Jochen Busse hat mal ein Drehbuch für einen Film geschrieben, in dem Tommi Piper, die Stimme von ALF, in einem Pornoladen abhängt, um dort mit seinem BKA-Chef inkognito zu sprechen, den er „mein Führer“ nennt.
Ein Satz, den man zweimal lesen muss, aber doch: Dieser Film existiert:
1984 gedreht, lief er auch im Kino, verschwand aber auch nach größtenteils miserablen Kritiken auch schnell wieder.
Tommi Piper als BKA-Mann Erwin Reinke
Er beschäftigt sich auf satirische Weise mit den Vorkommnissen anno 1982 – den Sturz von SPD-Kanzler Helmut Schmidt durch CDU/CSU und FDP, was den Weg freimachte für die schon damals belächelte „Birne“ Helmut Kohl, der dann 16 Jahre lang den Stuhl im Bundeskanzleramt warmhalten sollte.
Hier wird dieser historische Hintergrund genutzt für eine abstruse Spionagestory. Die Amerikaner wollen unter anderem den „echten“ Kohl durch einen ihnen gefügigen Doppelgänger ersetzen, und das BKA versucht es zu verhindern. Zwei Frauen geraten ins Visier, eine CDU-Sekretärin mit Standleitung in die USA, und eine Fremdsprachenkorrespondentin. Und als MacGuffin haben wir noch ein Videoband, das politisch brisantes Material enthalten soll.
Was ist bloß auf dem geheimnisvollen Band?
Erst mal aufs Klo, eine quarzen.
Schon die Grundprämisse finde ich reichlich seltsam – warum sollten die Amis ausgerechnet KOHL ersetzen? Weil er nicht amerikafreundlich und konservativ genug war? Höh. Die Story hätte mit einem SPD-Kanzler viel besser funktioniert. Generell ist mir da oft zu viel pauschale und ausgelutschte Politikerschelte am Start, manchmal klingt es doch arg nach Stammtisch (bzw. heute: Facebook-Gruppe mit Ü70-Meckeropas). „Die da oben“ sind doch eh alle korrupt, unfähig und denken nur an sich selbst und nicht an das VOLK ™, der übliche Kram halt.
Privat lässt er gerne einen fahren. Einen Zug natürlich.
Ab und zu gelingt doch ein guter Gag, wobei vieles auch auf damalige Verhältnisse und Vorkommnisse gemünzt ist, vieles dürfte dem heutigen Publikum, das nicht Politik und Geschichte als Hobby hat, unverständlich bleiben. Die Flick-Affäre wird z. B. thematisiert, die unter anderem FDP-Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff den Job kostete. Die Geschehnisse waren auch deutlich vor meiner Zeit, aber die allermeisten Leute kenne ich dann doch noch, wobei ich mich halt auch für Politik und Nachkriegsgeschichte interessiere.
Mitunter muss man doch schmunzeln, wie aktuell manche Gags noch (oder wieder) sind. Wie zum Beispiel der angetrunkene Stammtisch von alten, weißen Männern mit Krawatte, die bierselig folgendes zum Besten geben:
„Wir haben keine Sorgen uns geht’s gut wir denken nicht an Morgen […] und wenn die Welt auch untergeht wir wählen CDU!“
Hat da gerade jemand „Klimawandel“ gesagt? Nein? Gut, ich bestelle mir noch schnell einen Mercedes-SUV bei Amazon vorm nächsten Bier. Also, weiter im Text.
Tatsächlich entsteht (für mich zumindest) auch viel Humor durch die Besetzung von Tommi Piper. Als ALF-Fan kommt es hier immer wieder zu lustigen Szenen, weil diese vertraute Stimme Sachen sagt, die so gar nicht zu ALF passen, z. B. einem Herrn im Sexshop einen Vibrator „mit 3 Gängen“ zu verkaufen. Hiermit könnte man eigentlich mal ALF-Szenen nachsynchronisieren, könnte spaßig werden.
Beeindruckend ist hier tatsächlich der Cast, es gelang, einige gute Schauspieler*innen und auch Kabarett-Größen zu engagieren. Der ewige Bösewicht Gert Haucke (1929-2008), Krimi-Legende Günther Ungeheuer (1925-1989), Rainer Basedow (1938-2022), „Else Tetzlaff“ Elisabeth Wiedemann (1926-2015), Peer Augustinski (1940-2014), hier tummelt sich schon einiges an Deutschlands damaliger A-Liga.
Gert Haucke, Elisabeth Wiedemann
Das Kabarett-Urgestein Dieter Hildebrandt (1927-2013) hat einen kleinen Auftritt als Reporter, und auch Dieter „Didi“ Hallervorden darf ein wenig geistreiches „Spottlied“ zum Besten geben, was seinen Witz daraus bezieht, Kohl „Birne“ zu nennen. Ich bin kein Kohl-Fan, aber so auf Äußerlichkeiten rumzureiten ist halt schon bisserl billig. Was er als lebenslanger FDP-Fan in diesem doch eher „links geprägten“ Film macht, bleibt eh sein Geheimnis.
Konstantin Wecker taucht mehrfach als Straßenmusiker auf, der ein Lied namens „Für alles im Leben muss man bezahlen“ zum Besten gibt, das wohl eine Art Titelmelodie des Films sein soll.
„Für alles im Leben muss man bezahlen, Alles im Leben hat seinen Preis. Der Mann auf der Straße hört erst bei Skandalen, Was in Vorstandsetagen ein jeder längst weiß.“
Konstantin Wecker
Dieter Hildebrandt
Nette Kuriosität. Wenn man den Film zeitlich im Kontext betrachtet, steht er neben den Komödienversuchen von Lisa Film und den Didi-Filmen vielleicht gar nicht soooo schlecht da. Ist halt thematisch ziemlich schlecht gealtert, jemand unter 30 wird sich nur fragen, wer denn die ganzen Leute mit den komischen Brillen und den schlimmen Frisuren sind und worüber die eigentlich reden.
Für Mitautor Jochen Busse war es auch der erste und letzte Ausflug ins Kino. 1986 schrieb er noch die erste Staffel einer kurzlebigen Serie für die ARD, „Die Montagsfamilie“, nie von gehört. Regisseur war dort auch wie hier Gerhard Schmidt.
Kann man sich legal und kostenlos bei YouTube (mit ziemlich viel Nervwerbung) ansehen, gibt es aber auch auf DVD als Grabbeltischware. Damals bei Atlas als VHS erschienen.
Hallervorden: „Birne! Hahahahah!“
Hier und da sind auch ein paar Locations aus heutiger Sicht nicht uninteressant, wie die Pornoklitsche, die den BKA-Beamten als Tarnung dient. Solche Läden sind wohl auch schon seit mindestens 20 Jahren ausgestorben.
Und noch ein bisschen Achtziger-Jahre-Köln. (Köln? Ja, das politische Leben war damals noch in Bonn, nicht in Berlin.)
Ich hab ja besonders Spaß daran, Filme aus den Untiefen des Archivs oder des Internets zu wühlen, die weder bei der ofdb noch bei der imdb eine Rezension haben und über die man online wenig bis gar nichts findet.
So ein Film ist dieser hier. Der ist in meinen Radar geraten, weil ich das Kinoplakat besitze – das war neulich in einem Konvolut dabei. Nie davon gehört, und fucking Karl Dall spielt da mit? Muss ich sehen!
Allerdings ist der nie auf VHS oder DVD erschienen. Aber eine VHS-Aufzeichnung einer Ausstrahlung auf VOX schwirrt im Netz rum. Vom Sender-Logo her würde ich auf 90er tippen, vielleicht als Nackedei-Filmchen aus dem Archiv als Schlummifix nach der neusten Ausgabe „Wa(h)re Liebe“ weggesendet. (Ah, Wikipedia sagt: 2002. Knapp daneben.)
Heiliges Kanonenrohr, ist das ein bizarres Filmchen. Daher werde ich hierauf auch etwas detaillierter als sonst eingehen. Holt euch einen Kaffee, es dauert etwas länger. Aufgrund der schwierigen Quellenlage fallen die Screenshots auch qualitativ etwas rustikaler aus als sonst.
Doch fangen wir am Anfang an. Literarische Vorlage ist der satirische Roman „Und sowas lebt!“ (Sådan er der så meget) des Dänen Finn Søeborg (1916-1992). Laut Wikipedia: „[…] in dem er auf humorvolle Weise die Leerläufe und die ausufernde, jeglichen privatwirtschaftlichen Aufbauwillen lahmlegende Bürokratie in einem dänischen Wiederaufbauministerium kurz nach dem Krieg schildert.“ Hat inhaltlich also auf den ersten Blick nicht wirklich viel mit dem Film zu tun, es wird auch weiter ausgeführt, dass „Motive“ daraus Verwendung im Film fanden. Das Buch erschien 1950 in Dänemark und 1953 erstmals in Deutschland. War also schon ein ziemlich alter Hut, als der Film erschien.
Deutsche Ausgabe der Buchvorlage: „Und sowas lebt!“ von Finn Søeborg, Rowohlt 1953
Als Drehbuchautor wird Volker Vogeler (1930–2005) genannt. Mir bisher unbekannt, wird er von den 60ern bis in die 90er immer wieder als Autor und Regisseur genannt, meist augenscheinlich eher unbedeutende Arbeiten fürs Fernsehen. Allerdings wurde er schließlich zum Stammautor des ZDF-Krimi-Dauerbrenners „Der Alte“ und schrieb dort stolze 180 Folgen von 1978 bis 2005.
Kurze historische Einordnung: Die große gesellschaftliche Revolution der 68er war im vollen Gange. Auch im Kino spürte man den frischen Wind – 1968 erschien mit „Zur Sache, Schätzchen“ eine neue Art Komödie in den deutschen Lichtspielhäusern – frech, jugendlich, grenzüberschreitend, aufmüpfig, provokant. Eine neue Generation sagte „Opas Kintopp“ mit seinen biederen Schlagerrevuen und faden, immer gleich gestrickten Lustspielen den Kampf an.
1969 in München-Schwabing gedreht, fällt dieser Film genau in diese Zeit und in die Aufbruchstimmung. Der Film spielt im damaligen Studentenmilieu. Wir lernen Christof Müller kennen, der nach München zieht und neu in der Stadt ist. Er hat nur einen Koffer und ein Schlagzeug dabei, was schon bei der Taxifahrt vom Bahnhof in die Stadt zu gewissen Turbulenzen führt. Über den ganzen Film hinweg ist er auch der Off-Erzähler, der uns zwischendurch an seinen Gedanken teilhaben lässt.
An der Uni lernt er direkt den kauzigen Lebenskünstler (Karl Dall) kennen, der nur unter dem Namen „Sportsfreund“ bekannt ist. Dieser arbeitet an der Uni in der Abteilung für Härtefälle, dem „Paritätischen Schlichtungsausschuss der Universität“. Primär ist er im Film, um Christof in das Schwabinger Leben einzuführen, besoffen zu sein, eklig zu essen und zu rülpsen. Weil’s so schön ist mal als Videoausschnitt:
Unterkunft findet er zunächst bei seiner Cousine Brigitte (Hannelore Elsner), die ihn mit ihrem Kind, der kackbratzigen Fee, vom Bahnhof abholt. Der Ehemann Peter, Werbetexter mit Schnauzer und Brille, wohnt auch da und erklärt erst mal am Essenstisch die antiautoritäre Erziehung. Brigitte – „das ist aber ein spitzes Weib“ – hat des Nächtens Besuch, es ist offenbar zum Flotten Dreier geladen mit dem spitzen Schnauzbart-Peter. Der dazustoßende Christof lehnt die Einladung ab, weil er den falschen Schlafanzug anhat. (Ja, echt. Verstehe ich auch nicht.)
Am nächsten Abend kommt er, mit Sportsfreund im Schlepptau, betrunken nach Hause. Dort landet er fast mit seiner Cousine im Bett, aber so betrunken ist er dann doch nicht. Nun folgen erst mal mehrere Minuten, in denen im Wohnzimmer eine Fressorgie zelebriert wird. Beide sind hackestrulle und es wird gefressen, gesoffen, gerülpst und Sprüche geklopft. Dazu läuft „freche Beat-Musik“, wie man damals wohl gesagt hätte.
Irgendwann fängt dann Brigitte an, mit Sportsfreund eine erotische Spannung aufzubauen. (Dass ich mal Hannelore Elsner mit Karl Dall rummachen sehe, hätte ich auch nicht für möglich gehalten. Bizarr.) Sie führt ihn mit geschlossenen Augen den Flur entlang, aber nicht wie gedacht ins Schlafzimmer, sondern alleine in eine Art Abstellraum. Haha, reingefallen!
Der nächste Morgen. Christof liegt im Bett. Schnauzbart-Peter bringt Frühstück und erzählt, dass er mit 14 das Onanieren angefangen hat, was man halt so fast Fremden beim Morgenkaffee so erzählt. Und dass seine Frau Brigitte eine Fixierung auf ihn hätte, und ob er das nicht gemerkt hätte. „Wichtig ist nur, dass man sich zu sich selbst bekennt.“ – „Man darf Gefühle nicht verbergen, sonst wird man krank.“ Mehr als „Aha“ fällt dem schlaftrunkenen Christof dazu auch nicht ein. Peter erzählt noch, dass Brigitte glaube, Christof hätte noch nie mit einer Frau geschlafen.
Derweil versucht der noch immer nicht eingeschriebene Christof erneut sein Glück an der Uni. Da bislang immer die Schlange zu lang war, übernachtet er dort. Am nächsten Morgen ist allerdings die Frist abgelaufen, und Sportsfreund führt ihn zum Paritätischen Schlichtungsausschuss zur Verhütung von Härtefällen. Primär wird dort „Schiffe versenken“ gespielt und gesoffen. Christof wird dort prompt als dritter Bürohengst verpflichtet. (Das sind wohl die Szenen, die aus dem Roman stammen.)
Tatsächlich bekommt Christof auch noch einen Job als Schlagzeuger und findet sich in einer volkstümlichen Combo wieder, die verbittert wirkende alte Menschen bespaßt, die eigentlich nur am Saufen sind – stellt sich heraus: Eine Veranstaltung nur für Abonnenten der „Nationalzeitung“. Der Text des feilgebotenen Schlagers ist auch eine Dokumentation wert:
„Dididappdu ich spiel auf meiner Bongo schippischippschappschappidu weil ich es gerne tu Dididappdo ich fahre in den Kongo schippischippschappschappidei da ist ein Platz an der Sonne dabei“
Nach einigem anderen Geplänkel findet sich Christof des Abends mit der spitzen Brigitte alleine im Auto wieder. In Gedanken (die wir im Off hören) ist er bei der feschen Nicci, die er in der Uni kennengelernt hat und die ihm nicht mehr aus dem Kopf geht. Doch Brigitte will ihm noch immer an die Wäsche und knöpft schon mal das Polyester-Blüschen auf.
Währenddessen macht er sich Gedanken darüber, dass er seinen knorken Schlafanzug nicht dabei und zu wenig Haare auf der Brust hat. Dass er im Begriff ist, mit seiner Cousine zu knattern scheint ihm weniger Sorge zu bereiten. Eine geeignete Position im engen Auto zu finden ist eine Hürde. Als er dann nach hinten umfällt und das Becken des Schlagzeugs im Kofferraum erklingt, endet die Szene vor Vollzug. Bizarr. (Übrigens auch bizarr: Die sonst so brave Hannelore Elsner in ihrer mutmaßlich einzigen Nackedei-Szene.)
Neuer Tag. Christof geht mit Fee, der so 5 Jahre alten Tochter, in den Zoo, um sie zu bespaßen. Das entwickelt sich zur Nervenprobe, denn die Fee ist so gar nicht feenhaft, sondern eine verzogene Göre, die anfängt, wie am Spieß zu brüllen, wenn sie ihren Willen nicht bekommt.
Nach einer Weile muss sie aufs Klo, was zu ungeahnten Konsequenzen führt. Als er mit ihr auf der Damentoilette ist, behauptet sie nicht mehr zu müssen und fängt an zu brüllen, was eine Frau aufschreckt, die das Szenario „Junger Mann – Mädchen mit Schlüppi unten“ missversteht und prompt einen Lynchmob anzettelt. Fee hat auch den Schalk im Nacken und behauptet zunächst auch auf Nachfrage, den Mann nicht zu kennen. Nur mit Mühe entkommt er dieser Situation, ohne als mutmaßlicher Kinderschänder direkt an Ort und Stelle gemeuchelt zu werden.
Der brave deutsche Bürger:
– „Du dreckige Sau! Dafür brauchen wir keine Polizei! Das machen wir alleine!“ – „Sicher ein Ausländer!“ – „Warum werden diese Kerle nicht kastriert?“ – „Jawoll! AUFHÄNGEN!“ – „Wie der schon aussieht!“
In der nächsten Szene sind wir irgendwo an einem Fluß (denke mal, Isar), dort wird der vor sich hin sinnierende Christof von Nicci (Gila von Weitershausen) überrascht, auf die er ja ein Auge geworfen hat. Bei einer Bootsfahrt kommen sie ins Gespräch.
Derweil demoliert Fee mutwillig sein Schlagzeug. Christof kommt nach Hause, Brigitte findet das alles lustig. In Christofs Gedanken hören wir: „So! Jetzt bumsen wir.“ (Eine komplett logische Kausalkette, oder etwa nicht?)
Schwupps machen sich beide nackig. Gerade als Brigitte sich aufs Bett legt, kommt Schnauzbart-Peter (wir erinnern uns: Brigittes Ehemann) die Haustür rein. Und lauscht erst mal an der Tür. Und schaut durchs Schlüsselloch.
Allerdings wird er bei seinem Spannertum von der „Papiii“ krähenden Fee gestört. Die beschwert sich, dass Christof sie wegen des kaputten Schlagzeugs geschlagen hätte, worauf er ins Schlafzimmer platzt und pseudo-empört „Brigitte!“ ruft. (Was ich sehr lustig fand, weil es mich an eine Szene in „Pastewka“ erinnert.) Also wird das inzestuöse Schäferstündchen erneut gestört, als er des Raumes verwiesen wird. „Hinaus!“ ruft nun die Brigitte, die eben noch begattungsbereit da lag. Muss man auch nicht verstehen, das alles.
So läuft er nun durch die Stadt. Einschreibung verpasst, Brigitte verpasst und die Nicci hat einen Freund. In seiner Not klingelt er bei Justus von Liebig, dem Chef vom Paritätischen Schlichtungsausschuss, ob er dort schlafen könne. Zu seiner Überraschung öffnet eine unbekannte junge Dame die Tür.
Er kommt offenbar ungelegen. „Wo eine Pille ist, ist auch ein Weg“, spricht der Aushilfsbischof, der einen Topflappen auf dem Kopf hat (?!), noch. Hab ich schon erwähnt, dass dieser Film bizarr ist?
Nach einigem Hin und Her landet er dann bei Sportsfreund in seiner Bude. Die ganze Wohnung ist voll mit weißen Mäusen, die er aus dem Chemielabor der Uni gerettet hat. Er klimpert auf dem Klavier und hat seine philosophischen fünf Minuten.
„Früher war ich noch Idealist. Doch jetzt hab ich meine Schäfchen im Trockenen. In den nächsten fünfzig Jahren tut sich an den Hochschulen sowieso nichts. Ziemlich kaputt ist das. Wir versenken Schlachtschiffe und werden vom Staat dafür bezahlt.“
Sportsfreund (nachdenklich)
Durch Manipulation von Unterlagen gelingt es Christof schließlich, eine Wohnung in dem Haus zu ergattern, in dem Nicci wohnt. Er hat es noch immer auf sie abgesehen.
Beim Einzug lernen wir seine neue Vermieterin bzw. Hauswirtin kennen, dargestellt von der bayrischen Volksschauspielerin Maria Stadler (1905-1985), die hier eine Art Else Kling auf Speed spielt, sie keift ohne Punkt und Komma. Kleine Kostprobe:
„Bei unserm letzten Studenten sind wir dahintergekommen, dass er an Demonstraaatioooonen teilnimmt! Und sowas wohnt unter meinem Dach. Wozu haben wir die Notstandsgesetze, wenn diese Radaubrüder frei herumlaufen dürfen. Sonst war er ja ein sehr ruhiger Mensch.
Armes Vaterland! Es hat ja niemand mehr ein Heimatgefühl. Mein Gott, was sind wir früher gern spazieren gegangen! Seit sich dieses Gesocks, diese sogenannten Gastarbeiter, bei uns herumtreibt, kann man ja im Dunkeln das Haus nicht mehr verlassen! Und Deutsch können die auch nicht richtig!
Sie brauchen nicht zu denken, dass wir kein Herz für die Studenten hätten, mein Mann ist ja selbst Akademiker! Zahnmedizin! Der hat in seinen Jugendjahren auch recht flott gelebt, aber alles im Rahmen.
Einmal haben wir es mit einer Studentin versucht [als Untermieterin], die bekam immer Herrenbesuch. Der ist aber braun gebrannt, dacht ich mir zuerst, aber dann haben wir gemerkt – das war ein Neger!“
Das war 1970 schon als satirische Übertreibung angelegt. Schlimm genug, dass auch im Jahr 2022 Leute mit solcher Denke noch immer nicht ausgestorben sind.
Als beim Einzug sein Schlagzeug geliefert wird, keift es – „Das Ding kommt mir nicht ins Haus! Oder Sie sind sofort entlassen!“ Aber doch schafft er es, da irgendwie da wohnen zu bleiben, und sein genialer Masterplan geht auf – natürlich kommt er mit Nicci zusammen. Der Film endet – schließlich sind wir in Schwabing – mit einer großen Party.
Sportsfreund und Justus wollen allerdings die Party sprengen, mithilfe der weißen Mäuse. Irgendwie landen sie dabei im Schlafzimmer der alten Hauswirtin. In einer wilden Sequenz bekommen wir bizarre Szenen wie diese zu sehen.
Die zickige Hauswirtin vergruselt es derart, dass sie wie am Spieß schreiend vom Krankenwagen abgeholt wird, und der arme Ehemann dazu noch gleich mit. Das alles unterlegt mit pfiffiger Marschmusik.
Netter Gag: Der verwunderte Nachbar will wissen, was los ist, und spricht den als Nazi verkleideten Partygast ganz selbstverständlich mit „Herr Wachtmeister“ an.
„Entschuldigung, Herr Wachtmeister, was issen hier los?“
Gegenüber der Ärzte gibt sich Christof als Betreuer der zwei alten Herrschaften ab und gibt zu Protokoll, er habe es so kommen sehen. „Die sind total kaputt. Völlig versengt!“ – „So?“ – „Wo kommen sie denn jetzt hin?“ – „Na, in die Anstalt!“
Schwupps hat Christof ein Haus. Letzte Szene: Er spielt nackt im Garten Schlagzeug, die Kamera fährt zurück, Nicci steht am Balkon, und wir enden mit dem klassischen Kran-Shot über’s ganze Haus. Ende.
Puh.
Es ist schwer zu glauben, dass dieser Film im gleichen Jahr entstand wie „Frau Wirtin bläst auch gern Trompete“ oder „Pudelnackt in Oberbayern“, die beide ganz grob das gleiche Genre bedienen.
Letztere sind noch Opas Kino – Filme von damals schon alten Männern. Michael Verhoeven (* 1938) war hier auch schon um die 40, aber doch erkennbar eine andere Generation. So bizarr der Film noch heute wirkt – man muss sich die Wirkung auf ein Publikum von 1970 vorstellen. Wilde Nummer!
Einige Szenen haben auf jeden Fall das Potential, dass dort damals rechtschaffende Bundesbürger mit rotem Kopf und geballten Fäuste reckend aus dem Kinosaal stürmten und dabei „Das ist em-pööör-end!“ riefen.
Ein besserer Film als „Pudelnackt in Oberbayern“? Sicherlich. Verhoeven ist ein guter Regisseur und sollte auch 1970 mit dem schonungslosen Vietnam-Film „o.k.“, der Vergewaltigungen durch US-Soldaten thematisiert, für einen Skandal auf der Berlinale sorgen.
Der Film ist ein Kind seiner Zeit, mit allen Stärken und Schwächen. Manches ist heute einfach schräg, manches ist heute noch lustig oder provokant. Eins hat der Film auf jeden Fall nicht verdient – komplett in der Versenkung zu verschwinden. Wer weiß, wo da die Rechte liegen, aber es ist schon seltsam: Alle gefühlt 452 Lederhosen-Jodel-Filme stehen bei Müller im Regal, dieser Film aber muss als nahezu verschollen gelten.
Werfen wir abschließend noch einen Blick auf den Cast.
Christof Wackernagel (* 1951) spielt die Hauptrolle (die sehr kreativ ja auch Christof heißt). Von 1968 bis 1977 trat er vornehmlich als Schauspieler in Erscheinung, bekannter wurde er aber 1977 als – RAF-Terrorist. Nach einer langen Haftstrafe ist er seit den 90ern wieder vermehrt in Film und Fernsehen (Tatort, Lindenstraße) zu sehen und tut sich auch als Schriftsteller hervor. In diesem Film hatte er seine erste große Hauptrolle.
Gila von Weitershausen (* 1944), die Nicci, machte die fast archetypische deutsche Schauspieler*innen-Karriere mit: In den 60ern und 70ern noch oft im Kino zu sehen, zum Beispiel in „Die Lümmel von der ersten Bank“ (1968), ist sie seit den 90ern Dauergast in Serien des ÖRR – bis zur schwimmenden Altstar-Restverwahrung „Das Traumschiff“ oder gar dessen Klon „Kreuzfahrt ins Glück“, wo sie noch dieses Jahr zu sehen war.
Hannelore Elsner (1942–2019) dürfte heute noch am bekanntesten sein. Eine lange, lange Karriere, bis 1959 bis zu ihrem zu frühen Tod 2019. Auch im Fernsehen war sie oft zu sehen, zum Beispiel als Maria Rotenburg, die Geliebte von Professor Brinkmann in der Schwarzwaldklinik, oder als Kommissarin Lea Sommer im Tatort.
Karl Dall (1941-2020) war zur der Zeit primär noch als Mitglied der Musikgruppe Insterburg & Co. bekannt und hatte hier eine seiner ersten Filmrollen, nachdem er 1969 schon in der Komödie „Charley’s Onkel“ zu sehen war, mit seinen Bandkollegen (auch ein Film, der hier eine Würdigung erfahren wird, früher oder später). In den 70ern und 80ern kalauerte er sich durch allerlei Filme, Serien und Shows, hatte ein paar Single-Charterfolge und war bis in die frühen 2000er im Fernsehen sehr präsent.
Oha, da bin ich aber wieder tief in den obskuren Filmarchiven der heilen Kinowelt der bundesdeutschen 50er Jahre unterwegs. Dieser etwas unscheinbare, halb verschollene Film hat allerdings einige Besonderheiten, die ihn filmhistorisch interessant machen. Da man auch online kaum Infos findet, opfere ich mich mal.
Zunächst – Regie: Rudolf Schündler. DER Rudolf Schündler? Ja, genau.
Heute noch am ehesten als Oberstudienrat Knörz aus den Lümmel-Filmen der 70er bekannt, hatte der Mann eine unfassbar bunte Karriere quer durch die deutsche Filmgeschichte, von Fritz Lang über Hans Billian bis Heinz Erhardt. In den 50ern führte er auch mehrfach Regie bei leichter Muse wie hier. Das war bereits seine fünfte Regiearbeit. Von insgesamt 19. Neunzehn! Die 50er Jahre waren sehr produktiv im deutschen Kino. Man darf nicht vergessen – Kino war damals viel alltäglicher, die wenigsten Leute hatten zuhause einen eigenen Fernseher. Es wurden daher viel mehr Kinofilme „auf Masse“ produziert als heute.
Ein weiterer Fakt, der diesen Film etwas besonders macht: Es ist der erste deutsche Cinemascope-Farbfilm, sagt der Filmdienst. 1953, also zwei Jahre vorher, war mit „The Robe“ (Das Gewand) in den USA der erste Film in Cinemascope überhaupt erschienen.
Bauer Lamken (Carl Hinrichs) hat die tollste Sau von allen
CinemaScope war ein wichtiger Schritt hin zum heute selbstverständlichen „Breitbildformat“. Durch spezielle Linsen in der Projektion war es möglich, Filme im Seitenverhältnis von etwa 1:2.35 auf normalen 35-mm-Film zu bannen.
Leider konnte man den Film wohl so nur im Kino damals bewundern. Er ist nie fürs Heimkino erschienen, nicht mal auf VHS. Mir liegt eine Fernsehausstrahlung von SAT1 vor, die leider auf 4:3 zusammengeschrumpft wurde.
Neben diesen technisch-historischen Sachen wurde ich auch neugierig, denn der Film basiert auf einem Theaterstück von August Hinrichs (1879-1956), dessen Geburtshaus keine 300 Meter von hier, wo ich gerade sitze, entfernt ist. Geboren in Oldenburg, ist er als Autor von Theaterstücken, meist humoristischer und eher volkstümlicher Art, bekannt, und die August-Hinrichs-Bühne in Oldenburg trägt heute seinen Namen.
In den zwanziger und dreißiger Jahren war er einer der meistgespielten Bühnenautoren. Seine Stücke waren in ganz Deutschland erfolgreich, und auch mehrere Verfilmungen entstanden bereits. So ist dieser Film von 1955 eigentlich ein Remake des Films von 1934 unter der Regie von Carl Froelich.
Die Geschichte geht auf das Stück „Krach um Jolanthe“ zurück, was auch ein Alternativtitel des Films (und der Titel der 1934-Version) ist. Auch als Theateraufführung wurde es mehrfach gefilmt, z. B. vom Hamburger Ohnsorg-Theater (1962 und 1979 noch mal).
Das Stück ist wohl so bekannt, dass es in Cloppenburg eine Skulptur (Foto von Wikipedia) dazu gibt. OK, wieder was gelernt.
Kuckuck auf der Wutz
Worum geht es überhaupt? Irgendwo im Oldenburgischen anno lange-her: Bauer Lamken (Carl Hinrichs) ist stolz wie Oskar, denn auf der Landwirtschaftsausstellung hat seine Sau Jolanthe den ersten Preis gewonnen. Das war damals sogar ein Foto auf der Titelseite der Zeitung wert.
Doch, oh weh, wieder zuhause in Pusemuckeldorf (das wohl fiktive Ringelstede) droht Unheil. Er hat seine Steuern nicht bezahlt, und der Gerichtsvollzieher pfändet einfach seine Prachtsau und pappt ihr einen Kuckuck auf den Schinken.
Schließlich soll sie versteigert werden, doch niemand bietet. Der Gendarm ermittelt, Verdacht auf Komplott und so. Auch der nette neue Dorflehrer, der gerade im Dorf angekommen ist, gerät in Verdacht, doch er hat damit nichts zu tun, er ist nur für die obligatorische love story im Film verantwortlich.
Die ersten Szenen im Film, diese Viehzeugparade, wurden offensichtlich in München gedreht, dort fand 1955 die 43. Wanderausstellung der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) statt:
München – establishing shot – könnte der Stachus (Karlsplatz) sein
Ebenfalls dokumentieren möchte ich dieses wunderbare Stück Lyrik, gesungen von der Magd Stine. Ein echter Ohrwurm.
„Jolanthe, Jolanthe, du dickes Borstenvieh hast meine Sympathie Jolanthe, Jolanthe, du hast mit deinem Speck die Ruhe weg!“
Apropos Magd – diese hat auch eine Szene, die so bizarr ist, dass ist sie hier mal als Ausschnitt einfüge. Tatsächlich für 1955 schon recht gewagt!
Im Cast stach mir Carl Hinrichs (1907–1967) ist Auge. Auch er ist in Oldenburg geboren und hier auch 1967 gestorben. Er war in den 50er und 60er öfter mal in augenscheinlich kleineren Rollen in Kino und TV zu sehen. Laut alt-oldenburg.de war er der Bruder von August. Seine Eltern und später dann er führten in der Haarenstraße in der Oldenburger Innenstadt eine Weinhandlung. Das Gebäude (Foto) wurde 1956 abgerissen, dort ist heute das Modehaus ZARA zu finden.
Gerhard Riedmann (1925–2004), der den jungen forschen Lehrer spielt, war noch bis in die 90er regelmäßig zu sehen, zuletzt in 25 Folgen vom ZDF-„Bergdoktor“. In den 50er war er noch in allerlei Heimat-, Berg- und Schlagerfilmchen zu sehen und grinste und sang sich in die Herzen der Damen. Der grobe Blick zeigt auch, dass eigentlich fast alle der Beteiligten nach dem großen Knick in den 60ern, als Heimatfilme langsam ausstarben, ihre Karriere mitsterben sahen.
Was bleibt? Biedere Heile-Welt-Unterhaltung, und selbst da gibt es sicherlich besseres. Filmisch solide abgekurbelt, bleibt er halt doch ein Theaterstück von 1930, und so frisch wirkt das dann auch. Das war selbst 1955 schon old-school.
Das Lokalkolorit ist ganz nett, wenn man hier wohnt, und zumindest weiß ich jetzt, was diese Skulptur in Cloppenburg soll. Man lernt nie aus! Ist auch einfach mal schön, dass so ein Film mal nicht in Österreich, Tirol, Schwarzwald oder Bayern spielt, sondern in der norddeutschen Tiefebene. Ansonsten nur für Fans von Bauernkomödien (gibt es die überhaupt noch?). Oder wer Filme mit ganz vielen Schweinen mag. Oink!
Der qualitativ ganz brauchbare TV-VHS-Mitschnitt (SAT1, ich würde frühe 00er Jahre schätzen) findet sich im Netz.
Franz Seitz junior war ein umtriebiger Mensch. 1921 geboren, studierte er nach militärischen Pflichten zunächst Medizin, war Kunstmaler – und, ach ja, nebenbei auch Sohn des damals sehr erfolgreichen Regisseurs Franz Seitz senior (1888-1952), der in den 20ern und 30ern bei der UFA viele Filme abdrehte, von der alpenländischen Komödie bis zum Propagandafilm.
Irgendwann begann er auch, Filmluft zu schnuppern, drehte ein Heimat- und Schlagerfilmchen nach dem nächsten und schließlich gründete er 1956 in München seine Firma „Franz Seitz Filmproduktion“, die bis heute existiert, geführt von seinen Kindern.
Vor allem die sieben Teile der „Die Lümmel von der ersten Bank„-Reihe waren ab 1968 große Erfolge an den Kinokassen. 1977 war er noch mal in den Schlagzeilen – Oscar für „Die Blechtrommel“ nach Günter Grass. Tatsächlich eine Seitz-Produktion. Zwei Literaturverfilmungen nach Thomas Mann folgten.
1985 aber, und wir kommen zum eigentlichen Thema, dachte er sich scheinbar – so hochliterarisch und künstlerisch wertvoll kann ich meine Karriere nicht beenden. Und produzierte: „Big Mäc“ mit Thomas Gottschalk in der Hauptrolle.
Seit 1989 nicht mehr im Fernsehen und nie auf DVD erschienen, ist das eine obskure Randnotiz im Filmschaffen von Gottschalk. Die Videothekenkassette erschien bei VMP, die sich heutzutage auch ziemlich rar macht. Immerhin war er zur Promo 1985 auf dem Cover der Cinema, die ich besitze und weswegen ich überhaupt von der Existenz dieser Zelluloid-Verschwendung weiß. Und eine gute Seele hat die seltene VHS digitalisiert und auf YouTube in ganz brauchbarer Qualität hochgeladen und den Film somit aus der Gnade des seligen Vergessens entrissen. Dankeschön, „Hampie18“.
„Easy Rider Thomas Gottschalk“. Bestes Outfit ever. Dem Mann war damals auch echt gar nichts peinlich. Man beachte den guten alten 80er-Jahre-Brustbeutel. Ein Traum in Kunstleder.
Also, Promo lief soweit. Gedreht wurde laut Wikipedia in Garmisch-Partenkirchen, Istanbul, Kairo und Nairobi. Das kostete richtig viereckig Geld, wie Horst Lichter immer so schön sagt.
Auf jeden Fall haben wir es mit einer „different kind of animal“ zu tun. Die wesentlich bekannteren Filme mit Gottschalk – wie die Supernasen oder die Einsteiger – waren alles Produktionen der Lisa Film GmbH aus München, also von Karl Spiehs und seinen Spießgesellen.
Tatsächlich gibt es hier ein kleines „Crossover“, wenn man so will: Der Star aus den von Seitz produzierten Lümmel-Filmen, Hansi Kraus (* 1952), spielt hier auch mit. Er hatte 1985 auch erst mal die besten Zeiten hinter sich (zumindest im Kino und Fernsehen), taucht aber bis heute immer wieder mal auf der Mattscheibe auf, von „Dr. Stefan Frank“ über „Forsthaus Falkenau“ bis „Um Himmels Willen“. Hier ziert ihn eine zeitgemäße Rotzbremse.
Bevor wir zu den Details kommen – worum geht es hier überhaupt? Bisschen klarer wird es, wenn man sich den späteren Titel der TV-Ausstrahlung anschaut: „Heiße Öfen in Afrika„. Nicht der Gipfel der Kreativität, aber allemal besser als das nichtssagende „Big Mäc“. Hoffentlich gab es dafür wenigstens gut Kohle von McDonald’s. Der ganze Film ist außerdem eigentlich nur ein überlanger Werbefilm für BMW.
Bernhard „Big Mäc“ Maurer (Gottschalk) ist weder Maurer noch Bratbulettentester, sondern Musiker. Im Vorspann lernen wir ihn als gestrengen Dirigenten eines klassischen Orchesters kennen. Doch, oh Schreck, plötzlich tauchen aus dem nichts Rockmusiker auf, die ganz böse ins Mikro lachen und irgendwas zusammen schrammeln, was in den Ohren von den alten Männern, die diesen Film verbrochen haben, wohl „harte Punkmusik“ sein soll. Das junge Publikum – wir befinden uns an einem Gymnasium – flippt aus, der Herr Rektor (Ludwig Haas) schaut, als hätte ihm jemand in die Weichteile geboxt.
„Schluss mit dem Unfug! Sofort Schluss! Sie sind entlassen!“
Und Musikgenie Maurer muss sich weiter als Klavierlehrer durchschlagen.
Derweil in der Redaktion der Zeitschrift „Motorrad“ – man sorgt sich um das Image des Motorradfahrers und will den „perfekten Fahrer“ finden. Seriös, solide, unfallfrei. Und der Computer (wie auch immer das 1985 funktioniert haben soll) spuckt eben – genau – unseren Klavierlehrer aus, weil der mal vor vielen Jahren eine Tour quer durch Spanien gemacht hat und darüber ein Artikel im Archiv war.
Eine Prämie von 50.000 Dollar winkt. Freudig bestellt er sich erst mal telefonisch einen Konzertflügel. Aber – er kriegt die Kohle nur, wenn er es schafft, in einer Abenteuerrallye von der Zugspitze zum Kilimandscharo zu bestehen, und das als Wettrennen mit einem japanischen Team.
Da er dafür einen Beifahrer braucht, engagiert er den Nachbarsjungen Max (Beate Finckh), der gerne und viel an allerlei Motoren schraubt und sich gut auskennt. Ihm wird auch von der örtlichen Werkstatt eine der begehrten Lehrstellen versprochen, falls sie gewinnen (was für ein seltsamer Deal ist das denn bitte?). Doch, oh weh, Max fällt vom Moped und bricht sich die Stelze. Seine Schwester Maxi (ebenfalls Beate Finckh) schneidet sich die Haare, bindet den Busen weg und fährt an seiner Stelle mit. Maurer ist der Meinung, Max mitgenommen zu haben, und braucht bis zum dritten Akt des Films, um zu merken, dass dem Max „von der Hitze ein Busen gewachsen ist“. Was natürlich zu allerlei Lustigkeiten führt. Zum Beispiel zu meinem Lieblingszitat aus dem Film:
„Bei jeder Pinkelpause gehst du kacken!“
Es sollte T-Shirts mit diesem Spruch geben.
Der Rest des Films sehen wir also primär diverse Motorräder durch diverse Wüsten fahren. Wer wird das spannende Rennen für sich entscheiden? Die anständigen Deutschen auf der BMW oder doch etwa die hinterlistigen, mit allen schmutzigen Tricks arbeitenden Japaner? (Um im Duktus des Films zu bleiben: „Was machen die Japsen?“)
Es bleibt spannend (gähn) bis zum Herzschlagfinale. Wird es etwa ein Happy-End geben? Mit freeze frame von grinsenden Leuten am Schluss? Wer weiß, wer weiß.
Wen haben wir denn hier so vor der Linse? Gut, ich denke, Thomas Gottschalk (* 1950) muss ich hier nicht großartig vorstellen, ich denke, selbst wenn man nie einen Film mit ihm gesehen hat, weiß man doch, wer er ist. Der mit den Haribo-Goldbären. Ach ja, dass er zusammen mit Mike Krüger in den 80ern auch mal Werbung für McDonald’s gemacht hat und einen Film namens „Big Mäc“ ist bestimmt nur Zufall.
Max und Maxi (!), eine gender-bending Doppelrolle, werden gespielt von Beate Finckh (* 1960), in ihrer ersten größeren Kinorolle. Mit ihren zarten 25 Jahren hatte sie schon einiges gedreht, der ganz große Durchbruch blieb ihr augenscheinlich verwehrt. Mehrere Auftritte in Tatort und – natürlich 4 Folgen „Derrick“. Sie hat diese durchaus anspruchsvolle androgyne Rolle hier gut gemeistert, war in diesem Gurkenfilm aber eigentlich verschenkt. Sie hätte Max/Maxi in einem ernsthaften Coming-of-age-Film mit Gender-Thematik spielen können. (Netflix-Remake von „Big Mäc“, wann?)
Ach ja, wer darf natürlich auch nicht fehlen? Trash-Ikone Herbert Fux (als „Franz Leitner“) hält auch mal das Knittergesicht in die Kamera für eine Handvoll Dollar.
Die neuste Folge von „Find den Fux“. Da isser!
Direkt in der ersten Szene hat Ludwig Haas (1933-2021) eine kleine Rolle als Rektor und Klassik-Fan. Bisschen verschenkt, aber immerhin fast die lustigste Szene im Film. Falls ihr euch gerade fragt, woher ihr ihn kennt – am bekanntesten ist er wohl als Dr. Ludwig Dressler in der Lindenstraße, wo er von 1985–2020 (!) mitspielte.
Immerhin blieb es Hans Terofal erspart, hier mitspielen zu müssen, da er bereits 1976 verstorben ist. Treue Leser*innen wissen: „Hans Terofal“ hieß eigentlich Hans Seitz – und ist niemand geringerer als der Bruder von Produzent Franz Seitz junior. Damit das alles nicht zu einfach wird, arbeitete dieser auch gerne mal unter dem Pseudonym „George Laforet“. Laforet ist der Mädchenname der Mutter, „Terofal“ das ganze einmal spiegelverkehrt.
Eins muss man den Produktionen der LISA-Film lassen – sie versuchen wenigstens, lustig zu sein. Dieser Film taugt als Comedy null, mit viel guten Willen gibt es ein paar Schmunzler. Als ernst gemeintes Roadmovie oder Abenteuerfilm ist es zu poplig. Nur weil ein paar Kamele oder Elefanten durchs Bild laufen, sitzt man nicht auf der Sesselkante vor Spannung. Die Dialoge sind so hölzern, dass man sich Splitter ins Ohr holt beim Anhören. Da ist selbst Gottschalk schauspielerisch unterfordert. Selbst die Musik kommt direkt aus der Mitt-80er-Weichspüldedudelhölle, wenn nicht gerade das penetrante Titelstück totgedudelt wird.
Und, werter Franz Seitz, wie kann man Filme wie „Die Blechtrommel“ produziert haben und danach solche Drehbücher lesen und sagen, „Jawoll, das klingt nach einem guten Film. Den mach ich mit dem Gottschalk und das wird der Knaller“? Was hat Sie da geritten? Moment, Drehbuch von Franz Seitz, Sigi Götz, Werner Schlierf. Ähm, okay. Ich hab nichts gesagt.
Reine Hypothese – das ganze ist so von Arbeitsverweigerung durchzogen, dass mir der Gedanke kam, dass wir es hier mit einem typischen Abschreibungsfilm zu tun haben, also ein Film, der mit Vorsatz Verlust einfahren soll, um steuerliche Vorteile zu kriegen.
Er ist schlicht nicht Fisch, nicht Fleisch, sondern nur – stinkepupslangweilig. Die Film-Todsünde Nummer 1. Keine Ahnung, was genau hier passiert ist. Regisseur Sigi Rothemund ist sicherlich kein zweiter Hitchcock und hat viel Schrott gemacht, aber es war wenigstens unterhaltsamer Schrott, wenn auch meist auf niedrigem Niveau. Det Dingen hier ist ne Einschlafhilfe. Dagegen ist selbst „Die Einsteiger“ (gleiches Jahr, gleicher Regisseur) fast richtig gut.
Als Fazit zitiere ich mal den Film selbst.
„Schluss mit dem Unfug! Sofort Schluss! Sie sind entlassen!“
„Hallo, hier Lümmel 1. Wer spricht denn da?“
Erst mal durch den Busch kacheln, bisschen die Wildtiere erschrecken. Ein Spaß!
Unter diesem etwas irreführenden, unglücklichen Titel verbirgt sich keine nette Heile-Welt-Komödie, wie man vielleicht denken könnte, sondern ein hervorragender Film von Wolfgang Staudte, den man zu den wichtigsten Regisseuren des Nachkriegskinos zählt.
Ich kenne bislang nur die späteren „Tatort“-Episoden von ihm (meist gut, wenn mich meine Erinnerung nicht trügt), sein historisch wichtiges Frühwerk wird nach und nach verfügbar. Dieser Film ist 2020 erstmals auf DVD erschienen, auf dem Label „Filmjuwelen“, das sich wieder mal um eine Wiederdeckung verdient gemacht hat.
Wie in einigen Filmen dieser Zeit geht es um die Aufarbeitung der NS-Zeit, ein Thema, das viele Deutsche in der Zeit nicht ansprach, zu frisch war es noch. Heile Welt war angesagt, Gebirge, saftige Wiesen, glückliche singende Menschen. Düstere Nazi-Dramen in schwarz-weiß im Kino? Nein, danke.
Auch dieser Film floppte damals an den Kinokassen, verschwand auch lange in der Versenkung. Wesentlich bekannter von Staudte ist „Die Mörder sind unter uns“ von 1946 – wohl auch durch den markanten Titel.
Hervorragend fotografiert, dicht und sprachlich auf höchstem Niveau geschrieben und hochkarätig mit Theaterschauspielern besetzt, erleben wir hier die fesselnde Geschichte einer Desertation im Zweiten Weltkrieg.
1959 findet in einem Dorf in der Eifel die alljährliche, titelgebende Kirmes statt. Die Feierlichkeiten werden getrübt, denn bei Bauarbeiten wird eine Leiche gefunden – ein Skelett, ein Stahlhelm, ein Gewehr. Offensichtlich ein Kriegsopfer.
Fast alle wollen es abhaken und zur Tagesordnung übergehen. Auch der Bürgermeister schaut düster aus der Wäsche. Nur die Mutter weiß, wer es ist – ihr Sohn Robert (Götz George). Und so erfahren wir in einer langen Rückblende die Geschichte Roberts.
Dieser war 1944 desertiert, weil er sich weigerte, auf Frauen und Kinder zu schießen. Er wollte sich in seinem Heimatdorf verstecken, um nicht als Fahnenflüchtiger und „Vaterlandsverräter“ gemäß der neusten Verordnung erschossen oder erhängt zu werden. Doch die Bevölkerung des Dorfes erweist sich als wenig hilfreich. Angst und Hurra-Patriotismus, dazu die geradezu groteske Propaganda-Dauerbeschallung, haben ihr Werk getan. Der NSDAP-Ortsgruppenleiter Georg Hölchert (Wolfgang Reichmann) ist ihm auf den Fersen, bedroht auch seine Familie. Siehe da – den Mann kennen wir doch schon. Er ist der Bürgermeister im Jahr 1959. Als dann auch die Gestapo im Dorf anrückt, sieht Robert irgendwann keinen Ausweg mehr.
Zurück im Jetzt (1959) – das ganze Dorf ist daran interessiert, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Das Karussell dreht sich, die Kinder lachen.
Gerade das mit dem Bürgermeister dürfte vielen Deutschen anno 1960 schwer im Magen gelegen haben. Wie viele überzeugte 110-Prozent-Nazis haben später in der bundesdeutschen Politik Karriere gemacht, bis hin zum Bundeskanzler. Auch einzelne Schicksale wurden sicherlich in Familie und Dorfgemeinschaft wissentlich totgeschwiegen – die sprichwörtlichen Leichen im Keller. Der Film bohrte hier mit Genuss in deutschen Wunden.
Trotz des schweren Themas hat der Film aber auch genug Humor (auch schwarzen) und genug Romantik, um auch unterhaltsam zu sein. Die Balance gelingt hier gut.
Noch einige Worte zum Cast. Aus heutiger Sicht am bekanntesten ist sicherlich Götz George, der auch Jüngeren noch als „Schimanski“ ein Begriff sein dürfte. Hier ist er mit süßen 22 Jahren zu Beginn seiner Karriere zu bewundern. Er spielt den zusehends verzweifelten Soldaten überzeugend.
Die Französin Anette, die als Kriegsgefangene im Dorf lebt und als love interest dient, wird gespielt von der damals recht bekannten Juliette Mayniel. Sie spielte 1959 im klassischen französischen Horror-Krimi Les yeux sans visage (Augen ohne Gesicht) mit und in vielen anderen französischen Filmen der Zeit.
1973 spielte sie in – „Sie nannten ihn Plattfuß“ mit Bud Spencer. Das hab ich jetzt nicht kommen sehen. Dort verkörpert sie die Rolle der Maria. Das ist die nette schwarzhaarige Dame, die Bud zwischendurch mit Spaghetti im Futter hält.
Wolfgang Reichmann, der NSDAP-Ortsgruppenleiter Schrägstrich Bürgermeister spielt, kam mir auch bekannt vor – und siehe da: 2 Folgen „Derrick“. Er war generell in den 70ern und 80ern noch gut im TV-Geschäft und wirkte in vielen Serien und Filmen mit, und ist mit seiner imposanten Erscheinung auch auffällig.
Ein wichtiger Film. Handwerklich, technisch und schauspielerisch auf höchstem Niveau. Schön, dass er nicht dem Vergessen anheim gefallen ist.
Das Filmlabel Pidax hat mal wieder tief im Archiv gegraben und dabei diesen schönen kleinen TV-Film gefunden. Am 06.09.1978 war in der ARD Premiere.
„Der Führerschein oder: Der Spießer und seine Frau“, wie der Filmtitel komplett heißt, spielt in der Zeit der Entstehung und man ahnt schon anhand des Titels, worum es geht. Die Emanzipation liegt in der Luft, und plötzlich beginnen Frauen, Bedürfnisse und Wünsche zu äußern. Ach du lieber Gott!
Autorin Irina Korschunow (1925-2013), Tochter einer Deutschen und eines Russen, machte sich in den 70ern und 80ern primär mit Kinder- und Jugendbüchern einen Namen, am bekanntesten dürften heute noch die Bücher über die „Wawuschels“ sein, die es in vielen verschiedenen Auflagen gibt und die einem doch öfter mal auf dem Flohmarkt begegnen.
„Der Führerschein“ ist ihr erstes verfilmtes Drehbuch von insgesamt fünf.
Familie Riehl hat sich gerade das berühmte „Eigene Häuschen im Grünen“, irgendwo im Neubaugebiet, gebaut und lebt nun nach vielen Jahren in Frankfurt auf dem Land. Der Opel steht blitzeblank in der Garage, die durchfallbraun-orange-geflieste Küche ist frisch geputzt, und die Familie – Vater, Mutter, zwei Kinder – sitzt frohgemut am Abendbrottisch. Die reine Idylle. Und dann kommt auch noch Post – eine Tante will ihnen 1000 Doitsche Mark schenken.
Das deutsche Abendbrot
Was tun mit dem Geld? Jeder hat eigene Ideen und Wünsche, aber Vati hat schon was beschlossen. Doch, potzblitz – Mutti ist genervt, mit Fahrrad und Zug einkaufen und leben zu müssen, und will den Führerschein machen. Und zündet damit eine innerfamiliäre Neutronenbombe – Vati Heinz besteht auf einem brauen Holzzaun ums Grundstück, damit ihm die Hunde der Nachbarschaft nicht in den Garten kacken. Mutti zieht’s durch und macht „heimlich“ den Führerschein, was natürlich zu allerlei Comedy und Drama führt. Hach, diese Frauen aber auch! Man ist ja seines Lebens nicht mehr sicher, wenn die immer mehr ans Steuer wollen! Der Untergang des Abendlandes ist nahe:
– Übrigens, ich hab mir überlegt …
– Was denn? Was? Was hast du dir überlegt?
– Ob ich …
– Ja, was hast du denn, Lotti?
– Ich wollte sagen … von diesem Geld wird nicht nach England gefahren, auch kein neues Rad, Berti …
– Ganz recht! Wir kaufen einen Zaun!
– Auch keinen Zaun. Das Geld hat Tante mir geschenkt, und das brauche ich für mich.
– Ja, aber der Zaun ist doch auch für dich! Der ist doch nötig. Die Leute denken ja, bei uns langt’s nicht mehr.
– Ich brauche keinen Zaun. Und die Leute sind mir schnuppe. […] Ich will nämlich … (bestimmt:) Ich will den Führerschein machen.
– (entgeistert:) Wie? Was?
– Den Führerschein machen!
– Eure Mutter spinnt!
– Ich spinne überhaupt nicht! Wieso denn?
[…]
– Auto fahren! Führerschein! Wo du nicht mal die Garage aufschließen kannst!
Sohnemann zeigt Muddi erst mal, was Öl ist
Später will Mutti in ihrem neu gewonnenen Übermut auch noch vormittags ein paar Stunden arbeiten gehen. Und die Tochter gibt auch noch Widerworte und will gar studieren! Die soll lieber Geld verdienen, später wird sie ja eh geheiratet. Was zu viel ist, ist zu viel, Spießer-Heinz kriegt einen roten Kopf und verbietet erst mal alles, was ihm nicht passt. Im Streit rauscht Mutti von dannen und übernachtet bei einer Freundin. Am nächsten Tag besteht sie dann die Fahrprüfung (natürlich beim zweiten Versuch zwecks Drama), und nach etwas Kommunikation ist dann auch alles wieder gut. Die ganze Familie fährt mit ihrem roten Opel in den Sonnenuntergang. Mutti am Steuer. Na, wenn das mal gut geht!
Die erste Familienausfahrt mit Mutti am Steuer
Harmlos-nette Unterhaltung für Zwischendurch, bei der man so ziemlich genau das bekommt, was man sich vorstellt. Schauspielerisch solide, mit genug Humor (freiwillig und unfreiwillig), einer Prise Drama gegen Ende. Und aus heutiger Sicht eine sehr amüsante Reise in die Denke und das Leben anno 1978. Möbel, Kleidung, Autos – von „Ach du lieber Himmel!“ bis „Schickobello!“ ist alles dabei.
1980 entstand „Der Urlaub“ mit dem gleichen Team als Quasi-Fortsetzung, er muss also gut angekommen sein. Schauen wir doch noch, wen wir da gerade so gesehen haben:
Witta Pohl (1937–2011) dürfte unter den Schauspieler*innen wohl am bekanntesten sein. Als Mutter in „Diese Drombuschs“ (1983-1994) schrieb sie ein Stück TV-Geschichte mit und war auch sonst in vielen Fernseharbeiten zu sehen. (Aber nie bei „Derrick“, was ist da los? Dafür aber beim Tatort und in „Der Alte“.)
Klaus Herm (1925–2014), der den spießigen Ehemann Heinz spielt, ist auch ein recht gängiges Gesicht im deutschen Fernsehen der Zeit. Um die Scharte seiner Filmehefrau wett zu machen, spielte er gleich in 13 (!) Folgen von „Derrick“ mit. Zudem gehörte er zu den meistbeschäftigten Hörspielsprechern Deutschlands und ist in unzähligen Hörspielen von 1948-2014 (!) zu hören.
Die Darsteller der Kinder hatten nur kurze Gastspiele in der Fernsehwelt. In einer ganz kleinen Rolle ist Jochen Busse (* 1941) zu sehen, ich hab ihn mehr an der Stimme als am Aussehen erkannt, er hat sich gut mit einer 70er-Haarhelmfrisur und einem Pornobalken getarnt. Auch er spielte sich in den 70ern und 80ern in allerlei seltsamen Filmen seine Miete zusammen, bis er als Gastgeber in der RTL-Schenkelklopferparade „7 Tage, 7 Köpfe“ (1996–2005) noch mal einen Karriere-Boost bekam. Die auf ihn zugeschnittene RTL-Sitcom „Das Amt“ (1997-2003) habe ich als ganz unterhaltsam in Erinnerung. Ich finde, er ist so was wie der deutsche John Cleese. Ist oft durch Körpersprache schon lustig.
Regisseur Thomas Engel war hier schon ein alter Hase, mit Dutzenden Kino- und Fernseharbeiten auf dem Buckel. Große Inszenierungskunst darf man hier nicht erwarten, wir sprechen von einer TV-Komödie, aber das passt schon alles so.
Für Youngtimer-Fans und Auto-Nostalgiker ist das hier natürlich ein Fest. Von Fahrschule über Tankstelle bis Autohaus ist hier das „automobile Leben“ in den späten 70ern gut dokumentiert.
Das Fahrschul-Auto. Klassischer geht es kaum.
Kaum zu erkennen: Jochen Busse in einer frühen Rolle als Junior-Chef im Möbelhaus, in dem Vaddi arbeitet
Wenn selbst die österreichische Lustspiel-, Trash- und Mopsfilm-Ikone Franz Antel bei einem Film zu einem Pseudonym („Francois Legrand“) greift, weiß der Fachmann – hier ist ganz großes Kino zu erwarten. Und dann noch LISA-Film-Impressario Otto W. Retzer als Aufnahmeleitung. Riecht nach der allerletzten Mottenkiste von Opas Kintopp. Und dieser Film enttäuscht die hohen Erwartungen nicht.
Hier reichen sich die „Kaiserfilme“ der 50er und die „Sexfilme“ der 70er liebevoll, oder zumindest kassenträchtig, die Hände. Ein bunter Schabernack von einem Film, der schon 1974 im Kino wie aus der Zeit gefallen gewirkt haben musste. Antel machte auch 1974 noch alles so wie in 1954, nur in Farbe und mit mehr Möpsen.
Geschrieben wurde das alles von Erich Tomek (* 1930), der schon Blödelgut wie „Tante Trude aus Buxtehude“ (1971) mit Rudi Carrell und Ilja Richter, aber auch – ja, ich traute meinen Augen kaum – den hier schon besprochenen Italo-Horror-Schinken „Astaron – Brut des Schreckens“ (1980) der Welt geschenkt hat.
Hier ist er mit seinem Pseudonym „Florian Burg“ unterwegs, unter dem er eine ganze Reihe solcher lustig gemeinter Mopsfilme verbrochen hat, von „Geh, zieh dein Dirndl aus“ (1973) bis „Sunshine Reggae auf Ibiza“ (1983), der es immerhin schon zu SchleFaZ-Ehren gebracht hat.
Als Krone seiner Schöpfung hat er dann 1993 die RTL-Serie „Ein Schloß am Wörthersee“ erdacht und geschrieben, in der sämtliche Knallchargen aus dieser Filmära noch mal ein heiteres Stelldichein hatten, der letzte große, lange Furz der LISA-Film. (Den es, wie ich gerade feststelle, inzwischen komplett als Blu-ray-Box zu kaufen gibt. Ernsthaft? Gut, fand damals sein Publikum, das das heute auch noch anschaut und „Ach wie schee, die gute alte Zeit“ sagt.)
Hans Terofal zappelt und säuft, Rinaldo Talamonti grimassiert und läuft sinnlos durch die Gegend – also eigentlich alles wie immer, nur dass der ganze Kappes hier als in Zeiten der kuk-Monarchie Österreichs spielt, alle also fancy Kostüme und Uniformen tragen.
Dazu die unlustigsten sight gags der 1910er und 1920er Jahre in schlecht, zotige „Dialoge“, debil-kichernde Damen mit wenig Sachen an, eine Story, die auf einen Bierdeckel passt – und fertig ist der nächste Klassiker, ab ins Kino damit. Und offenbar haben sich damals auch genug Leute den Kappes angeschaut, denn es scheint sich gerechnet zu haben.
Gipfeltreffen der Film-„Trottel“: Hans Terofal, Rinaldo Talamonti
Ach, Moment, Story, ganz vergessen. Also – Jahrhundertwende, Kaserne, in der Nachbarschaft ein Mädchenpensionat, ein Manöver steht an, koitale Verwicklungen, alles super lustig, aber mit ordentlich viel nackte Möpse, und am Schluss werden zwei Leute verwechselt (das muss einfach! Außerdem eine Gelegenheit für die so beliebte Doppelrolle), eine Kaskade von Gags, zwei Leute finden sich, Knutsch, finaler End-Gag, Abspann.
Ich muss echt sagen – je mehr Filme ich mit Hans Terofal sehe, desto mehr tut er mir leid. Ich hab es hier irgendwo schon mal erwähnt – er starb bereits 1976 mit nur 53 Jahren, auch an den Folgen seiner Alkoholkrankheit (neben einer Herzerkrankung und Asthma). Gerade in den späten Filmen (wie diesen) sieht man ihn auffallend oft on screen trinken, was die Frage aufwirft – war das immer so im Drehbuch oder war er schlicht die ganzen Dreharbeiten über hacke, um das irgendwie zu ertragen, nicht mehr wie früher Produktionsleitung zu machen, sondern immer den hinterletzten Volldepp zu spielen? Auf jeden Fall wird in diesem Film wahr, wovon alle Gurkenfilm-Fans geträumt haben: Er trifft in einer Szene auf den unvermeidlichen Rinaldo Talamonti. A match made in heaven. (Oder doch: in hell?)
Nomineller Hauptdarsteller ist der Österreicher Alexander Grill (1938–2009) in einer Doppelrolle. Sagte mir so jetzt nichts, ein weiterer Mensch, der in vielen dieser 70er-Klamotten auftaucht. Sein Debüt gab er in „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“, und in „Blau blüht der Enzian“ spielte er einen Kellner. In den 80ern wurde er auch im Fernseher relativ bekannt, als er im Ensemble der satirischen Nachrichtensendung „Rudis Tagesshow“ (1981-1987) von Rudi Carrell mitwirkte.
1974. Im gleichen Jahr wurden Filme gedreht wie:
Angst essen Seele auf
Texas Chainsaw Massacre
Der Pate II
Ein Mann sieht rot
Das ist kaum zu glauben. Ein Film aus einem Paralleluniversum.
Nicht mal unfreiwillig lustig, ist dieser Quark über die ganze Laufzeit nur was für Hartgesottene oder ausgewiesene Nackedeis-in-historischen-Settings-Fetischisten. Eine erotische Komödie, die weder lustig noch erotisch ist. Möööp. Selbst in diesem mit Schund überladenen Genre ist das hier unterdurchschnittlich. „Wir raten ab“.
Wer’s unbedingt sehen will – gibt es als alte VHS und sogar in gleich zwei verschiedenen DVD-Ausgaben, beide von so Grabbeltisch-Labeln für ein paar Euro. Die DVDs sind laut ofdb um gut 3 Minuten geschnitten, warum weiß der Himmel, da sie immer noch die uralte FSK-18-Freigabe tragen. Die ungeschnittene Fassung wurde am 28.07.1987 indiziert, 2012 aufgehoben. Hab nur die 74-minütige gekürzte Fassung gesichtet.
Die VHS-Erstauflage ist bei UFA erschienen, immerhin als schöne Hartbox. Später gab es noch eine Wiederveröffentlichung auf dem UFA-Billig-Rerelease-Label „Videophon“.
Ne Salami im Bett – wie nett. Und auf keinen Fall zu subtil.
Ein paar „Action-Szenen“ (hust) gibt es auch
Terofal ist wieder nur am Saufen, was ist da los?
Eigentlich müsste man da man eine ganze Galerie von machen. Unfassbar.
Einer geht noch!
Abschließend noch ein paar visuelle Eindrücke.
Na, Film von 1954 oder 1974? Wer weiß es?
Gags aus der Mottenkiste des Kinos #1
Gags aus der Mottenkiste des Kinos #2
P. S.: Und da wir so viel über den begnadeten Kasperkram-Autor Erich Tomek zu erzählen hatten – dem schlauen Internet entnahm ich, dass er mehrere kleine Cameo-Auftritte hatte. Unter anderem als Bankangestellter in „Geld oder Leber“, da isser:
Regie: Géza von Cziffra Buch: Franz Gribitz, Géza von Cziffra (als Peter Trenck) Produktion: Deutsche Film Hansa Premiere: 7. Juni 1957
Der gebürtige Ungar Géza von Cziffra (1900-1989) war in den 50ern und 60ern nicht aus dem deutschen Kino wegzudenken. Drei bis vier Filme pro Jahr produzierte er, meist im leichten Unterhaltungs-Genre, von der Komödie bis zu der damals so beliebten Schlager-Revue.
Dieser Film von ihm sticht etwas aus der Masse heraus, denn dies ist der erste Film, in dem der noch recht junge Heinz Erhardt (1909-1979) seine erste Hauptrolle in einem Spielfilm absolvierte. Endlich konnte ich auch diese Lücke mal schließen und den Film sehen. Besonders viel erwartet habe ich offen gesagt nicht, aber ich wurde positiv überrascht.
Loni Heuser und Heinz Erhardt
Lange war der Film schwer zu greifen, im Vergleich zu den anderen Erhardt-Filmen wurde er auch kaum im Fernsehen gezeigt. Erst 2013 gab es eine DVD, die leider schon lange vergriffen und teuer ist.
Erhardt spielt hier den etwas naiven, aber gutherzigen Marmeladen-Fabrikanten Theodor Hagemann, der gerne sein Geld für die Unterstützung notleidender Künstler unterschiedlicher Güte ausgibt. Seine herrische, kaufmännisch begabtere Ehefrau (die auch die Fabrik mit in die Ehe gebracht hat) macht ihm deswegen das Leben schwer. Nachdem er als Bürge eine Komplettauflage eines unverkäuflichen Gedichtbandes geschickt und in Rechnung gestellt bekommt, ist das Maß voll – Theodor wird entmündigt. (Das scheint damals erschreckend einfach gewesen zu sein.)
Um weiterhin seine eingegangenen Verpflichtungen bedienen und ein Pfand auslösen zu können, arbeitet er nachts heimlich als Kellner im Hotel „Schwarzer Adler“. Irgendwann fällt auf, dass er – wie es der Titel schon verrät – immer müde ist. Allerlei Verwicklung und Verwechslung später aber ist die heile Wirtschaftswunder-Welt wieder hergestellt, Paare finden sich, und auch der Theodor lässt endlich diesen ganzen komischen Kunstquatsch sein und wird mit ordentlichem Scheitel und Anzug zu einem richtig anständigen deutschen Fabrikanten. Da zieht sogar der Pförtner in der Fabrik ehrfürchtig den Hut. Happy End.
Renate Ewert und Ralf Wolter
Der Film gehört zu dem Schwung Remakes (damals sagte man wohl noch einfach „Neuverfilmung“), die in den 1950ern basierend auf alten Stoffen entstanden. Bereits 1936 gab es „Der müde Theodor“ im Kino, unter dem Regisseur Veit Harlan (1899-1964). Es war einer der frühen Filme von ihm, scheint auch kein besonderer Erfolg gewesen zu sein. Harlan drehte dann später u. a. den berühmt-berüchtigten NS-Propagandafilm „Jud Süß“, verständlich, dass man dann auch seine früheren Werke in der Nachkriegszeit eher mit Skepsis begegnete. Die Hauptrolle im Theodor spielte damals ein mir bis eben unbekannter Herr namens Weiß-Ferdl (1883–1949), ein heute wohl eher vergessener bayrischer Volkskomiker, der überzeugter Hitler-Fanboy der ersten Stunde war, was einer Nachkriegsvermarktung auch nicht unbedingt hilfreich war.
Der Grundstoff ist aber deutlich älter, das Autorengespann Max Ferner und Max Neal brachte das Stück schon 1913 auf die Bühnen. Beide waren erfolgreiche Autoren volkstümlicher Komödien und „Bauern-Schwänke“. Vier ihrer Werke wurden viele, viele Jahre später (ab 1992!) in Peter Steiners „Theaterstadl“ auf RTLplus zu Publikumsrennern. Verrückt. Siehe da – auf YouTube gibt es gar eine Aufzeichnung einer Theateraufführung von 1978, in der Titelrolle niemand geringeres als das Kölner Urgestein Willy Millowitsch (1909-1999).
Schon 1918 gab es eine stumme Verfilmung, die auf dem Theaterstück basierte. Regisseur war dort ein Leo Peukert (1885–1944), die Hauptrolle spielte ein gewisser Conrad Dreher (1859–1944), der nur von 1915 bis 1921 im Film tätig war (unter anderem in einem Film mit dem schönen Titel „Der Mann mit dem Affenkopf“ von 1920, was mag sich dahinter verbergen?). Über den Film ist kaum was zu finden, gehe mal davon aus, dass er verschollen ist. Die Deutsche Kinemathek hat noch ein Plakat des Films im Archiv. Peukert war ein vielbeschäftigter Herr, der schon zu Stummfilmzeiten ein populärer Komiker war und später als Komödien-Spezialist galt, bis er recht jung 1944 starb.
Kurz gesagt: Ganz schon angestaubte Mottenkiste also. Aber siehe da – der Film funktioniert trotzdem auch heute noch erstaunlich gut. Natürlich ist die Story altbacken, mit den üblichen Verwicklungen und Verwechslungen, und mit einer etwas fragwürdigen, aber wohl typisch deutschen Moral (Kunst bäh, Arbeit geil).
Er lebt eindeutig von der Performance von Erhardt, der hier schon seine übliche Filmpersona erstaunlich gut ausgebaut hat. Wortspielereien, Versprecher, Gestik und Mimik, eine Prise Slapstick, alles schon da. Selbst zwei Gesangseinlagen am Klavier sind dabei. Und der unverkäufliche Gedichtband, aus dem er direkt auch vorliest – ich würde wetten, dass er die Kostproben aus „Nachtnebel und Sonnenstäubchen“ selbst geschrieben hat. Ebenfalls 1957 erschien dann Witwer mit 5 Töchtern, danach ging es richtig los mit seiner Filmkarriere.
Einzelne Szenen lassen allerdings durchaus erkennen, dass wir uns tief im weltanschaulichen Mustopf befinden. Frau Hagemann will ihren spinnerten Ehemann einer Therapie entziehen und begibt sich zu einem Nervenarzt namens Link (Franz-Otto Krüger), der natürlich selbst irgendwie spinnert und „komisch“ gezeichnet wird. Er ferndiagnostiziert einen „abstrakten Komplex“. Es entwickelt sich folgender bemerkenswerter Dialog:
Arzt: „Also… ihr Herr Gemahl dürfte einen abstrakten Komplex haben. Den müssen wir natürlich seelenkundlich analysieren. Sagen Sie, gnädige Frau, glauben Sie, dass ihr Herr Gemahl irgendwelche verdrängten Komplexe hat, irgendwelche, ähm, unterdrückten Kindheitserlebnisse? Vielleicht auf sexuellem Gebiet?“
Frau Hagemann, entrüstet: „Sein einziges Erlebnis bin ich! Dafür garantiere ich Ihnen!“
Arzt: „Jaja, natürlich, selbstverständlich, das ist mir vollkommen klar, aber, äh, sie müssen schon verstehen, die Sprache der Psychoanalyse ist für einen Laien ein wenig unverständlich.“
Frau Hagemann, noch entrüsteter: „Das merke ich.“
Aber der „verrückte“ Theodor mit dem Kunstfimmel soll dennoch mal zu ihm. Als Vorwand soll Frau Hagemann sagen, der Arzt sei ebenfalls Kunstsammler, was er wohl auch ist. Denn aus irgendeinem Grund hat er im Nebenraum seiner Praxis, nur durch eine Schiebetür getrennt, moderne Kunst ausgestellt. Er öffnet die Tür, unheilvolle Musik erklingt (!), Frau Hagemann schaut sich um, als wäre es ein SM-Folterkeller, und sagt, mit entsetzter Stimme: „Danke – ich habe genug gesehen“, und rauscht von dannen.
Der Nervenarzt sammelt also „entartete Kunst“. Naja.
Der Film schafft es, in nur einer kurzen Szene sowohl die Psychoanalyse als auch „moderne“ Kunst als schlecht, gar abartig darzustellen, Respekt. Wenn die Szene anno 1936 so im Film und nicht im ursprünglichen Theaterstück war, hat das einen sehr unschönen Beigeschmack, Stichwort „entartete“ Kunst. Im besten Fall ist es urdeutsche Spießigkeit und Verklemmtheit.
Bisschen Xenophobie muss auch sein. Im Hotel ist auch ein Italiener zu Gast, der – natürlich – Spaghetti bestellt, die Erhardt als Kellner aufs Zimmer servieren soll. Natürlich ist er wie alle „Südländer“ ein alter Lustknabe und will der keuschen Lilo an die Wäsche.
„Nur Küssken. Nur kleine Küssken! Als Odövre für Spaghetti. Kleines Küssken.“
Notgeiler Italiener aus dem Grusel-Stereotyp-Baukasten
Als dem kleinen „Küssken“ wird schwupps eine übergriffige Begrapschung. Gut, dass der Kellner gerade ohne Anzuklopfen reinkommt, was den heißblütigen Italiener prompt zu einer Schimpfarie provoziert, er will sich telefonisch beim Hoteldirektor beschweren. Lilo kommt da die servierte Schüssel Pasta gerade recht. Drauf damit auf die Italiener-Rübe, ha! Immer diese notgeilen Ausländer, die keuschen deutschen Mädels an den Baumwoll-Schlüppi wollen. Was für ein feinsinniger Gag! Ich hab jetzt noch Seitenstechen vom Lachen. (Die bittere Wahrheit ist allerdings auch – das ist im Vergleich zu dem, was man teils in den 70ern oder 80ern, gerade in LISA-Film-Produktionen, an rassistischen oder fremdenfeindlichen Gags so sieht, recht harmlos.)
Schauen wir doch mal, wer hier so alles mitwirkt. Interessant, wie viele Größen der 70er-Jahre-Komödie hier schon auftauchen. Einige davon kamen hier auf der Seite auch schon zu Ehren. Also, schaun wir mal.
Peter Weck (* 1930) mit zarten 27 Jahren in einer größeren Rolle als „Felix“, dem love interest von Tochter Hagemann (Karin Baal). Er spielte in den 60ern und 70ern in allerlei Lustspiel- und Schlager-Gedöns mit und führte hier und da auch mal Regie. In den 80ern gewann er mit dem charmanten und heute noch populären ZDF-Serienklassiker „Ich heirate eine Familie“ eine neue Generation an Fans. Aktuell in der ZDF-Mediathek zu sehen.
Peter Weck, Karin Baal
Der damals omnipräsente Ralf Wolter (* 1926) spielt hier einen Gerichtsvollzieher – der Beginn einer fruchtbaren Kooperation mit Heinz Erhardt. Die beiden sollten sich noch in vielen weiteren Filmen begegnen, bis sie in „Was ist denn bloß mit Willi los?“ (1970) gar zu Kollegen und Mitbewohnern wurden.
Heinz und Hubsi
Den herrlich exaltierten Hubert von Meyerinck (1896- 1971) hatten wir ja neulich auch schon mal im Film „An jedem Finger zehn„. Hier haben wir das meines Wissens einzige Zusammentreffen von „Hubsi“ mit Erhardt, als Schulkamerad und Arbeitsvermittler. Was eigentlich schade ist – die beiden haben eine gute Chemie und einige sehr schöne Szenen zusammen. Er bildet ihn als Ober aus – ein echtes Highlight des Films. (In Franz Antels Komödiengurke „Otto ist auf Frauen scharf“ (1968) sollten sie beide noch mal in einem Film mitspielen, aber ich meine, nie in einer Szene. Meine Erinnerung ist allerdings dunkel.)
Selbst Balduin Baas (1922-2006) ist – kaum erkennbar mit mehr oder weniger vollem Haupthaar – in einer kleinen Rolle zu sehen. Hier noch ganz am Anfang seiner Karriere, sollte er in vielen Komödien kleine, meist skurril bis schrullig angelegt Rollen spielen. Am bekanntesten dürfte heute noch die Figur des „Studienrat Blaumeier“ in den Lümmel-Filmen der 70er sein. Aber auch in Loriots „Pappa Ante Portas“ (1991) ist er noch zu bewundern. (Und bei „Derrick“ selbstverständlich.)
Werner Finck, Balduin Baas
Fazit – ziemlich angestaubte, teilweise weltbildlich fragwürdige, aber auch streckenweise sehr witzige Lustspiel-Kuriosität. Für Heinz-Erhardt-Fans und Komödien-Archäologen schon aus historischen Gründen ein Muss – ansonsten eher auf der verzichtbaren Seite. Einmal sehen reicht.
Darf in keiner alter Komödie fehlen: Die ohnmächtige Dame und das Riechsalz
Mit ordentlicher Haarfrisur geht es stolz der bundesdeutschen Glückseligkeit entgegen. Schaffe, schaffe, Häusle baue! Kunst ist nur was für Gammler und Studenten.
Ja, nein, natürlich nicht. Corona (lat. Kranz, Krone) ist hier ein weiblicher Vorname. Natürlich dennoch kurios, diesen Film mit der neuen Bedeutung heute zu sichten.
Was haben wir hier? Der Film ist eine frühe DEFA-Produktion, also in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ), der späteren DDR, entstanden. Und wie Wikipedia zu vermelden weiß – der erste Film, der nach dem Krieg wieder in Babelsberg entstand. History in the making.
Er wird dem etwas schwammigen Genre „Trümmerfilm“ zugerechnet, was – platt gesagt – das Kino der direkten Nachkriegszeit ist, das in dem spielt, was Nazi-Irrsinn und Weltkrieg von Deutschland übrig gelassen hatten. Meist sind das naturgemäß eher düstere und ernste Stoffe, die in dieser harten Zeit der Schuld, Verlust und Entbehrung entstanden, insofern stellt dieser Film eine Ausnahme dar: Die Jugend spielt die Hauptrolle, und bei aller Dramatik in der Grundstory gibt es auch viel Humor und jugendliche Lebensfreude.
Origineller Vorspann: Das Fritzchen (Ralph Siewert) stellt alle Beteiligten vor, die als Text erscheinen, teils mit launigen Kommentaren zu den Dreharbeiten. Anschließend dürfen sich einige der jugendlichen Darsteller selbst kurz vorstellen. Schöne Idee. Da die Titel in Sütterlin gehalten sind, ist das auch ganz praktisch für den heutigen Zuschauer. Die 1911 entwickelte Sütterlin-Schrift wurde 1941 von den Nazis verboten, insofern könnte man die Verwendung hier durchaus als politisches Statement verstehen.
„Die Schulen blieben bis auf weiteres geschlossen“
Berlin, Sommer 1945. Das Leben ist hart und anstrengend in den Trümmern Berlins. Ein gut gekleideter Mann (Herbert Hübner) geht durch die Straßen, versucht, eine Zigarette zu schnorren, doch alle winken ab. Bis einer ihm knapp mit einer Geste zeigt, wo es was zu holen gibt. Der Schwarzmarkt. In einem alten Bauwagen mitten in den Ruinen.
Die Jungs sammeln Zigarettenstummel, die sie bei einer Frau Schmittchen (Annemarie Hase) gegen „echte“ Zigaretten eintauschen können, und bezahlen damit auch die Miete für den Bauwagen. Aus den Stummeln kann man sogenannten „Stummeltabak“ machen. Das tauscht sie dann nach eigener Aussage – „Stummeltabak gegen Zigaretten, Zigaretten gegen Seife, Seife gegen Fett oder was man sonst so braucht“. Das könne man ja nicht Schwarzhandel nennen!
Der Mann stellt sich als Studienrat heraus, der überrascht ist, dort einen seiner ehemaligen Schüler der 5. Klasse (!) zu treffen, der dort mit Zigaretten dealt. Gleichzeitig ist er peinlich berührt, möchte er doch schwarz Zigaretten kaufen.
„Es muss heute jeder sehen, wie er durchkommt. Ich habe heute das erste Mal … schwarz gekauft.“
Sprach er und drückte dem Jungen einen Geldschein in die Hand, nachdem er einen tiefen Zug an der lang ersehnten Zigarette genommen hat.
Die fesche Corona (Eva Ingeborg Scholz)
„Wo bleibt denn die Corona, dieses Luder?“ schallt es. Corona (Eva Ingeborg Scholz) ist eine hübsche junge Artistin, die mit einem etwas runtergerockten Wanderzirkus in der Stadt ist. Die Jungs werden Zeuge, wie schlecht der Direktor Corona behandelt und wollen diesem eine Lektion erteilen, indem sie seine Vorstellung sabotieren. Ein paar gezielte Schüsse mit der Steinschleuder erfüllen den Zweck.
Doch – Corona fällt nach einem weiteren Schuss vom Trapez in die Tiefe, ohne Netz. Sie ist bewusstlos und schwer verletzt. Ein Junge rennt los und versucht, einen Krankenhausplatz für sie zu bekommen und wird nur vertröstet, er möge in 6 bis 8 Wochen (!) noch mal fragen. Also pflegen die Jungs sie gesund, teils aus schlechtem Gewissen, teils aus echter Fürsorge. Die Jungs nutzen die Zeit, ihre Zirkus-Skills zu üben, sonst ist eh nicht viel zu tun. Als Corona dann wieder gesund ist und nicht weiß, wohin, gründen sie kurzentschlossen den „Zirkus Corona“. Wird das eine Zukunft haben?
Dialog zwischen einem Arzt und einem Studienrat, während sie durch eine zerbombte Straße gehen:
„Aber Herr Doktor, Sie beabsichtigen doch nicht im Ernst, das Mädchen hier bei den Jungs zu lassen?“
„Ja! Warum nicht?“
„Das ist doch ganz unmöglich!“
„Unmöglich ist heute vieles. Am unmöglichsten, ein Bett im Krankenhaus zu finden.“
„Na, dann werde ich das mal versuchen. Diese Kinder hier zusammen, so ganz ohne Aufsicht, das kann doch nicht gut gehen.“
„Sagen Sie mal, Herr Doktor, unterschätzen Sie die heutige Jugend?“
„Wissen Sie, wie demoralisiert sie ist?“
„Dagegen ist eine verantwortungsvolle Aufgabe das beste Heilmittel.“
„Wir Alten haben es maximal verkackt, vertrauen wir der Jugend“, könnte man zusammenfassen. Einen Irren gewählt, die Welt in Brand gesteckt – es kann nur besser werden. Unsere Hoffnung muss in der Jugend liegen. Das scheint mir die Kernaussage des Films, die zeitlos aktuell ist.
Hans Müller, der Regisseur, kam mir irgendwie bekannt vor, auch wenn das der kartoffeligste Allerweltsname der Welt ist. Und siehe da: 1959 drehte er mit Heinz Erhardt den von mir sehr geschätzten „Drillinge an Bord“, was dann auch seine letzte Kinoarbeit war.
Ihm gelingen hier viele stimmungsvolle Bilder und pfiffige Inszenierungsideen. Gewisse Parallelen zum Italienischen Neorealismus der Zeit lässt sich nicht leugnen, z. B. „Deutschland im Jahre Null“ (Germania anno zero) von Roberto Rossellini, der ebenfalls 1947/1948 im zerbombten Berlin entstand.
Auch wenn mich des Thema Zirkus nicht unbedingt direkt anmacht, war das eine interessante Filmerfahrung. Gerade weil der Film es schafft, bei aller Tristesse und Hoffnungslosigkeit dieser Zeit eine positive, optimistische Botschaft zu vermitteln. Es geht immer weiter.
Die vielen jungen Darstellerinnen und Darsteller spielen überwiegend richtig gut, besser als so mancher überbezahlter Hollywood-Mime. Viele blieben Eintagsfliegen, ein paar Ausnahmen:
Eva Ingeborg Scholz (1928-2022) machte nach einer ganzen Reihe von Kinofilmen in den 50ern durchaus noch Karriere im deutschen Fernsehen und war bis zuletzt immer wieder auf der Mattscheibe zu sehen. Natürlich auch in 2 Folgen von – na klar – „Derrick“. Das wird langsam zum running gag. Am 21.03.2022 ist sie mit 94 Jahren verstorben.
Lutz Moik (1930–2002), der hier den Gerhard spielt, hat auch noch etwas mehr gemacht. Eine seiner letzten Rollen war tatsächlich im RTL-Dauerbrenner „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ anno 1992. Selbst zum kurzlebigen Tatort-Kommissar hat er es geschafft, zwei HR-Produktionen in den frühen 80ern (Kommissar Bergmann in Frankfurt). Neben vielen kleinen Rollen in unbekannten Serien wirkte er auch in einem echten Serienklassiker mit – er ist der Makler in der Folge „Hausverkauf“ von „Ein Herz und eine Seele„. Von seinen Spielfilmen hat der mir unbekannte „Das kalte Herz“ von Paul Verhoeven (nicht der mit Robocop, der andere) wohl das meiste Echo.
Herbert Hübner (1889–1972), der Studienrat Dr. Hanke, ist noch einer der bekannteren Darsteller hier, der von 1920 bis 1967 in unzähligen deutschen Kino- und TV-Produktionen auftauchte und auch am Theater überaus erfolgreich war. Auch wenn er in Kriegszeiten in etwas unappetitlichen Filmwerken mitwirkte, arbeitete er für die DEFA und später auch fürs bundesdeutsche Kino und TV.
Den Film gibt es offiziell und legal auf dem YouTube-Kanal der DEFA zu sehen. Der ist sowieso sehr empfehlenswert, dort gibt es viele Schätze aus dem Archiv zu entdecken, alles legal und in meist guter Qualität von der DEFA-Stiftung bereitgestellt.
Ich fand Walter Giller (1927-2011) schon immer etwas herausragend unter den „alten“ Komikern. Er ist das, was man „gut gealtert“ nennt, seine Filme kann man meist auch heute noch gut ansehen.
Dieser Film lief mir über den Weg, und ein Credit machte mich neugierig – also, außer Giller. Denn das Drehbuch stammt von niemand geringerem als Herbert Reinecker, dem Erfinder und alleinigen Autor von „Der Kommissar“ und „Derrick“. Als weiterer Autor und Produzent dieses Streifens wird Utz Utermann (1912-1991) geführt, der eine ziemlich krude Biographie aufweisen kann. Wie so viele des Jahrgangs hat er Karriere in der NS-Zeit gemacht, sich aber offenbar erfolgreich rehabilitiert. Von 1954 bis 1964 produzierte er ein gutes Dutzend Spielfilme der eher leichten Muse.
Hier spielt Giller Daniel Mogge, einen verträumten Lebenskünstler, Möchtegernschriftsteller und Musiker, der sich vom Tür-zu-Tür-Verkauf von Lexika durchschlägt. Er kauft einen Dackel namens Blasius von Rohmarken auf Raten, selbst kaum überlebensfähig, und seine eh unsympathisch gezeichnete Verlobte findet das doof und rauscht gekränkt von dannen. Da komponiert er einen Song, am Klavier herumklimpernd, über die Liebe zum Hund.
Der Nachbar Herr Grusius horcht auf und notiert die Melodie. Dieser arbeitet als Arrangeur bei einem Musikverleger und bietet diesem den Song an, was auf Begeisterung stößt. Er ist hin und hergerissen, verschweigt aber im Moment aus blindem Ehrgeiz, dass er nicht der wirkliche Komponist ist.
Derweil wird unserem Lebenskünstler die Luft knapp. Selbst sein Klavier kommt ins Pfandhaus. Als er in der Kneipe etwas zu sehr ins Glas schaut, haut der Dackel ab, und die fesche Fotografin Eva (Sonja Ziemann) findet ihn. So lernen die beiden sich kennen und eine Romanze beginnt.
Es kommt, wie es kommen muss – der „geklaute“ Song wird zum Hit, nach allerlei Verwicklungen kommt es zu einem Happy End.
Harmlose, aber charmante Unterhaltung. Gegen Ende steigt der Kitschfaktor in kritische, aber noch erträgliche Höhen. Zwischendurch gibt es ein paar nette Songs, meist von Giller am Klavier, bisschen süßer Hund, bisschen Love Story.
Giller trägt den Film als sympathischer, spitzbübischer Lebemann. Ein netter Kniff ist, dass die Geschichte zu Beginn vom Dackel erzählt wird mit Off-Stimme, was aber glücklicherweise nicht totgeritten oder zu albern wird.
Hans Gruhl (1921–1966) ist der Autor der Romanvorlage, die, wie uns der Vorspann verrät, in der „Münchner Illustrierten“ erschien, ich denke mal als Fortsetzungsroman. Er wurde 2012 im Rowohlt Verlag zuletzt aufgelegt (ISBN 978-3499258954 ) und ist heute auch noch zu bekommen, ein echter Longseller. Es gibt noch einen weiteren Roman mit dem Dackel Blasius, „Ehe auf krummen Beinen“, klingt nach einer direkten Fortsetzung. Im wahren Leben war Gruhl Arzt. Wie Wikipedia uns berichtet, starb er mit nur 44 Jahren durch Suizid aus Versehen. Er verfasste auch Krimis und setze sich zur Recherche eine Pistole an den Kopf und drückte ab – in der Meinung, diese sei leer. Er hatte allerdings die eine Kugel im Lauf vergessen. Unglaublich. Einige seiner Krimis werden bis heute verlegt und es existieren auch 5 Hörspielfassungen.
Wie so oft sind die Geschichten um den Film herum fast spannender als der Film an sich. Doch nun genug der Abschweifung. Also, „Liebe auf krummen Beinen“.
Sonja Ziemann (1926–2020) ist neben Giller der Hauptstar des Films. Mir bis dato unbekannt, war sie eine der beliebtesten Schauspielerinnen der 50er in Deutschland. Wieder was gelernt! Schon in den frühen 1960ern verschwand sie aus dem Kino und machte danach auch recht wenig Fernsehen. In Folge 61 („Der Geigenspieler“) von „Der Kommissar“, geschrieben von Reinecker, ist sie noch mal zu sehen.
Regisseur Thomas Engel (1922-2015) hat später primär fürs Fernsehen gearbeitet, nach einer Handvoll Kinofilmen in den 50ern. Vieles ist im Orkus der Zeit verschwunden, am präsentesten dürften noch zwei Einträge ins Tatort-Universum 1981 und 1988 sein. 1977 hatte er mit der 13-teiligen Miniserie „Es muß nicht immer Kaviar sein“ nach dem gleichnamigen Roman von Johannes Mario Simmel (1924-2009) Erfolg. Die Serie ist bis heute beliebt (imdb 8,1) und auch auf DVD in der Reihe „Straßenfeger“ zu erwerben. (Steht tatsächlich bei mir im Regal, muss ich auch mal irgendwann schauen. Ach, so viele Filme, so wenig Zeit!)
Kurios: Als Regie-Assistent und Editor ist hier ein gewisser Walter Boos (1928–1996) am Werk. Dieser hat später in den 70ern noch Karriere als Regisseur gemacht und hat das populäre Genre der Softerotik bedient. Neben 5 Teilen des Schulmädchen-Reports geht auch der hier schon besprochene „Liebe in drei Dimensionen“ auf sein Konto. In späteren Jahren arbeitete er auch noch bei 5 „Derrick“-Folgen als Regie-Assistenz an der Seite von Helmuth Ashley (1919-2021). „Derrick“ ist echt so eine Art Klassentreffen des deutschen Nachkriegskinos.
Es gibt den Film (laut ofdb) weder auf VHS noch auf DVD. Im Netz ist eine Fernsehaufzeichnung des Bayrischen Rundfunks zu finden. Schöner kleiner Film, der eine Wiederentdeckung wert wäre.