Derrick: Zeichen der Gewalt (D 1975)

Regie: Theodor Grädler
Buch: Herbert Reinecker
Produktion: ZDF/ORF, Helmut Ringelmann
Erstsendung: 04.05.1975, ZDF

Ein Anwalt bekommt einen Anruf. Verbrecher sind in sein Haus eingedrungen, er wird erpresst, als Anwalt einem Gefangenen eine Pistole in den Knast zu schmuggeln, sonst wird seine Frau ermordet, die sie als Geißel halten. Notgedrungen folgt er den Einweisungen, er nimmt jedoch die Patronen raus. Jedoch – er hat eine vergessen, die im Lauf. Ein Gefängniswärter wird auf der Flucht erschossen. Derrick ermittelt. Der Anwalt begeht aus Gram Suizid. Der Oberstrolch ist auf der Flucht und bereitet der Polizei einiges Kopfzerbrechen. Er ist gut bewaffnet und echter Psycho. Voller Körpereinsatz ist gefragt.

Derrick zu seinen Kollegen: „Ihr solltet auf keinen Fall vergessen, dass der Mann sofort schießt – ohne Zögern schießt!“

Die 8. Folge der noch jungen Serie „Derrick“, ausgestrahlt im Mai 1975, ist in gewisser Hinsicht ein Novum. Von Anfang an gibt es hier Sex & Crime, man könnte im Kontext fast von einem „Action-Feuerwerk“ sprechen. Noch dazu gibt es im Cast einige interessante Leute, alles Grund genug, um hier dazu ein paar Worte zu verlieren.

Im letzten Akt geht es hier ganz schön rund. Zu funky Rockmusik mit Fuzz-Gitarre gibt es wilde Schießereien und Verfolgungsjagden. Ist jetzt kein John Wick, natürlich.

Tatsächlich hat sich Horst Tappert hier bei einem kleinen Stunt den Fuß verletzt, danach war es vorbei mit „mach ich eben“.

Über den Dächern von Nizza, äh, München

Herausstechend ist hier sicherlich Raimund Harmstorf (1939-1993) in seinem ersten Derrick-Auftritt (von dreien). Er spielt hier einen eiskalten Killer, er ist der Strolch Hausmann, der aus dem Gefängnis freigepresst worden ist. Er spielt hier den gewissenlosen, von keinerlei Moral eingeschränkten Gangster wirklich großartig.

Raimund Harmstorf als Oberstrolch Günter Hausmann

Heute wahrscheinlich am ehesten als Gegenspieler aus diversen Bud-Spencer-Schinken in Erinnerung („Sie nannten ihn Mücke“), spielte er damals des Öfteren solche zwielichtigen Gestalten (z. B. in dem Actionknaller Blutiger Freitag (1972), den ich hier auch mal würdigen müsste).

Die damals hauptsächlich in Erotikfilmchen stattfindende Sybil Danning (* 1947) ist hier als die Ehefrau von Harmstorf zu sehen – kurios: beide haben sich schon mal in dem schon besprochenen Siegfried-Fummelfilm bereits kennengelernt. Vielleicht wurde sie auf Empfehlung von Harmstorf gecastet, wer weiß das schon. Es war auch ihre einzige Derrick-„Erscheinung“.

Tatsächlich war sie wohl auch drehbuchgemäß als „Macht sich gerne naggisch“ gecastet, denn ihre Figur arbeitet in einem Nachtlokal und ab Minute 18 sehen wir dann erst mal einen Strip von ihr. Grundsätzlich gibt es hier aus heutiger Sicht überraschend viel nackte Haut zu sehen. Immer dran, denken, wir sprechen von einer Abendserie im eher spießigen ZDF.

Sybil Danning lässt die Hüllen fallen

Tatsächlich treffen wir auch noch einen alten Bekannten auf dieser Seite – der bekanntlich von mir sehr geschätzte Rudolf Schündler (1906-1988) ist hier in einer kleineren Rolle zu sehen, als Kellner im besagten Nachtlokal, der sich vor Schiss fast einnässt, als Derrick ihn verhört. Während er in seiner kleinen Küche sitzt und seine Briefmarkensammlung sortiert – auch ein Bild, das man heute nicht mehr so sieht.

Gaby Dohm (* 1943) könnte vom Namen her eher Fragezeichen hervorrufen, aber das Gesicht sehr bekannt – auch sie ist bis heute aus dem deutschen Serienschaffen nicht wegzudenken. Sie ist hier noch eher am Anfang der Karriere, ihre bekannteste Rolle sollte erst 1985 in der Schwarzwaldklinik kommen. Sie spielt hier die Ehefrau des erpressten Anwalts, sie hilft dann bei den Ermittlungen. Sie soll die Stimmen ihrer Geißelnehmer auf dem Tonband wiedererkennen.

Viele tolle Schauspieler, bis zum Ende spannend, nette Actionszenen – da soll noch mal jemand sagen, Derrick sei langweilig. Dieses Klischee kommt eher aus den späten Jahren und den vielen Parodien. Die ersten Jahre bieten einige echte Knallerfolgen.

Die Serie gibt es als DVD-Boxen, seit einiger Zeit aber auch in guter Qualität und legal vom ZDF lizenziert auf dem YouTube-Kanal „KultKrimi“. Hier wird man fündig.

Hokuspokus oder: Wie lasse ich meinen Mann verschwinden…? (D 1966)

Regie: Kurt Hoffmann

Buch: Eberhard Keindorff, Johanna Sibelius nach Curt Goetz

Produktion: Hans Domnick, Heinz Angermeyer

Premiere: 3. März 1966

Die Reise durch die Niederungen des deutschen Nachkriegskinos hält immer wieder Überraschungen parat. Wie diesen Film. Basierend auf dem Theaterstück von Curt Goetz (1888-1960), das 1926 erstmals erschien, haben wir es hier mit einem weiteren Remake zu tun. Der Stoff wurde bereits 1930 und 1953 verfilmt, hier also schon Version Nummer 3. Was den Film allerdings durchaus bemerkenswert macht, ist die Ausstattung und Kameraarbeit. Diese sind, gerade für 1966, verblüffend. Der Film verleugnet nicht die Theaterbühne, die Sets sind abstrakt, sehr modern und hier und da fast Avantgarde. Viel weiß, viel monochrom, wenn Farben, dann satte Primärfarben. Auch Kameraeinstellungen und Kamerafahrten weichen oft vom Üblichen ab. Visuell ein hochinteressanter Film.

Agda Kjerulf (Liselotte Pulver) betrauert ihren Mann, den begabten, aber erfolglosen Maler Hilmar Kjerulf (Heinz Rühmann). Zuerst heißt es, er wäre bei einem Unfall ertrunken, nun ist die Frage: War es Mord? Agda wird angeklagt. Doch nichts ist so wie es scheint.

Publikumswirksam mit Liselotte Pulver und Heinz Rühmann besetzt, überzeugt der Film auch mit geschliffenen, geistreichen Dialogen und einer wilden Story mit einigen Twists, die mit dem Begriff „Krimi-Farce“ wohl gut beschrieben ist. Der Autor Curt Goetz galt damals auch als einer der besten Komödienschreiber im deutschsprachigen Raum. Von den 1950ern bis in die 1970er hinein wurden viele seiner Bühnenstücke verfilmt. In der 1953-Version dieses Stückes spielte er auch die Rolle des Hilmar Kjerulf.

Ein paar Eindrücke über den visuellen Stil des Films:

Der zweite Teil des Films spielt hauptsächlich im Gerichtssaal, der ebenfalls lichtdurchflutet und modernistisch ausgestattet ist (oben zu sehen).

Regisseur Kurt Hoffmann (1910-2001) war in den 50ern und 60ern einer der Topregisseure fürs leichte Unterhaltungsfach. Heute am bekanntesten ist wohl die 53er Version von „Das fliegende Klassenzimmer“ (die mit Paul Dahlke), „Ich denke oft an Piroschka“ (ebenfalls mit Pulver) oder die Thomas-Mann-Verfilmung „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull„. Er hat

Im Cast ragen natürlich die damals sehr populären Heinz Rühmann und Liselotte Pulver heraus, gerade Rühmann trägt den Film. Die restlichen Rollen sind alle solide besetzt, viele erfahrene und vielbeschäftigte Darsteller*innen, die man damals oft in Film und Fernsehen sah, viele darunter alte Hasen vom Theater. So richtig herausstechend fand ich nur den jungen Gert Haucke (1929-2008), der hier schon seinen patentierten bösen Blick zeigt. Seine Performance als abgrundtief böser, eiskalter, schmierlappiger und gewissenloser Ganove in der Derrick-Folge „Alarm auf Revier 12“ (1975) bleibt mir unvergessen.

Ein junger Gert Haucke als Polizist

Heinz Rühmann und Lieselotte Pulver dürften auch heute noch den meisten ein Begriff sein. Rühmann (1902-1994), gerne als „größter deutscher Schauspieler des Jahrhunderts“ bezeichnet, war hier schon eher im Herbst seiner Karriere. Von den 30ern bis in die 60ern war der „Heinz-Rühmann-Film“ fast ein eigenes Genre. Hier jetzt sein Leben darzulegen würde den Rahmen sprengen. Er wird uns hier sicherlich nicht zum letzten Mal begegnen.

Pulver, Rühmann

Lieselotte Pulver (* 1929 – ja, sie lebt tatsächlich noch, ich war auch erstaunt), gebürtige Schweizerin, war in den 50ern und 60ern einer DER Topstars und hatte einen Leinwandhit nach dem nächsten. Heute doch eher für deutsche leichte Muße wie „Das Spukschloss im Spessart“ oder für ihre langjährige Rolle in der deutschen „Sesamstraße“ bekannt, drehte sie auch in Amerika und Frankreich viele interessante Filme, mit Leuten wie Douglas Sirk, Billy Wilder oder Jean Gabin.

Leichtfüßige, aber nicht dumme Unterhaltung. Der Stoff war halt auch 1966 schon etwas angestaubt, wie gesagt, die Bühnenfassung stammt wie gesagt aus den 1920ern. Humoristisch jetzt nichts, was einem grölend unter den Tisch schickt, aber weder klamaukig-zappelig-albern noch übertrieben schmalzig. Immerhin. Visuell nicht uninteressant. Eine kleine Perle im viel gescholtenen deutschen Kino. Wie sich der Film im Vergleich mit den beiden älteren Fassung schlägt, vermag ich mangels Sichtung nicht zu beurteilen.

Auf DVD vom Label „Filmjuwelen“ in einem schicken Schuber zu haben, wie viele Filme mit Rühmann.

Derrick: Angst (D 1976)

Regie: Theodor Grädler

Buch: Herbert Reinecker

Produktion: Helmut Ringelmann / ZDFORF und SF

Premiere: 7. März 1976

Der wohlhabende Unternehmer Dr. Hertel (Hans Dieter Zeidler), ein stiernackiger Choleriker, hält sich Irene, eine junge hübsche Studentin (Uschi Glas), wie ein Haustier. Er bezahlt Miete und Studium, dafür muss sie sich zur Verfügung halten. Doch sie lernt einen jungen Mann (Bernd Herzsprung) kennen und lieben. Dr. Hertel wird eifersüchtig und erwürgt Irene.

Seine verhuschte, aus Angst vor dem Ehemann fast gelähmte Ehefrau Franziska (Heidelinde Weis) gibt ihm nach Druck ein falsches Alibi. Andere Beweise gibt es nicht, oder doch? Derrick ahnt, dass er der Mörder ist, kann es aber nicht beweisen. Wird er das Psycho-Duell gewinnen?

Eine fast kammerspielartige Krimiperle aus der Frühzeit von „Derrick„. Gerade das Zusammenspiel von Hans Dieter Zeidler und Heidelinde Weis als Ehepaar gepaart mit der oft bemerkenswerten Kameraarbeit lässt doch hier und da Theaterfeeling aufkommen. Gerade Heidelinde Weis, die über weite Strecken kaum was sagt, weiß mit Gestik und Mimik unheimlich viel zu erzählen, schauspielerisch ganz großes Kino.

Ein paar Kleinigkeiten trüben das grundsätzlich positive Bild. Grundsätzlich ist die Mordszene schon bemerkenswert, immerhin sehen wir hier Sauberfrau und „Schätzchen der Nation“ Uschi Glas als Mordopfer. Leider ist der Mord an sich sehr kurz und unrealistisch. Wenn es so einfach und schnell wäre, einen Menschen zu ersticken, würde nie mehr jemand anders morden. In einer Flashback-Szene später sieht man eine kurze Sequenz, die hier nicht auftaucht, ich könnte mir vorstellen, dass die Szene vom ZDF etwas „entschärft“ wurde (dieser POV-Shot), um die Uschi-Glas-Fans nicht unnötig zu verstören. Immerhin lief das damals um 20.15 Uhr.

Derrick hat hier einen besonderen Moment – er verliert die Beherrschung. Kommt selten vor, aber wenn, dann richtig:

„Sie Schwein! Sie VERDAMMTES Schwein!“

Aber auch eine Prise Humor fehlt nicht, Derrick und Stephan kabbeln sich hier und da.

Klein: „Was macht denn Frau Hertel für einen Eindruck?“
Derrick: „Klein, blass … nicht überzeugend!“
Klein: „Das siehst Du alles durchs Telefon?“
Derrick: „Du, ich kann Dich nicht leiden!“

Das Ende geht unter die Haut, ohne jetzt hier groß zu spoilern. Eine der besten Folgen von Regisseur Theodor Grädler, der sonst eher zu den schwächeren Derrick-Filmern gehört und oft für schnarchnasige und langweilige Folgen verantwortlich ist.

Derrick: Hoffmanns Höllenfahrt (D 1975)

Regie: Theodor Grädler

Buch: Herbert Reinecker

Premiere: 29. Juni 1975 (ZDF)

Der beschwipste Teenie Anneliese (Ingrid Steeger) fährt nächtens durch den Wald mit ihrem Fahrrad nach Hause. Der Fernsehtechniker „Onkel Hoffmann“ (Klaus Löwitsch), der Nachbar, kommt mit dem Auto des Weges, erkennt sie, erkennt ihre Lage und bietet ihr an, sie mitsamt Fahrrad via Auto sicher zu Hause abzuliefern.

Vorher war sie einmal gestürzt und ist daher schmutzig. Prompt beschließen sie, es wäre gut, wenn sie sich vorher noch waschen täte, um blöde Fragen zu vermeiden. Schwupps steht die Anneliese im Schlüppi am Weiher, Onkel Hoffmann trocknet ihr die Füßchen ab, sie sagt „Du bist lieb, Onkel Hoffmann“, sie umarmen sich, „mir ist so schwindelig“ … Abblende.

Anneliese ist seriously pissed und will nicht mehr ins Auto einsteigen. „Sie Dreckskerl! Sie Schwein!“ wirft sie ihm wütend von dannen stampfend an den Kopf, und will nach Hause laufen. „Du hast es doch darauf angelegt, lass doch den Quatsch! Hab ich dir deine Hose ausgezogen? Soweit kommt es noch!“

Sie will alles ihrem Vater erzählen, Hoffmann saust die Muffe. Anneliese will einen sich nähernden Wagen anhalten, um dort mitzufahren, Hoffmann zerrt sie ins Gebüsch und hält ihr den Mund zu. Bis der andere Autofahrer weiterfährt, dauert es einen Moment, und er merkt nicht, dass er Anneliese gerade erstickt hat.

Am nächsten Morgen wird Annelieses Leiche auf dem Müllplatz gefunden. Das Katz-und-Maus-Spiel beginnt.

Gut, dieser Beitrag ist ein wenig gemogelt, denn es handelt sich mitnichten um einen Spielfilm, sondern um eine Folge der langlebigen Krimireihe „Derrick“. Da wir ja gerade Ingrid Steeger im Film „Liebe in drei Dimensionen“ angesichtig wurden, musste ich an diese Folge denken. Wie eigentlich jede Folge der Reihe funktioniert diese auch super für sich stehend. Es handelt sich um Folge 10, also noch recht am Anfang.

Ingrid Steeger als Anneliese

Derrick meets Schulmädchenreport, könnte man fast denken bei der oben geschilderten Eingangsszene. Ingrid Steeger war hier zwar schon 28 Jahre jung, wurde aber dennoch als offenkundig minderjährige Nachbarstochter besetzt, was sicherlich der Einschaltquote nicht schadete, schließlich war sie 1975 wohl auf dem Gipfel ihres Ruhms. Immerhin gewann sie im gleichen Jahr erstmals den Bravo Otto, quasi den deutschen Backfisch-Oscar, in Bronze für den „beliebtesten TV-Star“.

Auf jeden Fall gehört diese Folge zu einer meiner Lieblingsfolgen von Derrick. Der große Charakterdarsteller Klaus Löwitsch (1936-2002) spielt fantastisch als Vergewaltiger und Mörder „aus Versehen“, dessen Nerven im Laufe der 60 Minuten immer mehr strapaziert werden. Denn nicht nur Derrick und Harry hat er auf den Fersen, auch Frau und Sohn fangen langsam an, lästige Fragen zu stellen. Teilweise erinnert mich sein Spiel hier an Jack Nicholson.

Derrick: „Er war’s.“

Harry: „Er war es nur, wenn wir es ihm nachweisen können.“

„Der Mistkerl war’s. Er ist vollkommen fertig.“

„Das wird sich legen. Die meisten gewöhnen sich schließlich an ihre Tat. Das wird auch er tun.“

„Man muss dafür sorgen, dass er an seiner eigenen Aufregung … er darf mit dem Zittern gar nicht mehr nachkommen.“

Generell haben wir hier ein wunderbares psychologisches Duell zwischen Derrick und Hoffmann, denn handfeste Beweise gibt es nicht, und Derrick muss am Ende zu einem pfiffigen Psychotrick zurückgreifen, um ihn schließlich zu überführen. Was alles etwas anders endet als geplant.

Wer Derrick aus den späten Jahren kennt, wird sich sicherlich wundern: Hier hat er eine richtige Actionfilm-Stunt-Einlage. Herbert Reinecker (1914-2007), der Autor aller 281 Derrick-Folgen, war gerade in den ersten Jahren „on fire“ und hat ein Kompendium des Genres „Krimi“ erschaffen. Alles dabei an Motiven, Tathergängen, Verwicklungen – einmal alles durchdekliniert. Mal Action, mal intensives Kammerspiel. Der Mann konnte was. Für mich ist das immer noch der „Goldstandard“, was Fernsehkrimis angeht. Das heutige Derrick-Klischee beruht eher auf den späten Folgen, die mitunter etwas arg verlabert und hüftsteif waren, mit ewigen Monologen und viel Pseudophilosophie – und natürlich auf den vielen Parodien dazu.

Hier dauert es auch geschlagene 18 Minuten, bis Derrick und Harry ins Spiel kommen. „Müllplatz! Eine Tote als Abfall. Mhm. Fein, fein, ist es“, sind seine ersten, resignierten Worte, er hadert mal wieder mit seinem Beruf. Gleich muss er dem Vater seine tote, vergewaltigte und als Abfall entsorgte Tochter zur Identifizierung zeigen.

Neben Löwitsch und Steeger kann sich der Rest des Casts auch sehen lassen. Judy Winter (* 1944) spielt Frau Hoffmann, der Sohn wird gewohnt etwas schräg von Pierre Franckh (* 1953) gemimt (mit einem sehr albernen Schnorres). Letzterer wird noch oft in der Reihe mitspielen, oft als Mörder. Hier gibt er sein Debüt. Judy Winter kennen Hörspielfreunde vielleicht als die zwielichtige Psychotherapeutin „Dr. Franklin“ bei den Drei Fragezeichen.

Bruno Hübner (1899-1983), der schrullige Schrotthändler, der um ein Haar Zeuge der Leichenbeseitigung wird, ist auch ein recht vertrautes Gesicht aus Film und Fernsehen, der klassische, etwas skurrile Nebenrollen-Charakterdarsteller. Er wirkte in der Zeit oft in TV-Krimis mit, ein langes Leben voller Theater und Film hinter sich. In Kriegszeiten war er am Deutschen Theater in Berlin engagiert, und: „Als 1944 Bomben auf das Dach des Deutschen Theaters fielen, rettete Hübner, der Brandwache hatte, unter Einsatz seines Lebens das Haus vor größerem Schaden.“ (Wikipedia)

Erst bei der Recherche fiel mir auf, dass die andere Tochter der Nachbarn von Doris Arden (* 1946) gespielt wird, die – ebenfalls viel zu alt für ihre Rolle hier – auch in Teutonen-Sexpoilation-Filmen wie „Graf Porno bläst zum Zapfenstreich“ und „Krankenschwestern-Report“ zu Ruhm und Ehre kam. Im „Krankenschwestern-Report“ (1972) spielte auch Steeger mit, die werden sich wohl von da gekannt haben.

Fast schwer zu glauben, dass dies eine Folge ist, die Theodor Grädler inszeniert hat. Der ist oft für die etwas schlafmützigeren Folgen zuständig. 1921 geboren, wird er offiziell noch als „lebend“ geführt, wobei sein Verbleib seit 1995 unklar ist. Es gibt wohl Gerüchte, er sei bereits 2005 in Italien verstorben, was aber nicht offiziell bestätigt werden konnte. Interessant, was es so alles für wilde Geschichten drumherum gibt. (28 Folgen wurden vom legendären Alfred Vohrer gedreht, darunter „Tote Vögel singen nicht“, eine Folge, die nach der Erstausstrahlung wegen zu viel Gewalt (!) und zu vielen Leichen erst mal im ZDF-Giftschrank verschwand und lange nicht wiederholt wurde.)

Wer was für gute Psycho-Krimis übrig hat – vergesst die Derrick-Klischees und schaut mal rein. 60 Minuten feinste Krimikost, toll geschrieben, toll gespielt, keine Sekunde langweilig. Klassiker!

Hoffmann geht der Arsch auf Grundeis
Eine harte Nuss für Derrick …
… die vollen Körpereinsatz verlangt.

Sehr viele Folgen gibt es inzwischen legal und in guter Qualität auf YouTube, auf dem Kanal „KultKrimi“, der die Lizenz vom ZDF erworben hat. Klasse! Natürlich erst, nachdem ich mir für teuer Geld die DVD-Boxen angeschafft habe. War so klar 🙂

Für die Polyglotten unter euch: Die italienische Fassung gibt es auch auf YouTube – „Mi ha sempre chiamato zio Hoffmann„. Und die französische: „La Tentation“ Lustig. „Die Versuchung“ wäre eigentlich auch ein schöner Titel gewesen. „Hoffmanns Höllenfahrt“ klingt irgendwie doch sehr nach einem TKKG-Hörspiel.

Der Teufel kam aus Akasava (BRD/SP 1971)

Regie: Jess Franco (als Jess Frank)
Buch: Paul AndréLadislas Fodor (als Ladislao Fodor), Jess Franco
Produktion: Artur Brauner / CCC-Film
Premiere: 5. März 1971

Nachtclub, wir sehen einen jungen Horst Tappert, es ertönt schmissige Schakalaka-Musik mit viel Schweineorgel, während Soledad Miranda sich halbnackend auf der Bühne rekelt, die Kamera zoomt als gäbe es kein Morgen, immer in der Hoffnung, was sehenswertes zu erhaschen – und der Kenner ahnt: Es kann nur ein Film von Fließbandfilmer Jess Franco (1930-2013) sein.

Dieser genießt bei vielen kompetenten Filmfans ein hohes Ansehen, und immer wieder schaue ich in sein komplett undurchschaubares Schaffen mit gefühlt 1000 Filmen, die es in unterschiedlichen Schnittfassungen und mit unterschiedlichen Titeln gibt, rein, wenn sich die Gelegenheit bietet. Denn DVDs und Blu-rays sind eher schwer zu bekommen und meist arschteuer. Zu teuer für einen Blindkauf zum „mal gucken“ allemal.

Dieses Filmchen erblickte ich im „Alles Kino“-Channel auf Prime, und realisierte erst auf den zweiten Blick, dass das einer von Franco ist, denn er wird tatsächlich als einer der damals immens populären „Edgar-Wallace-Filme“ feilgeboten. Hö. Na, dann mal her damit.

Produziert wurde das damals von Artur Brauners CCC-Produktion. Es ist wohl eine Verfilmung der Wallace’schen Kurzgeschichte „Die Hüter des Steins“. Zu Beginn findet einer besagten Stein irgendwo im Dschungel, eine Art Super-Quarz? Irgendwas mit Strahlung? Keine Ahnung, eigentlich ist das Stein nur das gute alte McGuffin, alle rennen dem Ding hinterher mit allerlei Hauen und Schießen und einigen Toten, was es mit dem Wunderstein auf sich hat, wird nie erklärt, oder ich hab es nicht mitbekommen. Die Story ist ziemlich verwirrend und nicht der Gipfel der Logik. Geheimagent, Scotland Yard, der übliche Kram.

Kaum jemand wird sich das wegen der Story ansehen, denn Franco geht es offenbar primär darum, ganz nett gefilmte Mordszenen und allerlei nackte Haut aneinanderzureihen. Immer wenn der Film droht, langweilig zu werden, zieht Soledad einmal blank und weiter geht’s.

Ein Exploitationfilm, der sich als Edgar-Wallace-Krimi tarnt? Ja, schon. Die voyeuristische Kameraarbeit lässt keine Gelegenheit aus, geifernd die Vorzüge der Darstellerinnen in Szene zu setzen. Die Männer sind alle spitz wie Lumpi, was vielleicht an der penetrant dudelnden Porno-Mucke im Hintergrund liegt. Wie ich gerade gelernt habe, ist das Musik von einer LP namens „Sexadelic Dance Party“, die Franco wohl auch in anderen Filmen gerne nutzte. (Und auch Tarantino in seinem „Jackie Brown“. Die Filmwelt ist ein Dorf.)

„Ja, Harry? Nee, ich kann gerade nicht, ich bin im Puff. Mit so einem verrückten Spanier.“

Soledad Miranda sticht sicherlich aus dem Cast heraus. Franco gab sich offenbar immer große Mühe, seine Muse gut aussehen zu lassen. Ich denke, wenn er einen Film gedreht hätte, in dem sie einfach nur 80 Minuten das Telefonbuch vorliest, wäre das immer noch nett anzusehen. Leider war das ihr letzter Film, kurz danach kam sie bei einem Autounfall ums Leben.

Ansonsten haben wir Horst Tappert, ungewohnt strubbelig, wenn man die klassische Entenarsch-Frisur von Derrick gewohnt ist, der sich wahrscheinlich auch in jeder Szene gefragt hat, was das alles eigentlich soll. Immerhin sagt er seine mitunter sehr albernen Sätze auf, ohne lachen zu müssen.

Wirre Zooms, wirrer Schnitt, wirre Handlung, aber unterhaltsam ist es halt irgendwie doch. Zum Franco-Fan hat mich das Teil aber auch nicht gemacht. Was an diesem sympathischen Gestümper „Kult“ sein soll – eh ein total inflationär gebrauchter Begriff, hat sich mir Banausen nicht erschlossen. Vielleicht sollte ich mal einen der anderen 8 Filme (!!!) antesten, die er 1970 gedreht hat.

Gibt es aktuell auf DVD von Pidax, um die 10 Euro. Kann ich nichts dazu sagen, hab es im Stream gesehen.