Regie: Georg Jacoby
Buch: Helmuth M. Backhaus
Produktion: Walter Koppel für Real-Film
Premiere: 14. August 1958
50er-Jahre-Revuefilm. Uff. Aber der Cast machte mich neugierig. Natürlich das primär ein Vehikel für den schon damals angestaubten Star Marika Rökk (1913-2004), die hier schon etwas ihre beste Zeit hinter sich hatte und zudem noch als begeisterte Mitläufern und Hitlerfangirl etwas politisch angezählt war. Dennoch hatte sie auch in den 50ern noch einige Erfolge, scheint viele Deutsche nicht gestört zu haben. Gut, das Schicksal teilt sie mit vielen Künstler*innen ihrer Generation, auch wenn sie sich nicht glaubwürdig mit „innerem Exil“ herausreden konnte, zu eindeutig waren doch ihre Aussagen (bei Interesse sei auf Wikipedia verwiesen).
Doch zu diesem Film. Unbedeutender Revuefilm in Technicolor-Bonbonfarben, wie immer: fadenscheinige Handlung, um eine Reihe von Sing- und Tanzeinlagen irgendwie grobmaschig zusammenzudengeln.
Die „Handlung“ dreht sich um eine kleine Künstleragentur, der die zugkräftigen Künstler fehlen. Marion Müller (Rökk) leitet diese Agentur, und sie kommen auf die Idee, sie als „Marika Karoly“ als ungarische Diva zu vermarkten. Verwechslungskomödie, Klappe die 3525te. Wird dann natürlich zuerst zum Erfolg, dann fliegt sie als Hochstaplerin auf („Was erlaubt sich dieses Frauenzimmer!“), alles schlimm, aber huch, es gibt doch ein Happy End. Zwischendurch wird getanzt und gesungen.
Aber es gibt hier doch einiges zu entdecken. Schaun wir doch mal.
Jawoll: Roberto „Ein bisschen Spaß muss sein“ Blanco (* 1937), süße 20 Jahre jung, noch gaaaanz am Anfang seiner Karriere, singt einen Schmachtfetzen namens „Echo-Blues“. Er wird nur in einer Totalen vor einem grünen Hintergrund gezeigt, ganz lässig mit Händen in den Hosentaschen, dann bekommen wir für den Rest des Songs eine künstlerisch wertvolle Ballett-Einlage vor die Linse:
Tatsächlich vielleicht die interessantesten drei Minuten des Films.
Ebenfalls noch vor dem großen Durchbruch bekommen wir auch den jungen Harald Juhnke (1929-2005) geboten. Er spielt Frank Flemming, einen Klatschreporter des örtlichen Käseblatts. Und Johannes Heesters (1903-2011, nein, kein Tippfehler) ist der große Co-Star von Rökk. Hier ist er quasi in der „mittleren“ Phase seiner ewig dauernden Karriere, aber am Zenit der Kinokarriere, die hier langsam aber sicher ausläuft. Irgendwie spielt er hier sehr steif, reißt dauernd unnatürlich die Augen auf beim Reden und overactet wie Sau. Keine Ahnung, ob das so sein Stil oder ob er hier nen schlechten Tag hatte, dafür kenne ich zu wenig seiner Filme. (Bis jetzt. Die Wahrscheinlichkeit ist recht hoch, dass er mir nicht zum letzten Mal vor die Flinte läuft.)
Einer der kuriosesten Szenen des Films. Ich frage mich echt, ob das damals total harmlos war, oder ob sie das bewusst so durch die Zensur gemogelt haben. Echt, jetzt Uschi Muschi-Musch?
Regisseur Georg Jacoby (1882-1964), gebürtiger Mainzer, war nicht nur ein routinierter Regisseur, sondern ab 1940 auch der Ehemann von Marika Rökk. Schon praktisch, wenn man Berufs- und Privatleben zu schön verbinden kann.
Seine Regie-Karriere umspannte die Jahre von 1913 (!) bis 1960. Er arbeitete 33-45 auch für die Nazi-UFA brav weiter und hatte, wie seine Ehefrau, auch nach dem Krieg wegen seiner NSDAP-Mitgliedschaft erst mal Betätigungsverbot. Aber schon 1950 drehte er munter weiter, als wäre nichts gewesen.
Die finale große Revue hat wohl 90 % des Budgets verschlungen, große Bühnen, Kostüme und sogar ne kleine Science-Fiction-Einlage. Hier wird geklotzt und nicht gekleckert. Ob deswegen der Rest des Films eher poplig aussieht?
Die „Raumfahrt“ ist sehenswert, da kann Kubricks 2001 echt einpacken:
Über die Klischee-„Buschmänner“ aus der Mottenkiste schweigen wir mal dezent.
Irgendwo auch ein typischer Vertreter der Zeit. Ansonsten historisch kaum von Belang und auch sonst von eher fragwürdigem Unterhaltungswert. Für alle Hardcore-Fans von Roberto Blanco natürlich Pflichtprogramm. Sollte es 2022 noch so etwas geben.
Der Film hat es in Deutschland offenbar weder auf VHS noch auf DVD geschafft (jepp, einer von denen) und auch sonst ist online kaum Information zu finden. Die letzte auf ofdb dokumentierte Fernsehausstrahlung war 2007, im Dritten um 13.00 Uhr weggesendet. Auf diversen Streaming-Portalen ist er aber zu finden, aber auch (mutmaßlich legal) auf YouTube zu finden in überraschend guter Qualität.