Liebe auf krummen Beinen (D 1959)

Regie: Thomas Engel
Buch: Herbert Reinecker, Utz Utermann
Produktion: Utz Utermann / Bavaria-Filmkunst
Premiere: 12. Mai 1959

Ich fand Walter Giller (1927-2011) schon immer etwas herausragend unter den „alten“ Komikern. Er ist das, was man „gut gealtert“ nennt, seine Filme kann man meist auch heute noch gut ansehen.

Dieser Film lief mir über den Weg, und ein Credit machte mich neugierig – also, außer Giller. Denn das Drehbuch stammt von niemand geringerem als Herbert Reinecker, dem Erfinder und alleinigen Autor von „Der Kommissar“ und „Derrick“. Als weiterer Autor und Produzent dieses Streifens wird Utz Utermann (1912-1991) geführt, der eine ziemlich krude Biographie aufweisen kann. Wie so viele des Jahrgangs hat er Karriere in der NS-Zeit gemacht, sich aber offenbar erfolgreich rehabilitiert. Von 1954 bis 1964 produzierte er ein gutes Dutzend Spielfilme der eher leichten Muse.

Hier spielt Giller Daniel Mogge, einen verträumten Lebenskünstler, Möchtegernschriftsteller und Musiker, der sich vom Tür-zu-Tür-Verkauf von Lexika durchschlägt. Er kauft einen Dackel namens Blasius von Rohmarken auf Raten, selbst kaum überlebensfähig, und seine eh unsympathisch gezeichnete Verlobte findet das doof und rauscht gekränkt von dannen. Da komponiert er einen Song, am Klavier herumklimpernd, über die Liebe zum Hund.

Der Nachbar Herr Grusius horcht auf und notiert die Melodie. Dieser arbeitet als Arrangeur bei einem Musikverleger und bietet diesem den Song an, was auf Begeisterung stößt. Er ist hin und hergerissen, verschweigt aber im Moment aus blindem Ehrgeiz, dass er nicht der wirkliche Komponist ist.

Derweil wird unserem Lebenskünstler die Luft knapp. Selbst sein Klavier kommt ins Pfandhaus. Als er in der Kneipe etwas zu sehr ins Glas schaut, haut der Dackel ab, und die fesche Fotografin Eva (Sonja Ziemann) findet ihn. So lernen die beiden sich kennen und eine Romanze beginnt.

Es kommt, wie es kommen muss – der „geklaute“ Song wird zum Hit, nach allerlei Verwicklungen kommt es zu einem Happy End.

Harmlose, aber charmante Unterhaltung. Gegen Ende steigt der Kitschfaktor in kritische, aber noch erträgliche Höhen. Zwischendurch gibt es ein paar nette Songs, meist von Giller am Klavier, bisschen süßer Hund, bisschen Love Story.

Giller trägt den Film als sympathischer, spitzbübischer Lebemann. Ein netter Kniff ist, dass die Geschichte zu Beginn vom Dackel erzählt wird mit Off-Stimme, was aber glücklicherweise nicht totgeritten oder zu albern wird.

Hans Gruhl (1921–1966) ist der Autor der Romanvorlage, die, wie uns der Vorspann verrät, in der „Münchner Illustrierten“ erschien, ich denke mal als Fortsetzungsroman. Er wurde 2012 im Rowohlt Verlag zuletzt aufgelegt (ISBN 978-3499258954 ) und ist heute auch noch zu bekommen, ein echter Longseller. Es gibt noch einen weiteren Roman mit dem Dackel Blasius, „Ehe auf krummen Beinen“, klingt nach einer direkten Fortsetzung. Im wahren Leben war Gruhl Arzt. Wie Wikipedia uns berichtet, starb er mit nur 44 Jahren durch Suizid aus Versehen. Er verfasste auch Krimis und setze sich zur Recherche eine Pistole an den Kopf und drückte ab – in der Meinung, diese sei leer. Er hatte allerdings die eine Kugel im Lauf vergessen. Unglaublich. Einige seiner Krimis werden bis heute verlegt und es existieren auch 5 Hörspielfassungen.

Wie so oft sind die Geschichten um den Film herum fast spannender als der Film an sich. Doch nun genug der Abschweifung. Also, „Liebe auf krummen Beinen“.

Sonja Ziemann (1926–2020) ist neben Giller der Hauptstar des Films. Mir bis dato unbekannt, war sie eine der beliebtesten Schauspielerinnen der 50er in Deutschland. Wieder was gelernt! Schon in den frühen 1960ern verschwand sie aus dem Kino und machte danach auch recht wenig Fernsehen. In Folge 61 („Der Geigenspieler“) von „Der Kommissar“, geschrieben von Reinecker, ist sie noch mal zu sehen.

Regisseur Thomas Engel (1922-2015) hat später primär fürs Fernsehen gearbeitet, nach einer Handvoll Kinofilmen in den 50ern. Vieles ist im Orkus der Zeit verschwunden, am präsentesten dürften noch zwei Einträge ins Tatort-Universum 1981 und 1988 sein. 1977 hatte er mit der 13-teiligen Miniserie „Es muß nicht immer Kaviar sein“ nach dem gleichnamigen Roman von Johannes Mario Simmel (1924-2009) Erfolg. Die Serie ist bis heute beliebt (imdb 8,1) und auch auf DVD in der Reihe „Straßenfeger“ zu erwerben. (Steht tatsächlich bei mir im Regal, muss ich auch mal irgendwann schauen. Ach, so viele Filme, so wenig Zeit!)

Kurios: Als Regie-Assistent und Editor ist hier ein gewisser Walter Boos (1928–1996) am Werk. Dieser hat später in den 70ern noch Karriere als Regisseur gemacht und hat das populäre Genre der Softerotik bedient. Neben 5 Teilen des Schulmädchen-Reports geht auch der hier schon besprochene „Liebe in drei Dimensionen“ auf sein Konto. In späteren Jahren arbeitete er auch noch bei 5 „Derrick“-Folgen als Regie-Assistenz an der Seite von Helmuth Ashley (1919-2021). „Derrick“ ist echt so eine Art Klassentreffen des deutschen Nachkriegskinos.

Es gibt den Film (laut ofdb) weder auf VHS noch auf DVD. Im Netz ist eine Fernsehaufzeichnung des Bayrischen Rundfunks zu finden. Schöner kleiner Film, der eine Wiederentdeckung wert wäre.

Kino im Kino, immer wieder cool
Lexika-Vertreter ist ein harter Job

Natürlich die Autofahrer (D 1959)

Regie: Erich Engels
Buch: Gustav Kampendonk
Produktion: Otto Meissner / Deutsche Film Hansa
Premiere: 20. August 1959

Um 1960 herum war Heinz Erhardt sehr fleißig. Dies war der zweite Film, den er 1959 drehte, der nächste war dann „Drillinge an Bord“. Dessen Klasse erreicht dieser Film leider nicht, aber er ist auch einer der besseren aus der Zeit, die sind doch sehr bieder und heile Welt. Auch hier ist zeittypisch „die Welt noch in Ordnung“.

Erhardt spielt einen Polizeihauptwachtmeister namens Eberhard Dobermann, Witwer mit 2 Kindern und frisch gebackener Eigentümer einer typischen 50er-Jahre-Neubau-Hütte. Sein Tagewerk besteht darin, auf einer Kreuzung den Verkehr zu regeln, mit Handzeichen und Pfeife, aus heutiger Zeit ein Kuriosum. Er ist freundschaftlich verbunden mit Jutta, einer Blumenhändlerin, gespielt von der gewohnt charmanten Ruth Stephan, die in vielen Erhardt-Filmen mitspielte. Auch hier lässt sich erahnen, dass die gesagte Freundschaft vielleicht zu mehr führen könnte. Wer weiß, wer weiß. Auf jeden Fall muss er im Verlauf des Films den Führerschein machen, was zu allerlei Gaudi führt.

Natürlich gibt es auch den typischen Sub-Plot, als die 19-jährige Tochter langsam flügge wird und einen flotten Hecht mit einem flotten Auto am Start hat, der aber keinen guten Stand beim Papa hat, weil er schon mehrfach als Verkehrssünder auffällig wurde. Sohnemann spielt in einer Art Jazz-Tanzband, die auch gerne mal zuhause in der Stube probt (inklusive dem schlechtester Fake-Schlagzeuger aller Zeiten, der Kollege hatte vorher sicherlich noch ne Drumsticks in der Hand).

Ansonsten haben wir noch den Nachbarn Bierbaum, der joviale und etwas großkotzigen Ingenieur, der Blumen-Jutta schöne Augen macht. Und versucht, sie mit seiner selbst erfundenen vollautomatischen Küche zu imponieren, wie man halt Frauen so in Kiste bekam in den 50ern. Und Trude Herr sei noch erwähnt, die als Fahrlehrerin in einer der bekanntesten Szenen des Films brilliert.

Natürlich muss man zeitgemäß auch einige Schlagerliedchen zwischendurch ertragen, was hier aber ganz gut geht. Immerhin kein Roy Black oder Rex Gildo.

Das ist alles unterhaltsam und größtenteils auch charmant, bleibt aber sehr brav, leider kommt auch der legendäre Wortwitz von Erhardt etwas zu kurz, er scheint sich sehr an das Drehbuch von Lustspiel-Routinier Gustav Kampendonk (1909-1966) gehalten zu haben. Wobei – dieser hat auch „Drillinge an Bord“ geschrieben, vielleicht hat Erhardt sich da mehr Freiheiten erlaubt. Er gehört aber auf jeden Fall trotz einiger Längen zu den besten Filmen mit Heinz.

Nebenbei erleben wir auch zwei legendäre Stimmen in kleinen Rollen: Hörspiel-Märchenonkel Hans Paetsch als Polizeipräsident und Martin Hirthe (Bud Spencer, Charles Bronson u. v. a.) als Baurat Welker.

Dieser Film war zusammen mit anderen aus der Zeit (wohl alle, die damals von der „Deutsche Film Hansa“ produziert wurden) lange Eigentum von „CD Film“, es gab sowohl VHS als auch DVD-Ausgaben unter dem Namen. Was ziemlich kurios ist, denn „CD Film“ ist eigentlich eine Firma, die sich primär mit pornografischen Kurzfilmchen in den 70ern einen Namen machten. Wie die Filme dort gelandet sind, wäre mal eine Recherche wert. Irgendwie sind die Lizenzen nun bei „Filmjuwelen“ gelandet, die sich immer wieder um hochwertige Neuauflagen vergriffener Klassiker und Raritäten verdient machen. Im Vorspann der Neuauflage erscheint ein Logo von „Dynasty Film“, vielleicht ist das der Rechtsnachfolger von CD Film?

Auf jeden Fall – endlich sind die alle wunderbar restauriert zu bekommen, entweder einzeln oder in einer Box mit dem etwas fantasielosen Namen „Noch ’ne Box“, die die rund 20 Euro allemal wert ist (6 Filme im Schuber und mit einem schönen Booklet). Finger weg von den alten DVDs, die sind ürkselig.