Ekstase – Der Prozeß gegen die Satansmädchen (D 1979)

Regie, Buch: Rolf Olsen (als „Emerson Fox“ im internationalen Vertrieb)

Produktion: Rudolf Kalmowicz

Premiere: 14. April 1979

Auf Video als „Ekstase – Horrortrip der Satanssekte“ erschienen.

„Ein Horrorfilm der Gegenwart! Dieser Film, den das Fernsehen nie zeigen darf, wurde nach authenischen Berichten über das Unwesen und die gefährlichen Folgen des Treibens der Satans-Sekten gedreht. Junge Menschen, die sich einem teuflischen Ritus verschreiben, die sich in Wahnvorstellungen steigern und das Grauen zur Religion machen, bis der Horror, den sie sich wünschen, sie selbst vernichtet.“

Klappentext der VHS-Ausgabe

„Der Film den das Fernsehen nicht zeigen darf!“ schreit das Videocover dieses obskuren Filmchens, das 1979 ins Kino kam und 1983 noch ein Stelldichein in Deutschlands Videotheken hatte, um danach bis heute vom Bildschirm zu verschwinden.

Aufmerksam wurde ich darauf wegen des Regisseurs Rolf Olsen, der hier, wohl zu Recht um seinen guten Ruf besorgt, unter dem Pseudonym „Emerson Fox“ tätig war. Den gebürtigen Österreicher kenne ich primär als Schöpfer nett-harmloser Komödien wie „Das kann doch unsren Willi nicht erschüttern“ (1970) mit Heinz Erhardt. Allerdings hat er 1982 mit dem großartigen Krimi „Blutiger Freitag“ mit Raimund Harmstorf auch harte Genrekost geliefert, er scheint sich wohl in vielen Genres ausgetobt zu haben.

Produziert wurde dieser Reißer von einem Herrn namens Rudolf Kalmowicz (1915-2007), der auch vorher schon mehrfach mit Olsen zusammenarbeitete und 1975 den Film „Reise ins Jenseits – Die Welt des Übernatürlichen“ auf die Menschheit losließ, der dem Mondo-Genre zugerechnet wird. Und der – man staune – gar auf DVD zu haben ist.

Wer gerade mit dem Ausdruck „Mondo“ nichts anfangen kann, soll geholfen werden. Ich zitiere der Einfachheit halber Wikipedia:

Mondo (italienisch für „Welt“) oder Mondo-Film bezeichnet ein Filmgenre, dessen Filme im pseudodokumentarischen Stil angeblich wahre Sitten und Gebräuche von Menschen aus aller Welt und scheinbar authentische Darstellungen von Sexualität und Gewalt zeigen. Auf diese Weise sollten die Filme anklagend und aufrüttelnd wirken und Ausdruck einer Zivilisationskritik sein. Die Filme wurden hauptsächlich in den 1960er und 1970er Jahren in Italien produziert.“

Hier haben wir also augenscheinlich so eine Art Gerichtsdrama mit Exploitation- und Mondo-Elementen. Wild! Zudem hat der Cast mit der Dänin Anne Magle, Britt Corvin und Sylvia Engelmann einige junge Damen an Bord, die sonst primär im Nackedei-Film und auch im Hardcore-Porno der 70er zu Hause sind. Gedreht wurde in München und laut Wikipedia auch in diversen afrikanischen Ländern.

Kurz: Größer könnte der Kontrast zu „Das kann doch unsren Willi nicht erschüttern“ nicht sein. Ich bin gespannt, was uns hier erwartet.

Worum geht es hier also? Vier Damen mit den wunderschönen Namen Lotte Senkiewicz, Mandy Lockwood, Dagmar Richard und Rosemary Schefferson stehen vor Gericht. Sie werden als Mitglieder einer Satans-Sekte betitelt und sollen gar fürchterbare Rituale durchgeführt haben. Bei Sexspielen in einem Sommercamp sollen sie einen Knaben namens Kurt getötet haben und sind nun des Mordes angeklagt.

Wir hören nun also den Damen zu, was sie so erzählen. Satan wäre ja im Trend gewesen, „jedes Käseblatt war voll davon“, die Sharon-Tate-Morde, der Film „Exorzist“ – man konnte ja nur Satanistin werden!

Zwischendurch bekommen wir fingierte Dokumentaraufnahmen mit Off-Erzählern präsentiert, die uns den Erklärbär machen sollen. Der Verteidiger der Mädels will die Verhandlung versachlichen und das Gericht (und nebenbei uns) aufklären, wie es zu all dem kommen konnte. Die Gerichtsverhandlung dient als roter Faden und Rahmenhandlung. Die Gerichtsszenen sind übrigens extrem öde gefilmt, pupslangweilige Schuss-Gegenschuss-Szenen von sprechenden Köpfen vor weißem Hintergrund. Als hätten die das in ein paar Stunden eben schnell abgekurbelt. Für einen so erfahrenen Filmmenschen wie Olsen kein Ruhmesblatt.

Nach 6 Minuten bereits steht Anne Magle als Rosemary Schefferson (sic!) mit Nickelbrille auf und ruft folgendes in den Gerichtssaal, schlecht mit amerikanischen Akzent synchronisiert:

„Satan ist der Herr der Welt! Höchste Macht, Natur und Gott und ihr seit alles Sklaven, ihr verlogenen Arschlöcher!“

Okaaaay. Beste Comedy! Später wird dann auch klar, warum hier erotik-erprobte Damen gecastet wurden, denn sie müssen sich auch im Evaskostüm auf einem überdimensionierten weißen Flokati räkeln und an schlecht gebauten Joints nuckeln, umgeben von Kerzen und Schädeln, während im Hintergrund psychedelische Mucke und „Oh Satan, nimm mich“-Chöre laufen. Alter Falter. Ein Poster mit einem Typ mit nem Ziegenkopp gibt es auch noch, in Lebensgröße, vielleicht war das mal ein Starschnitt in der Satanisten-Bravo. Später im Film wird dann in diesem Setting ein Typ von den Damen mit Ketchup-Flaschen totgestreichelt, oder so. Ich glaube, das sollte ein brutaler Ritualmord werden, der aber so grandios geschauspielert und gefilmt ist, dass er wie eine Parodie wirkt.

Anne Magle langweilt sich

In den Doku-Teilen sieht man dann irgendwelche nackerten Zausel, die mit Pimmelchen und Messer wedeln, was wohl eine Teufelsbeschwörung darstellen soll. Ab Minute 22 gibt es nach etwas weiterem Gerichtsgeplänkel dann einen weiteren Einspieler, der die Flokati-Orgie vor Gericht runterspielen soll, denn: Die böse sexuelle Befreiung habe uns alle verdorben – was ausgiebig mit Szenen aus Sexshops und Beispielen erotischer Literatur illustriert wird. „Schmutz, Schund und Schamlosigkeit!“ Hier mogelt sich das eine oder andere Bild rein, was der FSK wohl nicht schmecken dürfte. Sehr lustig, gar ein Potpourri von (soften) Szenen aus Filmen wird gezeigt, natürlich mit einem empörten Kommentar. Irgendwie will man ja noch ne FSK-Freigabe kriegen, nech. Ein ebenso billiger wie durchschaubarer Trick.

„Und seit Jahren bietet auch eine bestimmte Sorte von Kino- und TV-Filmen eifrig das Thema Geschlechtsverkehr in allen möglichen und unmöglichen Variationen als Volksvergnügen an. Der hier gezeigte Zusammenschnitt einiger Originalszenen aus solchen Kunstwerken bedarf keines Kommentars.“

Moralisch empörte Off-Stimme

In bester Mondo-Tradition gibt es auch solche pseudodokumentarische Einschübe, in denen es um Gebräuche und Sitten afrikanischer Stämme geht, die natürlich maximal auf Sensationsgeilheit und Schockwirkung ausgespielt werden, Exploitation halt. Ob die wirklich für diesen Film gedreht oder aus anderen Machwerken ähnlicher Art geliehen wurden, ist schwer zu sagen, für mich jedenfalls, bin kein Freund des Genres. Auch hier sind einige, sagen wir: fragwürdige Szenen dabei. Ungefähr in der Mitte des Films gibt es auch einen Abschnitt über die „Natur des Menschen“ (oder so), in dem auch mal Elefanten, Nilpferde oder Haie gemeuchelt werden. Was zur Hölle? Das ist wirklich nur reiner Selbstzweck, was gerade in der zweiten Hälfte des Films immer mehr wird. Das hat alles auch beim besten Willen nichts mit der eigentlichen Story zu tun, soll nur schockieren. Und naja, wohl auch die karge Laufzeit strecken.

„Ja, ich bin Arzt. Das sieht man doch an meiner Krawatte.“

Ein weiterer Einschub behandelt das Thema Drogen, natürlich sehr seriös und objektiv (haha). Sogar eine Szene gibt es, die in einer echten Psychiatrie spielen soll, mit irgendwelchen grandios over-actenden Pappnasen in weißen Kitteln, die das Thema „Drogenentzug“ so spielen, wie sich das Kindergartenkinder wohl vorstellen. Und mit einem sehr ernstzunehmenden Arzt, der ein weißes Hemd mit schwarzen Punkten nebst passender Krawatte trägt und sehr, sehr betroffen in die Kamera kuckt, während er ein „Interview“ gibt.

Nach einer guten Stunde Laufzeit bekommt Anne Magle dann einen Anfall vor Gericht, zappelt etwas rum, um dann mit einer Männerstimme zu verkünden, dass der Geist des berühmten Satanisten Aleister Crowley (1875-1947) in sie gefahren sei und dieser nun aus ihr spreche. Was von den Anwesenden erstaunlich regungslos wahrgenommen wird, bis der Richter schließlich mit seinem Glöckchen bimmelt und die Sitzung vertagt. Was direkt zum Thema „Besessenheit und Exorzismus“ führt, dass mit Aufnahmen von vor Priestern knieenden Jugendlichen, „Experteninterviews“ und irgendwelchen tanzenden Muttis in weißen Wallahalla-Kleidchen, in die der Heilige Geist oder ähnliches gefahren ist, bebildert wird.

Sylvia Engelmann, hier zu sehen, als ihr bewusst wurde, in was für einem seltsamen Film sie hier partizipierte

Später geht es um einen Jesuitenpater, der über paranormale Begabungen verfügt, und sich lange Stecknadeln in den Körper stecken kann, ohne zu bluten. Ach ja, und natürlich Operationen mit bloßen Händen durchführt, und irgendeiner Else sehr blutig in den Eingeweiden wühlt. (Der Verdacht liegt nahe, dass hier Material von „Reise ins Jenseits“ zweitverwertet wurde.)

Eine Absurdität jagt die nächste. Unfassbares Trashfest. Krude Mischung aus Gerichtsdrama, Softporno, Satanisten-Thriller und Pseudodokumentation. Wundert mich echt, dass es das Machwerk noch nicht auf DVD oder Blu-ray geschafft hat, gerade auch in Anbetracht der nicht gerade unbekannten mitwirkenden Damen.

Sylvia Engelmann war das ganze wohl offenbar peinlich genug, dass sie nur unter dem Pseudonym „Sylvia Angel“ im Abspann auftaucht. Und die hat immerhin in „Filmklassikern“ wie „Doppelt geschleckt hält besser“ oder „Internatsnutten“ unter echtem Namen mitgewirkt.

Das VHS-Band von 1983 ist natürlich kaum zu bekommen, es geistert aber eine (leider ziemlich schlechte) Digitalisierung davon durchs Netz.

VHS: Toppic (1983)

Weiße Männer vor weißer Wand. Ein echter optischer Leckerbissen.
Mann mit Hut schaut empört, als er unter Zwang (!) einen Sexshop aufsucht
Liebe Kinder, aufgepasst – einmal am Joint gezogen, zack, liegt man mit blitzsauberen weißen Klamotten tot in der Telefonzelle.