Nich‘ mit Leo (D 1994)

Regie: Ralf Gregan

Buch: Jürgen von der Lippe

Produktion: Michael B. Müller, Wolf Bauer

Premiere: 16. Februar 1995

Wenn man sich das Genre „Deutsche Komödie“ als Aktenschrank vorstellt, findet man ganz unten, in der letzten Schublade relativ weit hinten, etwas eingestaubt, dieses Filmchen. 1994 als Co-Produktion von RTLplus und UFA Fiktion gedreht, handelt es sich um eine „turbulente Verwechslungs-Komödie“, die auf einem Drehbuch von Jürgen von der Lippe basiert und die ihn gleich in einer Dreifachrolle (!) bietet.

Daneben gibt es folgende Fernsehpersönlichkeiten in Kleinrollen zu bestaunen: Harald Schmidt, Herbert Feuerstein, Dirk Bach und Karsten „Ein Kessel Buntes“ Speck. (Wer sich gerade fragt, was aus dem eigentlich so wurde: Haft, Privatinsolvenz, ZDF-Traumschiff).

Es ist der zweite Ausflug von von der Lippe ins Kino-Fach, nach seiner kleinen Rolle in dem Gottschalk-Krüger-Vehikel „Zwei Nasen tanken Super“. Hier hat er es direkt zum Drehbuchautor und Hauptdarsteller geschafft. Eigentlich mag ich ihn durchaus, gerade bei „So isses“ oder „Geld oder Liebe“ damals hatte er durchaus Unterhalterqualitäten. Aber dass das noch lange keinen guten Schauspieler ausmacht, kann man hier gut bewundern.

Dass es dieser Mumpitz überhaupt ins Kino geschafft hat, ist heute kam zu glauben. Regie führte der gebürtige Bremer und Regie-Urgestein Ralf Gregan (* 1933), was auch sein letzter Kinoausflug sein sollte. Gregans Karriere begann schon in den späten 60ern als Freund und Förderer von Dieter Hallervorden, mit dem er im Laufe der Zeit viel zusammenarbeitete. Auch einige Früh-70er-Erotikfilmchen gehen auf sein Konto, darunter so Klassiker wie „Die goldene Banane von Bad Porno„.

Gedreht u. a. in Münster und Warendorf, beginnt der Film in einem Puff namens „Moby Dick“ im fiktiven Städtchen Freudenstedt. Die „stumme Doris“ hat einen toten Freier zu vermelden. Pikanterweise handelt es sich um den katholischen Pfarrer, den es dort bei heiteren SM-Spielchen hinweggerafft hat. Der Betreiber des Etablissements ist Charly (Lippe #1), der auch prompt zur Klärung eilt. Die Leiche wird später im Pfarrhaus tot in seinem Schaukelstuhl gefunden. Der Bischof (Harald Schmidt) beschließt, die Vakanz durch den soeben aus der Mission zurückgekehrten, etwas weltfremden Pfarrer Wilhelm Lüders (Lippe #2) zu beheben. Der wird gleich mal von einer Rocker-Gang aufgemischt und hält das Lokal „Moby Dick“ bei der Ortserkundung für ein Fischrestaurant (einer der besseren Gags).

Dann geht es um Razzien in besagter Lokalität, Sexvideos mit dem Priester (WTF) und Erpressung mit selbigen. Dabei ist das „nur“ der Puffvaddi Charly, der seinen Zwillingsbruder doublet. Später taucht dann noch der verschollene Bruder Leo (Lippe #3) auf, der in einer Fremdenlegion tätig ist, einen gar lustigen Sprachfehler hat und gerne mit Messern um sich wirft. Leo taucht dann am Ende auch im „Moby Dick“ auf, wo es eine Schießerei mit zwei Fremdenlegionären gibt, die ihn als „Fahnenflüchtiger“ um die Ecke bringen wollen. Zwischendurch trinkt auch der Bischof ein Bier dort, weil, der ist der Vermieter der Bude (?!), und irgendwie taucht Dirk Bach dort auch auf, der mit Pfarrer Wilhelm an der Bar redet und ihn nach einer empfehlenswerten SM-Nutte fragt. Der Pfarrer erzählt stattdessen von der langen Tradition der Selbstgeißelung in der katholischen Kirche, was Dirk Bach ins Schwitzen bringt, bis er einen Orgasmus hat. (Was bitte? Wobei, vom Schauspielerischen her könnten es auch Magenkrämpfe gewesen sein.)

Macht das alles irgendwie Sinn? Nee, oder? Die „Handlung“ mäandert etwas ohne Sinn und Verstand so vor sich hin.

Auf den ersten Blick wirkt das alles ein bisschen wie eine billige Raubkopie von den alten „Hochwürden“-Filmen mit Georg Thomalla aus den 70ern – die ja schon die billige Raubkopie der italienischen „Don Camillo„-Filme mit Fernandel waren. Gegen diesen flügellahmen Nonsens hier waren die direkt große Kinokunst.

Zwischendurch gibt es ein paar lächerliche Action-Szenen und die ganze plumpe Story um den Puff soll wohl etwas Erotik ins Spiel bringen. Eine Zote aus der Altherrenwitze-Hölle jagt die nächste.

Der Film hat auch diesen furchtbaren 90er-Video-Look und sieht schon rein optisch nach billigem Fernsehfilm aus. Die Musik klingt wie auf einem 100-Mark-Casio-Keyboard in einer Stunde zusammengeklöppelt. Hier und da gibt es auch mal einen guten Gag, aber man merkt schon, dass von der Lippe nicht „vom Fach“ ist und mit einem Drehbuch für einen 90-Minuten-Film wohl etwas überfordert war. Wenn sogar Leute wie Herbert Feuerstein, der selbst eher lahme Kalauer oft noch amüsant machte, einfach weil er Feuerstein war, hier so lustig sind wie ein Loch im Kopf, funktioniert etwas nicht.

Die ziemlich platte Kirchenkritik verpufft auch, sei es Harald Schmidt als zynischer, im Bistum golfspielender Bischoff oder der notgeile Dorfpriester, der Stammkunde im Puff ist und sich lustig auspeitschen lässt – das sind alles Klischees, die selbst auf der Witzeseite vom Goldenen Blatt anno 1975 schon angestaubt wirkten. Damit 1994 noch ums Eck zu kommen ist schon gewagt. Generell ist diese ganze Verwechslungs-Thematik sehr 70er. Vielleicht war das auch etwas als Hommage an diese alten Schinken gedacht. Wobei Lippe auch immer wieder eine Bühnenfigur namens „Hochwürden“ hat, die sehr ähnlich angelegt ist, wobei ich da nicht weiß, was vorher da war, die Figur oder dieser Film. 2004/2005 gab es dann noch die kurzlebige RTL-Serie „Der Heiland auf dem Eiland“, in der er auch einen Pfarrer spielte.

Wie auch immer – nee, lieber Jürgen, det war nix. Als Showmaster warste besser.

Der Film hat es bis heute nicht auf DVD geschafft, es gibt nur die VHS von 1995. Der komplette Film ist aber auch auf YouTube zu finden. Leider im falschen Filmformat, aber das macht den Kohl auch nicht mehr fett.

Ekstase – Der Prozeß gegen die Satansmädchen (D 1979)

Regie, Buch: Rolf Olsen (als „Emerson Fox“ im internationalen Vertrieb)

Produktion: Rudolf Kalmowicz

Premiere: 14. April 1979

Auf Video als „Ekstase – Horrortrip der Satanssekte“ erschienen.

„Ein Horrorfilm der Gegenwart! Dieser Film, den das Fernsehen nie zeigen darf, wurde nach authenischen Berichten über das Unwesen und die gefährlichen Folgen des Treibens der Satans-Sekten gedreht. Junge Menschen, die sich einem teuflischen Ritus verschreiben, die sich in Wahnvorstellungen steigern und das Grauen zur Religion machen, bis der Horror, den sie sich wünschen, sie selbst vernichtet.“

Klappentext der VHS-Ausgabe

„Der Film den das Fernsehen nicht zeigen darf!“ schreit das Videocover dieses obskuren Filmchens, das 1979 ins Kino kam und 1983 noch ein Stelldichein in Deutschlands Videotheken hatte, um danach bis heute vom Bildschirm zu verschwinden.

Aufmerksam wurde ich darauf wegen des Regisseurs Rolf Olsen, der hier, wohl zu Recht um seinen guten Ruf besorgt, unter dem Pseudonym „Emerson Fox“ tätig war. Den gebürtigen Österreicher kenne ich primär als Schöpfer nett-harmloser Komödien wie „Das kann doch unsren Willi nicht erschüttern“ (1970) mit Heinz Erhardt. Allerdings hat er 1982 mit dem großartigen Krimi „Blutiger Freitag“ mit Raimund Harmstorf auch harte Genrekost geliefert, er scheint sich wohl in vielen Genres ausgetobt zu haben.

Produziert wurde dieser Reißer von einem Herrn namens Rudolf Kalmowicz (1915-2007), der auch vorher schon mehrfach mit Olsen zusammenarbeitete und 1975 den Film „Reise ins Jenseits – Die Welt des Übernatürlichen“ auf die Menschheit losließ, der dem Mondo-Genre zugerechnet wird. Und der – man staune – gar auf DVD zu haben ist.

Wer gerade mit dem Ausdruck „Mondo“ nichts anfangen kann, soll geholfen werden. Ich zitiere der Einfachheit halber Wikipedia:

Mondo (italienisch für „Welt“) oder Mondo-Film bezeichnet ein Filmgenre, dessen Filme im pseudodokumentarischen Stil angeblich wahre Sitten und Gebräuche von Menschen aus aller Welt und scheinbar authentische Darstellungen von Sexualität und Gewalt zeigen. Auf diese Weise sollten die Filme anklagend und aufrüttelnd wirken und Ausdruck einer Zivilisationskritik sein. Die Filme wurden hauptsächlich in den 1960er und 1970er Jahren in Italien produziert.“

Hier haben wir also augenscheinlich so eine Art Gerichtsdrama mit Exploitation- und Mondo-Elementen. Wild! Zudem hat der Cast mit der Dänin Anne Magle, Britt Corvin und Sylvia Engelmann einige junge Damen an Bord, die sonst primär im Nackedei-Film und auch im Hardcore-Porno der 70er zu Hause sind. Gedreht wurde in München und laut Wikipedia auch in diversen afrikanischen Ländern.

Kurz: Größer könnte der Kontrast zu „Das kann doch unsren Willi nicht erschüttern“ nicht sein. Ich bin gespannt, was uns hier erwartet.

Worum geht es hier also? Vier Damen mit den wunderschönen Namen Lotte Senkiewicz, Mandy Lockwood, Dagmar Richard und Rosemary Schefferson stehen vor Gericht. Sie werden als Mitglieder einer Satans-Sekte betitelt und sollen gar fürchterbare Rituale durchgeführt haben. Bei Sexspielen in einem Sommercamp sollen sie einen Knaben namens Kurt getötet haben und sind nun des Mordes angeklagt.

Wir hören nun also den Damen zu, was sie so erzählen. Satan wäre ja im Trend gewesen, „jedes Käseblatt war voll davon“, die Sharon-Tate-Morde, der Film „Exorzist“ – man konnte ja nur Satanistin werden!

Zwischendurch bekommen wir fingierte Dokumentaraufnahmen mit Off-Erzählern präsentiert, die uns den Erklärbär machen sollen. Der Verteidiger der Mädels will die Verhandlung versachlichen und das Gericht (und nebenbei uns) aufklären, wie es zu all dem kommen konnte. Die Gerichtsverhandlung dient als roter Faden und Rahmenhandlung. Die Gerichtsszenen sind übrigens extrem öde gefilmt, pupslangweilige Schuss-Gegenschuss-Szenen von sprechenden Köpfen vor weißem Hintergrund. Als hätten die das in ein paar Stunden eben schnell abgekurbelt. Für einen so erfahrenen Filmmenschen wie Olsen kein Ruhmesblatt.

Nach 6 Minuten bereits steht Anne Magle als Rosemary Schefferson (sic!) mit Nickelbrille auf und ruft folgendes in den Gerichtssaal, schlecht mit amerikanischen Akzent synchronisiert:

„Satan ist der Herr der Welt! Höchste Macht, Natur und Gott und ihr seit alles Sklaven, ihr verlogenen Arschlöcher!“

Okaaaay. Beste Comedy! Später wird dann auch klar, warum hier erotik-erprobte Damen gecastet wurden, denn sie müssen sich auch im Evaskostüm auf einem überdimensionierten weißen Flokati räkeln und an schlecht gebauten Joints nuckeln, umgeben von Kerzen und Schädeln, während im Hintergrund psychedelische Mucke und „Oh Satan, nimm mich“-Chöre laufen. Alter Falter. Ein Poster mit einem Typ mit nem Ziegenkopp gibt es auch noch, in Lebensgröße, vielleicht war das mal ein Starschnitt in der Satanisten-Bravo. Später im Film wird dann in diesem Setting ein Typ von den Damen mit Ketchup-Flaschen totgestreichelt, oder so. Ich glaube, das sollte ein brutaler Ritualmord werden, der aber so grandios geschauspielert und gefilmt ist, dass er wie eine Parodie wirkt.

Anne Magle langweilt sich

In den Doku-Teilen sieht man dann irgendwelche nackerten Zausel, die mit Pimmelchen und Messer wedeln, was wohl eine Teufelsbeschwörung darstellen soll. Ab Minute 22 gibt es nach etwas weiterem Gerichtsgeplänkel dann einen weiteren Einspieler, der die Flokati-Orgie vor Gericht runterspielen soll, denn: Die böse sexuelle Befreiung habe uns alle verdorben – was ausgiebig mit Szenen aus Sexshops und Beispielen erotischer Literatur illustriert wird. „Schmutz, Schund und Schamlosigkeit!“ Hier mogelt sich das eine oder andere Bild rein, was der FSK wohl nicht schmecken dürfte. Sehr lustig, gar ein Potpourri von (soften) Szenen aus Filmen wird gezeigt, natürlich mit einem empörten Kommentar. Irgendwie will man ja noch ne FSK-Freigabe kriegen, nech. Ein ebenso billiger wie durchschaubarer Trick.

„Und seit Jahren bietet auch eine bestimmte Sorte von Kino- und TV-Filmen eifrig das Thema Geschlechtsverkehr in allen möglichen und unmöglichen Variationen als Volksvergnügen an. Der hier gezeigte Zusammenschnitt einiger Originalszenen aus solchen Kunstwerken bedarf keines Kommentars.“

Moralisch empörte Off-Stimme

In bester Mondo-Tradition gibt es auch solche pseudodokumentarische Einschübe, in denen es um Gebräuche und Sitten afrikanischer Stämme geht, die natürlich maximal auf Sensationsgeilheit und Schockwirkung ausgespielt werden, Exploitation halt. Ob die wirklich für diesen Film gedreht oder aus anderen Machwerken ähnlicher Art geliehen wurden, ist schwer zu sagen, für mich jedenfalls, bin kein Freund des Genres. Auch hier sind einige, sagen wir: fragwürdige Szenen dabei. Ungefähr in der Mitte des Films gibt es auch einen Abschnitt über die „Natur des Menschen“ (oder so), in dem auch mal Elefanten, Nilpferde oder Haie gemeuchelt werden. Was zur Hölle? Das ist wirklich nur reiner Selbstzweck, was gerade in der zweiten Hälfte des Films immer mehr wird. Das hat alles auch beim besten Willen nichts mit der eigentlichen Story zu tun, soll nur schockieren. Und naja, wohl auch die karge Laufzeit strecken.

„Ja, ich bin Arzt. Das sieht man doch an meiner Krawatte.“

Ein weiterer Einschub behandelt das Thema Drogen, natürlich sehr seriös und objektiv (haha). Sogar eine Szene gibt es, die in einer echten Psychiatrie spielen soll, mit irgendwelchen grandios over-actenden Pappnasen in weißen Kitteln, die das Thema „Drogenentzug“ so spielen, wie sich das Kindergartenkinder wohl vorstellen. Und mit einem sehr ernstzunehmenden Arzt, der ein weißes Hemd mit schwarzen Punkten nebst passender Krawatte trägt und sehr, sehr betroffen in die Kamera kuckt, während er ein „Interview“ gibt.

Nach einer guten Stunde Laufzeit bekommt Anne Magle dann einen Anfall vor Gericht, zappelt etwas rum, um dann mit einer Männerstimme zu verkünden, dass der Geist des berühmten Satanisten Aleister Crowley (1875-1947) in sie gefahren sei und dieser nun aus ihr spreche. Was von den Anwesenden erstaunlich regungslos wahrgenommen wird, bis der Richter schließlich mit seinem Glöckchen bimmelt und die Sitzung vertagt. Was direkt zum Thema „Besessenheit und Exorzismus“ führt, dass mit Aufnahmen von vor Priestern knieenden Jugendlichen, „Experteninterviews“ und irgendwelchen tanzenden Muttis in weißen Wallahalla-Kleidchen, in die der Heilige Geist oder ähnliches gefahren ist, bebildert wird.

Sylvia Engelmann, hier zu sehen, als ihr bewusst wurde, in was für einem seltsamen Film sie hier partizipierte

Später geht es um einen Jesuitenpater, der über paranormale Begabungen verfügt, und sich lange Stecknadeln in den Körper stecken kann, ohne zu bluten. Ach ja, und natürlich Operationen mit bloßen Händen durchführt, und irgendeiner Else sehr blutig in den Eingeweiden wühlt. (Der Verdacht liegt nahe, dass hier Material von „Reise ins Jenseits“ zweitverwertet wurde.)

Eine Absurdität jagt die nächste. Unfassbares Trashfest. Krude Mischung aus Gerichtsdrama, Softporno, Satanisten-Thriller und Pseudodokumentation. Wundert mich echt, dass es das Machwerk noch nicht auf DVD oder Blu-ray geschafft hat, gerade auch in Anbetracht der nicht gerade unbekannten mitwirkenden Damen.

Sylvia Engelmann war das ganze wohl offenbar peinlich genug, dass sie nur unter dem Pseudonym „Sylvia Angel“ im Abspann auftaucht. Und die hat immerhin in „Filmklassikern“ wie „Doppelt geschleckt hält besser“ oder „Internatsnutten“ unter echtem Namen mitgewirkt.

Das VHS-Band von 1983 ist natürlich kaum zu bekommen, es geistert aber eine (leider ziemlich schlechte) Digitalisierung davon durchs Netz.

VHS: Toppic (1983)

Weiße Männer vor weißer Wand. Ein echter optischer Leckerbissen.
Mann mit Hut schaut empört, als er unter Zwang (!) einen Sexshop aufsucht
Liebe Kinder, aufgepasst – einmal am Joint gezogen, zack, liegt man mit blitzsauberen weißen Klamotten tot in der Telefonzelle.

Zwei Rebläuse auf dem Weg zur Loreley (D 1974)

Alternativ-Titel: Wenn’s juckt wird gejodelt

Regie: Quirin Steiner
Buch: August Rieger
Produktion: Horst Hächler / TV13 Filmproduktion
Premiere: 4. Oktober 1974

Auf meiner Reise durch die Untiefen des deutschen Kinoschaffens der 1970er stolperte ich über diesen Film. Er ist heute eher unter dem Titel „Wenn’s juckt wird gejodelt“ geläufig, was den Kenner des deutschen Kulturguts natürlich an Alois-Brummer-Schinken wie „Unterm Dirndl wird gejodelt“ denken lässt, was wohl auch die marketing-technische Absicht war. Das führt etwas auf eine falsche Fährte. Das Genre passt schon, allerdings spielt dieser Film nicht im krachtledernen Bayern, sondern im Mittelrheintal, was ihm eine gewisse Ausnahmestellung gibt.

Direkt die ersten Szenen zeigen dann auch das bekannte Rheinbild mit der klassischen Landschaft aus Weinbergen, Burgruinen und eng bebauten Dörfchen. Dazu trällert ein Chor den alten Volkslied-Gassenhauer „O du wunderschönerdeutscher Rhein„. Auch wenn ich in der Gegend aufgewachsen bin, bin ich mir nicht ganz sicher, wo genau das alles ist. Erkannt habe ich die Burg Pfalzgrafenstein bei Kaub, die mehrfach markant im Bild ist. Die restlichen Außenszenen sind schwer zu verorten, diese Ortschaften am Rhein sehen alle so gleich aus. Am Anfang und Ende des Films sind sie an der markanten Rheinkurve bei der Loreley (St. Goarshausen), die hier als echte nackerte, debil grinsende Uschi (Marie Luise Lusewitz zu Beginn ihrer, naja, Karriere) dargestellt wird. Die Handlung scheint sich zwischen Kaub und Köln abzuspielen. Die Ecke Bingen/Rüdesheim habe ich zumindest nicht gesehen. Einmal ist auch der Stromkilometer 560 im Bild, bei St. Goarshausen. Das Finale scheint auf Burg Gutenfels zu spielen.

Connie und Jupp, im Hintergrund Burg Pfalzgrafenstein bei Kaub

Die Haupthandlung beginnt auf einem Schiff. Dort trifft der ehemalige Kapitän Sepp (Willy Harlander), in die Heimat zurückgekehrt, den Pfarrer Bollinger (Helmut Gauer), mit dem er ins Gespräch kommt. Der Pfarrer, ein alter Freund von ihm, berichtet von drei früheren Geliebten des umtriebigen Kapitäns, und dass diese alle Kinder haben, die wohl von ihm stammen. Er trifft die zwei Dorfdeppen Josef (Fritz Korn) und Conrad (Erich Kleiber) und bittet diese, sich auf die Suche nach seinen verschollenen Leibesfrüchten zu machen, und die zwei Spießgesellen machen sich auf den Weg. Später stoßen deren Söhne Jupp (Olli Maier) und Connie (Werner Singh) dazu, die in diesem Leben auch keine Nobelpreisträger mehr werden, und helfen bei der Suche nach dem Nachwuchs des spritzfreudigen Seebären. Schockschwerenot – am Ende entpuppen sich die erwarteten strammen Kapitäns-Söhne als nichtsnutzige Töchter. „Do legst di nieder!“ Nach dem ersten Schreck gewöhnt er sich daran. Immerhin sind es keine schwulen Söhne, noch mal Schwein gehabt! („Homophobie in der deutschen Sexkomödie der 1970er Jahre“ wäre mal ein interessantes wissenschaftliches Forschungsgebiet. Unglaublich teilweise.)

Der sich verantwortlich zeichnende Regisseur Quirin Steiner, der wohl mit Peter Steiner nichts zu tun hat, schrieb und drehte ein Jahr zuvor „Hausfrauen-Report 4“. Der und dieser Film sind seine einzigen Regie-Arbeiten geblieben. Hypothese: Es war kein großer Verlust für die deutsche Kinogeschichte. Denkbar wäre auch, dass das ein noch nicht geklärtes Pseudonym eines anderen Regisseurs ist. Autor ist der Österreicher August Rieger (1914-1984), der einige Drehbücher von 1951-1980 vorweisen kann und auch mit anderen Größen des Genres arbeitete. „Urlaubsgrüße aus dem Unterhöschen“ (1973) von Walter Boos z. B. schrieb er für die gleiche Produktionsgesellschaft wie hier, die „TV 13 Fernseh- und Filmgesellschaft mbH“ aus München, die oft und gerne mit Boos zusammenarbeitete. Quirin ist ein ziemlich seltener Vorname, der zudem wörtlich aus dem Lateinischen übersetzt auch noch „Lanzenschwinger“ (!) heißt. Ist reine Spekulation, aber für mich das riecht nach Pseudonym. Zumal das ja damals auch gang und gäbe war. Wer kennt nicht die vielen Filme von Wolfgang Frank, Manfred Gregor, Michael Thomas und Fred Williams – alles Pseudonyme vom „Schweizer Roger Corman“ Erwin C. Dietrich. Aber ich schweife mal wieder ab. Zurück an die Loreley.

Was gibt es zu den Darsteller*innen zu sagen? Die omnipräsente Elisabeth Volkmann (1936-2006) schaut auch mal vorbei und kriegt vom Kapitän etwas an den sekundären Geschlechtsmerkmalen rumgeschraubt.

Josef, Sepp und Conrad

Der Rest des Casts sagte mir sonst nichts. Aber das Internet weiß ja alles, nech. Lustigerweise spielte Erich Kleiber (1929–1985), der „Conrad“, einen der Möbelpacker in „Unser Willi ist der Beste“ (1971), ebenfalls mit Heinz Erhardt, direkt am Anfang, als seine Schwester (Ruth Stephan) bei ihm einzieht. Sein schauspielerischer Einsatz (einige Sätze wie „Wo soll denn der Vogel hin?“) reichte leider nicht mal zur namentlichen Nennung im Abspann.

Der rothaarige „Josef“ Fritz Korn (1920–1994) hatte noch zwei kleinere Rollen bei Derrick – eine sogar in der hier schon besprochenen Folge „Tote Vögel singen nicht“. Schöner Zufall. Er hat allerdings in der imdb nicht mal einen Rollennamen, ist wohl einmal irgendwo im Bild.

Der „Sepp“ Willy Harlander (1931–2000) kam mir auch bekannt vor – seine heute wohl prägendste Rolle dürfte Josef Brettschneider sein, der Kriminalobermeister in den bayrischen Tatort-Folgen mit Gustl Bayrhammer als Kommissar Veigl von 1972 bis 1981.

Der „Jupp“ wird von einem Herrn namens Olli Maier gespielt. Der war – aufgepasst – der Ehemann von Helga Feddersen (damals mit ihrem markanten Äußeren als „Ulknudel“ recht populär, heute vielleicht am ehesten als Ehefrau von Ekel Alfred in der zweiten Staffel von „Ein Herz und eine Seele“ bekannt) und hat u. a. in der TKKG-Serie von 1985 den Magier Raimondo in der Folge „Der blinde Hellseher“ gespielt. Kann man nicht nicht ausdenken!

Die jungen Damen turnen größtenteils auch in anderen Nackedei-Filmen der Zeit rum, manche haben auch nur in diesem Machwerk mitgewirkt und hatten dann verständlicherweise keinen Bock mehr.

Elisabeth Volkmann und Willy Harlander

Was bleibt? Gags und Witze, die Mack Sennett schon 1914 als zu altbacken und unlustig abgelehnt hätte, grenzdebile Darsteller, die Figuren spielen, deren Stammbaum offenbar ein Kreis war, ein paar Nackedeis – das Ding ist selbst für Freunde des Genres und für abenteuerlustige Schabernack-Archäologen in gesamter Länge schwer zu ertragen. Lediglich die Schauplätze sorgen für etwas Kurzweil und 70er-Nostalgie.

VHS: Atlantis Video
DVD: „Erotik Classics“, WVG Medien, 2009

Derrick: Tote Vögel singen nicht (D 1976)

Regie: Alfred Vohrer

Buch: Herbert Reinecker

Premiere: 24. April 1976 (ZDF)

Alfred Vohrer (c) Deutsches Film-Institut

„Alfred Vohrer is a genius!“

Quentin Tarantino, 2003

Alfred Vohrer (1914-1986) hat in den letzten Jahren etwas mehr Aufmerksamkeit als einer der wichtigsten Regisseure im deutschen Nachkriegskino bekommen. Das ist sehr schön, und sicherlich auch ein Stück weit dem guten Herrn Tarantino zu verdanken, der die Deutschland-Premiere von „Kill Bill Vol. 1“ ihm widmete und Vohrer auch in Interviews als Genie und Einfluss lobte.

Vohrer war immer mehr ein Regisseur der Unterhaltung, im Gegensatz zu dem oft etwas verquasten oder abgehobenen „Neuen Deutschen Film“. Verfilmungen von Edgar Wallace, Karl May und Johannes Mario Simmel sind Eckpfeifer seiner umfangreichen Filmographie. Schon eher im Herbst seiner Karriere inszenierte Vohrer auch insgesamt 28 Folgen der Reihe „Derrick“. Diese Folge hier blieb mir als ein echtes Highlight in Erinnerung und daher möchte ich sie etwas in den Fokus rücken. Auch wenn es „nur“ Arbeiten fürs Fernsehen sind, gibt es hier einige Preziosen zu entdecken. Also, Vorhang auf für Derrick Folge 19, gesendet am 4. April 1976: „Tote Vögel singen nicht“.

Noch vor dem Vorspann finden wir eine rothaarige junge Leiche in einem Koffer auf der Müllhalde mit entstellenden Säurespuren im Gesicht (Leiche #1). Derrick und Harry sind sichtlich schockiert über ihren neuen Fall.

Derweil empfängt der Unterweltboss Ewald Malenke (Hans Korte) seinen Anwalt. Es gibt Arbeit: Eine Anzeige. In seinem Fotostudio, dem „Mona Lisa Club“, soll eine 14-Jährige arbeiten. Dort drehen sich mehr oder weniger nackte Damen auf Podesten, und sabbernde „Provinz-Onkels“ (so seine Einschätzung der Kundschaft) knipsen die nackte Haut, bis der Rollfilm glüht.

Also fährt Malenke mit seinem schnieken Rolls-Royce mit Autotelefon dorthin, um das zu klären und dem zuständigen Mitarbeiter einen Satz heiße Ohren zu verpassen. Doch: Die entsprechende junge Dame ist schon rausgeschmissen.

Ein älterer, verzweifelt wirkender Herr sitzt bei Derrick im Büro. Er möchte eine Vermisstenmeldung aufgeben – seine Tochter ist verschwunden. Es stellt sich heraus: Es ist die rothaarige Uschi im Koffer. In der Wohnung der Uschi gibt es gleich mal eine zünftige Schießerei, und der Strolch macht sich auf einem Motorrad davon. Stellt sich raus – der Knabe arbeitet in der „Mona Lisa Bar“. Derrick beschließt spontan, dort mal „einen Kaffee zu trinken“. Harry: „Ich kenn den Laden. Das sind meistens Nutten. Oder solche, die es werden wollen.“ Harry knows his shit.

In einem Hinterzimmer finden sie den geflohenen Strolch – tot (Leiche #2). Ein Mord im Moorbad (Leiche #3) führt endgültig zu einem Strudel aus Erpressung und Mord. Leichen 4 und 5 folgen.

Meine Güte, da hat das Dreamteam Herbert Reinecker und Alfred Vohrer aber einen rausgehauen. Empörte Zuschauerpost – quasi ein analoger Shitstorm – führte nach der Erstausstrahlung (20:15 Uhr) dazu, dass die Folge lange Zeit im ZDF-Giftschrank verschwand.

Fünf Leichen, von Säure entstellte Gesichter, zwielichtige Erotikbars mit notgeilen Herren, nackte Männer im Moorbad, das war alles zu viel für den typischen ZDF-Krimi-Kucker anno 1976. Em-pör-end! Das Abendland war mal wieder in Gefahr.

Derrick ist hier ironisch, schlagfertig, zynisch, auf Krawall gebürstet – einer der Ganoven, der ihn „Scheiß-Bullen“ schimpft, schickt er gar mit einem Kinnhaken auf den Boden. „Wenn Sie einen Zeugen brauchen, stehe ich zur Verfügung.“ Als hätte Reinecker in der Zeit viel Raymond Chandler gelesen.

„Dann gebe ich Ihnen einen guten Rat, Bubi: Setzen Sie nicht einen Fuß auf die Straße, ich verhafte Sie sofort!“

Dirty Derrick

Hans Korte (1929-2016) mit seiner einzigartigen Stimme ist als feister Unterwelt-Strippenzieher auch ein guter Antagonist und wie immer eine Bereicherung jedes Films. Sein markantes Organ dürfte auch vielen Hörbuch-Fans bekannt sein, er hat in seinen letzten Jahren viel für diesen Markt gearbeitet und z. B. Werke von Bernhard Schlink, Friedrich Dürrenmatt, Patrick Süskind oder Heinrich Mann eingelesen.

Vohrer inszeniert das gekonnt mit immer wieder hübschen Ideen, man merkt einfach, dass da ein Könner am Werk war. Beispielhaft sei eine kleine Hommage an Hitchcock erwähnt – in einer Szene sieht man Derrick nur als Schatten an der Wand, der sich mit einem Handlanger von Malenke unterhält, bevor er ins Bild tritt. Darauf muss man auch erst mal kommen. Oder die Mordszene im Moorbad, so viel optische Kreativität. Manches erinnert durchaus an italienische Gialli.

Eine wirklich herausragende Folge. Kucken! Das sage nicht ich, sondern Tarantino. 😉

Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett (D/Ö 1962)

Regie: Franz Antel
Buch: Johannes Kai, Hugo Wiener
Produktion: Carl Szokoll / Neue Delta Filmproduktion
Premiere: 19. Oktober 1962

Nudelfabrikant Keyser (Heinz Erhardt) wird von seiner Tochter zu einem Urlaub auf einer einsamen Insel verdonnert, um ihn dort auf Diät zu setzen. Wenig erbaut, will er zumindest seinen Mitarbeiter Dr. Steffen (Harald Juhnke) mitnehmen, und ihn vielleicht bei der Gelegenheit auch mit seiner Tochter verkuppeln. Auf der Insel angelangt treffen sie auf ein weiteres Paar (sie will heiraten, er lieber angeln, das übliche Drama). Gemeinsam stranden sie auf der kleinen Insel ohne Ausrüstung und sind auf ihre Survival-Skills angewiesen.

Die Filme des österreichischen Regisseurs Franz Antel (1913-2007) wirken irgendwie immer 10 Jahre älter als sie eigentlich sind. „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“ von 1962 wirkt wie aus den tiefsten 50ern, von den knalligen Bonbon-Farben (Eastman-Color) bis zu dem schon damals angestaubten Humor. Er stammt aus der mittleren Schaffensphase von Antel, gut zehn Jahre vor dem Heinospoitation-Knaller „Blau blüht der Enzian„, der hier ja schon zu Ehren kam. Und auch noch einige Jahre, bevor er mit den berüchtigten „Frau Wirtin“-Filmen auch das Tittenfilmchen-Gerne beackerte.

Einen Pluspunkt hat der Film gegenüber vielen anderen: Heinz Erhardt spielt mit. Aber auch er kann dieses bemühte Lustspiel nicht wirklich retten. Im Gegensatz zu vielen späteren Filmen ist es kein „Heinz-Erhardt-Film“, in dem der Film quasi um ihn herum geschrieben wurde, sondern er ist mehr Teil des Ensembles. Die andere männliche Hauptrolle wird von niemand geringerem als einem noch recht jungen Harald Juhnke (1929-2005) gespielt, eine durchaus reizvolle Kombination, die leider nie wirklich ausgespielt wird.

Ein Grund, warum der Film so altbacken wirkt, ist wohl auch, dass es ein Remake des Films „Die Leute mit dem Sonnenstich“ von 1936 (!) ist. Er spielt nur nicht mehr an der Donau, sondern zeitgemäß in Italien, dem Sehnsuchtsort des Wirtschaftswunder-Deutschen. Aber nicht mal das ist echt – als Italien-Double musste aus Kostengründen Jugoslawien herhalten.

So können wir auch das rheinländische Urgestein Trude Herr hier einmal als pummelige italienische „Mamma“ mit Schürze bestaunen, die auch ein Liedchen namens „Tango d’Amore“ am Hafen trällern darf. Apropos – den Titel bekam der Film auf Wunsch des Verleihs verpasst, der damit den gleichnamigen Schlager von Bill Ramsey bewerben wollte. Mit diesem durchaus ganz originellen Liedchen beginnt auch der Film, das wirkt fast wie ein Videoclip. Der arme Kerl will einfach nur schlafen, aber die Olle will immer nur lesen und treibt ihn in den Alkoholismus. Wie das so geht.

Netter Kniff – besagte Mimi (Edith Hancke) liegt nebst Gaben (Ramsey) im Bett und liest einen Krimi, und liest uns auch quasi den Vorspann vor, als wäre der Film das Buch, das sie liest. Na, ich hoffe, der Krimi ist spannender als das laue Lüftchen von Komödie, das dann folgt.

Der Text des Liedes stammt von Hans Bradtke, der auch so nett wortspielig-launige Schlager wie „Zuckerpuppe (aus der Bauchtanz-Truppe)„, „Das kannst du mir nicht verbieten“ oder „Das bisschen Haushalt … sagt mein Mann“ textete. Schon nicht so übel im Vergleich zu den sonstigen Schlager-Plattitüden.

„Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett
Nie ins Bett, nie ins Bett
Mimi hat den Krimi und die Interpol
Und ich den Alkohol
Ja, that’s right
Mimi hat den Krimi und die Interpol
Und ich den Alkohol, Prost“

Hans Bradtke: „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“

Was bleibt? Ein ziemlich seichtes, erschreckend unlustiges Lustspiel aus Opas Kintopp, das mit Erhardt und Juhnke eigentlich zwei humoristische Schwergewichte aufführt, die aber Dialoge aufsagen müssen, die 1962 schon einen sehr langen Bart hatten. Immerhin ist das ganze mit 76 Minuten auch schnell vorbei. Selbst in der eher durchwachsenen Filmographie von Heinz Erhardt kein Highlight.

Eigentlich schade, dass es keinen richtig „definitiven“ Erhardt-Film gibt. Entweder sie sind bieder-spießig (50er-60er) oder sehr albern und Schlagerheini-verseucht (70er). Hängt vielleicht auch damit zusammen, dass er 1971 mit seinem Schlaganfall so unvermittelt aus dem Berufsleben gerissen wurde. Er konnte danach nicht mehr sprechen und schreiben, was die Hölle gewesen sein muss für jemand, der Sprache so liebte. Am besten ist er immer noch alleine auf einer Bühne, im Idealfall mit einem Klavier.

Die Bildqualität ist überraschend gut, leider ist der Ton sehr spitz, vielleicht auch „totgefiltert“, Zischlaute sind oft unangenehm im Ohr. Aktuell (07/2022) in Prime erhalten, Scheibchen (Billig-DVD) gibt es auch.

Derrick: Hoffmanns Höllenfahrt (D 1975)

Regie: Theodor Grädler

Buch: Herbert Reinecker

Premiere: 29. Juni 1975 (ZDF)

Der beschwipste Teenie Anneliese (Ingrid Steeger) fährt nächtens durch den Wald mit ihrem Fahrrad nach Hause. Der Fernsehtechniker „Onkel Hoffmann“ (Klaus Löwitsch), der Nachbar, kommt mit dem Auto des Weges, erkennt sie, erkennt ihre Lage und bietet ihr an, sie mitsamt Fahrrad via Auto sicher zu Hause abzuliefern.

Vorher war sie einmal gestürzt und ist daher schmutzig. Prompt beschließen sie, es wäre gut, wenn sie sich vorher noch waschen täte, um blöde Fragen zu vermeiden. Schwupps steht die Anneliese im Schlüppi am Weiher, Onkel Hoffmann trocknet ihr die Füßchen ab, sie sagt „Du bist lieb, Onkel Hoffmann“, sie umarmen sich, „mir ist so schwindelig“ … Abblende.

Anneliese ist seriously pissed und will nicht mehr ins Auto einsteigen. „Sie Dreckskerl! Sie Schwein!“ wirft sie ihm wütend von dannen stampfend an den Kopf, und will nach Hause laufen. „Du hast es doch darauf angelegt, lass doch den Quatsch! Hab ich dir deine Hose ausgezogen? Soweit kommt es noch!“

Sie will alles ihrem Vater erzählen, Hoffmann saust die Muffe. Anneliese will einen sich nähernden Wagen anhalten, um dort mitzufahren, Hoffmann zerrt sie ins Gebüsch und hält ihr den Mund zu. Bis der andere Autofahrer weiterfährt, dauert es einen Moment, und er merkt nicht, dass er Anneliese gerade erstickt hat.

Am nächsten Morgen wird Annelieses Leiche auf dem Müllplatz gefunden. Das Katz-und-Maus-Spiel beginnt.

Gut, dieser Beitrag ist ein wenig gemogelt, denn es handelt sich mitnichten um einen Spielfilm, sondern um eine Folge der langlebigen Krimireihe „Derrick“. Da wir ja gerade Ingrid Steeger im Film „Liebe in drei Dimensionen“ angesichtig wurden, musste ich an diese Folge denken. Wie eigentlich jede Folge der Reihe funktioniert diese auch super für sich stehend. Es handelt sich um Folge 10, also noch recht am Anfang.

Ingrid Steeger als Anneliese

Derrick meets Schulmädchenreport, könnte man fast denken bei der oben geschilderten Eingangsszene. Ingrid Steeger war hier zwar schon 28 Jahre jung, wurde aber dennoch als offenkundig minderjährige Nachbarstochter besetzt, was sicherlich der Einschaltquote nicht schadete, schließlich war sie 1975 wohl auf dem Gipfel ihres Ruhms. Immerhin gewann sie im gleichen Jahr erstmals den Bravo Otto, quasi den deutschen Backfisch-Oscar, in Bronze für den „beliebtesten TV-Star“.

Auf jeden Fall gehört diese Folge zu einer meiner Lieblingsfolgen von Derrick. Der große Charakterdarsteller Klaus Löwitsch (1936-2002) spielt fantastisch als Vergewaltiger und Mörder „aus Versehen“, dessen Nerven im Laufe der 60 Minuten immer mehr strapaziert werden. Denn nicht nur Derrick und Harry hat er auf den Fersen, auch Frau und Sohn fangen langsam an, lästige Fragen zu stellen. Teilweise erinnert mich sein Spiel hier an Jack Nicholson.

Derrick: „Er war’s.“

Harry: „Er war es nur, wenn wir es ihm nachweisen können.“

„Der Mistkerl war’s. Er ist vollkommen fertig.“

„Das wird sich legen. Die meisten gewöhnen sich schließlich an ihre Tat. Das wird auch er tun.“

„Man muss dafür sorgen, dass er an seiner eigenen Aufregung … er darf mit dem Zittern gar nicht mehr nachkommen.“

Generell haben wir hier ein wunderbares psychologisches Duell zwischen Derrick und Hoffmann, denn handfeste Beweise gibt es nicht, und Derrick muss am Ende zu einem pfiffigen Psychotrick zurückgreifen, um ihn schließlich zu überführen. Was alles etwas anders endet als geplant.

Wer Derrick aus den späten Jahren kennt, wird sich sicherlich wundern: Hier hat er eine richtige Actionfilm-Stunt-Einlage. Herbert Reinecker (1914-2007), der Autor aller 281 Derrick-Folgen, war gerade in den ersten Jahren „on fire“ und hat ein Kompendium des Genres „Krimi“ erschaffen. Alles dabei an Motiven, Tathergängen, Verwicklungen – einmal alles durchdekliniert. Mal Action, mal intensives Kammerspiel. Der Mann konnte was. Für mich ist das immer noch der „Goldstandard“, was Fernsehkrimis angeht. Das heutige Derrick-Klischee beruht eher auf den späten Folgen, die mitunter etwas arg verlabert und hüftsteif waren, mit ewigen Monologen und viel Pseudophilosophie – und natürlich auf den vielen Parodien dazu.

Hier dauert es auch geschlagene 18 Minuten, bis Derrick und Harry ins Spiel kommen. „Müllplatz! Eine Tote als Abfall. Mhm. Fein, fein, ist es“, sind seine ersten, resignierten Worte, er hadert mal wieder mit seinem Beruf. Gleich muss er dem Vater seine tote, vergewaltigte und als Abfall entsorgte Tochter zur Identifizierung zeigen.

Neben Löwitsch und Steeger kann sich der Rest des Casts auch sehen lassen. Judy Winter (* 1944) spielt Frau Hoffmann, der Sohn wird gewohnt etwas schräg von Pierre Franckh (* 1953) gemimt (mit einem sehr albernen Schnorres). Letzterer wird noch oft in der Reihe mitspielen, oft als Mörder. Hier gibt er sein Debüt. Judy Winter kennen Hörspielfreunde vielleicht als die zwielichtige Psychotherapeutin „Dr. Franklin“ bei den Drei Fragezeichen.

Bruno Hübner (1899-1983), der schrullige Schrotthändler, der um ein Haar Zeuge der Leichenbeseitigung wird, ist auch ein recht vertrautes Gesicht aus Film und Fernsehen, der klassische, etwas skurrile Nebenrollen-Charakterdarsteller. Er wirkte in der Zeit oft in TV-Krimis mit, ein langes Leben voller Theater und Film hinter sich. In Kriegszeiten war er am Deutschen Theater in Berlin engagiert, und: „Als 1944 Bomben auf das Dach des Deutschen Theaters fielen, rettete Hübner, der Brandwache hatte, unter Einsatz seines Lebens das Haus vor größerem Schaden.“ (Wikipedia)

Erst bei der Recherche fiel mir auf, dass die andere Tochter der Nachbarn von Doris Arden (* 1946) gespielt wird, die – ebenfalls viel zu alt für ihre Rolle hier – auch in Teutonen-Sexpoilation-Filmen wie „Graf Porno bläst zum Zapfenstreich“ und „Krankenschwestern-Report“ zu Ruhm und Ehre kam. Im „Krankenschwestern-Report“ (1972) spielte auch Steeger mit, die werden sich wohl von da gekannt haben.

Fast schwer zu glauben, dass dies eine Folge ist, die Theodor Grädler inszeniert hat. Der ist oft für die etwas schlafmützigeren Folgen zuständig. 1921 geboren, wird er offiziell noch als „lebend“ geführt, wobei sein Verbleib seit 1995 unklar ist. Es gibt wohl Gerüchte, er sei bereits 2005 in Italien verstorben, was aber nicht offiziell bestätigt werden konnte. Interessant, was es so alles für wilde Geschichten drumherum gibt. (28 Folgen wurden vom legendären Alfred Vohrer gedreht, darunter „Tote Vögel singen nicht“, eine Folge, die nach der Erstausstrahlung wegen zu viel Gewalt (!) und zu vielen Leichen erst mal im ZDF-Giftschrank verschwand und lange nicht wiederholt wurde.)

Wer was für gute Psycho-Krimis übrig hat – vergesst die Derrick-Klischees und schaut mal rein. 60 Minuten feinste Krimikost, toll geschrieben, toll gespielt, keine Sekunde langweilig. Klassiker!

Hoffmann geht der Arsch auf Grundeis
Eine harte Nuss für Derrick …
… die vollen Körpereinsatz verlangt.

Sehr viele Folgen gibt es inzwischen legal und in guter Qualität auf YouTube, auf dem Kanal „KultKrimi“, der die Lizenz vom ZDF erworben hat. Klasse! Natürlich erst, nachdem ich mir für teuer Geld die DVD-Boxen angeschafft habe. War so klar 🙂

Für die Polyglotten unter euch: Die italienische Fassung gibt es auch auf YouTube – „Mi ha sempre chiamato zio Hoffmann„. Und die französische: „La Tentation“ Lustig. „Die Versuchung“ wäre eigentlich auch ein schöner Titel gewesen. „Hoffmanns Höllenfahrt“ klingt irgendwie doch sehr nach einem TKKG-Hörspiel.

Liebe in drei Dimensionen (D 1973)

Regie: Walter Boos

Buch: Gunter Otto, Franz Marischka (als Florian Vollmer)

Produktion: Wolf C. Hartwig / Rapid Film

Premiere: 26. Januar 1973

„Jetzt fallen den Besuchern im Kino die knackigen Busen direkt in den Schoß! „Liebe in drei Dimensionen“ heißt der Superstreifen von Walter Boos, der demnächst in Deutschlands Filmtheatern dem Publikum hautnahe Action-Szenen plastisch näherbringt.

Es gab zwar in den fünfziger Jahren schon Versuche mit 3-D-Filmen, doch bei dem neuentwickelnden TRIARAMA-Verfahren kommt der Zuschauer vermittels einer Spezialbrille zum erstenmal in den Genuß, perfekt plastisch „Kino zu erleben“.“

Zeitgenössische Werbung

Bei der Recherche zu „Four Dimensions Of Greta“ stolperte ich noch über dieses Machwerk, das auf dem Gipfel der deutschen „Sexwelle“ in den frühen 70ern vom Produzenten der berühmt-berüchtigten Schulmädchen-Report-Reihe, Wolf C. Hartwig (1919-2017), produziert wurde.

Auch wenn das im Prinzip der gleiche Quatsch ist wie immer, hat dieser Film als Gimmick auch 3-D zu bieten und ist daher „kinohistorisch“ einen Blick wert.

Die 17-jährige Petra (Ingrid Steeger), in der Provinz im Norden zuhause, besucht München-Schwabing. Sie wohnt in der Wohnung ihrer verreisten Schwester Dagmar, die im „tiefsten Afrika“ weilt, um Wohnung nebst Papagei, der Dinge wie „Ruhe im Puff“ spricht, zu hüten.

In Schwabing sind alle spitz wie der sprichwörtliche Dackel in einem Raum voller Tischbeine, es wird gefeiert, gelacht und gefummelt, bis die Schwarte kracht. Sogar Konstantin Wecker ist dabei. Wir folgen einer lose verbundenen Gruppe von Leuten bei ihren Abenteuern, meist libidinöser Art.

Regisseur Walter Boos (1928-1996) war sehr rege und kurbelte in den 70er Jahren nicht weniger als 21 Spielfilme runter, alle im komödiantischen bis pseudo-aufklärerischen Erotikbereich. Außerdem ist er für die deutsche Horror-Trashperle „Magdalena – vom Teufel besessen“ (1974) verantwortlich, einer teutonischen Billigversion von „Der Exorzist„.

Auch hier ist es recht naheliegend, dass der Erfolg der „Four Dimensions Of Greta“ diesen Film „inspiriert“ hat. Hier ist der ganze Film in 3-D, was er einem auch konstant unter die Nase reibt, weil viele Szenen auf Effekt getrimmt sind und alle Nase lang etwas Richtung Kamera fällt oder gehalten wird. Ich kann mir schon vorstellen, dass das im Kino echt ne Gaudi war, sie holen da eine Menge Gags raus. Vom fliegenden Geister-Schlüpper bis zu einer Monsterspinne wird einiges geboten. Ist halt mehr Kirmesattraktion als Film. Da passt es gut, dass eine ganze Sequenz auch genau dort spielt – mit Geisterbahn und Achterbahn wird da einiges an 3-D aufgefahren. Was es genau mit diesem „TRIARAMA-Verfahren“ auf sich hat, weiß ich nicht.

Direkt am Beginn darf Rosl Mayr (1896-1981), die knuffige bayrische Omi, die in der Zeit auch gefühlt in jedem lustig gemeinten Schmutzfilmchen als „schrullige Alte“ auftauchte, im Treppenhaus beim Putzen um ein Haar die Petra und das Publikum nass spritzen. „Sein’s feicht wonn?“ Da der ganze Kram auch in München spielt, ist natürlich auch viel bayrisches Gebabel im Film. Muss man mögen.

Natürlich darf auch Rinaldo Talamonti nicht fehlen, mal wieder als Karikatur eines notgeilen Italieners mit Dauerständer, der andauernd „Mamma mia!“ sagt und einem grotesken Helm aus Haaren trägt. Immerhin hat er hier so eine Art flotten Dreier auf einem Trampolin-Bett (?!).

Hey, cooler Plattenspieler. Aber echt, nur eine Single?

Im Vergleich zur britischen „Greta“ ist hier deutlich mehr nackte Haut zu sehen, natürlich immer „soft“ und meist auch durch Comedy-Einlagen entschärft. Vom keuschen Teenie über die exotische Inderin („Das ist ne Inderin! Aus Indien!“) bis zur drallen Dirndl-Maus, die beim Koitus jodelt (kein Witz), ist alles am Start. Naturgemäß ist das mehr eine Ansammlung einzelner Episoden als eine stringente Handlung.

Im Cast bemerkenswert sind noch die Schwedin Christina Lindberg (* 1950), die man durchaus auch als eine Erotik-Ikone der 70er bezeichnen kann, sowie Steegers „Klimbim“-Kollegin Elisabeth Volkmann (1936–2006), die in der Zeit auch oft in ähnlichen Produktionen zu bewundern war. Der jüngeren Generation dürfte sie vor allem als die „alte“ Synchron-Stimme von Marge Simpson bekannt sein. Die jodelnde Dirndl-Maus ist eine gewisse Dorothea Rau, wie mir das Internet verrät, die von 1972-1974 in allerlei bajuwarischen Juckel-Klassikern wie „Beim Jodeln juckt die Lederhose“ oder „Brummi – Sein Kolben läuft auch ohne Diesel“ die Dirndl mit ihren „Zuckerduddln“ ausfüllte. Naja, wieder etwas unnützes Wissen. Gern geschehen.

Am Ende als Highlight darf dann die keusche Ingrid Steeger auf dem Balkon mit ihrem flotten Manfred (Achim Neumann), der nur aus Haaren zu bestehen scheint, bisschen Nacktturnen veranstalten („Ich schwebe! Ich bin im siebten Himmel!“), was sicherlich schon damals ein guter „selling point“ war. Sie hatte schon einige Filme ähnlicher Machwerk auf dem Konto und war auch im Fernsehen im Kult-Klamauk „Klimbim“ zu sehen. Der Beginn einer Karriere, der über 2 Folgen „Derrick“ bis hin zu einem grandiosen Cameo-Auftritt bei „Familie Heinz Becker“ führte.

Sicherlich einer der erträglichsten Filmchen dieser Art. Nicht allzu albern, die 3-D-Effekte sind natürlich kompletter Selbstzweck, oft ohne Sinn und Verstand, aber immer wieder spaßig, und nette 70er-Damen mit wenig Sachen an. Als unterhaltsames Gaga-Filmchen für einen gepflegten 70er-Abend durchaus zu gebrauchen.

Ist 2007 auf DVD (Kinowelt, FSK 16, wohl geschnitten) erschienen, die scheint aber rar und teuer zu sein. Alternative wäre die Früh-80er-VHS von VPS Video, auch nicht gerade an jeder Straßenecke zu finden. Den Film findet man aber online, wenn man will.

Blau blüht der Enzian (D 1973)

Regie: Franz Antel
Buch: Kurt Nachmann
Produktion: Lisa Film
Premiere: 13. April 1973

Beim Wühlen in Prime stieß ich noch auf dieses Kleinod bundesdeutschen Filmschaffens, eine der unzähligen Schlagerkomödien, die in den Siebzigern entstanden. Mit Hansi Kraus, Ilja Richter und Hans Terofal gibt es auch gewisse Überschneidungen zu den damals extrem erfolgreichen „Die Lümmel von der ersten Bank“-Filmen, die es immerhin auf 7 (!) Teile brachte.

Der Österreicher Franz Antel zeichnet sich hierfür verantwortlich, den Kenner der Materie als Regisseur der „Frau Wirtin“-Filmreihe bekannt sein dürfte. Filmtitel wie „Frau Wirtin bläst auch gern Trompete“ (1969) sind einfach unsterblich. Er war auch sehr produktiv: Von den 50ern bis Ende der 70ern entstanden rund 100 Filme mit seiner Beteiligung, in der Regel Komödien, den Moden angepasst. In den 50ern eher Heimatfilm mit Bergen, in den 70ern wurden aus den Bergen wackelnde Brüste im Dirndl. Sein Bruder im Geiste war Drehbuchautor Kurt Nachmann, der auch hier mit am Start ist.

In diesem Filmwerk bleiben die Blusen aber zu, denn es handelt sich um ein Exemplar des damals sehr modernen „Schlagerfilms“. Man nehme eine Verwechslungskomödie vom Reißbrett, immer die gleichen Darsteller und dazu eine Handvoll angesagter Schlagersänger*innen. Hier hat man den ganzen Film, der eigentlich „Der wilde Kaiser tobt“ heißen sollte, gleich werbewirksam in „Blau blüht der Enzian“, den damaligen Hit von Heino, umgetauft. Geschäftstüchtig!

„Hey, Baby. Willst du wissen, was hinter der Brille ist? Dann komm mit mir auf mein Zimmer. Knick-knack.“

Hazy Morgan, Ölmagnat und „der größte Stinkstiefel des 20. Jahrhunderts“, wird vom trotteligen Nachwuchskellner Ilja Richter derart verärgert, dass er das Hotel verlassen will. Leider sind in Kitzbühel, der „piekfeinen Tiefkühltruhe“, alle Hotels ausgebucht. So landet der Assistent von Morgan auf Schloss Thanberg, das eigentlich nur eine Hotelschule ist, wo Ilja Richter, Hansi Kraus und Konsorten gerade ihren Abschluss gemacht haben, als schlechtester Jahrgang aller Zeiten, wie der Schulleiter nicht müde wird zu betonen. Der reiche Sack zieht dort notgedrungen ein und das Unheil nimmt seinen Lauf. Da wir in Kitzbühel sind, darf natürlich auch das große, ultimative Gag-Finale auf Skier nicht fehlen, mit lustigen Soundeffekten und allem. Ich lag unterm Tisch.

Damit das alles nicht zu lustig wird, wird alle 10-15 Minuten ein Liedchen geträllert. Rein zufällig ist Bata Illic unter den Schülern, der auch einfach mal prompt und komplett unmotiviert „Michaela“ durch die Hallen trällert, nachdem irgendein Knirps mit Kochmütze ein Schlagzeugsolo spielte. Das ist das faszinierende an den Filmen aus dieser Zeit – der Wahnsinn kennt keine Grenzen.

Der Phil Collins von Kitzbühel

Direkt die erste Szene nach dem Vorspann (Berge, Wild, Heino-Musik) ist bemerkenswert: Hans Terofal trinkt einen Schnaps namens Enzian, zuerst aus einem Glas, schließlich aus der Flasche. Gut, vielleicht hört er den Song von Heino, nachvollziehbar. Das Makabre daran ist, dass Terofal gerade mal 3 Jahre später an seiner Alkoholsucht zu Grunde gehen sollte. Es wird erzählt, dass er nicht damit klar kam, immer und immer wieder den Obertrottel zu spielen. Ein frühes Opfer des type castings.

Alkoholkrankheit – einfach zum Totlachen!

Eigentlich müsste man da „Dauerwerbesendung“ in der Ecke einblenden. Natürlich singt Heino den Titelsong auch noch mal leibhaftig im Film. Chris Andrews gibt „Sugar Daddy“ zum Besten und Jürgen Marcus darf „Ein Festival der Liebe“ bewerben. Der Kinderstar Nicki (Heintje auf wish bestellt), der Schlagzeuger von vorhin, singt mit Piepsstimmchen ein Liedchen namens „Yuppididuh“ und bürstet dabei eine Kuh (kein Scherz). Und eine Gruppe namens „Wir“ (nie von gehört) singt „David und Goliath“, mit dabei: ein zauseliger Drafi Deutscher mit Hippie-Bart. Harter Stoff.

Ilja Richter ist wie immer so lustig wie ein Loch im Kopf, Hansi Kraus hat ein paar gute Oneliner, die er gewohnt trocken und flapsig liefert, Terofal kaspert sich einen ab – also, eigentlich ist alles wie immer in den gefühlt 425 deutschen Komödien der Jahre 1968-1975.

Gut, Chronistenpflicht erfüllt – eine weitere Produktion der Lisa-Film ist gesichtet. Ich hab ja durchaus einen Sinn für diese Filme und generell für diese Zeit, aber das ist schon echt ne harte Nummer. Kurt Nachmanns Humor ist wohl echt Geschmackssache. Vielleicht findet man das in Österreich lustig. Wobei – das Ding hat damals schon Zuschauer gefunden.

Die von Georg Laforet geschriebenen „Lümmel“-Filme sind in dem Genre immer noch das Nonplusultra, insbesondere die Teile 1 und 5 („Wir haun die Pauker in die Pfanne„), wobei Teil 5 vor allem auch mit dem großartigen Theo Lingen in einer Doppelrolle auftrumpfen kann. Gegen den fußlahmen Kappes hier sind das humoristische Glanzleistungen.

Nur für Mutige, Kitzbühel-Nostalgiker, 70er-Gaga-Schlager-Fans und verrückte Komplettisten wie mich. Oder wer unbedingt mal Heino bei einer Schneeballschlacht bewundern will. Holladijo!

VHS: UFA („Sterne“-Cover)
DVD: MCP Sound & Media (so ein 5-Euro-Grabbelkisten-Ding)
Stream: Amazon Prime inklusive (Stand 06/22)

Geld oder Leber! (D 1986)

Regie: Dieter Pröttel
Buch: Mike Krüger, Christoph Treutwein
Produktion: Lisa Film (Karl Spiehs), Roxy Film (Ludwig Waldleitner), Bayerischer Rundfunk
Premiere: 14. August 1986

Lisa-Film hatte in den 80ern echt einen Lauf – ein Kassenschlager nach dem anderen. 1984 hatten sie mit den „Supernasen“ Thomas Gottschalk und Mike Krüger einen großen Erfolg, der auch (neben einer Fortsetzungen) zu allerlei Filmen mit Gottschalk und Krüger einzeln führten. Einer davon ist „Geld oder Leber!“, 1986 von Dieter Pröttel in Szene gesetzt, der auch „Die Supernasen“ gedreht hatte. Leider war es auch sein letzter Kinofilm, seitdem arbeitete er im Fernsehen. In den 70ern führte er oft bei Rudi Carrell Regie, so bei gleich 18 Folgen der klassischen „Rudi Carrell Show“ von 1966 bis 1973. Carrell war berüchtigt für seinen Perfektionismus bis hin zu Ausrastern, eine harte Schule!

Hier haben wir nun aber Mike Krüger (der viele Jahre später bei „Sieben Tage, sieben Köpfe“ wieder mit Carrell zusammenarbeiten sollte, die deutsche Medienwelt ist ein Dorf), der, frisch zu Supernasen-Ruhm gelangt, seine zweite Hauptrolle in einem Spielfilm spielen darf. Mit Pröttel drehte er nämlich schon 1985 den etwas vergessenen Film „Seitenstechen“. Dort wird er als Mann schwanger, und „Junior“ (1994) mit Arnold Schwarzenegger ist quasi ein Remake davon. Kurios. Hier ein Trailer.

Nun aber genug der Abschweifung (Rudi Carrell und Arnold Schwarzenegger in einem Text, muss man auch erst mal schaffen).

„Geld oder Leber!“ ist eine kleine deutsche Komödie, die durchaus sympathisch anfängt mit der Geschichte von Mike und seiner Liebschaft, die aufgrund chronischer Pleiteritis entschließen, eine Bank zu überfallen. Diese Überfälle gehen auf verschiedenste Weise schief, und sind eine Art Running Gag des Films, und sind auch zum Teil wirklich witzig, hier und da fast surreal. Hier und da hat es fast etwas Zucker-Abrahams-Zucker-Vibes.

Schließlich gelingt es ihnen doch, etwas Schmuck mitgehen zu lassen, der am Ende in einer toten Gans (ja, echt) landet, die vom Metzger weiterverkauft wird, der von der kostbaren Einlage nichts ahnt. Also steht auf dem Programm: Die Suche nach der goldenen Gans. Sieben Haushalte kommen in Frage, die nach und nach abgeklappert werden.

Bemerkenswert sind hier auch die vielen, vielen kleinen Gastauftritte deutscher Schauspieler und Spaßnasen. Lotti Krekel. Christine Schuberth. Jochen Busse. Hans Clarin. Raimund Harmstorf. Die dünne Hälfte von Klaus und Klaus. What a cast!

Leider zerfasert der Film immer mehr und schleppt sich träge über seine 80 Minuten, und wird mehr zur Sketchparade ohne wirklichen roten Faden. Jede Szene arbeitet auf einen Gag zu, und dafür sind zu viele Knallfrösche darunter. Der ganze Abschnitt rund um Falco, der hier eine der Hauptrollen innehat, nervte mich einfach nur, auch wenn der selbstironische Auftritt durchaus sympathisch ist (auch wenn er komplett zugekokst wirkt, keine Ahnung, vielleicht war der einfach so von Natur aus).

Der Soundtrack besteht überwiegend aus Songs von Falco und Erste Allgemeine Verunsicherung („Ba-ba-ba-ba-Banküberfall!“). Kann man mögen, muss man aber nicht.

Ein Kurisum deutschen Filmschaffens der Achtziger, durchaus sympathisch in seiner naiv-lustigen, tapsigen Art mit einigen guten Gags, aber über 80 Minuten mitunter nur schwer zu ertragen. Wobei – ich denke, unter den ganzen 80er-Humorerzeugnissen aus Deutschland ist das immer noch einer der besseren.

„Sie haben wohl Elefantenarsch mit Birne gegessen!“

VHS: Starlight Video
DVD: Marketing („Lisafilm Kultklassiker“) und andere
Stream: Amazon Prime (Stand 28.06.: 3,99 leihen, 9,99 kaufen)

Natürlich die Autofahrer (D 1959)

Regie: Erich Engels
Buch: Gustav Kampendonk
Produktion: Otto Meissner / Deutsche Film Hansa
Premiere: 20. August 1959

Um 1960 herum war Heinz Erhardt sehr fleißig. Dies war der zweite Film, den er 1959 drehte, der nächste war dann „Drillinge an Bord“. Dessen Klasse erreicht dieser Film leider nicht, aber er ist auch einer der besseren aus der Zeit, die sind doch sehr bieder und heile Welt. Auch hier ist zeittypisch „die Welt noch in Ordnung“.

Erhardt spielt einen Polizeihauptwachtmeister namens Eberhard Dobermann, Witwer mit 2 Kindern und frisch gebackener Eigentümer einer typischen 50er-Jahre-Neubau-Hütte. Sein Tagewerk besteht darin, auf einer Kreuzung den Verkehr zu regeln, mit Handzeichen und Pfeife, aus heutiger Zeit ein Kuriosum. Er ist freundschaftlich verbunden mit Jutta, einer Blumenhändlerin, gespielt von der gewohnt charmanten Ruth Stephan, die in vielen Erhardt-Filmen mitspielte. Auch hier lässt sich erahnen, dass die gesagte Freundschaft vielleicht zu mehr führen könnte. Wer weiß, wer weiß. Auf jeden Fall muss er im Verlauf des Films den Führerschein machen, was zu allerlei Gaudi führt.

Natürlich gibt es auch den typischen Sub-Plot, als die 19-jährige Tochter langsam flügge wird und einen flotten Hecht mit einem flotten Auto am Start hat, der aber keinen guten Stand beim Papa hat, weil er schon mehrfach als Verkehrssünder auffällig wurde. Sohnemann spielt in einer Art Jazz-Tanzband, die auch gerne mal zuhause in der Stube probt (inklusive dem schlechtester Fake-Schlagzeuger aller Zeiten, der Kollege hatte vorher sicherlich noch ne Drumsticks in der Hand).

Ansonsten haben wir noch den Nachbarn Bierbaum, der joviale und etwas großkotzigen Ingenieur, der Blumen-Jutta schöne Augen macht. Und versucht, sie mit seiner selbst erfundenen vollautomatischen Küche zu imponieren, wie man halt Frauen so in Kiste bekam in den 50ern. Und Trude Herr sei noch erwähnt, die als Fahrlehrerin in einer der bekanntesten Szenen des Films brilliert.

Natürlich muss man zeitgemäß auch einige Schlagerliedchen zwischendurch ertragen, was hier aber ganz gut geht. Immerhin kein Roy Black oder Rex Gildo.

Das ist alles unterhaltsam und größtenteils auch charmant, bleibt aber sehr brav, leider kommt auch der legendäre Wortwitz von Erhardt etwas zu kurz, er scheint sich sehr an das Drehbuch von Lustspiel-Routinier Gustav Kampendonk (1909-1966) gehalten zu haben. Wobei – dieser hat auch „Drillinge an Bord“ geschrieben, vielleicht hat Erhardt sich da mehr Freiheiten erlaubt. Er gehört aber auf jeden Fall trotz einiger Längen zu den besten Filmen mit Heinz.

Nebenbei erleben wir auch zwei legendäre Stimmen in kleinen Rollen: Hörspiel-Märchenonkel Hans Paetsch als Polizeipräsident und Martin Hirthe (Bud Spencer, Charles Bronson u. v. a.) als Baurat Welker.

Dieser Film war zusammen mit anderen aus der Zeit (wohl alle, die damals von der „Deutsche Film Hansa“ produziert wurden) lange Eigentum von „CD Film“, es gab sowohl VHS als auch DVD-Ausgaben unter dem Namen. Was ziemlich kurios ist, denn „CD Film“ ist eigentlich eine Firma, die sich primär mit pornografischen Kurzfilmchen in den 70ern einen Namen machten. Wie die Filme dort gelandet sind, wäre mal eine Recherche wert. Irgendwie sind die Lizenzen nun bei „Filmjuwelen“ gelandet, die sich immer wieder um hochwertige Neuauflagen vergriffener Klassiker und Raritäten verdient machen. Im Vorspann der Neuauflage erscheint ein Logo von „Dynasty Film“, vielleicht ist das der Rechtsnachfolger von CD Film?

Auf jeden Fall – endlich sind die alle wunderbar restauriert zu bekommen, entweder einzeln oder in einer Box mit dem etwas fantasielosen Namen „Noch ’ne Box“, die die rund 20 Euro allemal wert ist (6 Filme im Schuber und mit einem schönen Booklet). Finger weg von den alten DVDs, die sind ürkselig.