Big Mäc (D 1985)

Regie: Sigi Rothemund
Buch: Siggi Götz, Franz Seitz, Werner Schlierf
Produktion: Franz Seitz
Premiere: 26. April 1985 / TV-Premiere: 4. Februar 1989

Franz Seitz junior war ein umtriebiger Mensch. 1921 geboren, studierte er nach militärischen Pflichten zunächst Medizin, war Kunstmaler – und, ach ja, nebenbei auch Sohn des damals sehr erfolgreichen Regisseurs Franz Seitz senior (1888-1952), der in den 20ern und 30ern bei der UFA viele Filme abdrehte, von der alpenländischen Komödie bis zum Propagandafilm.

Irgendwann begann er auch, Filmluft zu schnuppern, drehte ein Heimat- und Schlagerfilmchen nach dem nächsten und schließlich gründete er 1956 in München seine Firma „Franz Seitz Filmproduktion“, die bis heute existiert, geführt von seinen Kindern.

Vor allem die sieben Teile der „Die Lümmel von der ersten Bank„-Reihe waren ab 1968 große Erfolge an den Kinokassen. 1977 war er noch mal in den Schlagzeilen – Oscar für „Die Blechtrommel“ nach Günter Grass. Tatsächlich eine Seitz-Produktion. Zwei Literaturverfilmungen nach Thomas Mann folgten.

1985 aber, und wir kommen zum eigentlichen Thema, dachte er sich scheinbar – so hochliterarisch und künstlerisch wertvoll kann ich meine Karriere nicht beenden. Und produzierte: „Big Mäc“ mit Thomas Gottschalk in der Hauptrolle.

Seit 1989 nicht mehr im Fernsehen und nie auf DVD erschienen, ist das eine obskure Randnotiz im Filmschaffen von Gottschalk. Die Videothekenkassette erschien bei VMP, die sich heutzutage auch ziemlich rar macht. Immerhin war er zur Promo 1985 auf dem Cover der Cinema, die ich besitze und weswegen ich überhaupt von der Existenz dieser Zelluloid-Verschwendung weiß. Und eine gute Seele hat die seltene VHS digitalisiert und auf YouTube in ganz brauchbarer Qualität hochgeladen und den Film somit aus der Gnade des seligen Vergessens entrissen. Dankeschön, „Hampie18“.

„Easy Rider Thomas Gottschalk“. Bestes Outfit ever. Dem Mann war damals auch echt gar nichts peinlich. Man beachte den guten alten 80er-Jahre-Brustbeutel. Ein Traum in Kunstleder.

Also, Promo lief soweit. Gedreht wurde laut Wikipedia in Garmisch-Partenkirchen, Istanbul, Kairo und Nairobi. Das kostete richtig viereckig Geld, wie Horst Lichter immer so schön sagt.

Auf jeden Fall haben wir es mit einer „different kind of animal“ zu tun. Die wesentlich bekannteren Filme mit Gottschalk – wie die Supernasen oder die Einsteiger – waren alles Produktionen der Lisa Film GmbH aus München, also von Karl Spiehs und seinen Spießgesellen.

Tatsächlich gibt es hier ein kleines „Crossover“, wenn man so will: Der Star aus den von Seitz produzierten Lümmel-Filmen, Hansi Kraus (* 1952), spielt hier auch mit. Er hatte 1985 auch erst mal die besten Zeiten hinter sich (zumindest im Kino und Fernsehen), taucht aber bis heute immer wieder mal auf der Mattscheibe auf, von „Dr. Stefan Frank“ über „Forsthaus Falkenau“ bis „Um Himmels Willen“. Hier ziert ihn eine zeitgemäße Rotzbremse.

Bevor wir zu den Details kommen – worum geht es hier überhaupt? Bisschen klarer wird es, wenn man sich den späteren Titel der TV-Ausstrahlung anschaut: „Heiße Öfen in Afrika„. Nicht der Gipfel der Kreativität, aber allemal besser als das nichtssagende „Big Mäc“. Hoffentlich gab es dafür wenigstens gut Kohle von McDonald’s. Der ganze Film ist außerdem eigentlich nur ein überlanger Werbefilm für BMW.

Bernhard „Big Mäc“ Maurer (Gottschalk) ist weder Maurer noch Bratbulettentester, sondern Musiker. Im Vorspann lernen wir ihn als gestrengen Dirigenten eines klassischen Orchesters kennen. Doch, oh Schreck, plötzlich tauchen aus dem nichts Rockmusiker auf, die ganz böse ins Mikro lachen und irgendwas zusammen schrammeln, was in den Ohren von den alten Männern, die diesen Film verbrochen haben, wohl „harte Punkmusik“ sein soll. Das junge Publikum – wir befinden uns an einem Gymnasium – flippt aus, der Herr Rektor (Ludwig Haas) schaut, als hätte ihm jemand in die Weichteile geboxt.

„Schluss mit dem Unfug! Sofort Schluss! Sie sind entlassen!“

Und Musikgenie Maurer muss sich weiter als Klavierlehrer durchschlagen.

Derweil in der Redaktion der Zeitschrift „Motorrad“ – man sorgt sich um das Image des Motorradfahrers und will den „perfekten Fahrer“ finden. Seriös, solide, unfallfrei. Und der Computer (wie auch immer das 1985 funktioniert haben soll) spuckt eben – genau – unseren Klavierlehrer aus, weil der mal vor vielen Jahren eine Tour quer durch Spanien gemacht hat und darüber ein Artikel im Archiv war.

Eine Prämie von 50.000 Dollar winkt. Freudig bestellt er sich erst mal telefonisch einen Konzertflügel. Aber – er kriegt die Kohle nur, wenn er es schafft, in einer Abenteuerrallye von der Zugspitze zum Kilimandscharo zu bestehen, und das als Wettrennen mit einem japanischen Team.

Da er dafür einen Beifahrer braucht, engagiert er den Nachbarsjungen Max (Beate Finckh), der gerne und viel an allerlei Motoren schraubt und sich gut auskennt. Ihm wird auch von der örtlichen Werkstatt eine der begehrten Lehrstellen versprochen, falls sie gewinnen (was für ein seltsamer Deal ist das denn bitte?). Doch, oh weh, Max fällt vom Moped und bricht sich die Stelze. Seine Schwester Maxi (ebenfalls Beate Finckh) schneidet sich die Haare, bindet den Busen weg und fährt an seiner Stelle mit. Maurer ist der Meinung, Max mitgenommen zu haben, und braucht bis zum dritten Akt des Films, um zu merken, dass dem Max „von der Hitze ein Busen gewachsen ist“. Was natürlich zu allerlei Lustigkeiten führt. Zum Beispiel zu meinem Lieblingszitat aus dem Film:

„Bei jeder Pinkelpause gehst du kacken!“

Es sollte T-Shirts mit diesem Spruch geben.

Der Rest des Films sehen wir also primär diverse Motorräder durch diverse Wüsten fahren. Wer wird das spannende Rennen für sich entscheiden? Die anständigen Deutschen auf der BMW oder doch etwa die hinterlistigen, mit allen schmutzigen Tricks arbeitenden Japaner? (Um im Duktus des Films zu bleiben: „Was machen die Japsen?“)

Es bleibt spannend (gähn) bis zum Herzschlagfinale. Wird es etwa ein Happy-End geben? Mit freeze frame von grinsenden Leuten am Schluss? Wer weiß, wer weiß.

Wen haben wir denn hier so vor der Linse? Gut, ich denke, Thomas Gottschalk (* 1950) muss ich hier nicht großartig vorstellen, ich denke, selbst wenn man nie einen Film mit ihm gesehen hat, weiß man doch, wer er ist. Der mit den Haribo-Goldbären. Ach ja, dass er zusammen mit Mike Krüger in den 80ern auch mal Werbung für McDonald’s gemacht hat und einen Film namens „Big Mäc“ ist bestimmt nur Zufall.

Max und Maxi (!), eine gender-bending Doppelrolle, werden gespielt von Beate Finckh (* 1960), in ihrer ersten größeren Kinorolle. Mit ihren zarten 25 Jahren hatte sie schon einiges gedreht, der ganz große Durchbruch blieb ihr augenscheinlich verwehrt. Mehrere Auftritte in Tatort und – natürlich 4 Folgen „Derrick“. Sie hat diese durchaus anspruchsvolle androgyne Rolle hier gut gemeistert, war in diesem Gurkenfilm aber eigentlich verschenkt. Sie hätte Max/Maxi in einem ernsthaften Coming-of-age-Film mit Gender-Thematik spielen können. (Netflix-Remake von „Big Mäc“, wann?)

Ach ja, wer darf natürlich auch nicht fehlen? Trash-Ikone Herbert Fux (als „Franz Leitner“) hält auch mal das Knittergesicht in die Kamera für eine Handvoll Dollar.

Die neuste Folge von „Find den Fux“. Da isser!

Direkt in der ersten Szene hat Ludwig Haas (1933-2021) eine kleine Rolle als Rektor und Klassik-Fan. Bisschen verschenkt, aber immerhin fast die lustigste Szene im Film. Falls ihr euch gerade fragt, woher ihr ihn kennt – am bekanntesten ist er wohl als Dr. Ludwig Dressler in der Lindenstraße, wo er von 1985–2020 (!) mitspielte.

Immerhin blieb es Hans Terofal erspart, hier mitspielen zu müssen, da er bereits 1976 verstorben ist. Treue Leser*innen wissen: „Hans Terofal“ hieß eigentlich Hans Seitz – und ist niemand geringerer als der Bruder von Produzent Franz Seitz junior. Damit das alles nicht zu einfach wird, arbeitete dieser auch gerne mal unter dem Pseudonym „George Laforet“. Laforet ist der Mädchenname der Mutter, „Terofal“ das ganze einmal spiegelverkehrt.

Eins muss man den Produktionen der LISA-Film lassen – sie versuchen wenigstens, lustig zu sein. Dieser Film taugt als Comedy null, mit viel guten Willen gibt es ein paar Schmunzler. Als ernst gemeintes Roadmovie oder Abenteuerfilm ist es zu poplig. Nur weil ein paar Kamele oder Elefanten durchs Bild laufen, sitzt man nicht auf der Sesselkante vor Spannung. Die Dialoge sind so hölzern, dass man sich Splitter ins Ohr holt beim Anhören. Da ist selbst Gottschalk schauspielerisch unterfordert. Selbst die Musik kommt direkt aus der Mitt-80er-Weichspüldedudelhölle, wenn nicht gerade das penetrante Titelstück totgedudelt wird.

Und, werter Franz Seitz, wie kann man Filme wie „Die Blechtrommel“ produziert haben und danach solche Drehbücher lesen und sagen, „Jawoll, das klingt nach einem guten Film. Den mach ich mit dem Gottschalk und das wird der Knaller“? Was hat Sie da geritten? Moment, Drehbuch von Franz Seitz, Sigi Götz, Werner Schlierf. Ähm, okay. Ich hab nichts gesagt.

Reine Hypothese – das ganze ist so von Arbeitsverweigerung durchzogen, dass mir der Gedanke kam, dass wir es hier mit einem typischen Abschreibungsfilm zu tun haben, also ein Film, der mit Vorsatz Verlust einfahren soll, um steuerliche Vorteile zu kriegen.

Er ist schlicht nicht Fisch, nicht Fleisch, sondern nur – stinkepupslangweilig. Die Film-Todsünde Nummer 1. Keine Ahnung, was genau hier passiert ist. Regisseur Sigi Rothemund ist sicherlich kein zweiter Hitchcock und hat viel Schrott gemacht, aber es war wenigstens unterhaltsamer Schrott, wenn auch meist auf niedrigem Niveau. Det Dingen hier ist ne Einschlafhilfe. Dagegen ist selbst „Die Einsteiger“ (gleiches Jahr, gleicher Regisseur) fast richtig gut.

Als Fazit zitiere ich mal den Film selbst.

„Schluss mit dem Unfug! Sofort Schluss! Sie sind entlassen!“

„Hallo, hier Lümmel 1. Wer spricht denn da?“
Erst mal durch den Busch kacheln, bisschen die Wildtiere erschrecken. Ein Spaß!

Kirmes (D 1960)

Regie, Buch: Wolfgang Staudte

Produktion: Real-Film, Hamburg

Premiere: 2. Juli 1960

Unter diesem etwas irreführenden, unglücklichen Titel verbirgt sich keine nette Heile-Welt-Komödie, wie man vielleicht denken könnte, sondern ein hervorragender Film von Wolfgang Staudte, den man zu den wichtigsten Regisseuren des Nachkriegskinos zählt.

Ich kenne bislang nur die späteren „Tatort“-Episoden von ihm (meist gut, wenn mich meine Erinnerung nicht trügt), sein historisch wichtiges Frühwerk wird nach und nach verfügbar. Dieser Film ist 2020 erstmals auf DVD erschienen, auf dem Label „Filmjuwelen“, das sich wieder mal um eine Wiederdeckung verdient gemacht hat.

Wie in einigen Filmen dieser Zeit geht es um die Aufarbeitung der NS-Zeit, ein Thema, das viele Deutsche in der Zeit nicht ansprach, zu frisch war es noch. Heile Welt war angesagt, Gebirge, saftige Wiesen, glückliche singende Menschen. Düstere Nazi-Dramen in schwarz-weiß im Kino? Nein, danke.

Auch dieser Film floppte damals an den Kinokassen, verschwand auch lange in der Versenkung. Wesentlich bekannter von Staudte ist „Die Mörder sind unter uns“ von 1946 – wohl auch durch den markanten Titel.

Hervorragend fotografiert, dicht und sprachlich auf höchstem Niveau geschrieben und hochkarätig mit Theaterschauspielern besetzt, erleben wir hier die fesselnde Geschichte einer Desertation im Zweiten Weltkrieg.

1959 findet in einem Dorf in der Eifel die alljährliche, titelgebende Kirmes statt. Die Feierlichkeiten werden getrübt, denn bei Bauarbeiten wird eine Leiche gefunden – ein Skelett, ein Stahlhelm, ein Gewehr. Offensichtlich ein Kriegsopfer.

Fast alle wollen es abhaken und zur Tagesordnung übergehen. Auch der Bürgermeister schaut düster aus der Wäsche. Nur die Mutter weiß, wer es ist – ihr Sohn Robert (Götz George). Und so erfahren wir in einer langen Rückblende die Geschichte Roberts.

Dieser war 1944 desertiert, weil er sich weigerte, auf Frauen und Kinder zu schießen. Er wollte sich in seinem Heimatdorf verstecken, um nicht als Fahnenflüchtiger und „Vaterlandsverräter“ gemäß der neusten Verordnung erschossen oder erhängt zu werden. Doch die Bevölkerung des Dorfes erweist sich als wenig hilfreich. Angst und Hurra-Patriotismus, dazu die geradezu groteske Propaganda-Dauerbeschallung, haben ihr Werk getan. Der NSDAP-Ortsgruppenleiter Georg Hölchert (Wolfgang Reichmann) ist ihm auf den Fersen, bedroht auch seine Familie. Siehe da – den Mann kennen wir doch schon. Er ist der Bürgermeister im Jahr 1959. Als dann auch die Gestapo im Dorf anrückt, sieht Robert irgendwann keinen Ausweg mehr.

Zurück im Jetzt (1959) – das ganze Dorf ist daran interessiert, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Das Karussell dreht sich, die Kinder lachen.

Gerade das mit dem Bürgermeister dürfte vielen Deutschen anno 1960 schwer im Magen gelegen haben. Wie viele überzeugte 110-Prozent-Nazis haben später in der bundesdeutschen Politik Karriere gemacht, bis hin zum Bundeskanzler. Auch einzelne Schicksale wurden sicherlich in Familie und Dorfgemeinschaft wissentlich totgeschwiegen – die sprichwörtlichen Leichen im Keller. Der Film bohrte hier mit Genuss in deutschen Wunden.

Trotz des schweren Themas hat der Film aber auch genug Humor (auch schwarzen) und genug Romantik, um auch unterhaltsam zu sein. Die Balance gelingt hier gut.

Noch einige Worte zum Cast. Aus heutiger Sicht am bekanntesten ist sicherlich Götz George, der auch Jüngeren noch als „Schimanski“ ein Begriff sein dürfte. Hier ist er mit süßen 22 Jahren zu Beginn seiner Karriere zu bewundern. Er spielt den zusehends verzweifelten Soldaten überzeugend.

Die Französin Anette, die als Kriegsgefangene im Dorf lebt und als love interest dient, wird gespielt von der damals recht bekannten Juliette Mayniel. Sie spielte 1959 im klassischen französischen Horror-Krimi Les yeux sans visage (Augen ohne Gesicht) mit und in vielen anderen französischen Filmen der Zeit.

1973 spielte sie in – „Sie nannten ihn Plattfuß“ mit Bud Spencer. Das hab ich jetzt nicht kommen sehen. Dort verkörpert sie die Rolle der Maria. Das ist die nette schwarzhaarige Dame, die Bud zwischendurch mit Spaghetti im Futter hält.

Wolfgang Reichmann, der NSDAP-Ortsgruppenleiter Schrägstrich Bürgermeister spielt, kam mir auch bekannt vor – und siehe da: 2 Folgen „Derrick“. Er war generell in den 70ern und 80ern noch gut im TV-Geschäft und wirkte in vielen Serien und Filmen mit, und ist mit seiner imposanten Erscheinung auch auffällig.

Ein wichtiger Film. Handwerklich, technisch und schauspielerisch auf höchstem Niveau. Schön, dass er nicht dem Vergessen anheim gefallen ist.

DVD: Filmjuwelen

Der Führerschein (D 1978)

Regie: Thomas Engel
Buch: Irina Korschunow
Premiere: 1978

Das Filmlabel Pidax hat mal wieder tief im Archiv gegraben und dabei diesen schönen kleinen TV-Film gefunden. Am 06.09.1978 war in der ARD Premiere.

„Der Führerschein oder: Der Spießer und seine Frau“, wie der Filmtitel komplett heißt, spielt in der Zeit der Entstehung und man ahnt schon anhand des Titels, worum es geht. Die Emanzipation liegt in der Luft, und plötzlich beginnen Frauen, Bedürfnisse und Wünsche zu äußern. Ach du lieber Gott!

Autorin Irina Korschunow (1925-2013), Tochter einer Deutschen und eines Russen, machte sich in den 70ern und 80ern primär mit Kinder- und Jugendbüchern einen Namen, am bekanntesten dürften heute noch die Bücher über die „Wawuschels“ sein, die es in vielen verschiedenen Auflagen gibt und die einem doch öfter mal auf dem Flohmarkt begegnen.

„Der Führerschein“ ist ihr erstes verfilmtes Drehbuch von insgesamt fünf.

Familie Riehl hat sich gerade das berühmte „Eigene Häuschen im Grünen“, irgendwo im Neubaugebiet, gebaut und lebt nun nach vielen Jahren in Frankfurt auf dem Land. Der Opel steht blitzeblank in der Garage, die durchfallbraun-orange-geflieste Küche ist frisch geputzt, und die Familie – Vater, Mutter, zwei Kinder – sitzt frohgemut am Abendbrottisch. Die reine Idylle. Und dann kommt auch noch Post – eine Tante will ihnen 1000 Doitsche Mark schenken.

Das deutsche Abendbrot

Was tun mit dem Geld? Jeder hat eigene Ideen und Wünsche, aber Vati hat schon was beschlossen. Doch, potzblitz – Mutti ist genervt, mit Fahrrad und Zug einkaufen und leben zu müssen, und will den Führerschein machen. Und zündet damit eine innerfamiliäre Neutronenbombe – Vati Heinz besteht auf einem brauen Holzzaun ums Grundstück, damit ihm die Hunde der Nachbarschaft nicht in den Garten kacken. Mutti zieht’s durch und macht „heimlich“ den Führerschein, was natürlich zu allerlei Comedy und Drama führt. Hach, diese Frauen aber auch! Man ist ja seines Lebens nicht mehr sicher, wenn die immer mehr ans Steuer wollen! Der Untergang des Abendlandes ist nahe:

– Übrigens, ich hab mir überlegt …

– Was denn? Was? Was hast du dir überlegt?

– Ob ich …

– Ja, was hast du denn, Lotti?

– Ich wollte sagen … von diesem Geld wird nicht nach England gefahren, auch kein neues Rad, Berti …

– Ganz recht! Wir kaufen einen Zaun!

– Auch keinen Zaun. Das Geld hat Tante mir geschenkt, und das brauche ich für mich.

– Ja, aber der Zaun ist doch auch für dich! Der ist doch nötig. Die Leute denken ja, bei uns langt’s nicht mehr.

– Ich brauche keinen Zaun. Und die Leute sind mir schnuppe. […] Ich will nämlich … (bestimmt:) Ich will den Führerschein machen.

– (entgeistert:) Wie? Was?

– Den Führerschein machen!

– Eure Mutter spinnt!

– Ich spinne überhaupt nicht! Wieso denn?

[…]

– Auto fahren! Führerschein! Wo du nicht mal die Garage aufschließen kannst!

Sohnemann zeigt Muddi erst mal, was Öl ist

Später will Mutti in ihrem neu gewonnenen Übermut auch noch vormittags ein paar Stunden arbeiten gehen. Und die Tochter gibt auch noch Widerworte und will gar studieren! Die soll lieber Geld verdienen, später wird sie ja eh geheiratet. Was zu viel ist, ist zu viel, Spießer-Heinz kriegt einen roten Kopf und verbietet erst mal alles, was ihm nicht passt. Im Streit rauscht Mutti von dannen und übernachtet bei einer Freundin. Am nächsten Tag besteht sie dann die Fahrprüfung (natürlich beim zweiten Versuch zwecks Drama), und nach etwas Kommunikation ist dann auch alles wieder gut. Die ganze Familie fährt mit ihrem roten Opel in den Sonnenuntergang. Mutti am Steuer. Na, wenn das mal gut geht!

Die erste Familienausfahrt mit Mutti am Steuer

Harmlos-nette Unterhaltung für Zwischendurch, bei der man so ziemlich genau das bekommt, was man sich vorstellt. Schauspielerisch solide, mit genug Humor (freiwillig und unfreiwillig), einer Prise Drama gegen Ende. Und aus heutiger Sicht eine sehr amüsante Reise in die Denke und das Leben anno 1978. Möbel, Kleidung, Autos – von „Ach du lieber Himmel!“ bis „Schickobello!“ ist alles dabei.

1980 entstand „Der Urlaub“ mit dem gleichen Team als Quasi-Fortsetzung, er muss also gut angekommen sein. Schauen wir doch noch, wen wir da gerade so gesehen haben:

Witta Pohl (1937–2011) dürfte unter den Schauspieler*innen wohl am bekanntesten sein. Als Mutter in „Diese Drombuschs“ (1983-1994) schrieb sie ein Stück TV-Geschichte mit und war auch sonst in vielen Fernseharbeiten zu sehen. (Aber nie bei „Derrick“, was ist da los? Dafür aber beim Tatort und in „Der Alte“.)

Klaus Herm (1925–2014), der den spießigen Ehemann Heinz spielt, ist auch ein recht gängiges Gesicht im deutschen Fernsehen der Zeit. Um die Scharte seiner Filmehefrau wett zu machen, spielte er gleich in 13 (!) Folgen von „Derrick“ mit. Zudem gehörte er zu den meistbeschäftigten Hörspielsprechern Deutschlands und ist in unzähligen Hörspielen von 1948-2014 (!) zu hören.

Die Darsteller der Kinder hatten nur kurze Gastspiele in der Fernsehwelt. In einer ganz kleinen Rolle ist Jochen Busse (* 1941) zu sehen, ich hab ihn mehr an der Stimme als am Aussehen erkannt, er hat sich gut mit einer 70er-Haarhelmfrisur und einem Pornobalken getarnt. Auch er spielte sich in den 70ern und 80ern in allerlei seltsamen Filmen seine Miete zusammen, bis er als Gastgeber in der RTL-Schenkelklopferparade „7 Tage, 7 Köpfe“ (1996–2005) noch mal einen Karriere-Boost bekam. Die auf ihn zugeschnittene RTL-Sitcom „Das Amt“ (1997-2003) habe ich als ganz unterhaltsam in Erinnerung. Ich finde, er ist so was wie der deutsche John Cleese. Ist oft durch Körpersprache schon lustig.

Regisseur Thomas Engel war hier schon ein alter Hase, mit Dutzenden Kino- und Fernseharbeiten auf dem Buckel. Große Inszenierungskunst darf man hier nicht erwarten, wir sprechen von einer TV-Komödie, aber das passt schon alles so.

Für Youngtimer-Fans und Auto-Nostalgiker ist das hier natürlich ein Fest. Von Fahrschule über Tankstelle bis Autohaus ist hier das „automobile Leben“ in den späten 70ern gut dokumentiert.

Das Fahrschul-Auto. Klassischer geht es kaum.
Kaum zu erkennen: Jochen Busse in einer frühen Rolle als Junior-Chef im Möbelhaus, in dem Vaddi arbeitet

Wenn Mädchen zum Manöver blasen (D/Ö 1974)

auch: „Mädchen – Stillgestanden“

Regie: Franz Antel (als Francois Legrand)
Buch: Florian Burg
Produktion: Neue Delta (Franz Antel) / Lisa Film (Karl Spiehs)
Premiere: 23. August 1974

Wenn selbst die österreichische Lustspiel-, Trash- und Mopsfilm-Ikone Franz Antel bei einem Film zu einem Pseudonym („Francois Legrand“) greift, weiß der Fachmann – hier ist ganz großes Kino zu erwarten. Und dann noch LISA-Film-Impressario Otto W. Retzer als Aufnahmeleitung. Riecht nach der allerletzten Mottenkiste von Opas Kintopp. Und dieser Film enttäuscht die hohen Erwartungen nicht.

Hier reichen sich die „Kaiserfilme“ der 50er und die „Sexfilme“ der 70er liebevoll, oder zumindest kassenträchtig, die Hände. Ein bunter Schabernack von einem Film, der schon 1974 im Kino wie aus der Zeit gefallen gewirkt haben musste. Antel machte auch 1974 noch alles so wie in 1954, nur in Farbe und mit mehr Möpsen.

Geschrieben wurde das alles von Erich Tomek (* 1930), der schon Blödelgut wie „Tante Trude aus Buxtehude“ (1971) mit Rudi Carrell und Ilja Richter, aber auch – ja, ich traute meinen Augen kaum – den hier schon besprochenen Italo-Horror-Schinken „Astaron – Brut des Schreckens“ (1980) der Welt geschenkt hat.

Hier ist er mit seinem Pseudonym „Florian Burg“ unterwegs, unter dem er eine ganze Reihe solcher lustig gemeinter Mopsfilme verbrochen hat, von „Geh, zieh dein Dirndl aus“ (1973) bis „Sunshine Reggae auf Ibiza“ (1983), der es immerhin schon zu SchleFaZ-Ehren gebracht hat.

Als Krone seiner Schöpfung hat er dann 1993 die RTL-Serie „Ein Schloß am Wörthersee“ erdacht und geschrieben, in der sämtliche Knallchargen aus dieser Filmära noch mal ein heiteres Stelldichein hatten, der letzte große, lange Furz der LISA-Film. (Den es, wie ich gerade feststelle, inzwischen komplett als Blu-ray-Box zu kaufen gibt. Ernsthaft? Gut, fand damals sein Publikum, das das heute auch noch anschaut und „Ach wie schee, die gute alte Zeit“ sagt.)

Hans Terofal zappelt und säuft, Rinaldo Talamonti grimassiert und läuft sinnlos durch die Gegend – also eigentlich alles wie immer, nur dass der ganze Kappes hier als in Zeiten der kuk-Monarchie Österreichs spielt, alle also fancy Kostüme und Uniformen tragen.

Dazu die unlustigsten sight gags der 1910er und 1920er Jahre in schlecht, zotige „Dialoge“, debil-kichernde Damen mit wenig Sachen an, eine Story, die auf einen Bierdeckel passt – und fertig ist der nächste Klassiker, ab ins Kino damit. Und offenbar haben sich damals auch genug Leute den Kappes angeschaut, denn es scheint sich gerechnet zu haben.

Gipfeltreffen der Film-„Trottel“: Hans Terofal, Rinaldo Talamonti

Ach, Moment, Story, ganz vergessen. Also – Jahrhundertwende, Kaserne, in der Nachbarschaft ein Mädchenpensionat, ein Manöver steht an, koitale Verwicklungen, alles super lustig, aber mit ordentlich viel nackte Möpse, und am Schluss werden zwei Leute verwechselt (das muss einfach! Außerdem eine Gelegenheit für die so beliebte Doppelrolle), eine Kaskade von Gags, zwei Leute finden sich, Knutsch, finaler End-Gag, Abspann.

Ich muss echt sagen – je mehr Filme ich mit Hans Terofal sehe, desto mehr tut er mir leid. Ich hab es hier irgendwo schon mal erwähnt – er starb bereits 1976 mit nur 53 Jahren, auch an den Folgen seiner Alkoholkrankheit (neben einer Herzerkrankung und Asthma). Gerade in den späten Filmen (wie diesen) sieht man ihn auffallend oft on screen trinken, was die Frage aufwirft – war das immer so im Drehbuch oder war er schlicht die ganzen Dreharbeiten über hacke, um das irgendwie zu ertragen, nicht mehr wie früher Produktionsleitung zu machen, sondern immer den hinterletzten Volldepp zu spielen? Auf jeden Fall wird in diesem Film wahr, wovon alle Gurkenfilm-Fans geträumt haben: Er trifft in einer Szene auf den unvermeidlichen Rinaldo Talamonti. A match made in heaven. (Oder doch: in hell?)

Nomineller Hauptdarsteller ist der Österreicher Alexander Grill (1938–2009) in einer Doppelrolle. Sagte mir so jetzt nichts, ein weiterer Mensch, der in vielen dieser 70er-Klamotten auftaucht. Sein Debüt gab er in „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“, und in „Blau blüht der Enzian“ spielte er einen Kellner. In den 80ern wurde er auch im Fernseher relativ bekannt, als er im Ensemble der satirischen Nachrichtensendung „Rudis Tagesshow“ (1981-1987) von Rudi Carrell mitwirkte.

1974. Im gleichen Jahr wurden Filme gedreht wie:

  • Angst essen Seele auf
  • Texas Chainsaw Massacre
  • Der Pate II
  • Ein Mann sieht rot

Das ist kaum zu glauben. Ein Film aus einem Paralleluniversum.

Nicht mal unfreiwillig lustig, ist dieser Quark über die ganze Laufzeit nur was für Hartgesottene oder ausgewiesene Nackedeis-in-historischen-Settings-Fetischisten. Eine erotische Komödie, die weder lustig noch erotisch ist. Möööp. Selbst in diesem mit Schund überladenen Genre ist das hier unterdurchschnittlich. „Wir raten ab“.

Wer’s unbedingt sehen will – gibt es als alte VHS und sogar in gleich zwei verschiedenen DVD-Ausgaben, beide von so Grabbeltisch-Labeln für ein paar Euro. Die DVDs sind laut ofdb um gut 3 Minuten geschnitten, warum weiß der Himmel, da sie immer noch die uralte FSK-18-Freigabe tragen. Die ungeschnittene Fassung wurde am 28.07.1987 indiziert, 2012 aufgehoben. Hab nur die 74-minütige gekürzte Fassung gesichtet.

Die VHS-Erstauflage ist bei UFA erschienen, immerhin als schöne Hartbox. Später gab es noch eine Wiederveröffentlichung auf dem UFA-Billig-Rerelease-Label „Videophon“.

Ne Salami im Bett – wie nett. Und auf keinen Fall zu subtil.
Ein paar „Action-Szenen“ (hust) gibt es auch
Terofal ist wieder nur am Saufen, was ist da los?
Eigentlich müsste man da man eine ganze Galerie von machen. Unfassbar.
Einer geht noch!

Abschließend noch ein paar visuelle Eindrücke.

Na, Film von 1954 oder 1974? Wer weiß es?
Gags aus der Mottenkiste des Kinos #1
Gags aus der Mottenkiste des Kinos #2

P. S.: Und da wir so viel über den begnadeten Kasperkram-Autor Erich Tomek zu erzählen hatten – dem schlauen Internet entnahm ich, dass er mehrere kleine Cameo-Auftritte hatte. Unter anderem als Bankangestellter in „Geld oder Leber“, da isser:

Der müde Theodor (D 1957)

Regie: Géza von Cziffra
Buch: Franz Gribitz, Géza von Cziffra (als Peter Trenck)
Produktion: Deutsche Film Hansa
Premiere: 7. Juni 1957

Der gebürtige Ungar Géza von Cziffra (1900-1989) war in den 50ern und 60ern nicht aus dem deutschen Kino wegzudenken. Drei bis vier Filme pro Jahr produzierte er, meist im leichten Unterhaltungs-Genre, von der Komödie bis zu der damals so beliebten Schlager-Revue.

Dieser Film von ihm sticht etwas aus der Masse heraus, denn dies ist der erste Film, in dem der noch recht junge Heinz Erhardt (1909-1979) seine erste Hauptrolle in einem Spielfilm absolvierte. Endlich konnte ich auch diese Lücke mal schließen und den Film sehen. Besonders viel erwartet habe ich offen gesagt nicht, aber ich wurde positiv überrascht.

Loni Heuser und Heinz Erhardt

Lange war der Film schwer zu greifen, im Vergleich zu den anderen Erhardt-Filmen wurde er auch kaum im Fernsehen gezeigt. Erst 2013 gab es eine DVD, die leider schon lange vergriffen und teuer ist.

Erhardt spielt hier den etwas naiven, aber gutherzigen Marmeladen-Fabrikanten Theodor Hagemann, der gerne sein Geld für die Unterstützung notleidender Künstler unterschiedlicher Güte ausgibt. Seine herrische, kaufmännisch begabtere Ehefrau (die auch die Fabrik mit in die Ehe gebracht hat) macht ihm deswegen das Leben schwer. Nachdem er als Bürge eine Komplettauflage eines unverkäuflichen Gedichtbandes geschickt und in Rechnung gestellt bekommt, ist das Maß voll – Theodor wird entmündigt. (Das scheint damals erschreckend einfach gewesen zu sein.)

Um weiterhin seine eingegangenen Verpflichtungen bedienen und ein Pfand auslösen zu können, arbeitet er nachts heimlich als Kellner im Hotel „Schwarzer Adler“. Irgendwann fällt auf, dass er – wie es der Titel schon verrät – immer müde ist. Allerlei Verwicklung und Verwechslung später aber ist die heile Wirtschaftswunder-Welt wieder hergestellt, Paare finden sich, und auch der Theodor lässt endlich diesen ganzen komischen Kunstquatsch sein und wird mit ordentlichem Scheitel und Anzug zu einem richtig anständigen deutschen Fabrikanten. Da zieht sogar der Pförtner in der Fabrik ehrfürchtig den Hut. Happy End.

Renate Ewert und Ralf Wolter

Der Film gehört zu dem Schwung Remakes (damals sagte man wohl noch einfach „Neuverfilmung“), die in den 1950ern basierend auf alten Stoffen entstanden. Bereits 1936 gab es „Der müde Theodor“ im Kino, unter dem Regisseur Veit Harlan (1899-1964). Es war einer der frühen Filme von ihm, scheint auch kein besonderer Erfolg gewesen zu sein. Harlan drehte dann später u. a. den berühmt-berüchtigten NS-Propagandafilm „Jud Süß“, verständlich, dass man dann auch seine früheren Werke in der Nachkriegszeit eher mit Skepsis begegnete. Die Hauptrolle im Theodor spielte damals ein mir bis eben unbekannter Herr namens Weiß-Ferdl (1883–1949), ein heute wohl eher vergessener bayrischer Volkskomiker, der überzeugter Hitler-Fanboy der ersten Stunde war, was einer Nachkriegsvermarktung auch nicht unbedingt hilfreich war.

Der Grundstoff ist aber deutlich älter, das Autorengespann Max Ferner und Max Neal brachte das Stück schon 1913 auf die Bühnen. Beide waren erfolgreiche Autoren volkstümlicher Komödien und „Bauern-Schwänke“. Vier ihrer Werke wurden viele, viele Jahre später (ab 1992!) in Peter Steiners „Theaterstadl“ auf RTLplus zu Publikumsrennern. Verrückt. Siehe da – auf YouTube gibt es gar eine Aufzeichnung einer Theateraufführung von 1978, in der Titelrolle niemand geringeres als das Kölner Urgestein Willy Millowitsch (1909-1999).

Schon 1918 gab es eine stumme Verfilmung, die auf dem Theaterstück basierte. Regisseur war dort ein Leo Peukert (1885–1944), die Hauptrolle spielte ein gewisser Conrad Dreher (1859–1944), der nur von 1915 bis 1921 im Film tätig war (unter anderem in einem Film mit dem schönen Titel „Der Mann mit dem Affenkopf“ von 1920, was mag sich dahinter verbergen?). Über den Film ist kaum was zu finden, gehe mal davon aus, dass er verschollen ist. Die Deutsche Kinemathek hat noch ein Plakat des Films im Archiv. Peukert war ein vielbeschäftigter Herr, der schon zu Stummfilmzeiten ein populärer Komiker war und später als Komödien-Spezialist galt, bis er recht jung 1944 starb.

Kurz gesagt: Ganz schon angestaubte Mottenkiste also. Aber siehe da – der Film funktioniert trotzdem auch heute noch erstaunlich gut. Natürlich ist die Story altbacken, mit den üblichen Verwicklungen und Verwechslungen, und mit einer etwas fragwürdigen, aber wohl typisch deutschen Moral (Kunst bäh, Arbeit geil).

Er lebt eindeutig von der Performance von Erhardt, der hier schon seine übliche Filmpersona erstaunlich gut ausgebaut hat. Wortspielereien, Versprecher, Gestik und Mimik, eine Prise Slapstick, alles schon da. Selbst zwei Gesangseinlagen am Klavier sind dabei. Und der unverkäufliche Gedichtband, aus dem er direkt auch vorliest – ich würde wetten, dass er die Kostproben aus „Nachtnebel und Sonnenstäubchen“ selbst geschrieben hat. Ebenfalls 1957 erschien dann Witwer mit 5 Töchtern, danach ging es richtig los mit seiner Filmkarriere.

Einzelne Szenen lassen allerdings durchaus erkennen, dass wir uns tief im weltanschaulichen Mustopf befinden. Frau Hagemann will ihren spinnerten Ehemann einer Therapie entziehen und begibt sich zu einem Nervenarzt namens Link (Franz-Otto Krüger), der natürlich selbst irgendwie spinnert und „komisch“ gezeichnet wird. Er ferndiagnostiziert einen „abstrakten Komplex“. Es entwickelt sich folgender bemerkenswerter Dialog:

Arzt: „Also… ihr Herr Gemahl dürfte einen abstrakten Komplex haben. Den müssen wir natürlich seelenkundlich analysieren. Sagen Sie, gnädige Frau, glauben Sie, dass ihr Herr Gemahl irgendwelche verdrängten Komplexe hat, irgendwelche, ähm, unterdrückten Kindheitserlebnisse? Vielleicht auf sexuellem Gebiet?“

Frau Hagemann, entrüstet: „Sein einziges Erlebnis bin ich! Dafür garantiere ich Ihnen!“

Arzt: „Jaja, natürlich, selbstverständlich, das ist mir vollkommen klar, aber, äh, sie müssen schon verstehen, die Sprache der Psychoanalyse ist für einen Laien ein wenig unverständlich.“

Frau Hagemann, noch entrüsteter: „Das merke ich.“

Aber der „verrückte“ Theodor mit dem Kunstfimmel soll dennoch mal zu ihm. Als Vorwand soll Frau Hagemann sagen, der Arzt sei ebenfalls Kunstsammler, was er wohl auch ist. Denn aus irgendeinem Grund hat er im Nebenraum seiner Praxis, nur durch eine Schiebetür getrennt, moderne Kunst ausgestellt. Er öffnet die Tür, unheilvolle Musik erklingt (!), Frau Hagemann schaut sich um, als wäre es ein SM-Folterkeller, und sagt, mit entsetzter Stimme: „Danke – ich habe genug gesehen“, und rauscht von dannen.

Der Nervenarzt sammelt also „entartete Kunst“. Naja.

Der Film schafft es, in nur einer kurzen Szene sowohl die Psychoanalyse als auch „moderne“ Kunst als schlecht, gar abartig darzustellen, Respekt. Wenn die Szene anno 1936 so im Film und nicht im ursprünglichen Theaterstück war, hat das einen sehr unschönen Beigeschmack, Stichwort „entartete“ Kunst. Im besten Fall ist es urdeutsche Spießigkeit und Verklemmtheit.

Bisschen Xenophobie muss auch sein. Im Hotel ist auch ein Italiener zu Gast, der – natürlich – Spaghetti bestellt, die Erhardt als Kellner aufs Zimmer servieren soll. Natürlich ist er wie alle „Südländer“ ein alter Lustknabe und will der keuschen Lilo an die Wäsche.

„Nur Küssken. Nur kleine Küssken! Als Odövre für Spaghetti. Kleines Küssken.“

Notgeiler Italiener aus dem Grusel-Stereotyp-Baukasten

Als dem kleinen „Küssken“ wird schwupps eine übergriffige Begrapschung. Gut, dass der Kellner gerade ohne Anzuklopfen reinkommt, was den heißblütigen Italiener prompt zu einer Schimpfarie provoziert, er will sich telefonisch beim Hoteldirektor beschweren. Lilo kommt da die servierte Schüssel Pasta gerade recht. Drauf damit auf die Italiener-Rübe, ha! Immer diese notgeilen Ausländer, die keuschen deutschen Mädels an den Baumwoll-Schlüppi wollen. Was für ein feinsinniger Gag! Ich hab jetzt noch Seitenstechen vom Lachen. (Die bittere Wahrheit ist allerdings auch – das ist im Vergleich zu dem, was man teils in den 70ern oder 80ern, gerade in LISA-Film-Produktionen, an rassistischen oder fremdenfeindlichen Gags so sieht, recht harmlos.)

Schauen wir doch mal, wer hier so alles mitwirkt. Interessant, wie viele Größen der 70er-Jahre-Komödie hier schon auftauchen. Einige davon kamen hier auf der Seite auch schon zu Ehren. Also, schaun wir mal.

Peter Weck (* 1930) mit zarten 27 Jahren in einer größeren Rolle als „Felix“, dem love interest von Tochter Hagemann (Karin Baal). Er spielte in den 60ern und 70ern in allerlei Lustspiel- und Schlager-Gedöns mit und führte hier und da auch mal Regie. In den 80ern gewann er mit dem charmanten und heute noch populären ZDF-Serienklassiker „Ich heirate eine Familie“ eine neue Generation an Fans. Aktuell in der ZDF-Mediathek zu sehen.

Peter Weck, Karin Baal

Der damals omnipräsente Ralf Wolter (* 1926) spielt hier einen Gerichtsvollzieher – der Beginn einer fruchtbaren Kooperation mit Heinz Erhardt. Die beiden sollten sich noch in vielen weiteren Filmen begegnen, bis sie in „Was ist denn bloß mit Willi los?“ (1970) gar zu Kollegen und Mitbewohnern wurden.

Heinz und Hubsi

Den herrlich exaltierten Hubert von Meyerinck (1896- 1971) hatten wir ja neulich auch schon mal im Film „An jedem Finger zehn„. Hier haben wir das meines Wissens einzige Zusammentreffen von „Hubsi“ mit Erhardt, als Schulkamerad und Arbeitsvermittler. Was eigentlich schade ist – die beiden haben eine gute Chemie und einige sehr schöne Szenen zusammen. Er bildet ihn als Ober aus – ein echtes Highlight des Films. (In Franz Antels Komödiengurke „Otto ist auf Frauen scharf“ (1968) sollten sie beide noch mal in einem Film mitspielen, aber ich meine, nie in einer Szene. Meine Erinnerung ist allerdings dunkel.)

Selbst Balduin Baas (1922-2006) ist – kaum erkennbar mit mehr oder weniger vollem Haupthaar – in einer kleinen Rolle zu sehen. Hier noch ganz am Anfang seiner Karriere, sollte er in vielen Komödien kleine, meist skurril bis schrullig angelegt Rollen spielen. Am bekanntesten dürfte heute noch die Figur des „Studienrat Blaumeier“ in den Lümmel-Filmen der 70er sein. Aber auch in Loriots „Pappa Ante Portas“ (1991) ist er noch zu bewundern. (Und bei „Derrick“ selbstverständlich.)

Werner Finck, Balduin Baas

Fazit – ziemlich angestaubte, teilweise weltbildlich fragwürdige, aber auch streckenweise sehr witzige Lustspiel-Kuriosität. Für Heinz-Erhardt-Fans und Komödien-Archäologen schon aus historischen Gründen ein Muss – ansonsten eher auf der verzichtbaren Seite. Einmal sehen reicht.

Darf in keiner alter Komödie fehlen: Die ohnmächtige Dame und das Riechsalz
Mit ordentlicher Haarfrisur geht es stolz der bundesdeutschen Glückseligkeit entgegen. Schaffe, schaffe, Häusle baue! Kunst ist nur was für Gammler und Studenten.

1-2-3 Corona (D 1948)

Regie: Hans Müller
Buch: Artur Kuhnert
Produktion: DEFA
Premiere: 17. September 1948

Was, 1948 gab es schon einen Film über Corona?

Ja, nein, natürlich nicht. Corona (lat. Kranz, Krone) ist hier ein weiblicher Vorname. Natürlich dennoch kurios, diesen Film mit der neuen Bedeutung heute zu sichten.

Was haben wir hier? Der Film ist eine frühe DEFA-Produktion, also in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ), der späteren DDR, entstanden. Und wie Wikipedia zu vermelden weiß – der erste Film, der nach dem Krieg wieder in Babelsberg entstand. History in the making.

Er wird dem etwas schwammigen Genre „Trümmerfilm“ zugerechnet, was – platt gesagt – das Kino der direkten Nachkriegszeit ist, das in dem spielt, was Nazi-Irrsinn und Weltkrieg von Deutschland übrig gelassen hatten. Meist sind das naturgemäß eher düstere und ernste Stoffe, die in dieser harten Zeit der Schuld, Verlust und Entbehrung entstanden, insofern stellt dieser Film eine Ausnahme dar: Die Jugend spielt die Hauptrolle, und bei aller Dramatik in der Grundstory gibt es auch viel Humor und jugendliche Lebensfreude.

Origineller Vorspann: Das Fritzchen (Ralph Siewert) stellt alle Beteiligten vor, die als Text erscheinen, teils mit launigen Kommentaren zu den Dreharbeiten. Anschließend dürfen sich einige der jugendlichen Darsteller selbst kurz vorstellen. Schöne Idee. Da die Titel in Sütterlin gehalten sind, ist das auch ganz praktisch für den heutigen Zuschauer. Die 1911 entwickelte Sütterlin-Schrift wurde 1941 von den Nazis verboten, insofern könnte man die Verwendung hier durchaus als politisches Statement verstehen.

„Die Schulen blieben bis auf weiteres geschlossen“

Berlin, Sommer 1945. Das Leben ist hart und anstrengend in den Trümmern Berlins. Ein gut gekleideter Mann (Herbert Hübner) geht durch die Straßen, versucht, eine Zigarette zu schnorren, doch alle winken ab. Bis einer ihm knapp mit einer Geste zeigt, wo es was zu holen gibt. Der Schwarzmarkt. In einem alten Bauwagen mitten in den Ruinen.

Die Jungs sammeln Zigarettenstummel, die sie bei einer Frau Schmittchen (Annemarie Hase) gegen „echte“ Zigaretten eintauschen können, und bezahlen damit auch die Miete für den Bauwagen. Aus den Stummeln kann man sogenannten „Stummeltabak“ machen. Das tauscht sie dann nach eigener Aussage – „Stummeltabak gegen Zigaretten, Zigaretten gegen Seife, Seife gegen Fett oder was man sonst so braucht“. Das könne man ja nicht Schwarzhandel nennen!

Der Mann stellt sich als Studienrat heraus, der überrascht ist, dort einen seiner ehemaligen Schüler der 5. Klasse (!) zu treffen, der dort mit Zigaretten dealt. Gleichzeitig ist er peinlich berührt, möchte er doch schwarz Zigaretten kaufen.

„Es muss heute jeder sehen, wie er durchkommt. Ich habe heute das erste Mal … schwarz gekauft.“

Sprach er und drückte dem Jungen einen Geldschein in die Hand, nachdem er einen tiefen Zug an der lang ersehnten Zigarette genommen hat.

Die fesche Corona (Eva Ingeborg Scholz)

„Wo bleibt denn die Corona, dieses Luder?“ schallt es. Corona (Eva Ingeborg Scholz) ist eine hübsche junge Artistin, die mit einem etwas runtergerockten Wanderzirkus in der Stadt ist. Die Jungs werden Zeuge, wie schlecht der Direktor Corona behandelt und wollen diesem eine Lektion erteilen, indem sie seine Vorstellung sabotieren. Ein paar gezielte Schüsse mit der Steinschleuder erfüllen den Zweck.

Doch – Corona fällt nach einem weiteren Schuss vom Trapez in die Tiefe, ohne Netz. Sie ist bewusstlos und schwer verletzt. Ein Junge rennt los und versucht, einen Krankenhausplatz für sie zu bekommen und wird nur vertröstet, er möge in 6 bis 8 Wochen (!) noch mal fragen. Also pflegen die Jungs sie gesund, teils aus schlechtem Gewissen, teils aus echter Fürsorge. Die Jungs nutzen die Zeit, ihre Zirkus-Skills zu üben, sonst ist eh nicht viel zu tun. Als Corona dann wieder gesund ist und nicht weiß, wohin, gründen sie kurzentschlossen den „Zirkus Corona“. Wird das eine Zukunft haben?

Dialog zwischen einem Arzt und einem Studienrat, während sie durch eine zerbombte Straße gehen:

„Aber Herr Doktor, Sie beabsichtigen doch nicht im Ernst, das Mädchen hier bei den Jungs zu lassen?“

„Ja! Warum nicht?“

„Das ist doch ganz unmöglich!“

„Unmöglich ist heute vieles. Am unmöglichsten, ein Bett im Krankenhaus zu finden.“

„Na, dann werde ich das mal versuchen. Diese Kinder hier zusammen, so ganz ohne Aufsicht, das kann doch nicht gut gehen.“

„Sagen Sie mal, Herr Doktor, unterschätzen Sie die heutige Jugend?“

„Wissen Sie, wie demoralisiert sie ist?“

„Dagegen ist eine verantwortungsvolle Aufgabe das beste Heilmittel.“

„Wir Alten haben es maximal verkackt, vertrauen wir der Jugend“, könnte man zusammenfassen. Einen Irren gewählt, die Welt in Brand gesteckt – es kann nur besser werden. Unsere Hoffnung muss in der Jugend liegen. Das scheint mir die Kernaussage des Films, die zeitlos aktuell ist.

Hans Müller, der Regisseur, kam mir irgendwie bekannt vor, auch wenn das der kartoffeligste Allerweltsname der Welt ist. Und siehe da: 1959 drehte er mit Heinz Erhardt den von mir sehr geschätzten „Drillinge an Bord“, was dann auch seine letzte Kinoarbeit war.

Ihm gelingen hier viele stimmungsvolle Bilder und pfiffige Inszenierungsideen. Gewisse Parallelen zum Italienischen Neorealismus der Zeit lässt sich nicht leugnen, z. B. „Deutschland im Jahre Null“ (Germania anno zero) von Roberto Rossellini, der ebenfalls 1947/1948 im zerbombten Berlin entstand.

Auch wenn mich des Thema Zirkus nicht unbedingt direkt anmacht, war das eine interessante Filmerfahrung. Gerade weil der Film es schafft, bei aller Tristesse und Hoffnungslosigkeit dieser Zeit eine positive, optimistische Botschaft zu vermitteln. Es geht immer weiter.

Die vielen jungen Darstellerinnen und Darsteller spielen überwiegend richtig gut, besser als so mancher überbezahlter Hollywood-Mime. Viele blieben Eintagsfliegen, ein paar Ausnahmen:

Eva Ingeborg Scholz (1928-2022) machte nach einer ganzen Reihe von Kinofilmen in den 50ern durchaus noch Karriere im deutschen Fernsehen und war bis zuletzt immer wieder auf der Mattscheibe zu sehen. Natürlich auch in 2 Folgen von – na klar – „Derrick“. Das wird langsam zum running gag. Am 21.03.2022 ist sie mit 94 Jahren verstorben.

Lutz Moik (1930–2002), der hier den Gerhard spielt, hat auch noch etwas mehr gemacht. Eine seiner letzten Rollen war tatsächlich im RTL-Dauerbrenner „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ anno 1992. Selbst zum kurzlebigen Tatort-Kommissar hat er es geschafft, zwei HR-Produktionen in den frühen 80ern (Kommissar Bergmann in Frankfurt). Neben vielen kleinen Rollen in unbekannten Serien wirkte er auch in einem echten Serienklassiker mit – er ist der Makler in der Folge „Hausverkauf“ von „Ein Herz und eine Seele„. Von seinen Spielfilmen hat der mir unbekannte „Das kalte Herz“ von Paul Verhoeven (nicht der mit Robocop, der andere) wohl das meiste Echo.

Herbert Hübner (1889–1972), der Studienrat Dr. Hanke, ist noch einer der bekannteren Darsteller hier, der von 1920 bis 1967 in unzähligen deutschen Kino- und TV-Produktionen auftauchte und auch am Theater überaus erfolgreich war. Auch wenn er in Kriegszeiten in etwas unappetitlichen Filmwerken mitwirkte, arbeitete er für die DEFA und später auch fürs bundesdeutsche Kino und TV.

Den Film gibt es offiziell und legal auf dem YouTube-Kanal der DEFA zu sehen. Der ist sowieso sehr empfehlenswert, dort gibt es viele Schätze aus dem Archiv zu entdecken, alles legal und in meist guter Qualität von der DEFA-Stiftung bereitgestellt.

Tanze mit mir in den Morgen (Ö 1962)

Regie: Peter Dörre
Buch: Franz Arndt, Daniela Holl
Produktion: Wiener Stadthalle-Station Betriebs-und Produktionsgesellschaft / Karl Spiehs (ja, genau der)
Premiere: 13. August 1962

Ok, ich weiß, ich bin gerade echt auf komischen Pfaden durch die Kinogeschichte unterwegs. Aber hey, was tut man nicht alles für die Wissenschaft! Beim großen Rundumschlag durch das deutsche Filmschaffen kann man auch solche Werke nicht umgehen, schließlich waren das damals mit die erfolgreichsten Filme. (Ja, das ist ein österreichischer Film, rechne ich mal großzügig dazu.)

Links im Bild: Heinz Beckers Mode-Vorbild

„Tanze mit mir in den Morgen“ ist quasi die „Bravo Hits“ von 1962. Ein dünner Plot um ein kleines Theater dient als Vorwand für ein Stelldichein der tollsten Hits des Jahres. Das Theater soll abgerissen werden, weil dort der Donaupark entstehen soll, der 1964 zur Internationalen Gartenschau gebaut wurde, auch in der echten Welt.

Der Theaterleiter des bedrohten Kulturtempels wird von dem 1930-1960 omnipräsenten Paul Hörbiger (1894-1981) gespielt. Am Ende fackelt der ganze Bums ab, er singt eine traurige Weise mit einer Träne im Knopfloch, bekommt dann aber eine „außerordentliche Genehmigung“ der Stadt Wien und kann eine Art Schlager-Club auf einem Donauschiff betreiben. Puh! Alle zusammen trällern „Ein Wiedersehen an der Donau“ oder so was und alles ist wieder gut. Abspann.

Ansonsten kann man hier einige bekannte Künstlerinnen und Künstler zu Beginn ihrer langen Karriere in bonbonfarbenem Eastman-Color bewundern. Rex Gildo (1936-1999) gibt den Schmachtfetzen „Wir beide sind allein“ zum Besten, und auch ein  Udo Jürgens  gibt mit 28 Jahren ein Duett namens „Die goldenen Jahre“ mit einer gewissen Evi Kent. Diese war um 1960 gut im Geschäft und in einigen Kinofilmen zu sehen, verschwand danach aber von der Bildfläche. 1973 spielte sie noch mal in dem durchgeknallten und hier schon besprochenen „Blau blüht der Enzian“ mit.

Chris Howland (1928-2013), der Radio-DJ, der zum Sänger und Filmstar wurde, schaut auch mal vorbei und kann seinen alten Gassenhauer „Hämmerchen-Polka“ performen. Auch das Stück hat einen verschmitzten Charme. Der Text stammt erneut von dem hier schon mal erwähnten Hans Bradtke, der auch „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“ dichtete.

Chris Howland und sein Sparschwein

„Alle müssen Steuer zahlen
Ich und du und er
Alle leiden Höllenqualen
Mir fällt das nicht schwer
Droht mir auch der Dalles
Ich bezahle alles
Und hol mit Humor
Mein Hämmerchen hervor

Und dann hau ich mit dem Hämmerchen mein Sparschwein
Mein Sparschwein kaputt
Mit dem Innenleben von dem kleinen Sparschwein
Geht’s mir dann wieder gut“

Noch etwas unnützes Wissen auf den Weg: 1962 coverte Heinz Erhardt den Song, leider musikalisch bisschen zu sehr geleckt. Der britische Akzent und die etwas kuriose Orchestration des Originals machen viel vom Charme aus.

Ansonsten bleibt ein kitschiges, langatmiges Revuefilmchen. Im Prinzip ist das alles so eine Art frühe Form der heutigen Musikvideos. Die überschwülstigen Beiträge von Gerhard Wendland sind nur schwer zu ertragen, der Schmalz läuft aus den Lautsprechern.

Für den österreichischen Regisseur Peter Dörre, der es nicht mal zu einem eigenen Wikipedia-Artikel geschafft hat, blieb das auch die einzige Kinoarbeit, sonst machte er nur Fernsehen. In Sachen Bildgestaltung ist das also Magerprogramm, er hält mehr oder weniger die Kamera drauf. Hier und da gibt es ein paar Tanzeinlagen, die für ein bisschen MGM-Musical-Flair sorgen sollen. Für Fans der beteiligten Künstler oder generell Schlagerfans der Zeit vielleicht sehenswert. Ansonsten gibt es selbst in dem Genre sicherlich interessantere Vertreter.

Zumindest weiß ich jetzt, wo Heinz Becker seinen Modegeschmack abgeschaut hat. Das KANN kein Zufall sein. 🙂

Typische Handbewegung beim Anschauen dieses Films
Er war jung und brauchte das Geld: Udo Jürgens

Liebe auf krummen Beinen (D 1959)

Regie: Thomas Engel
Buch: Herbert Reinecker, Utz Utermann
Produktion: Utz Utermann / Bavaria-Filmkunst
Premiere: 12. Mai 1959

Ich fand Walter Giller (1927-2011) schon immer etwas herausragend unter den „alten“ Komikern. Er ist das, was man „gut gealtert“ nennt, seine Filme kann man meist auch heute noch gut ansehen.

Dieser Film lief mir über den Weg, und ein Credit machte mich neugierig – also, außer Giller. Denn das Drehbuch stammt von niemand geringerem als Herbert Reinecker, dem Erfinder und alleinigen Autor von „Der Kommissar“ und „Derrick“. Als weiterer Autor und Produzent dieses Streifens wird Utz Utermann (1912-1991) geführt, der eine ziemlich krude Biographie aufweisen kann. Wie so viele des Jahrgangs hat er Karriere in der NS-Zeit gemacht, sich aber offenbar erfolgreich rehabilitiert. Von 1954 bis 1964 produzierte er ein gutes Dutzend Spielfilme der eher leichten Muse.

Hier spielt Giller Daniel Mogge, einen verträumten Lebenskünstler, Möchtegernschriftsteller und Musiker, der sich vom Tür-zu-Tür-Verkauf von Lexika durchschlägt. Er kauft einen Dackel namens Blasius von Rohmarken auf Raten, selbst kaum überlebensfähig, und seine eh unsympathisch gezeichnete Verlobte findet das doof und rauscht gekränkt von dannen. Da komponiert er einen Song, am Klavier herumklimpernd, über die Liebe zum Hund.

Der Nachbar Herr Grusius horcht auf und notiert die Melodie. Dieser arbeitet als Arrangeur bei einem Musikverleger und bietet diesem den Song an, was auf Begeisterung stößt. Er ist hin und hergerissen, verschweigt aber im Moment aus blindem Ehrgeiz, dass er nicht der wirkliche Komponist ist.

Derweil wird unserem Lebenskünstler die Luft knapp. Selbst sein Klavier kommt ins Pfandhaus. Als er in der Kneipe etwas zu sehr ins Glas schaut, haut der Dackel ab, und die fesche Fotografin Eva (Sonja Ziemann) findet ihn. So lernen die beiden sich kennen und eine Romanze beginnt.

Es kommt, wie es kommen muss – der „geklaute“ Song wird zum Hit, nach allerlei Verwicklungen kommt es zu einem Happy End.

Harmlose, aber charmante Unterhaltung. Gegen Ende steigt der Kitschfaktor in kritische, aber noch erträgliche Höhen. Zwischendurch gibt es ein paar nette Songs, meist von Giller am Klavier, bisschen süßer Hund, bisschen Love Story.

Giller trägt den Film als sympathischer, spitzbübischer Lebemann. Ein netter Kniff ist, dass die Geschichte zu Beginn vom Dackel erzählt wird mit Off-Stimme, was aber glücklicherweise nicht totgeritten oder zu albern wird.

Hans Gruhl (1921–1966) ist der Autor der Romanvorlage, die, wie uns der Vorspann verrät, in der „Münchner Illustrierten“ erschien, ich denke mal als Fortsetzungsroman. Er wurde 2012 im Rowohlt Verlag zuletzt aufgelegt (ISBN 978-3499258954 ) und ist heute auch noch zu bekommen, ein echter Longseller. Es gibt noch einen weiteren Roman mit dem Dackel Blasius, „Ehe auf krummen Beinen“, klingt nach einer direkten Fortsetzung. Im wahren Leben war Gruhl Arzt. Wie Wikipedia uns berichtet, starb er mit nur 44 Jahren durch Suizid aus Versehen. Er verfasste auch Krimis und setze sich zur Recherche eine Pistole an den Kopf und drückte ab – in der Meinung, diese sei leer. Er hatte allerdings die eine Kugel im Lauf vergessen. Unglaublich. Einige seiner Krimis werden bis heute verlegt und es existieren auch 5 Hörspielfassungen.

Wie so oft sind die Geschichten um den Film herum fast spannender als der Film an sich. Doch nun genug der Abschweifung. Also, „Liebe auf krummen Beinen“.

Sonja Ziemann (1926–2020) ist neben Giller der Hauptstar des Films. Mir bis dato unbekannt, war sie eine der beliebtesten Schauspielerinnen der 50er in Deutschland. Wieder was gelernt! Schon in den frühen 1960ern verschwand sie aus dem Kino und machte danach auch recht wenig Fernsehen. In Folge 61 („Der Geigenspieler“) von „Der Kommissar“, geschrieben von Reinecker, ist sie noch mal zu sehen.

Regisseur Thomas Engel (1922-2015) hat später primär fürs Fernsehen gearbeitet, nach einer Handvoll Kinofilmen in den 50ern. Vieles ist im Orkus der Zeit verschwunden, am präsentesten dürften noch zwei Einträge ins Tatort-Universum 1981 und 1988 sein. 1977 hatte er mit der 13-teiligen Miniserie „Es muß nicht immer Kaviar sein“ nach dem gleichnamigen Roman von Johannes Mario Simmel (1924-2009) Erfolg. Die Serie ist bis heute beliebt (imdb 8,1) und auch auf DVD in der Reihe „Straßenfeger“ zu erwerben. (Steht tatsächlich bei mir im Regal, muss ich auch mal irgendwann schauen. Ach, so viele Filme, so wenig Zeit!)

Kurios: Als Regie-Assistent und Editor ist hier ein gewisser Walter Boos (1928–1996) am Werk. Dieser hat später in den 70ern noch Karriere als Regisseur gemacht und hat das populäre Genre der Softerotik bedient. Neben 5 Teilen des Schulmädchen-Reports geht auch der hier schon besprochene „Liebe in drei Dimensionen“ auf sein Konto. In späteren Jahren arbeitete er auch noch bei 5 „Derrick“-Folgen als Regie-Assistenz an der Seite von Helmuth Ashley (1919-2021). „Derrick“ ist echt so eine Art Klassentreffen des deutschen Nachkriegskinos.

Es gibt den Film (laut ofdb) weder auf VHS noch auf DVD. Im Netz ist eine Fernsehaufzeichnung des Bayrischen Rundfunks zu finden. Schöner kleiner Film, der eine Wiederentdeckung wert wäre.

Kino im Kino, immer wieder cool
Lexika-Vertreter ist ein harter Job

An jedem Finger zehn (D 1954)

Regie: Erik Ode
Buch: Per Schwenzen, Joachim Wedekind
Produktion: Aldo von Pinelli, Peter Schaeffers für Melodie-Film, Berlin
Premiere: 28. Oktober 1954

Erik Ode… das war doch „Der Kommissar“ in der langlebigen gleichnamigen Serie. Ja, und in den 50ern und 60ern feierte er durchaus auch als Regisseur Erfolge. Das war mir neu und machte mich neugierig.

Irgendwie habe ich einen Krimi erwartet, aber weit gefehlt – Ode war Spezialist für das sehr populäre Genre Schlagerfilm, das so grob von 1950 bis 1970 für heile Welt und gute Laune in den bundesdeutschen Lichtspielhäusern sorgte. Die allermeisten sind leichte Unterhaltung und heute – wohl nicht ganz zu Unrecht – weitestgehend vergessen.

Erik Ode hat nicht weniger als 22 (!) solcher Filme von 1950 bis 1961 in die Kinos gebracht. In den 60ern folgten vermehrt Arbeiten fürs Fernsehen, bevor er dann zum Kult-Kommissar wurde.

Nun ist das nicht wirklich ein Genre, das bei mir besonderes Interesse auslöst (wenn überhaupt, dann aus den durchgeknallten 70ern und nicht aus den biederen 50ern), aber was soll ich sagen: Der Film war nicht so unerträglich wie befürchtet. Flott inszeniert, die Musik ist meist im Big-Band-Sound und viele bekannte Stars geben sich für Cameos die Klinke in die Hand. Optisch ist das alles leider sehr bieder und „fernseh-mäßig“ gefilmt, nur vereinzelt gibt es reizvolle Bilder. Im Prinzip ist das auch eine Fernseharbeit, nur 1954 ging man mangels eigener Mattscheibe zuhause noch für so was ins Kino.

Viele der Stars und Sternchen sind mir leider unbekannt, für mich stach Walter Giller (1927-2011) heraus, der eine der Hauptrollen hat und wie immer mit keck-flotten Sprüchen zu unterhalten weiß. Ruth Stephan, eine feste Größe in den Komödien der 70er von Lümmel-Film bis Heinz Erhardt, ist hier noch sehr jung kurz als Sketchpartnerin von niemand geringerem als dem Urgestein Hans Albers (1891-1960) zu sehen.

Ein weiterer Herr kam mir bekannt vor, auch wenn ich keinen Namen parat hatte – es gewisser Hubert von Meyerinck (1896–1971), der auch noch in den 1960ern durchs deutsche Kino geisterte und in kleinen Rollen auch z. B. in Edgar-Wallace-Filmen zu sehen ist. Sein markantes Gesicht, oft mit Glatze und Monokel, und seine schnarrende Stimme stechen doch aus der Masse heraus. Auch wenn er oft wie ein verkappter Preußen-General wirkt und auch gerne als Schurke besetzt wurde, war er im echten Leben offen homosexuell und wurde wohl nur „Hubsi“ genannt. Mal wieder die Lektion: Äußerlichkeiten können täuschen. (Wann genau sein Outing war, konnte ich auf die Schnelle nicht ermitteln. Kurios, denn er spielte auch während der NS-Diktatur munter weiter, im Kino und als Beispiel auch 1943 den Mephisto am Berliner Schillertheater. Entweder wurde das erst später öffentlich oder jemand hat da bewusst weggeschaut. Interessantes Thema, warum gibt es dazu noch kein Biopic? Das würde jede Filmförderung mit Kusshand durchwinken.)

Neugierig war ich auch, wer der dunkelhäutige Sänger ist, der hier als exotische Abwechslung feilgeboten wird. Der Herr hieß Kenneth Spencer (1911–1964). Nach ersten Erfolgen am Broadway emigrierte er 1951 von den USA nach Deutschland und tauchte daraufhin in den 50ern öfter mal in solchen Schlagerfilmen auf. 1964 kam er bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Hier darf er etwas trommeln und später im Film sein eindrucksvolles Bass-Bariton-Organ erschallen lassen.

Gerade in der zweiten Hälfte tritt die eh nur dünne Handlung endgültig zurück und wir erleben eine Art Nummernrevue mit einzelnen Sketchen und Musik- und Tanznummern unterschiedlicher Güte.

Historisch ganz interessant, mehr aber kaum. Die Generation, die sich das aus wohlgesonnener Nostalgie anschaut, dürfte auch langsam aber sicher aussterben. Auch solche Filme gehören zur deutschen Kinogeschichte. Quasi das MTV der Nachkriegszeit – man ging ins Kino, bisschen Plaudern und Freunde treffen, nebenbei gab es etwas aktuelle Musik, paar flotte Sprüche und modische Inspirationen. Beim Shoppen konnte man sich dann die passende Schellack-Platte dazu kaufen. Der titelgebende Mambo existiert wohl in mehreren Fassungen, einmal die, die im Film zu hören ist (Bibi Johns & Die Starlets) und einmal eine klangtechnisch bessere von „Werner Müller und das Rias-Tanzorchester, Berlin“.

Dieses Zeitdokument erschien tatsächlich nie als VHS oder DVD und lief zuletzt 1963 im ZDF. Bis zur Ausstrahlung 2007 auf „Premiere Nostalgie“ (alles laut ofdb), wo auch immer die das Teil ausgegraben haben. Das wird wohl die aktuellste Quelle sein, denn der Film ist problemlos (und auch vermutlich inzwischen legal) im Netz auf den üblichen Videoplattformen zu finden.

„An jedem Finger zehn

ja das wär schön

man muss es nur verstehen

das Ding zu dreh’n“

Ruth Stephan und Hans Albers

Die unglaublichen Abenteuer des Guru Jakob (D 1982)

Regie: Franz Marischka
Buch: Leon Pulwer, Franz Marischka
Produktion: KF-Kinofilm, München
Premiere: 14. Juli 1983

So, liebe Kinder, heute hat der Onkel eine ganz besondere Geschichte für euch. Es war einmal, vor langer, langer Zeit, ein Onkel mit dem lustigen Namen Franz. Der Franz hat früher ganz viel Geld verdient mit Filmen, in denen die Leute alle kein Geld hatten, um Kleidung zu kaufen, mit so ulkigen Namen wie „Lass jucken, Kumpel“ oder „Liebesgrüße aus der Lederhose“. Viele Jahre später war er alt und brauchte trotzdem noch Geld.

Da machte er einen Film mit einem lustigen Dicken und einem schlitzohrigen Dünnen, das war gerade voll angesagt. Der Dicke war recht bekannt aus ungefähr 100 Teilen eines Films namens „Eis am Stiel“, auch da hatten vor allem die Mädels wieder nichts im Kleiderschrank! Die armen. Da das 1983 aber langsam langweilig wurde und alle Leute außerdem viel mehr Geld hatten, sind in diesem Film alle schön angezogen. Fast jedenfalls.

Der Dünne war gerade voll der Frauenschwarm, er hatte im ZDF eine Serie namens „Timm Thaler„, die sehr erfolgreich war, und alle Backfische hatten ein Bravo-Poster in der Stube hängen. Ist er nicht süüüüüüss, die kleine Grinsebacke?

Dazu kam noch eine junge Frau namens Sonja Martin, die dafür bekannt war, dass sie sich gerne mit ohne Kleider an knipsen ließ für so Zeitschriften und so.

Wir befinden uns in einer Disco. Alle Leute haben viel, viel Haar auf dem Kopf, der alte Gassenhauer „Stumblin‘ In“ von Suzi Quatro und Chris Norman dudelt, und alle schwofen auf der duften Sause. Der Tommi schmachtet eine heiße Uschi an, und das erste, was wir in diesem Film hören, ist:

So wie du aussiehst, stößt es doch jeden Eskimo aus dem Iglu.“

Über so was hat man sich in den 80ern echt totgelacht. Oder auch über so was:

„Ich werde heute die schärfste Braut aller Zeiten aus der Schale pulen!“

Sprach der Tommi zum lustigen Dicken, der hier den Namen – Achtung, zum Totlachen! – Jakob Feierabend trägt. Ha!

Wenn ihr fertig mit Lachen seid – einer seiner Versuche, einen Job zu finden, endet damit, dass die ganze Firma davonstürmt, nur weil der Chef ihn gerufen hat. „Feieraaaabend!“

Na, schon Seitenstechen vom Lachen? Nicht? Och.

Wie wäre es denn mit seinem Job als Aushilfskellner im China-Restaurant? („Du siehst aus wie ein Chinese, du riechst wie ein Chinese.“ – „Bei über ’ner Milliarde Gelbmännern kann so was schon vorkommen.“)

„Wenn du wüsstest, wie der Reis riecht! Nach original Katzenhäufi!“ (Echtes Filmzitat)

Selbst der nette Herr vom Arbeitsamt weiß nicht so recht weiter. Aber der ist ja eh fake, das ist nämlich der Regisseur höchstpersönlich, der lustige Franz:

„Sie wollen also als Schauspieler arbeiten?“

Der Tommi macht derweil die nächste Ische klar, der alte Büchsenöffner mit dem Dauergrinsen, seine Sprüche sind einfach zu gut, und außerdem hat er inzwischen ein rotes Cabrio geklaut, damit gewinnt man doch einfach jedes Frauenherz.

Sie sind dann in besagtem China-Restaurant und werden vom „Aushilfs-Chinesen“ Jakob bedient, was in einer lustigen Schlägerei mündet. In der Zeit gab es nämlich auch so Filme mit einem lustigen Dicken und einem schlitzohrigen Dünnen, die megaerfolgreich waren, wisst ihr? Der lustige Franz wusste es auch.

Damit es aber nicht zu lustig wird, sind wir auf einmal irgendwo in der bayrischen Provinz in einer Gaststube, wo noch zünftige Zithermusik gespielt wird und selbst Beppo Brem (1906-1990) (in seiner letzten Kinorolle) mal kurz für einen Hunni und eine warme Mahlzeit vorbeischaut.

Und wer darf in keinem komischen Kackfilm der 70er und 80er fehlen? Na klar – Herbert Fux schaut auch mal vorbei.

Herbert Fux wittert ein gutes Geschäft
Beppo Brem hat gut lachen

Die gesammelte Bayern-Intelligenzija am Stammtisch liest in der Zeitung von einer „Liebessekte“ aus Indien, die in der Nähe ein Schloss kaufen will, und halten den lustigen Dicken für den dazugehörigen Guru. Den aus dem Filmtitel, ihr wisst schon.

Er ist nämlich als Vertreter unterwegs, und landet bei einer Gattin mit Hormonnotstand (Busenwunder Sibylle Rauch), die auch kein Geld für Klamotten hat und den armen Dicken ins Bett zehrt. Leider kommt der Gatte, Modell bayrisches Urvieh, dazwischen, und der Dicke muss sich mit Bettlaken und Lampenschirm tarnen und dergestalt von dannen schleichen. Und genauso stellt sich der gemeine Bayer einen indischen Sektenguru vor.

Der findige Tommi wittert gleich ein gutes Geschäft. Der „Herr Guru“ wird hofiert, da er mutmaßlich reich ist und das Schloss kaufen will, was die ortsansässigen Dorfnasen natürlich frohlocken lässt.

Nebenbei ist offenbar Marlboro ein Sponsor des Films, und der arme Tommi muss im Laufe des Films so ungefähr 10 Stangen Glimmstengel wegrauchen, so dass man schon vom Zusehen ein Lungenkarzinom entwickelt.

„Hach, erst mal ne Marlboro in den Hals!“

Das ist gerade mal die Hälfte dieses Wahnsinnsfilms.

Dieser Film ist auf jeden Fall das, was komische alte Onkels im Internet die „gute alte Zeit“ nennen. Mal sehen:

  • Rassismus – check
  • Sexismus – check
  • Transphobie – check
  • Homophobie – check
  • Fatshaming – check
  • penetrante Zigarettenwerbung – check
  • dummer Spruch über die Grünen (ernsthaft) – check

Ach, was waren das für herrliche Zeiten! Also, wenn man ein heterosexueller, weißer, im optimalen Fall deutscher Mann war. Da hatte man noch ordentlich was zu lachen im Kino.

Nee, im Ernst: Jede Wurzelbehandlung beim Zahnarzt ist lustiger als dieses Werk.

Also seid schön brav, respektiert auch Minderheiten, sonst müsst ihr zur Strafe diesen Film fünfmal nacheinander anschauen und dazu eine Stange Marlboro rauchen. Das stößt jeden Eskimo aus dem Iglu.

„Hach, erst mal ne Marlboro in den Hals!“
Mopsalarm!
„Sie sind doch bestimmt einer von den Grünen!“
Ähm. Was? Für Bilder wie diese schaut man solche Filme.
Mopsalarm!
„Kennen Sie schon Marlboro? Nein? Sind toll! Hier, nehmen Sie eine!“

Zachi Noy musste zur Strafe schon bei „Frauentausch“ und „Promi Big Brother“ mitmachen. Tommi Ohrner muss langweilige Schnarch-Sendungen im ZDF und SWR moderieren, und Sibylle Rauch war 2019 im Dschungel-Camp und muss nach eigener Aussage aus Geldmangel wieder als Prostituierte arbeiten.

Ende der Geschichte.

Ach ja – die imdb listet als Arbeitstitel: „Junge, bist du dämlich“. Ohne Worte.

Ach ja – und noch ein Wort zum Soundtrack. Der besteht aus allerlei zeitgenössischen Pop- und NDW-Liedchen und sorgt für passende Früh-80er-Atmosphäre, allemal besser als die Roy Blacks und Rex Gildos, die man in deutschen Komödien der 70er zu erleiden hat.

Als eine Art Titellied fungiert ein Song namens „Nochmal Schwein gehabt“, interpretiert von einem gewissen Tommi Ohrner. Bestimmt reiner Zufall.

VHS: Marketing Film VU-3048
DVD: Als Bonus-Feature in der „Eis am Stiel“-Komplettbox
Schwurbelt aktuell auch bei YouTube rum.