Mein Freund, der Lipizzaner (D 1994)

Regie: Franz Antel
Buch: Franz Antel, Eduard Ehrlich
Produktion: Karl Spiehs für Lisa-Film GmbH
Premiere: 15. April 1994, RTL

Wo wir gerade auf dem YouTube-Kanal von Lisa-Film sind – da gibt es auch noch diesen späten Ausläufer zu bekucken. Regie Franz Antel, Produktion Karl Spiehs und gesendet von RTL. Junge, Trashalarm auf 110 %.

Dieses Machwerk ist Teil einer Zusammenarbeit von Antel und Spiehs, in der einige Fernsehfilme entstanden. Antel war inzwischen 81, Spiehs 63. Für Antel war es offensichtlich schon gegen Ende seiner langen, langen Schaffensperiode.

Herausgekommen ist hier ein verlogen-verkitschtes Machwerk, das man gesehen haben muss, um es zu glauben. Dialoge wurden zusammenkopiert aus den schlechtesten Förster-Groschenheften, die je geschrieben wurden, dazu der billige Fernsehlook der 90er und Darsteller, die ihre banalen Sätzchen aufsagen wie sprechende Roboter. Quasi ein filmgewordener Fotoroman aus der Wendy. Uff.

Dreh- und Angelpunkt ist die Geschichte um Paul Scheibner (Alexander Wussow), einem jungen Typ, der Pferde ganz doll lieb hat und in der „Spanischen Reitschule“ eine Ausbildung macht. Dazu gibt es die obligatorische Liebesgeschichte mit der feschen Julia (Julia Biedermann), die den schönen Beruf Gestütssekretärin hat. Parallel gibt es noch ne Story über die Eltern von Paule, dem brummigen Urbayer Heinz Scheibner (Max Grießer), dessen Weingut in wirtschaftlicher Not ist. Dazu gibt es noch eine affektierte Boutique-Besitzerin und einen reichen, porschefahrenden Schnösel als Antagonisten aus dem Klischeehandbuch und einen Zirkus für die hübschen Bilder. Und ganz viele Pferde.

Ich habe ehrlich keine Ahnung, für welche Zielgruppe das gedreht wurde. 13jährige Mädchen, die Pferde toll finden? Die sind bestimmt nach 10 Minuten schon eingeschlafen oder haben auf RTL2 umgeschaltet. Mitgealterte Franz-Antel-Fans? Schalten die RTL ein? Und falls ja, denken die nicht: „Oh, das ist aber anders als früher. Ich geh heute mal zeitig ins Bett, ist ja schon halb neun“?

Wie auch immer – das Ding ist nahe an einer Selbstparodie. Wenn man es als solche begreift, ist es fast schon wieder lustig. Diese Dialoge sind unglaublich. Die zwei frisch getrennten Flitzpiepen Anton und Julia stehen im Wald und sagen solche Dinge, ohne lachen zu müssen:

Julia: „Ich bin keine Prinzessin, und das Leben (bedeutungsschwangere Pause) ist kein Märchen.“

Anton: „Das hab ich auch gemerkt. Vielleicht war ich zu egoistisch, vielleicht hab ich nur an mich selbst gedacht. ich glaube, es ist schon schwer, den Menschen fürs Leben zu finden.“

Julia: „Wahrscheinlich hast du recht. das ist das schwerste, was es gibt.“

Anton, nach kurzer Bedenkzeit: „Stimmt.“

Julia: „Deswegen will ich es erst gar nicht versuchen. Das bringt meistens nur Schmerzen.“

Anton, mit einem leisen Lachen: „Ja, das kenn ich.“

Julia. „Ich auch. Glaub mir. Man muss schnell abhauen, bevor es zu spät ist!“

Anton: „Ich fürchte, es ist schon zu spät.“

Ihre Köpfe nähern sich. Sie küssen sich zaghaft. Szenenwechsel mit Kreuzblende auf ein Bauernhäuschen.

Der nächste Morgen. Sie liegen postkoital in einem Holzbett, das mit Blumen bemalt ist. Sein Vater bereitet derweil das Frühstück, das vom Kaloriengehalt für eine 5-köpfige Familie reichen würde.

Minute 41

Herr im Himmel. Dagegen sind die Heimatfilmchen aus den 1950ern direkt Weltliteratur.

Gut, werfen wir noch einen kurzen Blick in den Cast. Diese Filmchen waren ja auch oft eine Art ABM-Maßnahme für verdiente Altstars. In der Rolle des Hengstliebhabers Paul haben wir Alexander Wussow (* 1964), ja, genau, der Sohn von „Professor Brinkmann“ Klausjürgen Wussow. Dessen Sippschaft ist irgendwie überall (seine Tochter spielte auch in der Schwarzwaldklinik mit). Er spielte sich durch einige der üblichen Heile-Welt-ZDF-Serien, seit einigen Jahren wurde es etwas ruhiger um ihn.

Der vielleicht größte Name im Cast ist Karin Dor (1938-2017), die zu den wichtigsten Schauspielerinnen der 1960er zählt. Ihre Karriere umspannte viele sehr populäre Franchises, von Karl May bis Edgar Wallace, ja sogar bis hin zu James Bond und auch bei Hitchcock spielte sie mal mit („Topas“). Dass man dann im Alter in so einem Schmonz mitspielen muss, ist schon bitter. Sie wird uns sicher hier noch öfters über den Weg laufen.

Hier spielt sie Zirkustante Louise und darf strahlend mit den Peitschen wedeln. Eine ziemlich kleine Rolle.

Ein relativ bekanntes Gesicht der 90er ist noch Max Grießer (1928-2000). Der bayrische Volksschauspieler war in der Zeit recht bekannt durch die Comedysendung „Wie bitte?!“ (1993-1997), die sehr erfolgreich auf RTL lief. Zuvor war er wohl vor allem durch seine Mitwirkung am „Komödienstadel“ dem einschlägigen Publikum bekannt, spielte aber auch schon in den 70ern in diversen Nackedei-Komödien mit, die wir sicher früher oder später hier beäugen werden. Leider fand der gute Mann ein trauriges Ende, er litt an Depressionen und nahm sich 2000 das Leben. Er ist hier tatsächlich ein kleiner Lichtblick zwischen den ganzen anderen Knallchargen, die hier „spielen“.

Julia Biedermann (* 1967) kennt man heute wohl noch primär wegen ihrer Teilnahme bei Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!, der Staffel von 2008 (mir wird eben erst bewusst, wie lange es diesen Quark schon gibt). Bekannt geworden ist sie als Tochter in dem ZDF-Serienklassiker Ich heirate eine Familie, später dann schon im Lisa-Film-Dunstkreis in der Roy-Black-Schmonzettenserie Ein Schloß am Wörthersee. (Nicht zu verwechseln mit Jeanette Biedermann (* 1980), der Sängerin und GZSZ-Tante. Auch nicht verwandt.)

Georg Marischka (1922-1999) sei noch der Vollständigkeit erwähnt, ein Mann mit sehr wechselhafter Karriere, er arbeitete als Drehbuchautor, Regieassistent und immer wieder auch als Darsteller in allerlei Film- und Fernsehschaffen. Sein Halbbruder Franz Marischka (1918-2009) war allerdings deutlich erfolgreicher und hat einiges an Filmen als Regisseur betreut. Er ist uns hier schon mal bei Die unglaublichen Abenteuer des Guru Jakob über den Weg gelaufen, er hat aber auch z. B. die berühmt-berüchtigte „Lass jucken, Kumpel“-Filme gedreht und viele ähnliche Machwerke, die wie geschaffen sind für dieses Gruselkabinett der deutschen Nachkriegskinokuriositäten.

Finde ich auf jeden Fall einen netten Zug von Lisa Film, dass die solche Archiv-Filmchen wie diesen hier kostenlos und in guter Qualität auf YouTube hochladen. Tatsächlich kam der Film auch 2016 von MCP auf DVD raus, so 5-Euro-Grabbeltischware.

Nich‘ mit Leo (D 1994)

Regie: Ralf Gregan

Buch: Jürgen von der Lippe

Produktion: Michael B. Müller, Wolf Bauer

Premiere: 16. Februar 1995

Wenn man sich das Genre „Deutsche Komödie“ als Aktenschrank vorstellt, findet man ganz unten, in der letzten Schublade relativ weit hinten, etwas eingestaubt, dieses Filmchen. 1994 als Co-Produktion von RTLplus und UFA Fiktion gedreht, handelt es sich um eine „turbulente Verwechslungs-Komödie“, die auf einem Drehbuch von Jürgen von der Lippe basiert und die ihn gleich in einer Dreifachrolle (!) bietet.

Daneben gibt es folgende Fernsehpersönlichkeiten in Kleinrollen zu bestaunen: Harald Schmidt, Herbert Feuerstein, Dirk Bach und Karsten „Ein Kessel Buntes“ Speck. (Wer sich gerade fragt, was aus dem eigentlich so wurde: Haft, Privatinsolvenz, ZDF-Traumschiff).

Es ist der zweite Ausflug von von der Lippe ins Kino-Fach, nach seiner kleinen Rolle in dem Gottschalk-Krüger-Vehikel „Zwei Nasen tanken Super“. Hier hat er es direkt zum Drehbuchautor und Hauptdarsteller geschafft. Eigentlich mag ich ihn durchaus, gerade bei „So isses“ oder „Geld oder Liebe“ damals hatte er durchaus Unterhalterqualitäten. Aber dass das noch lange keinen guten Schauspieler ausmacht, kann man hier gut bewundern.

Dass es dieser Mumpitz überhaupt ins Kino geschafft hat, ist heute kam zu glauben. Regie führte der gebürtige Bremer und Regie-Urgestein Ralf Gregan (* 1933), was auch sein letzter Kinoausflug sein sollte. Gregans Karriere begann schon in den späten 60ern als Freund und Förderer von Dieter Hallervorden, mit dem er im Laufe der Zeit viel zusammenarbeitete. Auch einige Früh-70er-Erotikfilmchen gehen auf sein Konto, darunter so Klassiker wie „Die goldene Banane von Bad Porno„.

Gedreht u. a. in Münster und Warendorf, beginnt der Film in einem Puff namens „Moby Dick“ im fiktiven Städtchen Freudenstedt. Die „stumme Doris“ hat einen toten Freier zu vermelden. Pikanterweise handelt es sich um den katholischen Pfarrer, den es dort bei heiteren SM-Spielchen hinweggerafft hat. Der Betreiber des Etablissements ist Charly (Lippe #1), der auch prompt zur Klärung eilt. Die Leiche wird später im Pfarrhaus tot in seinem Schaukelstuhl gefunden. Der Bischof (Harald Schmidt) beschließt, die Vakanz durch den soeben aus der Mission zurückgekehrten, etwas weltfremden Pfarrer Wilhelm Lüders (Lippe #2) zu beheben. Der wird gleich mal von einer Rocker-Gang aufgemischt und hält das Lokal „Moby Dick“ bei der Ortserkundung für ein Fischrestaurant (einer der besseren Gags).

Dann geht es um Razzien in besagter Lokalität, Sexvideos mit dem Priester (WTF) und Erpressung mit selbigen. Dabei ist das „nur“ der Puffvaddi Charly, der seinen Zwillingsbruder doublet. Später taucht dann noch der verschollene Bruder Leo (Lippe #3) auf, der in einer Fremdenlegion tätig ist, einen gar lustigen Sprachfehler hat und gerne mit Messern um sich wirft. Leo taucht dann am Ende auch im „Moby Dick“ auf, wo es eine Schießerei mit zwei Fremdenlegionären gibt, die ihn als „Fahnenflüchtiger“ um die Ecke bringen wollen. Zwischendurch trinkt auch der Bischof ein Bier dort, weil, der ist der Vermieter der Bude (?!), und irgendwie taucht Dirk Bach dort auch auf, der mit Pfarrer Wilhelm an der Bar redet und ihn nach einer empfehlenswerten SM-Nutte fragt. Der Pfarrer erzählt stattdessen von der langen Tradition der Selbstgeißelung in der katholischen Kirche, was Dirk Bach ins Schwitzen bringt, bis er einen Orgasmus hat. (Was bitte? Wobei, vom Schauspielerischen her könnten es auch Magenkrämpfe gewesen sein.)

Macht das alles irgendwie Sinn? Nee, oder? Die „Handlung“ mäandert etwas ohne Sinn und Verstand so vor sich hin.

Auf den ersten Blick wirkt das alles ein bisschen wie eine billige Raubkopie von den alten „Hochwürden“-Filmen mit Georg Thomalla aus den 70ern – die ja schon die billige Raubkopie der italienischen „Don Camillo„-Filme mit Fernandel waren. Gegen diesen flügellahmen Nonsens hier waren die direkt große Kinokunst.

Zwischendurch gibt es ein paar lächerliche Action-Szenen und die ganze plumpe Story um den Puff soll wohl etwas Erotik ins Spiel bringen. Eine Zote aus der Altherrenwitze-Hölle jagt die nächste.

Der Film hat auch diesen furchtbaren 90er-Video-Look und sieht schon rein optisch nach billigem Fernsehfilm aus. Die Musik klingt wie auf einem 100-Mark-Casio-Keyboard in einer Stunde zusammengeklöppelt. Hier und da gibt es auch mal einen guten Gag, aber man merkt schon, dass von der Lippe nicht „vom Fach“ ist und mit einem Drehbuch für einen 90-Minuten-Film wohl etwas überfordert war. Wenn sogar Leute wie Herbert Feuerstein, der selbst eher lahme Kalauer oft noch amüsant machte, einfach weil er Feuerstein war, hier so lustig sind wie ein Loch im Kopf, funktioniert etwas nicht.

Die ziemlich platte Kirchenkritik verpufft auch, sei es Harald Schmidt als zynischer, im Bistum golfspielender Bischoff oder der notgeile Dorfpriester, der Stammkunde im Puff ist und sich lustig auspeitschen lässt – das sind alles Klischees, die selbst auf der Witzeseite vom Goldenen Blatt anno 1975 schon angestaubt wirkten. Damit 1994 noch ums Eck zu kommen ist schon gewagt. Generell ist diese ganze Verwechslungs-Thematik sehr 70er. Vielleicht war das auch etwas als Hommage an diese alten Schinken gedacht. Wobei Lippe auch immer wieder eine Bühnenfigur namens „Hochwürden“ hat, die sehr ähnlich angelegt ist, wobei ich da nicht weiß, was vorher da war, die Figur oder dieser Film. 2004/2005 gab es dann noch die kurzlebige RTL-Serie „Der Heiland auf dem Eiland“, in der er auch einen Pfarrer spielte.

Wie auch immer – nee, lieber Jürgen, det war nix. Als Showmaster warste besser.

Der Film hat es bis heute nicht auf DVD geschafft, es gibt nur die VHS von 1995. Der komplette Film ist aber auch auf YouTube zu finden. Leider im falschen Filmformat, aber das macht den Kohl auch nicht mehr fett.