Regie, Buch: Géza von Cziffra
Produktion: Kurt-Ulrich-Film, Wiener Mundus-Film
Premiere: 19. Januar 1961
Eine meiner aktuellen Herausforderungen: Die blinden Flecken in der Filmographie von Heinz Erhardt nachholen. Im Zuge dessen kam auch dieses Werk vor die Linse.
Wie schon „Der müde Theodor“ ist auch das eine Neuverfilmung – auch von Cziffra. Ich glaube, in den 50er und 60er fühlte man sich mitunter wie heute – nur Remakes im Kino. Alles nichts neues.
Regisseur Géza von Cziffra (1900-1989) drehte hier tatsächlich einfach seinen eigenen Film noch mal – 1943 hieß er noch „Der weiße Traum“ und war ein großer Erfolg, einer der wirtschaftlich erfolgreichstes des NS-Kinos. Cziffra arbeitete auch als „Ausländer“ (geboren im damaligen Österreich-Ungarn) noch eine ganze Weile im „Reich“, bevor er 1945 unter fadenscheinigen Gründen verhaftet und zu 6 Monaten Haft verurteilt wurde. Theresienstadt blieb ihm nur durch Manipulation von Unterlagen erspart. Dass er danach sein bisheriges Werk mit anderen Augen sah, kann man durchaus nachvollziehen.

1961 beschloss nun Cziffra (oder seine Produzenten), dass der Stoff einfach zu gut war, um als „historisch vorbelasteter“ Film im Archiv zu versauern, und drehten den ganzen Bums einfach noch mal. Fröhlicher Eskapismus war auch 1961 noch angesagt. Da ein großer Erfolg absehbar war, haben sie hier augenscheinlich auch nicht gegeizt und ordentlich Kohle rausgeblasen. Auch vom Casting her wurden keine Kompromisse gemacht – die gesamte A-Liga der damaligen Comedystars ist am Start, herausstechend natürlich Erhardt auf der Höhe seines Erfolgs. (Was sich bis heute auszahlt – ich denke, 80 % schauen das nur wegen ihm.)
„Kauf dir einen bunten Luftballon,
Nimm ihn fest in deine Hand,
Stell dir vor, er fliegt mit dir davon
In ein fernes Märchenland.“
Nominelle Hauptdarsteller sind Toni Sailer (1935-2009), Skirennläufer und Olympia-Gewinner, und Ina Bauer (1941-2014), Deutsche Meisterin im Eiskunstlauf – die beiden sind also offensichtlich primär wegen ihrer sportlichen Skills gecastet, denn das große Finale des Films besteht aus einer Eisrevue. Dafür, dass beide eigentlich keine „richtigen“ Schauspieler sind, schlagen die sich ganz gut.
Ach ja, die Geschichte – Theaterdirektor Knapp (Erhardt) hat Kummer, sein Theater läuft nicht gut. Und nun macht ihm auch der Besitzer des Theaters, Herr Miffke (Gunter Philipp), Druck – er will das Theater schließen und eine Reitschule daraus machen. Aber eine letzte Vorstellung soll es geben, mit einem besonderen Plan. Seine Ehefrau Mia Miffke (Ruth Stephan), komplett unmusikalisch, will unbedingt „zum Theater“ und nimmt bereits Gesangsunterricht. Miffke will ihr diese „Flausen“ austreiben und plant, einen kalkulierten Flop zu produzieren. Knapp hat keine Wahl.
„Ich bestehe sogar auf dem Skandal! […] Ich will nicht, dass meine Bekannte zum Theater geht! Verbieten kann ich es ihr nicht. Das gibt Krach, Szenen, Tränen – Das kostet Geld, Schmuck, Sie wissen ja wie die Frauen sind. Also soll sie ihren Willen haben, sie soll Theater spielen. Sie soll aber mit Pauken und Trompeten durchfallen, damit sei sich nie wieder einfallen lässt, zum Theater zu gehen. Das ist human und billig.“
Theaterbesitzer Miffke
Doch – durch eine Verwechslung wird statt besagter Ehefrau nun Inge König (Ina Bauer), die rothaarige Eiskunstläuferin, die gerne Sängerin sein will, engagiert. Ach ja, und der Eishockey-Spieler Hans Haller (Toni Sailer) ist noch scharf auf sie.
Die Geschichte ist aber wie so oft mehr Nebensache, hauptsächlich sind es hier die Schauwerte, die die Leute ins Kino zogen. Die zweite Hälfte des Streifens besteht überwiegend aus großen Sing- und Tanznummern, überwiegend auf Eis. Cziffra ist natürlich ein alter Hase und weiß, wie man so was effektvoll inszeniert, optisch ist das teils schon beeindruckend. Durch die Spiegelung auf der Eisfläche ergeben sich teils tolle Bilder. Tänzerisch sicherlich auch auf hohem Niveau, aber da bin ich nun wahrlich kein Experte. Teilweise werden in den Tanzchoreographien auch „exotische Länder“ wie Mexiko, Russland oder China musikalisch und optisch bereist. Natürlich sind hier angestaubte Klischees aus der Mottenkiste am Werk, besonders schäbig stachen mir die Chinesen ins Auge, die nach Meinung der Kostümgestalter also so aussehen:
Immerhin haben sie 1961 den gespielten Stierkampf und die Klischee-„Zigeuner“ weggelassen, die 1943 noch drin waren. (Das Finale von „Der weiße Traum“ gibt es, leider in sehr mäßiger Qualität, auf YouTube, hab da mal durchgezappt zum Vergleich.)
Die Komödienelemente sind mit „ganz nett“ wohl ganz gut umschrieben. Ein paar Schmunzler sind drin, sonst halt der übliche Verwechslungskram, den man schon tausendmal in anderen Filmen gesehen hat (auch 1961 schon). Erhardt hat natürlich immer ein paar treffsicherere Wortwitzpfeile im Köcher, Gunter Philipp muss eigentlich nur arschig und laut sein. Ich meine, dieser ganze Grundplan ist so perfide – hey, die Olle hat Träume, ich tue nun alles dafür, diese auf möglichst traumatische Weise zu zerstören und dann noch mal nachzutreten. Böse Emanzipation, pfui!
Ansonsten haben wir die üblichen Verdächtigen – Ruth Stephan spielt sehr überdreht die schrille, unbegabte Ehefrau im Pelzmantel, und auch Ralf Wolter hat eine kleine Rolle. Urgestein Paul Hörbinger, schon gegen Ende seiner langen Karriere, hat einen kleinen Cameo-Auftritt als Gesangslehrer.
Walter Gross (1904-1989) hatten wir bislang noch nicht, der ist auch ein paar Worte wert. Er spielt hier Josef, den Sekretär („Mädchen für alles“) vom Theaterdirektor, hat also viele Szenen mit Erhardt. Schön früh als Komiker und Kabarettist etabliert, wurde er 1935 nach einem zu forschen Auftritt im Tingel-Tangel-Theater in Berlin von den Nazis festgenommen und war eine Weile im KZ inhaftiert. Seiner Karriere tat das keinen Abbruch, bis 1965 war er gut im Geschäft, danach wurde es etwas ruhiger. Im Alter kamen dann einige Fernseharbeiten – und ja, natürlich auch eine Folge „Derrick“ („Ein unbegreiflicher Typ“, 1976).

Gut, ohne Heinz Erhardt hätte ich mir das sicherlich nicht angesehen. Aber ich muss sagen, das ist schon gut gemachte Unterhaltung – auch und gerade für die Entstehungszeit. Solides gutes Handwerk, schmissige Musik, humoristisch schon auf vergleichsweise hohem Niveau, üppige Ausstattung, flotte und oft optisch ansprechende Inszenierung. Wer auf Eiskunstlauf steht, hat noch einen Bonus.
Gibt’s auf DVD vom Label „Filmjuwelen“.
