Regie: Theo Lingen
Buch: Theo Lingen, Fritz Eckhardt
Produktion: Willie Hoffmann-Andersen / Apollo-Film GmbH
Premiere: 21. September 1951
Lingens nächstes Projekt direkt nach „Hilfe, ich bin unsichtbar!“ war dieser Film, der im September 1951 uraufgeführt wurde, gerade mal gut zwei Monate nach der letzten Premiere. Es handelt sich bereits um seine 16. Regiearbeit. Ja, Theo Lingen hat auch oft Regie geführt, das war mir bis vor kurzem auch nicht bewusst. Die meisten der Filme sind heute eher vergessen, wie so viele Werke der 40er und 50er. Dieser hier war lange auch nur auf einer obskuren VHS erschienen, bis sich erneut das Label „Filmjuwelen“ erbarmte und ihn auf DVD veröffentlichte, erst dieses Jahr.
Hat sich also das Ausgraben gelohnt? Natürlich befinden wir uns hier im allseits beliebten Genre „Heile-Welt-Komödie“, aber es ist auch fast eine Art Autorenfilm – Lingen führte nicht nur Regie und übernahm die Hauptrolle, sondern schrieb auch zusammen mit Fritz Eckhardt das Drehbuch. Wer Lingen nur als Direktor Taft kennt – der Mann konnte so viel mehr.
Thematisch ist der Film mit Disneys „Ein toller Käfer“ (1968) verwandt – nur 17 Jahre eher. Es geht hier nämlich um ein Auto mit „Eigensinn“, das eine Art Bewusstsein hat und eigene Entscheidungen trifft, die den Menschen helfen. Interessante Sache. Ob es zuvor schon mal diese Idee in einem Film gab? Ideendiebstahl halte ich für eher unwahrscheinlich, glaube kaum, dass die Drehbuchautoren von Herbie diesen Film kannten.
Theo Lingen ist hier das Familienoberhaupt einer gut bürgerlichen deutschen Mittelstandsfamilie, Vaddi, Muddi und drei Kinder. Er heißt Theodor Müller (ernsthaft) und ist Juwelier. Der jugendliche Sohnemann liest den ganzen Tag und nervt mit „verrückten Ideen“ und erzählt von Buddha, die Tochter hat die Haare schön und möchte gerne zum Film und das kleine Nesthäkchen ist nur da, um hier und da ein paar naseweise Sprüche loszulassen. Der Film beginnt auch geradezu idealtypisch mit der familiären Morgenroutine, immer gerne genommen. Wer blockiert das Bad, Papi hat doch keine Zeit und muss sich während des Frühstücks rasieren, der Kaffee wird kalt et cetera. Ein Brief macht Aufsehen – es gibt eine Erbschaft, ein als schrullig bekannter Onkel ist gestorben. Doch die familiäre Vorfreude verglüht schnell – es gibt nur Schulden zu erben. Und ein Auto. Die Freude ist nur kurz, denn das Auto entpuppt sich als alte Rostmühle. Doch in dem alten Ford steckt mehr – nicht nur, dass der Tank nie leer wird, sondern es hat noch einige Clous auf Lager.
Derweil wird die blonde Tochter Marlene von einem älteren Herrn umworben, der sich als Filmproduzent ausgibt und sie zum Star machen will. Wie jeder anständige Bürger weiß, sind das alles Ganoven und natürlich will er ihr nur an die jungfräuliche Wäsche. Zum großen Finale kommt es, als das Auto für Dreharbeiten eines Westerns entdeckt wird und Theo Lingen, Entschuldigung: Theodor Müller, zum rauschebärtigen Stuntfahrer wird. In einer herrlich überdrehten Actionszene, die aus einer Hal-Roach-Komödie stammen könnte, wendet sich alles zum Guten. Es folgt das obligatorische Happy-End.
Werfen wir zunächst einen Blick auf den Cast. Natürlich ist Theo Lingen hier Dreh- und Angelpunkt, der Rest dürfte nur ausdrücklichen Fans des Genres was sagen. Fita Benkhoff (1901-1967) spielt die Ehefrau, sie war damals eine vielbeschäftigte und gelobte Komikerin, die in vielen Filmen Nebenrollen wie diese begleitete. Auch ihre Kinokarriere endete wie so viele in den 60ern, bevor sie 1967 mit nur 66 Jahren starb.
Tochter Marlene wird von der 22-jährigen Thessy Kuhls gespielt. Sie hatte eine eigenwillige Karriere: Das war eine ihrer ersten Rollen, dann kam gaaaanz vereinzelt noch was, bis sie ab den 80ern wieder vermehrt im Fernsehen auftauchte, in augenscheinlich eher kleineren Rollen, sogar in einigen Tatort-Episoden.
Der ältere Sohn Rolf wird von einem gewissen Dietrich Kühnel gespielt, der nach allen gängigen Quellen auch nur in diesem einzigen Film mitwirkte. Nicht mal ein Geburtsjahr ist bekannt. Der jüngere Sohn ist auch eine Eintagsfliege: Kinderdarsteller Hannes Hübner spielte drei Jahre später noch in der 1954er Version von „Emil und die Detektive“ eine kleine Rolle und verschwand dann von der Leinwand.
Grethe Weiser schaut auch wieder kurz vorbei, in einer kleinen, aber ganz amüsanten Rolle als Gräfin Donnersberg, die Diamanten an den Juwelierladen Müller verkaufen will und sich als Hochstaplerin und Mitglied einer Diebesbande entpuppt.
Der Film ist genretypisch eher harmlos, bieder und nur selten wirklich lustig. Die heitere Grundstimmung, die Präsenz von Lingen sowie die ganz nette Grundidee reißen es etwas raus, zudem ist er mit flotter Hand inszeniert und langweilt nicht. Natürlich besteht der Plot aus Versatzstücken, die man schon x-mal gesehen hat, gerade aus der heutigen Perspektive. In der bereits erwähnten Biographie wird der Film als „bedeutungslos“ für das deutsche Kino benannt, was nicht für großen Publikumserfolg spricht.
Was aber nicht heißt, dass der geneigte Zuschauer hier durchaus 79 unterhaltsame Minuten verleben kann. Gerade die kleine Stummfilmkomödien-Hommage am Ende, die Dreharbeiten zum „Film im Film“, fand ich durchaus originell und amüsant. Theo Lingen war ja bekanntlich ein Fan von Laurel & Hardy und hat mit seinen Einleitungen in der Serie „Lachen Sie mit Stan und Ollie“ ab 1975 viel für die „Rehabilitierung“ dieser Ausnahmekomiker getan, die so viel mehr sind als dick und doof.
Sicherlich keine Sternstunde des deutschen Kinos, aber, ja, nett. „Für Fans“, wie es oft so schön heißt.