirkt.

Das VHS-Band von 1983 ist natürlich kaum zu bekommen, es geistert aber eine (leider ziemlich schlechte) Digitalisierung davon durchs Netz.

VHS: Toppic (1983)

Weiße Männer vor weißer Wand. Ein echter optischer Leckerbissen.
Mann mit Hut schaut empört, als er unter Zwang (!) einen Sexshop aufsucht
Liebe Kinder, aufgepasst – einmal am Joint gezogen, zack, liegt man mit blitzsauberen weißen Klamotten tot in der Telefonzelle.

Das kann doch unsren Willi nicht erschüttern (D 1970)

Regie, Buch: Rolf Olsen
Produktion: Allianz Filmproduktion GmbH, Berlin (Heinz Willeg),
Terra Filmkunst GmbH
Premiere: 26. November 1970


Ich verehre Heinz Erhardt. Dies ist einer der schlechtesten Filme, in denen er je mitgewirkt hat, dennoch mag ich ihn irgendwie. Er wird im Allgemeinen zu den „Willi-Filmen“ gerechnet, was eigentlich ziemlicher Quatsch ist. Die Figur Willi Winzig stammt aus dem Theaterstück „Das hat man nun davon“, aus dem später der Film „Was ist denn bloß mit Willi los?“ (1970) wurde. Außer dem Vornamen ist davon in diesem Film nichts übrig.

Willi Hirsekorn (Erhardt) reist nebst Familie (u. a. die großartige Ruth Stephan als Ehefrau) nach Italien, um mit den spießig-angeberischen Nachbarn Familie Buntje mithalten zu können. Ein gerade klassisches Sujet im damaligen Wirtschaftswunder-Deutschland – das 1970 eher schon verblasste und in vielen Filmen auch ironisch bearbeitet wurde. So auch hier, allerdings auf ziemlich platte Art. Also eher Klamauk als feine Ironie.

Aber: Als Klamauk funktioniert der Film über weite Strecken erstaunlich gut. Erhardt und Stephan sind zusammen immer eine Bank. Hans Terofal (auch bekannt aus den „Lümmel aus der ersten Bank“-Filmen) spielt wie immer den Trottel, was mich aufgrund der tragischen Lebensgeschichte des Schauspielers immer ein wenig traurig macht. Er begann als mehr oder weniger ernsthafter Filmmensch, war aber durch die Lümmel-Filme derart auf „Trottelrollen“ festgelegt, dass er in den 70ern nur solche Rollen bekam. Der Gute hat sich 1976 schlicht totgesoffen. Auch in diesem Film muss er – bzw. seine Rolle – einiges an Schmach über sich ergehen lassen. Als Hans Seitz geboren, war er der Sohn des Regisseurs Franz Seitz senior, der von 1917 bis 1951 durchaus erfolgreich Komödien und Schwänke inszenierte, aber auch mit NS-Propagandafilmen wie „S.A. Mann Brand“ (1933) wenig rühmliches auf dem Zettel hatte. Seine Künstlername Terofal geht auf den Mädchennamen der Mutter zurück, deren Familie „Laforet“ hieß – Terofal ist das ganze nur einmal gedreht.

„Ich hab Kirschen gern!“ – „Ja, und ich hab saure Gurken gern. Steck ich sie mir deswegen an den Hut?“

Kurzweil mit viel 70er-Flair, einigen wirklich witzigen Szenen und klassischen „Heinzereien“. Übrigens gibt er am Ende das bekannte Lied „Immer wenn ich traurig bin“ zum Besten.

Lange gab es den Film nur auf einer sehr seltenen frühen UFA-Kassette. Mein Exemplar hat die historische Bestellnummer UFA 003, muss also der dritte Film gewesen sein, der damals auf Video rauskam. Inzwischen auf DVD in der „Willi-Box“ zu haben.

VHS: UFA
DVD: Universum Film („Die Willi-Box“), rund 25-30 Euro